Himmelfahrt: Apg 1,3-4.8-11
Christi Himmelfahrt und Goldene Konfirmation
Predigt über Apg 1,3-4.8-11
Ihnen zeigte er sich nach seinem Leiden durch viele Beweise als der Lebendige und ließ sich sehen unter ihnen vierzig Tage lang und redete mit ihnen vom Reich Gottes. Und als er mit ihnen zusammen war, befahl er ihnen, Jerusalem nicht zu verlassen, sondern zu warten auf die Verheißung des Vaters, die ihr, so sprach er, von mir gehört habt; aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde. Und als er das gesagt hatte, wurde er zusehends aufgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf vor ihren Augen weg. Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern. Die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.
Liebe Gemeinde
"Als Kind", meinte eine Konfirmandin in der letzten Stunde, als wir über die Himmelfahrtsgeschichte und über den Himmel sprachen, "habe ich immer geglaubt, die Wolken sind eine riesige Zuckerwatte. Wie gerne hätte ich sie probiert. Und als ich dann das erste Mal geflogen bin", sinniert sie weiter, "und über den Wolken war, sahen sie aus wie eine große, weiche Decke, in die man hineinspringen könnte."
Wofür der Himmel – und stellvertretend für ihn auch schon mal die Wolken – nicht alles stehen können! Neben Zuckerwatte und Plüschdecke vor allem wohl für das, was uns so unerwartet im Leben aus unserem Alltag herauszuheben vermag.
Wenn uns wie ein Geistesblitz Fremdes durchstreift, dann kann es doch nur vom Himmel selbst kommen. Wenn sich Ereignisse auf wundersame Weise zum Guten fügen, dann hat der Himmel seine Hände irgendwie mit im Spiel gehabt.
Nicht erst, seitdem Jesus in den Himmel aufgefahren ist und dort, wie wir im Glaubensbekenntnis sprechen – zur rechten Gottes sitzt – nicht erst seitdem fallen uns Menschen die guten, vor allem die unerklärlichen Dinge des Lebens von dort oben zu.
Immer schon war der Himmel der Ort der Götter. Und er bleibt es instinktiv, auch wenn wir längst wissen, dass wir dort keinen Gott antreffen werden – nicht jenen Gott, der so viele von uns seit Kindertagen in dem Bild des alten, weisen Allgütigen, auf einer Wolke schwebend, begleitet.
Auch wenn wir Flugzeuge, Raketen und Satelliten in den Himmel aufsteigen lassen, die dort noch keinen Gott gefunden haben.
Die englische Sprache beharrt mit ihrer Unterscheidung zwischen "Sky" für den natürlichen Himmel und "Heaven" für den religiösen Himmel genau darauf, wie es ein Kind im Kindergarten kürzlich sagte: "Gottes Himmel ist eben unsichtbar.
Und dieser göttliche, wenn auch unsichtbare Himmel Gottes, hat dann auch einen großen Vorzug gegenüber dem heute so wunderbar wolkenlosen Himmel über uns.
Er kann nämlich ganz nahe sein. Er kann hier auf der Erde sein, ganz geerdet und er kann Teil unseres Lebens sein. Als Ausdruck einer Sehnsucht nach Leben, die tief in uns drin steckt. Als Ausdruck einer Sehnsucht nach Ganzheit, einer Sehnsucht nach Frieden und Gerechtigkeit, einer Sehnsucht nach Versöhnung und natürlich auch nach Liebe.
Von manchen "himmlischen Erfahrungen" sprechen wir, wenn wir dieser Sehnsucht auf die ein oder andere Weise ganz nahe gekommen sind. Der Himmel gibt uns dazu, was unser Leben auf wundersame Weise ganz macht.
Nun haben wir gerade am vergangen Samstag hier in der Kirche Konfirmation gefeiert mit den jugendlichen Kolleginnen und Kollegen von Ihnen, liebe Jubilare, liebe goldene Konfirmandinnen und Konfirmanden, die ziemlich genau 50 Jahre jünger sind. Jene Jugendliche haben sich am letzten Wochenende zu ihrem Glauben bekannt und deutlich und hörbar für alle gesagt: Ja, ich bekenne mich zu einem Gott, dem ich zutraue, mich – als ein Gegenüber – in meinem Leben zu begleiten und dem ich vertraue, dass er Teil meines Lebens ist. Nicht jenseits dieser Welt, irgendwo hinter dem Mond, sondern mittendrin in dem, was mir in meinem Leben widerfährt.
Und da wäre es bestimmt spannend, mit dem Abstand von 50 Jahren zu hören, wie dieses "Ja" zum Glauben – bei Ihnen - seinen Platz im Leben gefunden hat.
Wenn ich Konfirmanden manchmal danach frage, wo und wie der Glaube in ihrem Leben denn vorkommt, dann sagen sie nicht selten: Wenn ich im Gottesdienst in der Kirche bin.
