Heiliger Abend 2014 K.-G. Poehls

24.12.2014 | 16:30

Die Freude und den Frieden von den Feldern Bethlehems wünsche ich Ihnen, wünsche ich Euch.

Liebe Gemeinde!

In den letzten Tagen und Wochen wird wohl kaum jemand von uns nicht mit einem Familienbild konfrontiert worden sein. Damit meine ich kein privates, sondern das der sogenannten „Heiligen Familie“.

Eine junge liebreizende Frau mit einem Kind auf dem Schoße, das Kind halb oder ganz nackt, wie ein Hinweis darauf, dass es als junger Mann so auch am Kreuz hängen wird, ein älterer Mann über die beiden gebeugt, ernster und stiller Frieden über den Dreien.

Was, so dachte ich, macht diese Familie eigentlich zu einer Heiligen Familie? Und vorher: ist von Familie eigentlich zu reden? Maria und Josef nicht verheiratet, Maria von einem / etwas anderen schwanger, der Mann eine Randfigur, die Geburtsumstände katastrophal.

Risse müssten eigentlich durch das Bild gehen. Josef hätte seine Verlobte steinigen lassen können für diese Schwangerschaft, Maria müsste ein ihr fremdes Kind im Arm halten, das doch gar nicht ihres ist und das sie später, als das Kind erwachsen ist, als „von Sinnen“, als verrückt bezeichnen wird, und das Kind selbst braucht die beiden eigentlich gar nicht als Vater und Mutter und wird sie später nicht als seine wahre Familie ansehen – das werden die sein, die den Willen Gottes tun.

Heilige Familie?  Wenn das stimmen soll, dann scheint der Begriff „heilig“ dort zu stimmen, wo nichts stimmt - und doch alles offen ist für Gott. Als Projektionsfläche für eine intakte klassische Familie taugen die Drei wohl kaum. Wohl aber als Bild für eine Liebe, die Ja sagt, obwohl ihr überall ein lautes Nein entgegendröhnt.

Hören wir eine andere Familiengeschichte, die auf den ersten Blick nicht weihnachtlich, dafür aber kriminell ist – und wer liebte Krimis und Drama zu Weihnachten nicht?    

 

Der König aller Taschendiebe von Chicago fährt in der Straßenbahn und merkt plötzlich, denn er ist ja der König aller Taschendiebe, wie da tatsächlich jemand an ihm herumzufingern sucht.

Er dreht sich um und sieht eine bezaubernde junge Frau vor sich, die sich als Königin aller Taschendiebinnen von Chicago entpuppt. Die beiden lernen sich kennen, lieben, sie heiraten und nach einer Zeit des Glückes der Zweisamkeit meldet sich der Nachwuchs an.

Auf ihn richten sich nun alle Erwartungen der Chicagoer Unterwelt: dieses Kind muss König oder Königin aller Taschendiebe und –diebinnen von Chicago werden!

Jedoch: der Schrecken ist groß, als das Neugeborene mit einer seltsam verschlossenen, offensichtlich verwachsenen Hand auf die Welt kommt. Die Eltern gehen von Arzt zu Arzt, doch immer lautet die Antwort, man könne wohl operieren, aber das Risiko, einen Nerv zu verletzen und so die berufsnotwendige Beweglichkeit der Hand zu beschädigen, sei doch sehr groß.

Schließlich finden die beiden Hilfe bei einer lebensklugen und hoffnungsfrohen Frau. Die schaut sich das verwachsene Fäustchen genau und lange an, nimmt endlich eine goldene Kette mit einer goldenen Uhr daran zur Hand und lässt diese über die kleine Faust schwingen – hin und her, hin und her. Da beginnen nach einiger Zeit die Fingerchen des Kindes zu zittern, sie beginnen, sich zu bewegen und langsam zu öffnen. Und in der sich öffnenden Hand liegt – der Trauring der Hebamme (nach einer Geschichte in: M. Kroeger, Im religiösen Umbruch der Welt: Der fällige Ruck in den Köpfen der Kirche, Stuttgart 2. Aufl. 2005, 233f.).

 

Was wir brauchen und was Weihnachten, nicht als Fest, sondern als Gottesgabe, uns schenken will:

  • ein Lächeln oder Schmunzeln
  • jenen zweiten Blick, der erkennt, dass nicht aufgegeben werden      darf, was von anderen schon aufgegeben wurde
  • jemanden, der unsere Verkrampfung löst, der uns das Herz und die      Hand öffnet – geduldig, mit Zeit, behutsam und liebevoll
  • einen Glauben, der nicht wie eine verkrampft geschlossene Hand      wirkt, die niemand ergreifen will, sondern einen Glauben, der uns frei      macht, ins Leben führt und für das Leben eintritt – den Glauben Jesu, der      für uns gelebt hat und nicht immer nur für uns gestorben ist
  • einen Gott, der uns löst und erlöst zu wahrem Leben, mit dem ich      über Mauern springen kann, wie es der Psalmist sagt, mit dem ich reden      kann wie ein Mann mit seinem Freund redet, wie es von Moses heißt, den ich      bejubeln kann, wie Jesus es tat

 

Die Geschichte vom König aller Taschendiebe ist nur eine kleine Geschichte und wird eine Geschichte bleiben.

Die Weihnachtsgeschichte ist in der Tat auch nur eine Geschichte, aber sie wurde Traum, wurde Gesang, wurde Bewegung und Fest. Und doch: wo sie mir Jesus nicht näher bringt, und wenn ich mit Jesus nicht zu seinem Gott finde, dann verflacht sie, entleert sich, wird Kitsch oder hohle Tradition.

Und all das mag schon längst passiert sein – und kann das wahre Weihnachten doch nicht verdrängen. Wir feiern es – jetzt. Denn da ist einer geboren, der uns vor uns selbst rettet. Eine Rettergestalt – noch ein bisschen mehr als Sie und Ihr Rettergestalten sind oder seid: Rettergestalten für die kirchliche Statistik der Gottesdienstbesuche 2014. Das ist ja auch schon was.

Aber viel mehr ist möglich: Wo wir uns als Christen begreifen, wo wir also versuchen, uns auf unserem Lebensweg an Jesus, dem Christus, zu orientieren, da trotzen wir all den Schreckensbildern dieses Jahres, all der Verdichtung unseres Lebens, da werden wir nicht aufhören, von Liebe und Zuversicht zu singen.

Wir dürfen auch nicht aufhören, wir sind es unserer Welt und unserem Gott schuldig. Denn wer das Lied der Zuversicht und Liebe verstummen lässt, hat die beiden aufgegeben. Und lässt Jesus umsonst geboren sein. Das lassen wir nicht zu – nicht mit uns, oder? Und wenn ich allein es nicht schaffe und verstummen will: Gott richtet mich neu aus, Gott hilft – dafür steht der Name Jesus. Und ich singe, wir singen – und was das Herz singt, wird die Hand tun: sich öffnen und tätig werden, ganz im Sinne Jesu. Amen.

 

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