Heiliger Abend 2014 - Th. Warnke

24.12.2014 | 21:49

"Gott ist Mensch geworden"

Liebe Gemeinde!

Gerade mal eine Hand voll Hirten haben den Weg zur Krippe gefunden und das Wunder jener Nacht mit eigenen Augen bestaunt. So haben wir es gerade bei Lukas gehört.

Und schon als Kind habe ich mich gefragt, wieso es eigentlich nicht viel mehr gewesen sind, die Jesus, Maria und Josef in diesem Stall besucht haben?

Bethlehem war ja in jenen Tagen doch eher überfüllt als menschenleer und trotzdem hat kein anderer von dieser außergewöhnlichen Geburt Kenntnis genommen.

So, wie es die Bibel erzählt, ist Gott nahezu unbemerkt Mensch geworden. Eher beiläufig, weil der Himmel es manchmal gar nicht so leicht hat auf der Erde – und weil der Himmel eben keine Termine vergibt.

Und dann frage ich mich weiter, wie viel Himmlisches wohl schon an uns vorbeigerauscht sein mag, ohne dass wir es wahrgenommen haben, weil es vielleicht gerade nicht passte, weil es immer irgendwie Wichtigeres gibt. Oder weil uns in diesem Moment Ruhe und Muße fehlten?

Und so kreuzt mit dieser Weihnachtsgeschichte erneut der Himmel unsere irdischen Wege.

Merken wir dies?

Es ist Weihnachten geworden. Mit so manchen Wünschen und mit all den ganz eigenen Weihnachtsgedanken; mit Gedanken an die Menschen, mit denen wir heute und in den kommenden Tagen zusammen sind, oder eben auch nicht mehr zusammen sein können. Mit den eigenen Weihnachtsbräuchen und Traditionen.

Und inmitten unseres Weihnachten hat diese alte Geschichte ihren Platz gefunden. Die uns von damals erzählt.

Gleichzeitig rührt sich aber auch ein Zweifel, ob diese Geschichte wirklich in ihrer Vergangenheit ruhen, und ob sie immer nur aus der Rückschau betrachtet werden will. Ob sie sich abgefunden hat mit dem Platz, der ihr zugewiesen ist. So würdig dieser Platz auch ist.

Immerhin: Einmal im Jahr an Heiligabend wird sie gelesen.

Wenn Gott wirklich etwas mit unserem Leben zu tun hat – wovon ich in der Tiefe überzeugt bin – dann kommt Gott nicht aus der Vergangenheit. Dann kommt Gott uns auf dem Weg unseres Lebens von vorne entgegen.

Nicht mit einem rückwärtsgewandten Blick, sondern mit einem Bild von Zukunft, mit einem Bild von Heilung, von Frieden und von einem Neuwerden.

Der Himmel trägt sich in die Geschichten des Lebens ein, indem er eine neue Hoffnung pflanzt, indem  Zukunft neu möglich wird.

Und es müsste doch gelingen, diese unterschiedlichen Wirklichkeiten von Himmel und Erde – auch in unserem Leben - füreinander durchsichtig werden zu lassen.

Zunächst landen da eine hochschwangere Frau und ihr Mann ganz irdisch in einem Stall, um wenigstens für diese Nacht ein Dach über dem Kopf zu haben. Und nun wird ausgerechnet hier das Kind geboren.

Fast schon zu wirklich ziehen Bilder in uns vorüber von Fremdsein, von Abgewiesen-Werden, von Unterwegssein, von irgendwo unterkommen...

Derart beiläufig und nahezu unbemerkt ist Gott Mensch geworden: am Rande, in Einfachheit und in Armut. Und so spiegelt sich in dieser Familiengeschichte auch ein Teil von Lebenswirklichkeiten wieder, die es zu allen Zeiten gegeben hat und immer noch gibt.

Und diese Geschichte ist dabei wie eine Positionsbestimmung: Dies ist Gottes Blickwinkel auf das Leben, dies ist die Perspektive Gottes in der Welt: Ein Kind in einer Futterkrippe.

Ebenfalls ganz irdisch schlafen die Hirten ohne ein Dach über ihrem Kopf – wie sie es gewohnt sind – bei ihren Tieren und werden dann – mitten in der Nacht - Zeugen jenes himmlischen Spektakels, als die Engel anfangen zu erzählen und zu singen.

