2. Sonntag nach dem Christfest - 1. Johannes 5, 11-13

04.01.2015 | 11:00

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt. Amen.

„Zur Geschichte der Religionen gehört, dass sie zur Eifersucht neigen. Der eigene Glaube war der einzig wahre. Und alle Abweichler, Ungläubigen, Zweifler, Wahrheitsverdreher, Verblendeten, Unwürdigen, Gotteslästerer, Böswilligen, waren entweder zu bekehren, auch zwangszubekehren (denn der Zwang diente ja dem Guten), oder zu deportieren, zu bekriegen und zu vernichten. Daran durfte bei Todesstrafe oder Androhung des Paradiesverlusts nicht gezweifelt werden. Es galt, die Kampfeswut anzustacheln und zu missbrauchen, im Dienst der jeweiligen Religion oder deren staatlichen Trägern. Fanatismus war durchaus willkommen. … Dieser absolute genommene "Wahrheitsbegriff" löst alle Hemmungen. Er kreiert ein von Barbarei gestütztes gemeinsames, entgrenztes Über-Ich. Es lebt von der Selbstbestätigung, vom Triumph, dem Gefühl der siegreichen Glaubenserfüllung inmitten des Blutrausches. So werden aus Gläubigen die Schergen eines eifersüchtigen Gottes.“  So schreibt Tilman Moser in der Süddeutschen Zeitung vom 29. Dezember letzten Jahres.

 

Liebe Gemeinde,

am Anfang auch jeder fatalen Entwicklung, jeder religiösen Verzerrung, war und ist das Wort. Da gibt es eine Sprache, die neben sich nichts duldet, nichts gelten lässt, die andere und anderes ausschließt – und wir sprechen sie auch. Sie ist Behauptung, lässt keinen Dialog zu, ja verweigert ihn. Denn sie braucht und will ihn nicht. Warum?

Weil die Wahrheit schon feststeht mit ihr und so außerhalb ihrer selbst keine Wahrheit sein kann – und so auch kein Leben in Wahrheit. Wer dieser Sprache und ihrem Inhalt nicht folgt, liegt falsch und lebt falsch. Sie wurde in Melodien gefasst, diese Sprache und gern haben wir diese Melodien in den zurückliegenden Tagen gesungen. Hören Sie bitte einmal mit: :

Heute geht aus seiner Kammer / Gottes Held, der die Welt / reißt aus allem Jammer. / Gott wird Mensch, dir, Mensch, zugute, / Gottes Kind, das verbindt / sich mit unserm Blute.

Wenn das gilt, liebe Gemeinde: was sollte denn daneben noch Bestand haben?Solche Lieder haben ihren biblischen Grund. Einen benennt der heutige Predigttext. Im 1. Johannesbrief heißt es:

„Das ist das Zeugnis, dass uns Gott das ewige Leben gegeben hat, und dieses Leben ist in seinem Sohn. Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht. Das habe ich euch geschrieben, damit ihr wisst, dass ihr das ewige Leben habt, die ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes.“

 

Ein wunderschönes Ja – es kommt aber ohne ein kategoriales Nein nicht aus: Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht.

 

Gerade als Lutheraner könnten wir dieser Christus-Lehre folgen.

Ein viermaliges „Solus“ kennzeichnet Luthers Theologie und seine Sichtweise derer, die den Sohn Gottes nicht haben.

Solus Christus! Christus allein!

Sola scriptura! Allein durch die Schrift!

Sola fide! Allein durch den Glauben!

Sola gratia! Allein durch Gnade!

 

Die beiden letzten könnte eine große interreligiöse Weite atmen: ja, durch den Glauben finden wir zu Gott und  zu einem Gott wohlgefälligen Leben – und können diesen Glauben, der uns trägt und erfüllt doch nur als Gnade oder Barmherzigkeit empfinden. Hier fänden unterschiedliche Gläubige eine gemeinsame Basis.

Aber die beiden ersten – allein Christus und allein durch die Schrift – stehen einer Theologie der Religionen im Wege. Sollen und wollen es auch, denn hier läge ja das Spezifikum, das Wesentliche christlichen Glaubens. Tut es das?

Oder anders: Haben Sajad und Jawad [beide sollen im Gottesdienst getauft werden] nun endlich zum wahren Glauben gefunden? Können wir triumphieren?

