1. Sonntag nach Epiphanias - Jesaja 42, 1-9

11.01.2015 | 11:00

Liebe Gemeinde,

 

das erste Gottesknechtlied.

 

Der Bote Gottes und sein Auftrag

1 Der Herr spricht: "Seht, hier ist mein Bote, zu dem ich stehe. Ihn habe ich auserwählt, und ich freue mich über ihn. Ich habe ihm meinen Geist gegeben, und er wird den Völkern mein Recht verkünden. 2 Aber er schreit es nicht hinaus; er ruft nicht laut und lässt seine Stimme nicht durch die Straßen der Stadt hallen. 3 Das geknickte Schilfrohr wird er nicht abbrechen und den glimmenden Docht nicht auslöschen. Unbeirrbar sagt er allen, was wahr und richtig ist. 4 Er selbst wird nicht müde, nie verliert er den Mut, bis er auf der ganzen Erde für Recht gesorgt hat. Schon lange warten die Bewohner der Inseln und der fernen Küsten auf seine Weisung." 5 Gott, der Herr, hat den Himmel geschaffen und ihn wie ein Zeltdach ausgespannt. Die Erde in ihrer ganzen Weite hat er gebildet, die Pflanzen ließ er hervorsprießen, und den Menschen hat er Leben und Atem gegeben. Und nun sagt er zu seinem Boten: 6 "Ich, der Herr, habe dich berufen, meine gerechten Pläne auszuführen. Ich fasse dich an der Hand und helfe dir, ich beschütze dich. Du wirst den Völkern zeigen, was ich von ihnen will, ja, für alle Völker mache ich dich zu einem Licht, das ihnen den Weg zu mir zeigt. 7 Den Blinden sollst du das Augenlicht geben und die Gefangenen aus ihren Zellen holen. Alle, die in Finsternis sitzen, sollst du aus ihrer Gefangenschaft befreien. 8 Ich heiße 'Herr', und ich bin es auch. Die Ehre, die mir zusteht, lasse ich mir nicht rauben. Ich dulde nicht, dass Götterfiguren für meine Taten gerühmt werden. 9 Ihr könnt sehen, dass meine Vorhersagen eingetroffen sind. Und nun kündige ich etwas Neues an. Ich sage euch, was geschehen wird, ehe man das Geringste davon erkennt."

 

Ganz offensichtlich fehlt es der Welt an Recht und Gerechtigkeit.

 

Gott hat Himmel und Erde geschaffen – segensreich und gut.

Pflanzen, Tiere und Menschen. Alles, was das Leben braucht, ist da und alles kommt immer wieder neu. Der Frühling wie der Winter, die Blüten, die Früchte und das Leben. Die Schöpfung ist etwas andauerndes.

Was für ein Wunder!

Allein Recht und Gerechtigkeit fehlen.

Es wird geschrieen auf den Straßen, - der Lärm ist groß.

Menschen knicken ein, werden geknickt, sind gefangen, verletzt, manche zerstört, andere sind tot.

 

Und der Herr spricht: "Seht, hier ist mein Bote“

 

Wir sind gewohnt, Gottes Abwesenheit in mitten all der Krisen und Kriege dieser Welt zu beklagen. Das ist fast ein Automatismus geworden, und vielleicht hören wir deswegen nicht gleich, was Jesaja hier so deutlich sagt:

Der Herr spricht: "Seht, hier ist mein Bote“

hier ist er.

Der Bote Gottes, der Gottesknecht. Er ist da.

 

Aber er ist leise. Er redet nicht laut, er schreit nicht, er kann leicht überhört werden.

Und er ist - sanft

Der Bote Gottes bricht das Geknickte nicht, und was noch glimmt, löscht er nicht aus.

Er spricht, was wahr und richtig ist – aber er schreit es nicht heraus. Man kann vielleicht nur hören, was er sagt, wenn es leise und still geworden ist.

Dabei wird er niemals müde und verliert nicht den Mut.

Gott selbst nimmt ihn an die Hand, beschützt ihn.

Er, der Bote Gottes, ist wie ein Licht, das den Weg zeigt, den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden - allen Menschen und Völkern.

 

Hier ist mein Bote, – Ja, er ist da!

 

Was für ein wunderschöner und hoffnungsvoller Text, den Jesaja hier im 42. Kapitel niedergeschrieben hat.

 

Aber es reicht nicht, nur die eigene Hoffnung mit diesen Worten nähren zu wollen.

Der Text ist mehr, er ist Nahrung für den Glauben, gewiss, aber handfeste, konkrete Nahrung.

Papst Franziskus sagte in seiner Weihnachtsansprache an die römische Kurie: der tägliche Kontakt mit dem Wort Gottes und die in gelebte Nächstenliebe übersetzte Spiritualität sind die lebenswichtige Nahrung für jeden von uns.

 

Jesaja schreibt von einem Boten Gottes, von dem Gottesknecht. Und ich frage: Wie kann da für uns die Übersetzung in gelebte Nächstenliebe gelingen, wie kann dieser Text konkrete Nahrung sein – oder werden für uns?

 

Wir treffen in der Bibel, vor allem im Alten Testament, oft auf sehr menschliches oder vermenschlichtes Reden von Gott.

Bei dem Gottesknecht, dem Boten Gottes, denken wir natürlich sofort an einen Menschen, und durch manche Tradition geprägt, womöglich auch an Jesus Christus.

An anderer Stelle hören wir von Gott als dem Hirten, wir lesen vom Antlitz Gottes, von Gottes Augen, seiner Hand usw.

Dieses menschliche Reden von Gott will eine Nähe zu Gott ausdrücken. Manchmal auch eine Sehnsucht nach dieser Nähe zu Gott, dann nämlich, wenn er in der erlebten Wirklichkeit allzu fern scheint.