Und man kann dann richtig sehen, wie es in ihnen arbeitet, wenn ich frage: "Wieso sollte das, was Jesus über den Glauben gesagt hat, denn nur in dieser einen Stunde im Gottesdienst seinen Platz haben?"
Hat der Glaube nicht viel mehr in all dem seinen Ort, was mein Leben ausmacht? Wie ich mich anderen Menschen gegenüber verhalte? Wie ich mit andere Menschen rede? Was ich über andere Menschen denke? Auch wie ich mich dieser Erde gegenüber, dem, was die Bibel Schöpfung nennt, verhalte?
Und dann auch in all den Fragen, auf die man so schwer Antworten findet… Warum passiert manches?
Hat der Glaube nicht genau dort seinen Platz?
Lassen uns nicht genau solche Fragen manchmal instinktiv nach oben – in Richtung des Himmels – schauen, fragen und hoffen? Dann reden wir von dem da oben – und denken wohl auch manches Mal, ob er uns nicht vergessen hat.
Das Leben aber hat seine ganz eigenen Bewegungen. Und da ist Gott nicht der, der alles lenkt und regiert von seinem himmlischen Thron aus. Nein, er ist mittendrin in diesen Geschichten. Vielleicht so, wie jener sanft berührende Ton, jenes verschwebende Schweigen, von dem Martin Buber schreibt, das Elia, der große Prophet Israels, hört, als er am Eingang der Höhle steht, nachdem Blitz und Donner, Erdbeben und Vulkanausbrüche gewesen sind.
Ein Klang, der sich von innen her ausbreitet und uns zu verstehen gibt: Ja, ich bin da.
Denn das ist der Name, mit dem Gott sich Mose gegenüber gezeigt und erkennbar gemacht hat, damals in der Wüste, in dem brennenden Dornbusch: Ich bin da. Das ist das Versprechen Gottes, das er Mose gegeben hat. Und dieses Versprechen hat Jesus wiederholt, als er zu seinen Jüngern und allen Begleitern sagte, kurz bevor er in den Himmel verschwand: Ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende.
Und als ein Zeichen für diese Zusage Gottes haben Sie, liebe goldenen Konfirmandinnen und Konfirmanden zu Ihrer Konfirmation den Segen zugesprochen bekommen, so wie auch Jesus all denen, die er am Himmelfahrtstag noch einmal zu sich gerufen hatte, auch den Segen zusprach.
Weil Konfirmanden diese Zuversicht mitbekommen sollen: Wir gehen die Wege unseres Lebens nicht allein. Wir sind angesehen von Gottes Angesicht; ja, Angesehene Gottes sind wir.
Wir lassen uns ansprechen im Segen. Uns wird etwas zugesprochen und wir hören, wie einmalig und bedeutsam, ja wie wertvoll wir dieser größeren Lebenskraft, die wir Gott nennen, sind. Da meint es einer offensichtlich sehr gut mit uns.
Soviel Geheimnisvolles steckt in diesen Segensworten.
Mit jedem Segenswort hören wir, dass alles, was zu unserem Leben dazu gehört, nicht vergeblich ist, nicht umsonst, nicht verloren ist, – nicht egal ist, – sondern wertvoll, beachtet und wahrgenommen von dem Einen und hineingetaucht in sein leuchtendes Angesicht.
Und da zählt nicht nur das Besondere, nicht nur das Außergewöhnliche, sondern das Leben selbst, pur und manchmal ganz unspektakulär, wie es eben häufig ist. Der Segen sagt: Dieses Leben ist nicht vergeblich, weil kein Leben vergeblich ist.
Nichts kann sich diesem durchscheinenden und wärmenden Licht, diesem inneren Klang von Gottes Segen entziehen.
Sie sind 50 Jahre unterwegs durch ihr Leben mit dem Glauben, zu dem Sie sich damals bekannt haben und mit dem Segen, der Ihnen damals zugesprochen wurde.
Und dabei gab es sicherlich Zeiten in denen der Himmel nah war, wie sonst nie – und manchmal wohl auch eher fern. Darum ist die Goldene Konfirmation heute vor allem auch ein gemeinsames Erinnern daran, dass Gott uns mit seinem Segen durch das Leben begleitet.
Ein Erinnern daran, dass Gott sein Interesse an uns nicht verloren hat, dass sein Segen immer noch gültig ist.
Und diese goldene Konfirmation mag auch ein Erinnern sein daran, dass Gottes Friede und Gottes Gerechtigkeit, seine himmlische Freude und irdische Liebe, seine Schönheit und seine Lebendigkeit nur in dieser Welt sichtbar werden können, wenn wir unseren Glauben daran in das Leben hinein holen. Wenn wir als die Gesegneten Gottes den Segen Gottes weitertragen in die Welt.
Amen