5. Sonntag nach Trinitatis - 2. Thessalonicher 3, 1-5
Predigt 2. Thessalonicher 3, 1-5
1 Weiter, liebe Brüder, betet für uns, dass das Wort des Herrn laufe und gepriesen werde wie bei euch 2 und dass wir erlöst werden von den falschen und bösen Menschen; denn der Glaube ist nicht jedermanns Ding. 3 Aber der Herr ist treu; der wird euch stärken und bewahren vor dem Bösen. 4 Wir haben aber das Vertrauen zu euch in dem Herrn, dass ihr tut und tun werdet, was wir gebieten. 5 Der Herr aber richte eure Herzen aus auf die Liebe Gottes und auf die Geduld Christi.
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Liebe Gemeinde,
dieser Gottesdienst ist dem Gedenken gewidmet:
Der 20. Juli 1944, der missglückte Anschlag auf Hitler 1944
200 Menschen, die als Attentäter oder Mitwisser danach getötet oder in den Tod getrieben wurden – das ganze Elend des „III. Reiches“.
Dazu – ganz konkret auch der Juli 1942 – die Deportation nach Theresienstadt aus dem sog. Judenhauses im Grotiusweg
Wir erinnern uns
Für viele ist diese Erinnerung an die Kriegszeit noch lebendig
Wenn mein Vater vom Krieg erzählt, dann hört er die Einschläge der Bomben, hört den Marschschritt der Soldaten, spürt die Qual der Gefangenschaft.
Die Jüngeren haben davon gehört, gelesen, Filme gesehen
Wir haben Mahnmale
sie wollen uns an dieses Geschehen erinnern
wie auch der Text über unserem Kerzentisch
Erinnern für die Zukunft,
den Opfern vom Krieg und Gewalt,
Rassenwahn und Fanatismus...
Ein Ziel beherrscht dieses Erinnern ist:
Das soll nicht wieder geschehen.
Wir wollen alles tun, um das zu verhindern.
und darum den Schrecken nicht vergessen.
Leider ist das Schlimme unter uns, dass dieses Vergessen wie von einem Virus befallen ist,
der unkontrolliert sich zu verbreiten scheint
der Erinnerung löscht
Vorsätze, die an Erinnerung anknüpfen - ausblendet
immer wieder
immer mit schlimmen Folgen
Heute brauchen wir nur Gaza – und die Ost-Ukraine zu nennen.
«Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein», Grundsatz evangelischer Friedensethik
Aber was viel zählen solche Grundsätze in dieser Welt?!
Unsere ganze Welt, so habe ich das Gefühl, ist so schwach, so krank, dass jederzeit – so scheint es – dieser Virus zuschlagen kann.
Die Judenverfolgung, Antisemitismus
Ich lese, dass heute 200 Mill. Christen in über 60 Ländern dieser Welt verfolgt werden. 200 Millionen…
In Nordkorea sind 50.000 Christen in Arbeitslagern, in denen Folter an der Tagesordnung ist. In der ZEIT heißt es:
Bei uns im sog. aufgeklärten Westen haben wir uns daran gewöhnt, dass Glaube mit Spott überzogen werden kann. Es ist die besonders tragische Situation der Christen z.B. im Nahen Osten: Stets werden sie im Zusammenhang mit dem Westen gesehen,
doch dieser Westen nimmt sie kaum wahr.
200 Millionen
300 Unbeteiligte im Flugzeug – abgeschossen.
Unsere ganze Welt ist so schwach, dass jederzeit dieser Stoff „Vergessen“ zuschlagen kann.
Diese Krankheit ist alt
Die Gemeinde in Thessalonich in Griechenland kannte sie damals genauso. Man sieht es an der Bitte um Erlösung von falschen und bösen Menschen - auch in der Gemeinde, so der Kontext.
Wie auf diese Anfälligkeit der Menschen reagieren?
Vielleicht bleibt nur Resignation – „Wir sind eben so?“
oder
ist es ein engagiertes „Gedenken“ – geradezu ein Kampf gegen diesen Virus.
