Martin Teegen
Sonntagskreis – darunter verstehe ich eine Gruppe von „Eifrigen“, denen der Gottesdienst nicht genug war und die sich deshalb noch einmal am Nachmittag zu theologischen Themen zusammenfinden. Stimmt das?
Nein, der Kreis ist u.a. von Katharina Frey 1977 kurz nach Beendigung ihrer Schulzeit gegründet worden. Wir nannten
uns „Kreis für junge Erwachsene“ und wollten uns von Schulthemen abgrenzen. Wir wurden aber schon bald auch
von Schülern „unterwandert“. Das Ganze war eine Idee von Pastor Plank. Er war 26 und wir damals 18.
Habt ihr gekifft? So kam man als 18-Jähriger doch damals auch oft in den Räumen der Gemeindehäuser zusammen.
Nein. Wir hatten verschiedene Räume, zum Beispiel auch den Bunker unter dem alten Gemeindehaus. Diesen Luftschutzkeller haben wir ausgebaut und ausgemalt. Dr. Augustin, der damals im heutigen Pastorat Melchiors wohnte, nannte das einen „Lustmolchkeller“.
Und was habt ihr da gemacht?
Am Anfang haben wir uns nur getroffen und geredet. Den Sonntag haben wir deshalb gewählt, weil da keiner auf die Piste wollte. Einfach über unsere jeweiligen Lebenssituationen und das Leben überhaupt gequatscht, über „Gott und die Welt“. Irgendwann haben wir überlegt, uns eine Struktur zu geben. Es begann mit regelmäßigem Kochen einer Suppe, bis hin zur Auswahl eines Buches, über das wir dann gesprochen haben. Dieser Prozess hat sicher fünf Jahre gedauert.
Und irgendwann wurde dieses Buch die Bibel?
Wir haben immer zwischendrin über Bibel-Themen gesprochen. Aber wir sind ja kein typischer Hauskreis (> S. 4), wir
sind keine Bibelgruppe. Zu dieser haben sich aus unserem Kreise auch einige zusammengefunden, sie treffen sich alle
zwei Wochen. Es gibt also eine Teilmenge. Wir als Sonntagskreis machen etwa einmal im Vierteljahr eine Bibelarbeit.
Und worin besteht für Dich der Lebenswert dieser Gruppe?
Heute ist dieser Wert noch viel größer als früher. Die Gruppe gibt mir Halt. Wir sind kein Gemeindekreis in dem Sinne, wir sind ein wahrhaftiger Freundeskreis geworden. Wir verändern uns nur langsam. Wir kennen uns. Wir treffen uns immer einmal in der Gemeinde zu einem bestimmten Thema und dann einige Male „reihum“, um dann umschichtig privat zu klönen.
Wie viele seid ihr?
Wenn alle kommen, 16. Einzelne gingen zum Studieren, kamen dann aber wieder – wie ich. Eine lebte lange in Mecklenburg, sie kam vor zehn Jahren zurück. Manchmal kamen auch Neue, die Helmut Plank uns „auf den Hals gehetzt“ hat.
Und wer ist Chef? Oder Chefin?
Wir haben so eine Art Wanderpokal. Etwa alle drei Jahre machen wir eine Programmplanung von Themen und Unternehmungen. Jene, die das vorbereiten können, sind dann die Chefs. Zur Zeit sind es John Gable und ich. Wenn man keine Lust mehr dazu hat, kann man es sagen.
Wo siehst Du die Bedeutung so eines Kreises für eine Gemeinde?
Es ist wichtig, dass eine Gemeinde Möglichkeiten des Zusammenseins bietet, die zwischen Kinder- und Jugendarbeit und dann wieder Alten- und Krankenbetreuung liegen.
Aber wir haben doch auch die Veranstaltungen der Akademie und
Chöre und mehr ...
Aber das führt nicht zu so einer persönlichen Dichte wie bei uns. Wir sind seit 40 Jahren zusammen. Wir haben hier schon die erste Hochzeit der Kinder gemeinsam gefeiert.
Was kannst Du der Gemeinde mit Deinen Erfahrungen dieser Gruppe empfehlen?
Ich würde versuchen, die jungen Menschen nach der Konfirmation „abzuholen“ und in der Gemeinde zu halten. Vielleicht interessante Gesprächskreise miteinander aufbauen. In der Zeit, als wir junge Erwachsene waren, hat sich unser Kreis noch nach außen geweitet. Jetzt, in diesem Alter, ist es nicht mehr so. Die Marafiki-Gruppe ist ein guter Startpunkt für so etwas, sie haben ein gemeinsames Thema. Wir haben in den 70er und 80er Jahren zusammen Israel-Reisen unternommen und viele von uns waren auch mit im Kloster Himmerod. Wichtig für allen Anfang ist jedoch immer die persönliche Ansprache. Jemand muss das Gefühl vermitteln, dass man in der Kirchengemeinde gerne aufgenommen wird.
Ist denn diese Gemeinde wichtig für euch?
Wir sind in ihr und über sie zusammen gekommen. Ich bin Einzelkind und die Kirchengemeinde bedeutete für mich
auch eine Art familiären Anschlusses. Das ging sicherlich auch anderen so. Gemeinde ist irgendwie auch etwas von einem Zuhause. Neulich fragte mich eine Arbeitskollegin, die neu zugezogen ist, nach Anschlussmöglichkeiten. Ich sagte ihr: „Geh in den FaGo, geh in den Chor und spiel Hockey“. Heute gestaltet sie den FaGo mit. Meine Frau ist auch von
dem Gospel chor und der Weltethos-Gruppe getragen worden. Und der Chor hat im Wesentlichen auch mich getragen, als sie starb, und in der Zeit danach.
Wie stellst Du Dir das vor, was wir Gott nennen?
Es ist eine liebende Kraft. Es gibt einen Gott für alle Religionen. Es ist etwas, mit dem ich innerlich Zwiegespräche führen kann und ich kann mich daran reiben. Ich kann etwas abladen, so wie ich es im Gebet abladen kann. Aber ich bin nicht der große Philosoph ...
Stefanie Hempel (Mai 2016)
Martin Teegen
geb. am 9. Oktober 1959 in Hamburg | wohnt in seinem Elternhaus am Mühlenberger Weg, lebt dort mit Sohn Max | Test-Manager für Software bei einem großen IT-Beratungsunternehmen (CGI) | hat 1977 den Sonntagskreis mitgegründet