Katharina Eipper
Wie entstand Ihr Kontakt zu ausgerechnet dieser Gemeinde?
Wir hörten über Freunde, dass es den FaGo gibt. Uns liegt einerseits an der sonntäglichen Liturgie, aber wir brauchen auch die Gemeinsamkeit in der Familie und ein sonntägliches Frühstück ist wichtig. So waren wir froh als wir hörten, dass es auch um 11.30 Uhr einen Gottesdienst gibt und sind in dieser netten Gemeinde gelandet. So ein Verweilen bei Kaffee und Kuchen nach dem Gottesdienst verbindet und es haben sich auch Freundschaften entwickelt.
Was ist das Besondere am Familiengottesdienst für Sie?
Es ist die besonders herzliche Art und Weise, wie im FaGo das Thema „Du bist von Gott angenommen, so wie Du bist“ behandelt wird. Es ist für mich eine so wichtige Grundvoraussetzung. Wenn die erste Botschaft lautet: Gott nimmt Dich an, so wie Du bist, kannst du im zweiten Schritt handeln und das auch weitergeben. Und so taucht immer wieder die Frage auf: „Was können wir jetzt als einzelner und als Gemeinde tun?“.
Wie nehmen Sie die Impulse der Gemeinde wahr, die den Versuch darstellen, etwas aus der eigenen Beziehung zu Gott für andere, für die Gemeinde zu tun?
Eine Form davon ist z. B. das Zukunftsforum. Das finde ich spannend. Es beschäftigt sich mit großen Projekten, wie Folgen des Klimawandels, und zeigt kleine mögliche Schritte für den Einzelnen: Wie gehe ich mit meinen Ressourcen wie Lebensmittel etc. um? Was kann ich mit dem machen, was ich bewusst einspare oder nicht mehr brauche – wie kann ich es sinnvoll anderen geben? Interessant finde ich auch das Marafiki-Programm. Es macht ein Problem in dieser Welt besonders auch für Jugendliche konkret. Sie können nach Tansania fahren und sich die Situation vor Ort ansehen. Sie können Patenschaften in einem finanziellen Rahmen für Aidswaisen leisten, der sich noch in den Möglichkeiten ihres Taschengeldes bewegt. Es ist hier so vieles im Kleinen möglich.
Hilft Ihnen das Tun im Kleinen? Helfen im Sinne von dem Empfinden Teil einer Lösung zu sein?
Letztlich schon. Viele katastrophale Situationen in dieser Welt betreffen auch mich. Ich fühle mich aber machtlos, ein kleines Körnchen in einem großen Gefüge. Es hilft mir damit umzugehen, wenn ich etwas im Kleinen tun kann und dadurch das Gefühl habe, ich lebe „richtig“ oder „gut“. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Wenn man so darüber nachdenkt, was auf dieser Welt passiert, dann kann man auch resignieren. Wo führt das alles hin, was kann ich tun? Da ist es manchmal dieser kleine Schritt, bei dem mir auch die Gemeinde hilft - und es hilft Gottvertrauen.
Können Sie Ihr Gottvertrauen beschreiben?
Es heißt für mich, ein Gefühl zu haben, dass es letztendlich gut wird. Es verändert mein Verhältnis zum Leben und auch zum Sterben. Dass Menschen die Kraft haben können, es zum Guten zu wenden. Aber ich will es nicht nur konkret am Menschen festmachen: Es ist ein Gefühl, dass es trotz all dem Schlimmen in dieser Welt etwas Gutes gibt, was mich auch trägt. Etwas, was mir hilft, jeden Tag aufzustehen und das Gute zu sehen. Die Fähigkeit, das zu sehen, was mir geschenkt wurde und es auch annehmen zu können. Dieses Gottvertrauen ist auch ein Geschenk. Ich kann Vertrauen an meine Kinder weitergeben und auch mein Vertrauen in sie ist ein Geschenk.
Solche Geschenke können auch nur kleine Momente sein: ein Lachen oder eine beobachtete Geste zwischen zwei Menschen, die gar nicht an mich gerichtet sein muss.
Nun treten viele Menschen aus der Kirche aus, oder nicht ein, wie auch immer. Ihnen bedeutet sie ja etwas. Sollte die Kirche sich verändern, anders auf Menschen zugehen?
Schwierig. Die Menschen, die in die Kirche kommen, haben sich ja irgendwie schon dafür entschieden. Es entsteht die Frage, ob die Kirche missionieren möchte. Eigentlich ja nicht. Also muss sie die Menschen wohl selber kommen lassen. Was ich interessant finde, ist das häufige Treffen auf Leute, die nichts mit der Kirche zu tun haben wollen und sich dann in existenziellen Situationen doch an einen Pfarrer wenden und eine Art von Glauben ausdrücken.
Vielleicht empfinden Menschen, dass alles, was wissenschaftlich erklärbar und physisch greifbar ist, keiner „göttlichen“ Erklärung mehr bedarf. Bei Tod wird es etwas schwierig...
Das sehe ich nicht so. Selbst wenn man heute erklären kann, warum Blätter an einem Baum wachsen oder im Herbst abfallen, denke ich doch an ein Wunder. Es ist wundervoll und ich denke an die herrliche Kraft, die dahinter steht - und ich habe das schöne Gefühl, irgendwie dazuzugehören.
Und wie versuchen Sie, das Ihren Kindern zu vermitteln?
Es ist ja immer eine grundsätzliche Frage: Wie vermittelt man Werte? Am besten, in dem ich versuche, es vorzuleben. Wir versuchen, den Glauben selbstverständlich zu leben. Wir beten auch mit den Kindern, zünden Kerzen an. Es sind Rituale, vielleicht auch Automatismen, aber vielleicht irgendwann einmal von einer Bedeutung darüber hinaus. Es ist ein großer Unterschied zwischen dem kindlichen „noch glauben“ und dem späteren „wieder glauben“.
Können Sie die Kirche auch kritisieren?
Ja, aber über die Kirche wird sowieso schon schlecht geredet und ich habe jetzt nicht das Bedürfnis, das zu tun. Ich sage im Prinzip Ja dazu, kann aber verstehen, dass andere Nein dazu sagen. Wer etwas kritisieren möchte, der findet auch etwas. Wo Menschen sind, gibt es immer Gutes und Schlechtes. Im Prinzip finde ich die Institution Kirche wichtig.
Warum ?
Als Ort gelebter Spiritualität. Es sind viele Menschen auf der Suche nach irgendetwas und dieser Ort kann Antworten geben. Die Kirche ist ein Ort, wo ich kleine Schritte tun kann, um diese Welt zu verändern. Sie ist ein Ort, wo man sich als Teil einer Gemeinschaft fühlt, was auch wichtig ist. Ich liebe es auch, in „fremde“, leere Kirchen zu gehen, und einfach nur diese Ruhe zu haben. Vielleicht ein stilles Gespräch mit Gott, mit mir? Ich liebe es, Kerzen anzuzünden und an Menschen zu denken, die mir lieb sind. Also: das Stille, „Innere“, und auf der anderen Seite die Gemeinschaft und alles, was es dadurch an Geborgenheit, guten Situationen und Möglichkeiten gibt.
Katharina Eipper
Verheiratet mit Sebastian Eipper | fünf Kinder im Alter von 1 bis 14 Jahren | von Beruf Lehrerin an der Gorch Fock Schule, derzeit in Elternzeit | vor sechs Jahren von Freiburg im Breisgau nach Hamburg gezogen