Dr. Reiner Blank

Lieber Dr.Reiner Blank, Sie studierten Theologie, Soziologie und Psychologie, verbrachten viele Jahre in den USA und als Gemeindepastor in Hamburg sowie als Leiter des Gemeindekollegs der VELKD (Vereinigte Evang. Luth. Kirche in Deutschland). Wir kennen Sie lange als Begleiter und Freund dieser Gemeinde, öfters predigten Sie in unserer Kirche. Vor 10 Jahren legten Sie Ihre Tätigkeit in der Kirche aus eigenem Entschluss nieder und wandten sich einer vielfältigen Beratertätigkeit in Unternehmen zu. Was waren Ihre Beweggründe?

Um diesen Schritt zu erklären möchte ich etwas weiter ausholen: Es gibt Menschen, die es ge­wohnt sind in der Kirche zu sein, Räumlichkeit und Liturgie ist ihnen vertraut. Es gibt aber auch jene wachsende Anzahl, die mit der Kirche nichts mehr anfangen können. Die Sinnfrage ist jedoch noch nie so brisant gewesen wie heute. Wenn ich vor zehn Jahren zu Beginn eines Se­mi­nars gesagt hätte, ich sei Theologe, dann wäre die spontane Reaktion  „Sie verstehen nichts vom Leben“. Wenn ich das nach zwei Tagen des Zusammenarbeitens erwähnt habe, entstanden sehr interessante Gespräche. Heute ist das Bedürfnis nach Sinnhaftigkeit brisant und aktuell. Theologen sind gefrag. Von der Kirche bin ich aus eigenem Entschluss weggegangen, weil ich mich konkret um die Menschen in ihrer Arbeit – da wo sie sind – kümmern wollte. Auf der Arbeit verbringen sie immerhin zwei Drittel ihrer Lebenszeit. Die Kirche dringt nicht zu ihnen, aber ich kann diese Lebenswelten heute verstehen.

Was prägt diese Lebenswelt, was steht zwischen ihr und der Kirche?

Ich habe Kontakt zu allen Ebenen, vom Top-Management bis zu den Menschen in der Pro­duk­tion. Es scheint mir eine wichtige spirituelle Er­fahrung, etwas Lebensnotwendiges als unsicher zu empfinden. Unser ganzes Leben, unsere sämtlichen Institutionen, auch die Kirche, sind von der Wirtschaft abhängig. Nur spürt man es in der Kirche nicht so. Es mag ihr mal besser, mal schlechter gehen, aber die Position der Kanzel ist in der Regel wirtschaftlich ge­sich­ert. Die Kirche trägt aber die Verantwortung, die Liebe Gottes, diese unermessliche großartige Botschaft weiter zu geben. Wir haben sie lange noch nicht ausgeschöpft. Zudem hat sich im Laufe der Kirchengeschichte das Zwei-Reiche-System gebildet: das Reich Gottes und das Weltliche. Es sind Gräben entstanden, die es zu überbrücken gilt. Wir tragen Gottes Reich in uns und mein Ziel ist, mir und anderen immer wie­der zu vergegenwärtigen, dass wir unsere all­täg­lichen Handgriffe danach ausrichten.

Und diese Ausrichtung prägt die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens ?

Ja, entscheidend. Ich spreche und handle als Christ, gerade in meiner Beratungsfunktion in Un­ternehmen. Vertrauen ist immer als „weicher“ Fak­tor bezeichnet worden. Das hat sich spä­tes­tens im Oktober 2008 geändert. Seitdem ist mehr und mehr Unternehmern bewusst, dass Vertrauen und Verantwortung Gesundheit für Menschen bedeutet, es ist die Lust an der Leis­tung, ein deutlicher Wertschöpfungsfaktor in der Wirt­schaft. Verantwortung, Vertrauen und Vor­bild sind instinktive Ausrichtungen des Men­schen, die seiner Lebenskraft zugrunde liegen. Sie sind oft nur verschüttet und müssen kulti­viert werden unter den Sachzwängen des Lebens. Studien der letzten Jahre zeigen, dass durchschnittlich nur ca. 13 % der Arbeitnehmer wirklich loyal zu ihrem Unternehmen stehen. 67 % haben eine geringe Bindung und der Rest hat innerlich schon gekündigt. So können keine Visi­o­nen entstehen, ohne Visionen – ein lebendiges Bild der Wahrnehmung und des Zieles -,  kann es jedoch nicht voran gehen. Meine Aufgabe ist es, diese Wirkungskräfte in den Unternehmen zu wecken. Die Organisation soll von innen heraus und von selbst die Zukunft gestalten. Ich habe die Funktion des „Hofnarren“, der dem König die Wahrheit sagen darf.

