3. Advent 2014 - 1. Korinther 4, 1ff

14.12.2014 | 01:00

Predigt über Korinther 4, 1-5

Liebe Gemeinde,

ich lese den vorgeschlagenen Predigttext für den heutigen 3. Advent. Wir sind im ersten Korintherbrief. Im 4. Kapitel. Paulus schreibt:

1 Nun wisst ihr auch, wie ihr von uns denken müsst: Diener Christi sind wir, denen die Verkündigung der Geheimnisse anvertraut ist, die Gott uns enthüllt hat. 2 Und was erwartet man von jemand, dem eine Aufgabe anvertraut ist? Man erwartet, dass er sie zuverlässig ausführt. 3 Allerdings hat es für mich keinerlei Bedeutung, welches Urteil ihr über mich fällt oder ob sonst irgendeine menschliche Instanz über mich zu Gericht sitzt. Nicht einmal ich selbst maße mir ein Urteil über mich an. 4 Ich wüsste zwar nicht, dass ich mir etwas hätte zuschulden kommen lassen, aber damit bin ich noch nicht gerechtfertigt. Entscheidend ist das Urteil, das der Herr über mich spricht. 5 Urteilt also nicht vorschnell, ´sondern wartet,` bis der Herr kommt. Er wird alles Verborgene ans Licht bringen, alles, was jetzt noch im Dunkeln liegt, und wird die geheimsten Gedanken der Menschen aufdecken. Dann wird jeder von Gott die Anerkennung bekommen, die er verdient.

Korinth – liebe Gemeinde - war damals zur Zeit von Paulus eine umtriebige Handels- und Hafenstadt. Reiche Kaufleute wohnten dort, daneben einfache Arbeiter und viele Sklaven. Die Gemeinde, die Paulus mit seinem Mitarbeiter Apollos gründete und weiter aufbaute, setzte sich aus einer bunten Mischung quer durch alle Schichten und Milieus zusammen. Zudem kamen die Menschen aus allen damals vertretenen Religionen. Viele Juden haben sich taufen lassen und sind Christen geworden. Aber auch Griechen, die sich in Kultvereinen trafen und vormals verschiedenste Götter verehrten, gehörten jener christlichen Gemeinschaft an. Es gab  Römer, die als Beamte oder Soldaten nach Korinth abgeordnet waren, und bislang dem römischen Kaiserkult anhingen. Weiterhin gehörten zur Gemeinde rechtlose Sklaven und schließlich auch sehr viele Frauen, die in den regelmäßigen Gemeinschaftstreffen zum ersten Mal eine Anerkennung fanden, die damals gesellschaftlich nicht möglich und nicht erwünscht war.

Paulus brachte diese unterschiedlichsten Menschen zusammen. Das war sein Bild von Gemeinschaft. Manche wurden Christen, weil sie ein ganz konkretes Heil in ihrem Leben erwarteten; andere weil sie in den Lehren, die Paulus verbreitete, die überzeugenden Tugenden des Judentums wiederfanden, ohne sich den strengen jüdischen Gesetzen unterwerfen zu müssen.

Und wieder andere, weil sie ein philosophisches Interesse hatten und gerne über Gott und die Welt diskutierten.

Nun erfuhr Paulus – längst an einem anderen Ort - dass manche in dieser Gemeinde, die Sache des Glaubens, die Bedeutung der Taufe, die Bedeutung des Gemeinschaftsmahles, das miteinander Teilen und miteinander Leben – all dies nicht so ernst nahmen. Dass sie den Glauben nicht so ernst nahmen.

Kurz vorher schreibt er:

Milch habe ich euch gegeben, keine feste Nahrung, weil ihr die noch nicht vertragen konntet. Mit Wenigem also hatte Paulus begonnen, die Gemeinde im Glauben zu unterweisen. Wenig hatte er zunächst von ihnen gefordert. Und sagt dann: Selbst heute könnt ihr sie noch nicht vertragen (die feste Nahrung), denn ihr lasst euch immer noch von eurer eigenen Natur bestimmen. Oder wird euer Leben etwa vom Geist Gottes regiert, solange noch Rivalität und Streit unter euch herrschen?

Paulus ringt um das Gelingen dieser Gemeinschaft. Darin wird Glauben erkennbar.

Und ich frage mich, wie mag er sich gefühlt haben, nachdem er dies erfahren hatte?

Ein wenig weiter schreibt er mit väterlichen Worten. Ihr seid doch meine geliebten Kinder. Er war traurig, fühlte sich missverstanden und war enttäuscht? - und er war ärgerlich, und an einigen Stellen spürt man seinen deutlichen Zorn, denn das, wofür er lebt, wofür er sein Leben hingegeben hatte, wurde hier treulos – vielleicht nicht missachtet, aber auch nicht ge-achtet. Es wirkte so beliebig in dem Leben der Gemeinde.

Wie menschlich Paulus sich hier an dieser Stelle zeigt.

Und schließlich kommt Paulus auf sich zu sprechen – und auf seinen Mitstreiter Apollo, und sagt: Diener Christi sind wir, denen die Verkündigung der Geheimnisse anvertraut ist, die Gott uns enthüllt hat.

