9. und 10. Gebot

04.04.2004 | 10:28

Dr. R. Blank

9. und 10. Gebot: Von der Gier zur Großzügigkeit


Nach einer Emnid-Umfrage sehen 2/3 der Deutschen die 10 Gebote als verbindlich für ihr Leben an. 25% kennen das 9. Gebot „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau“, 16% kennen das 10. Gebot „Du sollst nicht begehren deines  Nächsten Hab und Gut“.  Und wenn es jetzt in der Predigt um das Thema „Von der Gier zur Großzügigkeit“ geht, könnte man die Posaune des Gerichts blasen gegen den Wildmoser-Skandal in München, gegen die gefälschten Unterschriften einiger EU-Abgeorndneter, oder eine Strophe vom „Fischer un sin Frouw“ singen.
Nein, heute in diesem Raum erinnern wir uns an unser Geheimnis. Unser Geheimnis, worum es eigentlich im Leben geht. Ein wenig Brot, ein wenig Wein. Wir besinnen uns auf die Gene unseres Seins.


Von der Gier zur Großzügigkeit. Drei Gedanken dazu:
Gier hat einen faszinierenden Ursprung
Großzügigkeit hat eine eigene Logik
Wie komme ich von der Gier zur Großzügigkeit – so fängts an, eine ganz einfache Methode

1. Über die Gier
Wo fängt die Gier an? – In dem Moment, als Sie und ich das Licht der Welt erblickt haben, würde ich sagen. Ein natürliches, unsägliches und unbewusstes Verlangen, satt zu werden. Mit dem Tag 1 unseres Lebens beginnt die Odyssee: Zufrieden sein, satt sein ist das Thema. Voila,  wer dies Verlangen nicht kennt, lebt nicht.

Ein Urtrieb startet. Von der ersten Lebensminute an treibt uns etwas an – etwas tief in uns drin – man spricht von Triebmotiven, die da sind: Nahrung, Sexualität, Neugier, Aggression, Bindung. An und für sich gut und wertfrei.
Dies urtriebische Verlangen beschäftigt uns vom ersten Tag an bis zum Tod. Es ist wie beim guten Wein, wenn er falsch gelagert wird und kippt, wird er sauer und ungenießbar. Wenn das Verlangen kippt, wird es zur Gier, zur Sucht. Und die Sucht findet eins nie und nimmer mehr: Zufriedenheit, Erfüllung, tief empfundenes Sattsein. Wer sich in die Gier verirrt, wird von innen aufgefressen, scheitert an seiner Umwelt, oder wird selbst ein kleines Monster. Keine gute Nachricht.
Wer jedoch lernt, mit diesem Verlangen bewusst umzugehen und es abrichtet, es an wertvollen Zielen orientiert, es abstimmen kann auf  etwas Größeres als die eigenen Interessen, der wird weise. Und Weis-heit ist nach dem Altersforscher Baltes ein Schatz.


Das tief unbewusste Verlangen in uns, das keinen richtigen Namen hat, ist ein schillernd Ding: wenn es ungesteuert bleibt, jagt es uns durch Himmel und Hölle, und wenn es zivilisiert wird, wird es die Triebfe-der für fantastische Leistungen. Lust und Frust liegen eng beieinander.  Dazu spricht das 9. und 10. Gebot eine klare Sprache – und zwar: Wenn du unter dem weiten Kosmos Gottes keinen Frieden findest, wird deine Leidenschaft zur Leidensgeschichte für deinen Nachbarn und für dich selbst.


Die Logik der Großzügigkeit
Die Logik der Großzügigkeit beginnt nicht mit Spenden,  sondern mit einer Erkenntnis – und zwar:  Wer zum ersten Mal ahnt oder begreift, dass er unter einem Himmel der Güte lebt, und dass die Leidenschaft Gottes Liebe total ist, dem Fährt ein heilsamer Schreck durch die Glieder – ein Schreck über den eigenen kleinen und wurmstichigen Horizont. (Der Psalmist definiert den „bösen Menschen“ in erster Linie nicht als schlimmen Räuber, sondern als jemand „der kein Erschrecken vor Gott kennt“ – und dann sagt er im gleichen Atemzug: Herr deine Güte ist so weit wie der Himmel, und dein Treue so weit wie die Wolken ziehen. Das ist das heilige Erschrecken!). Diese Passion des Bibelgottes ist auf nichts anderes aus als eine Leidenschaft in meiner und in deiner Seele anzuzünden, eine Leidenschaft für das Leben, einen Blick da-für, dass jede Gier nach mehr eigentlich im Kern eine tiefe Sehnsucht nach einem weiten Himmel der Güte Gottes ist. Jeder Griff nach einem Stück Brot ist die Erinnerung daran, dass die Seele lebendige Nahrung braucht. Jesus sagt – ich bin das Brot des Lebens, ich stille deinen Hunger nach Leben.

Großzügigkeit funktioniert nach einfachen Regeln: Erstens: Es braucht das Bewusstsein „Ich bin beschenkt worden: Mit Leben, mit Gütern.“ . Zweitens: „Ich bin nicht der Besitzer der Güter, sondern Manager auf Erden – ich bin verantwortlich“ Drittens: „Wer verantwortlich gibt, wird nachhaltig reich.“.

Nun die Frage: Wie übt man das, von der Gier zur Großzügigkeit zu kommen? Eine ganz einfache Me-thode.

Zunächst ein Beispiel: Letzte Woche sprach ich mit einem Menschen, der seit über einem Jahr  mit seinem Chef  kämpft. Subtile Kampfspiele, die den Alltag und die Seele verräuchern. Mein Rat: „Wenn Sie mor-gens den im Spiegel nicht mehr wiedererkennen und wenn es für jeden Tag keine 3 Dinge mehr gibt, die Ihnen Spaß machen, dann müssen Sie die Reisleine ziehn – um Ihrer selbst willen.“ Im Horizont der Güte Gottes heißt das: Denken Sie jetzt an etwas ganz konkretes, dass Ihnen heute oder gestern geschehen ist, das Sie gut finden und für das Sie dankbar sind: Was ist das?
( Persönliches Beispiel: Das Gespräch mit meinem Sohn gestern abend um 19.30 Uhr.)

(Stille, Erinnnern...)
.....
Danke!

Jeden Tag 3 Dinge, konkret, fassbar, benennbar.

Die größte Kraft des Lebens ist der Dank.
Dankbar sein heißt: neu sehen lernen.
Danken schützt und weitet den Horizont. 
 
Jetzt gleich sind Sie eingeladen zur „Eucharistie“. Eucharistie heißt Danksagung. Nehmen Sie Ihren Dank und legen Sie ihn in Gedanken in den Altarraum, wenn Sie Brot und Wein erhalte...

In diesem Sinn: Danket dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich.

AMEN.

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