Sie haben in Blankenese den Arbeitskreis „Wirtschaft und Ethik“ gegründet und die „Blankeneser Erklärung“, nachzulesen im Internet, veröffentlicht.

Ja, sie formuliert unsere Grundlagen in Worten, wir wollen sie jedoch konkretisieren, sie müssen „Hand und Fuß“ bekommen. Auf diesem Weg sind wir auch schon ein Stück vorrangekommen.

Unsere Gemeinde ist ja nun kein Arbeitsplatz in dem Sinne, was muss in ihr geschehen?

Die Gemeinde trägt der Glauben als Gemein­sam­keit. Damit und aus ihm schöpft sie viel Kraft an Heilung. Sie lebt von der Heterogenität und aus ihr. Zusammen mit der gemeinsamen Basis des christlichen Glaubens ist sie in der La­ge, kreativ und innovativ im Sinne der Neu­orien­tie­rung Visionen zu schaffen und umzusetzen. Die Schule, die Hospizarbeit und vieles mehr ist ein gutes Beispiel. Eine Überschrift der „ZEIT“ vom 31.9.2008 lautete: „Jetzt beginnt die Zeit der Experimente“. Das stimmt, und die Ge­mein­de ist der ideale Nährboden, um innovative So­zial­systeme auszuprobieren und Neues zu schaffen. Denn das weiß jeder, unser Sozialsystem wird in der gewohnten Weise nicht mehr bestehen können. Es gilt, Netzwerke – nicht Klüngel – zu schaffen, zu helfen, Menschen in Berüh­rung mit dem Leben dieser Gemeinde zu bringen, und dennoch sie selbst sein zu lassen. Die Gemeinde birgt den Schatz der gemeinsamen Orientierung im Glauben in Kombination mit ungeregelten Umständen der Heterogenität. Das zusammen lässt Synergien entstehen und macht aus 1 plus 1 =  3. Von dieser Kraft lebt unsere Zukunft.

 

Stefanie Hempel

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Theologin Petra Bahr neu im Deutschen Ethikrat

21.05.2020

Hannover (epd). Die evangelische Theologin und Ethik-Expertin Petra Bahr hat acht Wochen nach dem Beginn der Corona-Krise an die Eigenverantwortung der Menschen appelliert. In der aktuellen Phase der Krise mit vorsichtigeren Lockerungen werde es viel schwieriger, angemessen mit der Bedrohung durch das Coronavirus umzugehen als vorher, sagte die hannoversche Regionalbischöfin am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd).

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Kleine Abendmusik vom Turm

13.05.2020

Unsichtbar, aber voller Kraft: Jeden Mittwoch und Sonntag schallen – seit zwei Wochen schon - nach dem abendlichen Glockengeläut um kurz nach 18 Uhr Trompeten-Choräle aus dem Kirchturm in den Ort hinunter. Der Turmbläser, dessen Musik viele Menschen aus dem Umfeld der Kirche erfreut, möchte ungenannt bleiben. Wir fühlen uns reich beschenkt – und danken ihm herzlich!

Der zentrale ökumenische Gottesdienst zum 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges

08.05.2020
EKD-Newsletter: Die Aufzeichnung des Ökumenischen Gottesdienstes aus dem  Berliner Dom ist noch in der Mediathek der ARD verfügbar: Am Gottesdienst wirkten der Ratsvorsitzende der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, sowie der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), Erzpriester Radu Constantin Miron, mit.
 
Die Predigt hielten Heinrich Bedford-Strohm und Georg Bätzing gemeinsam. Der Gottesdienst stand unter dem Leitwort „Frieden!“ und fragte nach der Verantwortung, die aus der Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft vor 75 Jahren heute für ein friedvolles Miteinander erwächst.

Willkommen zurück: Gottesdienst in der Blankeneser Kirche!

07.05.2020

 

So 10. Mai, 10 + 11 Uhr | Kirche | Predigt: Pastor Thomas Warnke
Musik: Kantor Stefan Scharff, Karin Klose, Gesang
Die Kirchengemeinde schreibt: "Wir dürfen wieder Gottesdienst in der Kirche feiern. Und so wagen wir am kommenden Sonntag „Kantate“, dem 10. Mai, einen Neuanfang. Strenge Auflagen sind zu bedenken: Sicherheitsabstände von zwei Metern, Hygiene-Regeln, Masken-Pflicht. Singen ist noch nicht erlaubt, dafür aber Summen – und natürlich musikalische Begleitung durch Orgel und Solisten. Trotzdem wird es ein schöner, ganz besonderer Gottesdienst werden!

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