Hier zieht er sein höchstes Ass aus dem Ärmel.

Er weiß um die Geheimnisse Gottes, ihm hat Gott dies enthüllt.

Und beschreibt dann seine Zuverlässigkeit, seine Pflicht und Treue diese Botschaft Gottes zu verbreiten.

Ja, Paulus war ein Eiferer, ein leidenschaftlicher Eiferer. Vielleicht an manchen Stellen zu verbissen – aber Visionäre tragen solche Züge in sich. Dieser Leidenschaft und diesem Eifer ist die Verbreitung des Christentums zu verdanken.

Er führt dann weiter aus, dass jede menschliche Kritik an und jedes Urteil über seine Person unbeeindruckt von  ihm abperlt. Denn darum gehe es ihm nicht. Er zeigt sein dickes Fell, dass er ohne Frage hatte, - so feinfühlend und empfindsam er auch gewesen war.

Und sagt dann: Entscheidend ist das Urteil, das der Herr über mich spricht.

Und man glaubt es Paulus, wenn er diese so sagt.

Hier hört man, dass es Paulus bei aller Selbstrechtfertigung nicht um sein Ansehen, nicht um seine eigene Person geht. Genau dies hat er mit jeder Faser seines Lebens gezeigt.

In seiner Radikalität, in seiner Entschiedenheit, in seiner Deutlichkeit. Er hat jede Konsequenz aus seinem Glaubens angenommen.

Dazu sagt er:  In Wirklichkeit aber, so scheint mir, hat Gott uns Aposteln einen Platz zugewiesen, wie er erniedrigender nicht sein könnte; es ist, als wären wir zum Tod ´in der Arena` verurteilt...

Was will man diesem Paulus entgegnen? Will man ihm sagen, wie verrückt doch dieses Leben erscheint, auf das er sich da eingelassen hat? Wie verrückt er auch scheint, wenn er so ein Leben freiwillig führt? Will man ihm sagen, dass ein gottgefälliges Leben doch auch weitaus sicherer und bequemer ausfallen könnte?

Auch dies würde an ihm abperlen. Entscheidend ist das Urteil, das der Herr über mich spricht.

Man kann nur versuchen, diesen Paulus zu verstehen?

Er hat dieses Leben aus seinem Glauben heraus gewählt und mit den Überzeugungen seines Glaubens gefüllt:

Man verflucht uns, aber wir segnen; man verfolgt uns, aber wir geben nicht auf.  Auf Beleidigungen reagieren wir mit freundlichen Worten.

Wenn er dieses so sagt, dann sehe ich ihn nahe bei Jesus stehen.

Aus dieser Kraft hat er gelebt.

Aus seinem Glauben bezog er den Mut, sich so zu zeigen, wie er sich zeigt: verletzlich und angreifbar, emotional, manchmal zornig, manchmal enttäuscht - und dann – aus diesem heraus - genauso stark und selbstbewusst im Glauben, entschieden und kraftvoll.

Vielleicht ist dies eines der großen Geheimnisse, die Gott ihm enthüllt hat, die er meint, verstanden zu haben.

Dass Stärke und Schwäche nicht immer das sind, was sie auf den ersten Blick vorzugeben scheinen.

Paulus hat gelernt in diesen Konflikten, dass man Gegensätzliches nicht ändert, indem man es  bekämpft, dass man Unversöhnliches nicht einfach auslöschen kann, sondern, dass es nur eine Chance auf eine Einheit und eine Gemeinschaft gibt, wenn man Gegensätze und Unversöhnliches mit Vergebung und mit Annahme begegnet.

Wir erinnern uns, wie die Gemeinde in Korinth zusammen gesetzt war: Paulus brachte diese unterschiedlichsten – und zum Teil unversöhnte -  Menschen zusammen.

Und wie erbost war er, als er hörte, dass die Menschen diesen entscheidenden Punkt nicht verstanden hatten. Dass Glaube so beliebig, so ichbezogen und selbstherrlich geworden war.

Von Paulus lernen wir, dass wir im Glauben von uns absehen und uns doch selbst gewinnen dabei.

Er schreibt schließlich von dem Licht Gottes, dass alles Verborgene ans Licht bringen wird, alles, was jetzt noch im Dunkeln liegt aufdecken wird.

Was doch heißt, dass jeder Mensch – ob damals in Korinth oder heute in Blankenese oder sonst wo – es doch eigentlich weiß, es doch eigentlich in sich trägt, dass wir auch um die Geheimnisse wissen, die Gott auch uns im Verborgenen mitgegeben hat.

Um dies ans Licht zu bringen, braucht es kein göttliches Strafgericht. Braucht es keinen Endpunkt, an dem eine große Abrechnung erfolgt.

Es ist letztlich der Weg durch unser Leben, der uns an genau diese Punkte führt.

Das Weihnachtslicht erinnert an dieses Licht, mit dem das Verborgene in uns aufgedeckt werden kann.
Amen

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