1. Weihnachtstag 2014 - Johannes 8, 12

25.12.2014 | 11:00

Gnade sei mit Euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt. Amen.

Der Wecker klingelt zum fröhlich-festlichen Dienst um 5.30 Uhr. Nicht ganz so fröhlich-festlich gesonnen erhebt sich der Dienstinhaber und tastet sich durch die frühmorgendliche Dunkelheit der Dienstwohnung. Der Baum steht noch, gut, und der Blick aus dem Wohnzimmerfenster zeigt nicht nur den Regen als völlig falsches weihnachtliches Wetter an, sondern auch eine festlich erleuchtetet Kirche in morgendlicher Finsternis. Die ganze Heilige Nacht hindurch zeigte sie sich den Blankenesern als leuchtenden und verheißungsvollen  Ort. Und das sicher nicht, um ihnen zu zeigen, wo sie gerade auf dem Nachhauseweg sind, sondern um ihnen anzuzeigen, dass es da ein besonderes Licht in der Dunkelheit, dass es da Licht und Wärme und Orientierung gibt und ein Ziel, das alle Dunkelheit hinter sich lässt.

 

Liebe Gemeinde, recht selbstbewusst behaupten wir als Christen, dass es verbunden sei mit Jesus, dem Christus. Er sei das Licht der Welt. Und aller weihnachtlicher Glanz verlöre seine Strahlkraft, wenn er sich nicht auf Jesus, den Christus, bezöge. Ökologischer Sinn oder Unsinn nächtlicher Kirchenbeleuchtung sei da nachrangig.

 

vergleiche ihn ruhig

mit anderen größen

sokrates

rosa luxemburg

gandhi

er hält das aus

besser ist allerdings

du vergleichst ihn

mit dir

 

Dorothee Sölle schreibt so über Jesus. Will ich das aber tun, Jesus mit mir vergleichen, packt mich Unruhe. Unruhe, die daher rührt, dass ich mich in einer Liebe gespiegelt sehe, die meine kleine Liebe spürbar werden lässt; Unruhe, die daher rührt, dass ich mich angesprochen, angerührt fühle von Jesus aus Nazareth, ihm nahe kommen möchte und er sich doch immer wieder entzieht.

Unruhe, die daher rührt, dass ich ihn nicht fassen kann in einem Bild, in einem Ehren- oder Hoheitstitel, in einer Geschichte. Selbst ein Evangelium reicht nicht, vier müssen es schon sein, aber auch sie verweisen mich auf andere literarische Darstellungen: Jesus im Koran, Jesus in alter und neuer Literatur. Einige Lieder reichen auch nicht, selbst die schönsten Weihnachtslieder nicht.

 

Zurückgeworfen bin ich auf die Ur-kunden. Matthäus, Markus, Lukas und Johannes haben versucht, Jesus darzustellen, haben ihre jeweils eigene Jesuswahrnehmung verarbeitet in Weltliteratur. Und wie sie das gemacht haben:

Ich zitiere aus dem Buch von Karl-Josef Kuschel „Im Spiegel der Dichter“: „Der, von dem hier die Rede ist, entzieht sich allen Kategorien, mit denen man ihn zu begreifen versucht. Er, von dem hier erzählt wird, ist in Wort und Tat zwar greifbar, aber letztlich unbegreiflich; er knüpft in seiner Verkündigung zwar an vertraute Details von Alltag und Tradition an, und doch durchbricht er meist alle Erwartungshaltungen; er erweckt durch sein Auftreten und seine Predigt zwar bestimmte Erwartungen (Menschensohn, Gottessohn, Messias, politischer Befreiungsheld); und doch transzendiert er all diese Erwartungen entweder durch überraschende Selbstzurücknahmen ins Geheimnisvolle und Schweigsame (…) oder durch überraschende Perspektivenwechsel von oben nach unten, von Macht in die Ohnmacht, von Hoheit in die Niedrigkeit, von der Vertrautheit in die Fremdheit: …Wer er im Tiefsten und Letzten war, darauf kennt das Neue Testament Antworten, deren Spezifikum aber gerade darin besteht, dass sie die Fragen nicht zum Verstummen bringen. Im Gegenteil: Die Evangelisten zeigen gerade als Schriftsteller: Dieser Jesus entzieht sich letztlich allen, die ihn fassen und eingemeinden wollen“ (K.-J. Kuschel, Im Spiegel der Dichter, Düsseldorf 1997, 451).

 

Jesus: unfassbar nah, nicht er in uns, wir in ihm eingemeindet, uns heilsam in Frage stellend, gottweisend, beunruhigend, fremd und vertraut.

 

Dies bedenkend nähere ich mich einem der zentralen Sätze des Johannesevangeliums. Dieses Evangelium legt Jesus eine Reihe von sieben „Ich-binWorten“ in den Mund. Sie sind nicht die ureigene Worte des Jesus von Nazareth, sondern „Herrenworte“, die in Anlehnung an die Selbstoffenbarungen Gottes im Ersten oder Alten Testament die absolute und alleinige Heilsbedeutung nicht mehr des Juden Jesus von Nazareth, sondern des alleinigen Sohnes Gottes zum Ausdruck bringen. Es spricht also nicht Jesus, sondern es spricht der Glaube in der johanneische geprägten Form an Christus, wenn es heißt: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“

 

Dieses Wort hat seinen ganz eigenen Platz bei jeder Taufe, die wir in unserer Kirche feiern. Die Taufkerze wird entzündet an unserer Osterkerze  und das Wort erklingt als Zuspruch, als Segenswort für den Täufling. Licht, Wärme und Orientierung soll unser Glaube in das Leben das Täuflings bringen, dafür steht die Taufkerze.