Bilder lassen diese Nähe entstehen. Da denkt man, wenn man einen Hirten sieht, an Gott, da fühlt man sich getragen von Gottes Hand...

 

Jesaja spricht von dem Boten Gottes, weil Gott damals wohl in allzu weite Ferne gerückt schien. Er spricht zu dem Menschen in Babylon. Israel und der alte Glaube der großen Väter Abraham, Isaak und Jakobs war weit entfernt.

Das Bild von dem Boten Gottes schafft eine Nähe.

Und sollte es nicht auch uns gelingen, über Jahrtausende hinweg – Jesaja lebte im 6. Jahrhundert vor Christus – diese Nähe zu Gott in diesem alten Bild zu finden!?

 

Die Bibel ist mehr als ein Geschichtsbuch.

Und doch sind wir häufig in einer seltsamen Starre gefangen im Umgang mit diesen alten Bildern.

Wir lesen sie im Kontext ihrer Zeit und überhören leicht ihre Gegenwärtigkeit.

Jesaja lässt Gott sagen: Hier ist mein Bote – und wir denken, das ist doch lange her.

 

Ich hake nach - an dieser Stelle, weil wir zur Zeit alle sehr sensibilisiert sind für ein Gewalt- und Bedrohungspotenzial in dieser Welt. Und wenn man dann diesen Jesaja Text liest, dann denkt man einerseits, ja, wäre es doch so, gäbe es ihn doch, diesen Gottes-Knecht, diesen Boten Gottes, der den Menschen und Völkern auf dem Weg zum Frieden vorangeht. Und andererseits mag man denken, das war damals schon nicht so, warum sollte es heute so sein?

 

Und doch gibt es etwas Zeitloses in diesen Texten. Was die Bibel an einigen Stellen berichtet, hat eine Transparenz bis in das Jetzt hinein. Man kann manche dieser Geschichten und Bilder übereinander legen, und sie ergänzen sich, weil sie alle in ihrem Wesenskern von Gottes Licht, von seiner Gerechtigkeit, von seiner Barmherzigkeit und seiner unendlichen Liebe erzählen, die jetzt, in diesem Moment gemeint ist.

Und der Herr spricht: "Seht, hier ist mein Bote“ Jetzt leuchtet etwas auf von ihm.

 

Es geht uns an, es hat mit uns zu tun. Wir sind ein Teil davon.

Dietrich Bonhoeffer schreibt in seiner Promotionsschrift von der „Gemeinschaft der Heiligen“ von dem Geist Gottes, als die wirksame und verbindende Kraft unter den Menschen.

Bonhoeffer sagt. Gottes Geist ist wirksam. Jetzt und zu allen Zeiten.

 

Jesaja lässt Gott sagen: hier ist mein Bote. Jetzt und zu allen Zeiten.

 

Bei Bonhoeffer heißt es: Gottes Geist ist wirksam. Auch wenn es da vieles gibt, was ihm entgegen steht in uns, unserem Miteinander. Gottes Geist ist wirksam, weil er es so will. Und weil er sich in Freiheit an uns Menschen gebunden hat.

 

Wenn wir vom Glauben sprechen, dann geht es darum, dass Gott in unserem Leben, hier und jetzt gegenwärtig wird, weil er es immer schon war und ist. Wir brauchen uns nicht mit Gottes Geist in irgendeiner unbestimmten Zukunft zu verabreden – oder auf eine besondere Offenbarung des Geistes zu warten oder zu hoffen. Wir müssen auch nicht nach Babylon in der Zeit zurückreisen, um jenen Boten Gottes in unser Leben hineinzuholen.

 

Gott ist da – und unsere Antwort auf dieses Dasein Gottes ist gleichsam unsere menschliche Ver-antwortung.

Oder christlich gesprochen: die Nachfolge Jesu.

Noch einmal Bonhoeffer: Nach ihm bewirkt der Heilige Geist die Möglichkeit der Nachfolge: dass die Einzelnen nicht ihrem eigenen Gutdünken folgen und ihre Vorstellungen von dem, was sie für richtig und gut und für gottgemäß halten, durchsetzen, sondern, dass sie Gottes Willen aktualisieren. Also auf deutsch: dass sie Jetzt und im Hier und in der Welt fragen: was will Gott? Und dass sie es auch tun. Gott handelt selbst im Heiligen Geist, nämlich indem er in mir liebt.

 

Und wenn wir tiefer in dieses Bild der Nachfolge hinein schauen, sehen wir, dass Jesaja genau davon erzählt:

Es liegt auch in unserer Hand. Das ist Kirche, die Gemeinschaft derer, die in der Nachfolge Jesu leben, die Spiritualität in gelebte Nächstenliebe übersetzen, die Verantwortung in dieser Welt übernehmen.

 

Wie das geht?

Noch einmal Jesaja:

 

Still werden, damit wir jene leise Stimme hören, die nirgendwo anders, als in uns selbst, in unserem Herzen, in unserer Tiefe... zu hören ist.

Verstehen wir doch, dass wir es sind, die nur allzu oft blind sind, die gefangen sind, die in der Finsternis sitzen, – mit einem Teil von uns, und die durch jenen Boten, durch die Kraft des Geistes befreit werden können:

 

Du wirst den Völkern zeigen, was ich von ihnen will, ja, für alle Völker mache ich dich zu einem Licht, das ihnen den Weg zu mir zeigt. Den Blinden sollst du das Augenlicht geben und die Gefangenen aus ihren Zellen holen. Alle, die in Finsternis sitzen, sollst du aus ihrer Gefangenschaft befreien.

 

Damals wir heute braucht die Welt befreite Menschen, die mit auf dem Weg sind, wie jener Bote, das Licht in die Welt zu tragen.

Amen

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