Natürlich nicht. Freuen können wir uns, dass unser Glaube suchenden Menschen Heimat bieten will und kann. Aber dieser Glaube bindet sich nicht an Sätze und Titel über Jesus, den Christus, sondern an diesen Jesus selbst. Und das macht die Sache schwierig; denn er entzieht sich uns immer wieder. Und zugleich haben wir doch genug „Jesus-Wahrnehmung“, um Antwort zu geben auf diese Frage:

Sehe oder höre ich denn den Mann aus Nazareth hinter einem solchen Satz wie diesem: Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht?

Jener Jesus, der von den anerkannten Autoritäten der damaligen Gesellschaft als „Fresser und Säufer“ bezeichnet wurde, jener Jesus der von keinem römischen Hauptmann und von keiner syro-phönizischen Frau eine Konversion oder ein jüdisches Glaubensbekenntnis verlangt hatte, sondern der ihnen aus der Liebe Gottes heraus diese Liebe weitergab, jener Jesus, der sich nicht einmal „gut“ nennen lassen wollte, weil Gott allein gut sei (vgl. Mk 10, 18): jener Jesus hat die Liebe Gottes doch gerade nicht an sich und seine Person gebunden, hat sich nicht zwischen Mensch und Gott gestellt, sondern stets von sich weg auf Gott verwiesen.

Und gerade darin – in dieser Bescheidenheit, in dieser Demut – konnte er Raum geben für Gott. Und Gott hat sich in diesem Jesus gezeigt oder offenbart - in seinem Wesen, in seiner Liebe, seiner Freiheit und Großzügigkeit, seinem Erbarmen und seiner Treue. Und mehr, als sich in Jesus von Gott gezeigt hat, brauche ich nicht für den Glauben, einen Glauben, der mein Leben und Sterben umfasst. Ich brauche Jesu Messianität, seine Göttlichkeit nicht, ich brauche seine Menschlichkeit, seine „Gottunmittelbarkeit“, seinen Geist, seinen Glauben, mit dem er lebte und starb, um zu Gott zu finden. Jesus war nicht göttlich, aber sein Glaube und seine Gottesbeziehung waren es. Dafür steht der Begriff „Sohn Gottes“. Und Jesu Name selbst bedeutet „Gott hilft und rettet“

Und deshalb: Ja, wer den Sohn hat, der hat das Leben. Mehr braucht es nicht für uns, die wir glaubend unser Vertrauen Richten auf Jesus und seinen Gott. Ein Nein zu anderen hin steht uns nicht zu und entspricht dem nicht, in dessen Namen wir es sagen wollen.

 

Liebe schließt ein, nicht aus. Wo eine Religion sich im Blick auf die anderen für erwählt hält, macht sie Gott zum Gefangenen der eigenen Erwählungsvorstellungen und verbietet ihm zu sein, was er dem jüdischem, islamischen oder christlichem Glauben zufolge ist: der, der alles gesegnet hat, der Allerbarmer, die unbedingte und unbegrenzte Liebe (vgl. K.-P. Jörns, Notwendige Abschiede, 202). Ich meine, das von Jesus gelernt zu haben.

 

Ich glaube, es ist an der Zeit, die biblischen überbordenden Worte, jene Sprache, die alle Wahrheit für sich beansprucht und nichts neben sich gelten lässt, eben nicht als unumstößliche Dogmatik und wahre Lehre zu sehen, sondern als Liebessprache.

Liebessprache darf in den höchsten Tönen singen und im Besungenen das einzig Wahre sehen. Bezeichne ich meine Frau als meine wahre Liebe, will ich doch nicht die Liebe anderer als falsch darstellen. Bezeichne ich meinen Glauben als wahren Glauben, so doch nur, weil er mich trägt und mir Richtung und Zuversicht gibt, aber nicht, weil Glaube der anderen falsch ist.

 

Hinter den Worten des 1. Johannesbriefes und ihrem Inhalt steht als Gehalt eine Liebe zu Jesus, dem Christus, und durch ihn zu Gott. Diese Liebe teile ich von ganzem Herzen.

Deshalb singe ich auch so gern unsere Weihnachtslieder.

 

„Kommt und lasst uns Christus ehren.“ Es soll heute unser Glaubenslied sein. Ich bitte dazu aufzustehen.

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