Uwe Lühmann
Sie sind ein Ur-Blankeneser, lieber Herr Lühmann. Zusammen mit Ihrer Frau führen Sie die Teestube, das Restaurant und Fremdenzimmer. Wieso kochen Sie jetzt noch mit Schülern der Bugenhagenschule – haben Sie noch nicht genug zu tun?
Hier am Telefon eben, das war Fabian. Er war einer meiner Kochkinder aus dem Osdorfer Born, wo ich auch einmal eine Kochgruppe hatte. Fabian ist „an mir kleben geblieben“ und kommt oft, wie ein Kind im Haus. Wir sprechen über vieles, oder er hilft mir bei den Einkäufen. Nach sehr schweren Zeiten Zuhause lebt er nun in einer Pflegefamilie. Nun, nachdem ich am Osdorfer Born aufhörte, war ich frei für etwas Neues. In unserer kleinen Männer-Kochgruppe im Fischerhaus habe wir immer bedauert, dass wir eigentlich nur für uns kochen und es wenig sozialen Effekt nach außen hat – so kam die Idee mit den Schülern. In der ersten Gruppe vor zwei Jahren waren 6 Jungs – die Gruppen wechseln halbjährig.
Beim Kochen redet man. Was kochen Sie und was reden Sie gemeinsam?
Es ist schon manchmal abenteuerlich. Sinn und Zweck ist nicht, dass wir gut kochen, sondern dass wir Freude daran haben und die Schüler das einfache Handwerk lernen. Viele halten beim Kartoffelschälen das Messer falsch herum. Wir kochen einfache Dinge.
Es ist doch etwas sozial Wichtiges, das Kochen – wie empfinden Sie?
Es ist erstens großartig für die Kinder, etwas erreicht zuhaben: eine gut schmeckende Kartoffel selbst geschält und gekocht zu haben. Oder ein Apfelkompott, welches die meisten nur aus dem Glas kennen. Es erfordert auch das Erlernen von so etwas wie sozialer Kompetenz, wenn man zu sechst in der kleinen Küche des Fischerhauses ist. Es wird gestritten und ich muss auch mal laut werden. Aber in der Regel geht es sehr fröhlich zu. Da gibt’s mal Angeber und Schüchternde und es bedarf auch mal einer Erklärung zum Verhalten. Eine Rolle spielen auch ein paar Regeln. Zum Beispiel Tischmanieren und die Kleidung beim Kochen. Aber am wichtigsten ist mir, den Kindern Mut beizubringen und das auch beim Bereiten einer Mahlzeit. Ich koche nie nach Rezept und erzähle den Kindern auch kein Rezept. Sie sollen mit Spaß kreativ und mutig kochen.
Nun ist es eine „Schule unter dem Kirchturm“, was fällt Ihnen denn spontan zu Kirche ein?
Der Kirche habe ich meinen Konfirmandenunterricht zu verdanken und damit meine Kenntnis von dem Leben von Jesus Christus. Ich habe das dort verinnerlicht. Unter dem Gottesbild konnte ich mir nie so viel vorstellen, was jedoch nicht heißt, dass Gott für mich nicht existiert. Ich setze mich damit nur nicht so auseinander. Mich hat immer Jesus fasziniert. „Der Junge ist klasse“,habe ich als Schüler gedacht und er ist immer ein Vorbild für mich gewesen, wonach ich nicht nur bewusst, sondern auch unbewusst mein Leben ausgerichtet habe. Das liegt wohl im Wesentlichen daran, dass sein Leben und Wirken durch Liebe geprägt ist. Ich war vor kurzer Zeit in der Türkei in Kapadokien, ein Teil einer Landschaft, die ich aus der Schule als Kleinasien kenne. Mir wurde dort klar, wie weit die Jünger Jesu nach Kleinasien vorgedrungen sind. Paulus was in den Höhlen von Kapadokien, es gibt unterirdische Ortschaften, in denen die frühen Christen sich versteckten.
Und diese Gemeinde?
Ich habe die Kirche mein Leben lang wenig wahrgenommen und leider auch ein paar negative Erfahrungen mit ihr gemacht. Aber seit einigen Jahren bin ich mit diesen Pastoren und ihren Aktivitäten richtig glücklich mit der Kirchengemeinde. Ich bin geradezu so etwas wie stolz, dazu zu gehören. Wir sind ein so vielfältiger „Verein“. Mir liegt die Vielfältigkeit und ich habe im Laufe meines Lebens immer in unterschiedlichsten Gruppen gelebt. In meiner Jugend segelte ich mit den „Bagaluten“ aus dem Hang und kannte aber auch die Leute aus dem „Oberen Blankenese“, wo wir lebten und mit denen meine Eltern befreundet waren. Dies hat meine Toleranz gegenüber meinen Mitmenschen sicher deutlich gefördert.
Und nun merke ich, dass Ihnen dazu etwas auf dem Herzen liegt
Ja, mangelnde Toleranz ist etwas, was ich hier kritisiere. Bei all dem Stolz, den ich für die Arbeit der Kirchengemeinde empfinde, hapert es doch manchmal bis in die letzten Instanzen im Ort an Toleranz und Großzügigkeit. Anstatt zu verurteilen und zu reden, möchte ich den Menschen einfach vorleben, woran ich glaube. Mein Vater hat das so gemacht und ich mache es mit den Jugendlichen in der Küche. Es geht ja am besten. Man muss nicht demonstrieren. Nein, man muss es einfach vorleben. Meine Enkelkinder sehen mich mit Menschen sprechen, mit denen ich völlig kontrovers denke. Aber ich möchte ihnen vormachen, dass Kommunikation wichtig ist. Und wissen Sie, ich bin lange beim Bürgerverein gewesen, ich kenne so vieles und viele : Leben ist Bewegung und ich kann mich nicht immer nur mit Menschen abgeben, die das Gleiche machen und immer noch wie früher im Kutter rudern. Da geben mir die Kinder beim Kochen sehr viel mehr.
Es war schön heute in Ihrem schönen Garten hinter der Teestube, vielen Dank!