Wir haben in den letzten Tagen Hochzeiten gefeiert
Keiner kann – im Ernst – die Nachrichten aus dem Kopf streichen
Und darum haben wir begonnen und gesagt:
Die Feier der Liebe ist unsere Antwort auf all den Irrsinn und Hass – auf alle Ratlosigkeit in dieser Welt.
nicht Resignation
Liebe ist gefragt
Gottesdienst feiern ist unsere Antwort auf solche Diagnose unserer Welt.
Christenmut
Das sagen wir nicht mit Stolz oder Überheblichkeit
sondern in dem Wissen – wie z.B. das Nazi-Gedankengut – sich so leicht in der Kirche beheimaten konnte. In Gottesdiensten…
Erinnerung soll aber bewahren und auch heilen
Wir können mit Simon Petrus sagen (vgl. Evangeliumslesung Lukas 5, 1-11)
Wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen.
Aber – wir kapitulieren nicht:
Weil du es sagst, wollen wir es wagen.
Herr, auf dein Wort.
Es gab eine Ausstellung im Berliner Dom, die nannte sich
„Das Geheimnis der Versöhnung ist Erinnerung“
Sicher nicht: Vergessen!!
Erinnern ist dann nicht nur ein gedanklicher Prozess,
sondern stößt mein neues Handeln mit an.
Bürgermut
Das Erinnern schafft Zeichen
wie das Mahnmal von Volker Lang am Grotiusweg
und gibt mit dem Zeichen das >Tun aus dem Erinnern< weiter
Mahnmale müssen gepflegt werden
innerlich – äußerlich
und sie fordern auf,
dem Ziel des Erinnerns – der „Gesundheit“, der Versöhnung - zu dienen
Mahnmale sind nicht als DauerAnklage gedacht.
Sie nehmen Geschichte ernst
geben den Auftrag mit, neu für das Leben da zu sein
mit Versöhnung zu beginnen
im Großen
aber ohne Zweifel als Voraussetzung
im Kleinen
Und da sind wir alle gefragt
heute wieder neu
Ich finde es für unsere Gemeinde hilfreich und gut, dass es solche konkreten Handlungen zum Verstehen, zum Kennenlernen, zu einem Miteinander auch über Grenzen hinweg gibt
versöhnendes Tun
Versöhnung braucht das Gegenüber – den Kontakt:
- die Kinder von Blankenese – ein eindrückliches Versöhnungsgeschehen
- church and peace – Sie haben vielleicht gehört von dem Engagement der GemeindeAkademie, einen Kontakt nach Sarajewo herzustellen – wir hatten einen kurzen Besuch aus Sarajewo hier, zwei Mitglieder aus der Gemeinde waren zu einer Friedenskonferenz über Pfingsten dort
und ich hoffe, dass sich daraus – mit der Bewegung Church and peace – ein Mittun auch in unserer Gemeinde entwickeln kann
- oder ich dachte an das Friedensgebet in der Gemeinde, auch an das Gebet am Montag in der Blauen Moschee, zu dem die islam. Gemeinde aufgerufen hatte
an dem unsere Bischöfin und auch der Landesrabbiner teilgenommen haben.
Ich habe leider nur die Einladung dazu gelesen – aber da hieß es:
Die Flut der erschütternden Bilder reißt nicht ab:
Syrien und Irak wird erwähnt und in Israel-Palästina
Das alles in einer Region – so heißt es - , die als Wiege der drei abrahamitischen Religionen gilt.
Miteinander Beten ist ein wichtiges
und auch verletzliches Zeichen
Das Gebet von Abbas und Peres in Rom am 8. Juni – mit Franziskus hat den Krieg jetzt nicht verhindert.
Es stimmt, was Franziskus sagte,
dass es mehr Mut brauche, Frieden zu machen, als Krieg zu treiben.
Aber hoffentlich hat das Gebet Abbas und Peres verändert
und vielleicht können Sie – dennoch – Veränderung weitertragen.