Hier vermischen sich Himmel und Erde. Hier leuchtet und klingt der Himmel hinein in die Welt: Denn die Hirten vertrauen den Worten der Engel.

Und es klingt wie ein Hoffnungsgesang, wenn der Himmel in unser Leben hineinspricht.

Und das Kind selbst, vor dem die Hirten niederknien, als sie es in  Krippe vorfinden, klingt ihnen wie ein einziges, großes Hoffnungslied, wohl das Schönste, das wir in der Kirche singen.

Wo fände Hoffnung einen besseren Platz als in der Wirklichkeit eines Stalles. Wo fänden Licht und Liebe eine schärfere Kontur als zwischen staubigem Stroh und schmutzigen Brettern.

Weihnachten erzählt von der großen Sehnsucht, dass Veränderung und Heilung möglich sind, dass die Erde in all ihrer Verletztheit – und die Menschen - mit und in - all den Verletzungen, die sich sich gegenseitig angetan haben und antun, geheilt werden.

Weihnachten erinnert uns daran, dass Frieden möglich ist – und dass der Himmel uns all das gibt, was wir für diesen Frieden brauchen.

Wenn wir es denn hörten...

Ich möchte Ihnen von einem Erlebnis erzählen. Im Herbst waren wir mit Jugendlichen pilgern in Italien auf den Spuren des Heiligen Franziskus. Wir kamen auf unserem Weg vorbei an der Industriestadt Terni. Eine Stahlregion. Ein großer Stahlkonzern beschäftigt und ernährt fast alle Menschen dort in der Gegend.

Nun wurde beschlossen, einen großen Teil der Belegschaft zu entlassen. Als wir dort waren, gab es eine große Demonstration.

Die Menschen verdienen sowieso nicht viel. Und eine Frau sagte uns, wenn man wenig hat und einem auch das noch genommen wird, dann weiß man einfach nicht mehr weiter. Da war viel Verzweiflung.

Und ich habe mich ernstlich und ebenso hilflos gefragt, was würde der Himmel tun in solch einer Situation? Wo kann hier etwas von himmlischer Hoffnung durchscheinen?

Nun liegt Terni nicht weit entfernt von Greccio, jenem Ort im Rietital, an dem Franziskus vor gut 800 Jahren zum ersten Mal einen Weihnachtsgottesdienst mit einer echten Krippe, mit Stroh  und mit echten Tieren, mit Ochs und Esel feierte.

Er tat dies, weil er den Menschen die Armut vor Augen führen wollte, in der Gott zur Welt gekommen ist. Und er tat dies, weil er Gott einen Platz geben wollte im Leben dieser selbst so armen Menschen.

Vielleicht hätte Franziskus dieser Tage die Krippe vor dem Stahlwerk in Terni aufgebaut und Weihnachten dort gefeiert. Mit unzähligen Lichtern und mit viel Gesang. Da, wo die Arbeiter ihre Mahnwache abhalten, wo sie sich gegenseitig von ihrer Angst und ihren Sorgen erzählen.

Er hätte Hoffnung dahin gebracht, wo Hoffnungslosigkeit so spürbar ist.

Er hätte von der Liebe erzählt, wo man sich plötzlich so lieblos verstoßen fühlt.

Und er hätte von Frieden erzählt.

In dieser Geschichte kommt Gott uns auf den Wegen unseres Lebens von vorne entgegen. Mitten in unser Leben hinein. Und da, wo uns der Himmel streift, da wird Hoffnung neu möglich. Vielmehr ist das manchmal gar nicht. Und trotzdem kann diese Hoffnung, dieser Funke, die Welt verändern.

Wir selbst können uns trösten lassen und neue Hoffnung schöpfen,  und wir selbst können trösten und aus dieser alten Geschichte Mut und Vertrauen schöpfen, selber die Krippe dort aufbauen, wo anderen die Hoffnung abhanden gekommen ist.

In jedem Fall können und dürfen wir in unserem Leben mit dem Himmel rechnen. Heute, am Heiligabend sowieso - und alle Tage.
Amen

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