Johann Friedrich Struensee

20.03.2013 | 23:31

Manchmal wünschen wir uns einen "guten Diktator". Er soll alle Grundübel der Gesellschaft verbieten: Korruption, Privilegienherrschaft, Intoleranz. Johann Friedrich Struensee (1737 bis 1772) aus Altona hat wider Willen diese Rolle gespielt. Als Berater des Königs in Dänemark. Er wurde deshalb am Dänischen Hof geköpft.

In Blankenese stellten die Pröpste Dr. Johann Hinrich Claussen und Dr. Horst Gorski am 20. März 2013 den leidenschaftlichen Aufklärer und Arzt vor. Anlass ist das Jahresthema 2013 der "Blankeneser Gespräche" und der Gemeinde-Akademie Blankenese: "Der lange Weg zur Toleranz".  

Als "Leibarzt des Königs" avancierte Struensee, der an den Dänischen Hof gerufen worden war, schnell zum "Geheimen Kabinettsminister" von König Christian VII. Er beschloss im Namen des Königs Schulreformen, die Meinungs- und Pressefreiheit, Abschaffung der Folter, Entmachtung des Adels. "Was Struensee umsetzen wollte, war mitten im Absolutismus erstaunlich demokratisch - wie er es getan hat, war höchst autoritär. Daran ist er gescheitert", erklärte Propst Claussen. Der Reformer ist eine Figur für großes Kino: schillernd und tragisch. Erst nach der französischen Revolution und 20 Jahre nach seinem Tod war Dänemark reif für Reformen. Friedrich der Zweite in Berlin hatte mehr Glück. Propst Claussen: "Seine autoritär- aufgeklärte Monarchie hatte deshalb Erfolg, weil er Unterstützung aus der Bevölkerung erhielt. Das fehlte damals in Dänemark". In Preußen hingegen lasen Theologen neben ihrer religiösen Literatur auch Philosophen ausd England und Frankreich.

Führte "der deutsche Weg" seit Luther auf einen Weg der Toleranz? "Einiges spricht dafür, so Propst Gortski: "Luther hat gesagt: ‚Man kann den Menschen nicht ins Himmelreich prügeln’. Nur mit Unterstützung aus der Bevölkerung, des Schulwesens für alle und der Bibel in deutscher Sprache konnten die Reformatoren um Martin Luther vielleicht die Mehrheit der Gesellschaft für sich gewinnen und erfolgreich Reformen durchsetzen." 

Propst Claussen ergänzte das Bild des deutschen Sonderwegs: "Nach der furchtbaren Erfahrung des 30jährigen Krieges waren die Menschen bereit, Ideen gewaltfrei durchzusetzen, die Gewissensfreiheit durch eigene Einsicht zuzulassen und Absolutheitsphantasien abzuschwören." 

Ein Blick auf das aktuelle Machtspiel am Niel zeigt, wie schwer es ist, Toleranz nachhaltig in die Bevölkerung zu tragen. "Ägypten heute" wird nächstes Thema in den Blankeneser Gesprächen am 17. April 2013 sein. 

Propst Gorski sieht einen Weg von dem Aufklärer Struensee zur friedenstiftenden Toleranz der Weltreligionen 2013: "Toleranz bedeutet Anerkennung Andersdenkender. Doch wie kann Toleranz sich gegen Strömungen der Intoleranz behaupten?" Das wird Thema in den Blankeneser Gesprächen am 16. Oktober 2013 sein. 

Vorher lädt die Gemeinde Blankenese zum 34. Deutschen Evangelischen Kirchentag vom 1. bis 5. Mai 2013 in Hamburg in einem "Zelt Abrahams" vor der Blankeneser Kirche die drei abrahamitischen Religionen, Juden, Christen und Muslime zum interreligiösen Gespräch ein.

Cornelia Strauß

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