In dem Brief, der uns hier vorliegt, an die Thessalonicher,
wird die Friedensfrage nicht direkt gestellt.
Die Gemeinde soll beten, dass Paulus und seine Mitstreiter vor den Gefahren errettet werden, die ihnen von Seiten böser und übelgesinnter Menschen drohen.
Ihr Gebet ist getragen von der Gewissheit, dass Gott treu ist und Menschen stärkt und vor dem Bösen bewahrt,
hilft, dass Böses mit Gutem überwunden wird.
Die Grundlage dazu
gegen alle Resignation
ist für den Glauben die Treue Gottes
oder – wie es hier heißt - die „Botschaft des Herrn“.
Wir kennen die Botschaft, kennen diese Grundlage.
In zwei Sätzen:
Gott ist es, der Euch liebt.
Antwortet doch darauf mit Euer Liebe zum Nächsten, zur Schöpfung.
Das ganze Leben Jesu sehe ich umklammert von diesen beiden Sätzen.
Hier hat bei ihm das Mühen um Frieden
um Versöhnung
seine Grundlage:
Es ist die Treue Gottes
Diese Botschaft soll weitergehen
soll sich rasch ausbreiten
Und die Gemeinden – wir – werden immer als Botschafter angesprochen.
Sicher müssen wir für das Versöhnungsgeschehen nicht alle auf die Kanzel.
Franz von Assisi soll einmal in dem Sinne gesagt haben
Seid Botschafter und wenn es nötig ist, braucht dazu auch Worte…
Taten sollen sprechen
Gutes soll Böses überwinden
getragen, angetrieben, stark gemacht von der Treue Gottes
Lieber ein Wort weniger und eine Tat mehr.
Darum komme ich auch zum Schluss:
Die Schreiber schließen mit einem Segenswunsch an die bedrängte Gemeinde
Der Herr aber helfe euch, euer Denken und Wollen ganz an Gottes Liebe auszurichten
In die Konfliktlage, in dieses Erinnern hinein, geben die Schreiber einen seelsorgerlichen Rat:
Haltet euch die Liebe Gottes vor Augen
Seine Treue!
und macht Eure gerade für diese Liebe
Das war damals gefährlich – lebensgefährlich
Heute ist es lebensgefährlich für eine Gesellschaft,
wenn wir uns nicht mehr für diese Liebe stark machen
wenn der Mut, zu widersprechen fehlt, da wo Unrecht geschieht
Wie wir zur Erinnerung an das Grauen der Nazizeit das Mahnmal brauchen
so brauchen wir für die Schritte zur Versöhnung dieses HimmelsMahnmal:
Haltet euch die Liebe Gottes vor Augen, so der seelsorgerliche Rat.
Unsere Vorfahren haben uns dazu diese schöne Kirche gebaut
die Glocken, die uns schlagen
Die sagen:
Es ist Zeit – frage Dich – nach dieser Himmelsrichtung deines Lebens
Wir feiern gleich das Abendmahl
da geht es auch um das Erinnern
„Dies tut zu meinem Gedächtnis“
Aber hier erinnern wir uns nicht eines Toten
wir erinnern uns österlich – Jesus aufgenommen bei Gott
Gott steht mit aller Macht zur Botschaft Jesu
Die Liebe Gottes gilt.
Sie galt nicht nur damals
Sie gilt heute
„Wir erinnern“ heißt hier:
Uns – auch uns - gilt die Treue Gottes
wie zu Jesus hin
und so, wie er es seinen Freunden zuspricht
Wir gehören hinein in die Geschichte Gottes mit den Menschen
Wir feiern zu seinem Gedächtnis
denn Gott ist es, der uns liebt.
Wir wollen darauf antworten mit unserer Liebe zum Nächsten, zur Schöpfung.
mit unserem ernsthaften Erinnern
um dem Geheimnis der Erinnerung auf der Spur bleiben:
Der Versöhnung!
AMEN