Hebräer 4, 14-16

13.03.2011 | 01:00

Klaus-Georg Poehls

Viele Worte sind gemacht, Superlative gebildet, apokalyptische Bilder beschworen worden nach diesem furchtbaren Erdbeben.

Von Hölle und Killertsunamis, vom Toben und Zurückschlagen der Natur konnte man lesen. Die Natur bekam eine Fratze, sie wurde dämonisiert.

Bilder konnten schnell betrachtet werden, die einen zwischen Erschrecken und Fasziniertsein hin und her schlagen lassen, die schon bald aber keinen mehr rühren werden, gegen die wir auch noch abstumpfen werden – als Selbstschutz, so wäre es zumindest verständlich, aber vielleicht wohl eher aus einer schon vorhandenen Abgestumpftheit, die unverständlich und unerlaubt wäre. 

Steht es mir zu, das Erschrecken und das Elend der anderen, der wirklich Betroffenen in Worte zu fassen, es einzukleiden in Begriffe, die ich mir von irgendwoher hole, in Sprachbilder, die ich nur benutzen dürfte, wenn ich wirklich selbst erlebt habe, was sie beschreiben?

Darf ich mir eigentlich Bilder ansehen, die festhalten, was ich nicht fassen kann, die mich starren lassen, mich zum Gaffer machen?

Fordern Mitgefühl und Respekt nicht den Verzicht auf große Worte in noch größeren Schlagzeilen und erst Recht den Verzicht auf Erklärungen, die über das naturwissenschaftliche Phänomen hinausreichen wollen?

Wir werden, liebe Gemeinde, still für die Opfer, für die lebenden und die toten, beten. Und wir sollten, so dachte ich und nahm Abstand vom vorgesehenen Predigttext über Adam und Eva und die Frucht vom Baum der Erkenntnis, schlicht den Blick auf Jesus werfen. Jesus, der das Kreuz schultert.

Es ist vorn auf dem Gottesdienstzettel abgedruckt.

Jesus lässt sich das Kreuz nicht aufladen. Er nimmt es, nimmt es an, wird es sich selbst aufladen. Er ist – ohnmächtig – gleichwohl Herr des Geschehens, ist größer als sein Kreuz, lässt sich auch jetzt nicht darauf reduzieren. Fast scheint es, als nähme er es in den Arm.

Aufrecht und frei steht er da, hat selbst Ja gesagt zu seinem Kreuz. Sein Blick geht über den langen Weg, der noch vor ihm liegt, hin zu den drei Kreuzen auf dem Hügel Golgatha. Vor ihm die Erde, ein Baum, ein Tier – als wäre da die Schöpfung, in der er steht, durch die er geht, und sie wartet auf Erlösung.

Paulus fällt mir ein, wie er an die Gemeinde in Rom schreibt: „Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick mit uns seufzt und sich ängstet“ (Röm 8, 22).

Unerlöst ist unsere Welt, sind die Tiere, die Meere, der Himmel, die Erde. Unerlöst sind wir mit ihr und legen ihr noch Lasten auf, tun so, als könnte sie noch mehr tragen. Hauptsache, uns treffen die Folgen nicht.

„Deutschland ist nicht in Gefahr, sollte es zur tatsächlich zur Kernschmelze in einem der vom Erdbeben geschädigten Kernkraftwerke in Japan kommen – oder schon gekommen sein. Wir sind zu weit weg und der Wind geht nach Südosten“, so ähnlich war es in den Nachrichten zu hören. Na dann, wenn da irgendwo über dem südlichen Pazifik was passiert, dann ist das ja alles nicht so wild.

„Weil wir denn einen großen Hohenpriester haben, Jesus, den Sohn Gottes, der die Himmel durchschritten hat, so lasst uns festhalten an dem Bekenntnis.“ So hörten wir eben aus dem Hebräerbrief.

Am Bekenntnis festhalten - und jetzt geht es nicht um ein paar Sätze aus dem vierten nachchristlichen Jahrhundert, wie wir sie gleich sprechen werden, sondern jetzt geht es um das Bekenntnis zu dem Gott, wie Jesus ihn geglaubt und gelebt hat. - Ja, da gibt es einen Unterschied.

Gott hat dem Menschen diese Welt anvertraut, er hat mehr in ihm gesehen als unerlösten, um sich selbst kreisenden, auf seinen Vorteil bedachten, kurzsichtigen Menschen.

Er hat uns nicht geschaffen, damit aus der Mitte der europäischen Gesellschaften die meisten menschenfeindlichen Aussagen stammen und aus der bürgerlichen Mitte unseres Landes die Gefahr des Rechtsradikalismus aufsteigt, wie es unlängst Studien gezeigt haben (Hamburger Abendblatt vom 12. / 13. März 2011, spiegel online vom 13. Oktober 2010). 

Gott hat uns auf sein Reich hin geschaffen und das Reich Gottes ist schon jetzt überall da,. „… wo Lieblosigkeit durch Versöhnung durchbrochen wird, wo Vergebung riskiert wird, um Feindschaft zu überwinden“ (H. Küng, A. Rinn- Maurer, Weltethos christlich verstanden, 31), wo wir als Menschen den Auftrag Gottes annehmen, seine Schöpfung zu bewahren, zu pflegen und vor uns selbst zu beschützen.

Das Bekenntnis zu Gott, wie wir ihn durch Jesus glauben, ist ein Bekenntnis zu einer Liebe, die nicht nett ist und lieb, nicht harmlos und zahnlos, sondern die sich einmischt, ihre Stimme erhebt, die sich riskiert und so auch Leiden nicht scheut – um Gottes und der Menschen willen nicht scheut.

„Wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein“ (Lk 14, 27). Schwere Worte Jesu.

Wer Jesus nachfolgt und sein Kreuz auf sich nimmt, ist nicht verurteilt, sondern frei, wird nicht geopfert, sondern opfert sich. Wer in der Nachfolge Jesu sein Kreuz auf sich nimmt, dem geht es nicht mehr um sich selbst, um sein persönliches Kreuz, das er zu tragen hat, sondern um das Kreuz, das ihm durch sein Bekenntnis, durch seinen Glauben auferlegt ist.

„Darum lasst uns hinzutreten mit Zuversicht zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu der Zeit, wenn wir Hilfe nötig haben.“ So hieß es eben weiter im Hebräerbrief.

Zuversicht und nicht Resignation. Letztere ist allzu oft verständlich und lässt einen Menschen in sich zusammensacken. Erstere ist Glaubenshaltung, selbst mit dem geschulterten Kreuz. Zuversicht gehört mit in das Bekenntnis

Und dann die Barmherzigkeit, mit der wir anderen und der Schöpfung begegnen, diese vorsichtige behutsame Bewegung der nichts scheuenden Nächstenliebe hin zu dem anderen.

Und die Gnade. Gnade heißt, dass ich Gott dienen kann ohne zu meinen, es brauche dafür eine große Tauglichkeit und Verwendbarkeit, ein großes Wissen oder hohe Leistungskraft. Gnade heißt zu erleben, wie Barmherzigkeit einen Menschen erreicht, wie es kein zu spät für Gott gibt, wie da eine Hand ist, die trägt.

Zuversicht, Barmherzigkeit, Gnade.

An diesem Bekenntnis lasst uns festhalten – und wo es sein muss, das Kreuz Jesu annehmen und schultern. Amen.

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