 

Wenn wir nun nicht gerade an Neonröhren denken, dann geht von dem Licht viel aus: Wärme, Geborgenheit, Helligkeit, die mir hilft, die Dinge zu sehen, wie sie sind, die mir den Weg zeigt, die mir hilft, mich frei zu bewegen. Wir brauchen das Licht zum Leben und auch zum Feiern - Feste haben ihr eigenes Licht, gerade das Weihnachtsfest zeigt es. Voraussetzung für das Leben, für ein gelungenes, fröhliches Leben zumal, ist das Licht. Und so läßt ja auch die Bibel die Geschichte der Erde mit der Erschaffung des Lichtes beginnen: „Und die Erde war wüst und leer und es war finster auf der Tiefe ... Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. Und Gott sah, daß das Licht gut war“. Licht als die erste Schöpfung Gottes, ein Licht, das die tote Nacht vor aller Schöpfung erhellt und Ordnung in das Tohubawohu bringt: die Nacht mit ihrer Dunkelheit erhält ihre Grenze, Abend und Morgen wird, Finsternis wird eingeschränkt.

Denn in ihr herrschen Angst und Ausweglosigkeit, sie umschließt mich, macht mich klein. Niemand will in ihr leben, und doch wird es immer wieder dunkel mich herum, manchmal bis zur totalen Finsternis. Und das soll nicht sein; Gott will das Licht, will Leben im Licht für uns. Und dazu will und kann unser Glaube helfen, der Glaube durch den, der da spricht: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben“. In diesem Glauben wird die Sehnsucht nach Licht immer schon ein wenig gestillt, in ihm wird klar, wohin ein Mensch gehört: auf die Seite des Lichtes. Da, wo keine Angst herrscht, sondern Fröhlichkeit, Freiheit.

 

Denn in der Tat, liebe Gemeinde, haben wir diesen Glauben durch den Mann, dessen Geburt wir feiern. Und in der Tat brachte er für uns Licht in eine hoffnungslose und dunkle Welt der Angst, und Resignation, der Hoffnungslosigkeit und Apathie.

 

Von ihm aber soll es heißen, Engel sangen für ihn über Bethlehem, und Könige knieten vor ihm nieder. Ihm öffnete sich als junger Mann der Himmel und er hörte Gottes Stimme: „Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe“.

Von ihm sollte man glauben, er verwandelte Wasser in Wein, lief über die Tiefe, öffnete Blinden die Augen und ließ Lahme gehen, erweckte zum Leben und wurde selbst zum Leben erweckt.

Da gibt es eine himmlische Welt um ihn herum, nur wunderbar und mit Bildern zu beschreiben, nur zu erahnen und zu erhoffen.

Die Menschen um ihn herum verstanden: Er wusste, wo Himmel und Erde sich treffen. Für ihn hatte die Realität, als das, was augenscheinlich vorherrscht,  nicht das letzte Wort, er vertraute auf einen Gott, der in Bethlehem wieder und wieder sein Wesen zeigte, und so konnte Jesus nur in Bethlehem geboren werden, denn auch in ihm findet sich das Wesen Gottes.

Bei dem Kleinsten tut Gott das Größte, das Höchste bei dem Geringsten. Das, was ich übersehe, findet Ansehen bei Gott, und wenn ich Gottes Wege in dieser Welt nicht verstehe, dann nicht, weil sie zu hoch, sondern weil sie mir zu klein sind, zu niedrig, zu unscheinbar, zu bescheiden, zu lächerlich, zu unvernünftig, zu verkehrt.

Jesus ist das Licht der Welt, weil er mir diesen Gott zeigt, weil dieser Gott in ihm ist. Worte von Jörg Zink zum Schluss:

 

Ich bin das Licht der Welt,

sagt Jesus zunächst.

Wer meinen Weg geht, geht nicht im Dunkeln.

Liegt die Zukunft dunkel vor euch? / Nein, die Zukunft bin ich.

Liegt euer Schicksal dunkel über euch? / Nein. In eurem Schicksal begegnet ihr mir.

Liegt eure Schuld dunkel in euch? / Nein. Ich bin das Licht, das euer Gewissen frei macht.

Liegt irgendeine Katastrophe vor euch? / Das Ende aller Dinge?

Das Ende der Dinge ist Licht. / Denn das Ziel und das Ende bin ich.

Damit sage ich, wer Gott ist. / Gott hat im Anfang gesagt: Es werde Licht.

Dass er das Licht ist – dafür stehe ich ein.

Seid nun auch ihr ein Licht / in eurer kleinen Welt.

Ihr seid es mit ihm. / Ihr werdet es in ihm sein, / und euer Weg / wird in immer helleres Licht führen. Denn Gott ist das Licht.

(Jörg Zink, Die sieben Zeichen. Die Wunder im Johannesevangelium als Wege zum Heilwerden, © Verlag am Eschbach, Eschbach/Mark-Gräflerland 1994)

 

 

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