Jesaja 35, 3-10

09.12.2012 | 01:00

H. Plank

Stärkt die müden Hände und macht fest die wankenden Knie! Sagt den verzagten Herzen: »Seid getrost, fürchtet euch nicht! Seht, da ist euer Gott! Er kommt zur Rache; Gott, der da vergilt, kommt und wird euch helfen.« Dann werden die Augen der Blinden aufgetan und die Ohren der Tauben geöffnet werden. Dann werden die Lahmen springen wie ein Hirsch, und die Zunge der Stummen wird frohlocken. Denn es werden Wasser in der Wüste hervorbrechen und Ströme im dürren Lande. Und wo es zuvor trocken gewesen ist, sollen Teiche stehen, und wo es dürre gewesen ist, sollen Brunnquellen sein. Wo zuvor die Schakale gelegen haben, soll Gras und Rohr und Schilf stehen. Und es wird dort eine Bahn sein, die der heilige Weg heißen wird. Kein Unreiner darf ihn betreten; nur sie werden auf ihm gehen; auch die Toren dürfen nicht darauf umherirren. Es wird da kein Löwe sein und kein reißendes Tier darauf gehen; sie sind dort nicht zu finden, sondern die Erlösten werden dort gehen. Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen.


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen!

 

In einem Kommentar habe ich eine Geschichte gefunden
ein Beispiel von – Ernst Lange – einem Theologen
der erzählt von einem Kabarettsstück aus den 50ziger Jahren,
da hat man sich in Berlin lustig gemacht über die DDR
Da war auf der Bühne eine Trümmerwand aufgebaut und ein Funktionär fragt einen Jungen im Blauhemd der FDJ:
Was siehst du da?
Der Junge sagt: Ich sehe eine Trümmerwand.
Falsch, sagte der Funktionär.
Was du da siehst, ist ein Bahnhof.
Aber es ist doch nur eine Trümmerwand, stotterte der Junge.
Du musst dialektisch sehen lernen, sagte der Funktionär.
Die Partei hat beschlossen, dass hier ein Bahnhof entstehen wird.
Und also ist dies praktisch schon ein Bahnhof,
man muss nur das Morgen schon mit sehen.
Es ist empörend, beleidigend, peinlich – wenn so geredet wird,
wenn der Funktionär sich aufplustert.
Er übertüncht die Trümmerwand, die Gegenwart mit dem kommunistischen Plan, mit Plänen, die zwar ganz schön sind, aber mit der Wirklichkeit nichts zu tun haben.
Große Ideen – nichts dahinter – Vertröstung auf später.
Kein Wunder, dass solche Ideologie auch mit auf den Trümmerhaufen geraten kann.

 

Es macht schon betroffen, wenn man den Text des Funktionärs nun auch in der Bibel findet, angeboten für unseren Glauben:
... man muss nur das Morgen schon mit sehen.

 

Das Volks Israel war in der Babylonischen Gefangenschaft
Genau lässt sich das nicht sagen
Eigentlich ist schon alle Hoffnung gestorben
Dann – wie ein Wunder: Sie können nach Hause
In das Land der Väter
Die Worte der Propheten werden wahr
So scheint es
Sie kommen ins Land – der Weg dahin öffnet sich
und dann schlägt die Resignation über ihnen zusammen

 

Gerade hatten sie noch gehört, dass alles neu werden sollte
Und gut
Und heilvoll
Erlöst – Freude und Wonne
Aber in dieser Heimat ist nichts – als nur Elend und Zerstörung
....
Ihr Herz ist verzagt, die Hände schlaff, die Knie zittern

 

Da war ein Versprechen – ein ganz schönes - aber in der Tiefe wird es nicht eingelöst

 

Jetzt ist da Resignation oder Empörung
Verzweiflung und oder Wut bei den Menschen in Israel
bei den Menschen – noch mit großen Verheißungen, Zusagen im Ohr
Ewige Freude über ihrem Haupte...

 

Es wurden blühende Landschaften versprochen
Wasser in der Wüste
Eine Neuschöpfung
blühende Landschaften – eine Redewendung, auch wenn sie wiederholt wird, die jetzt hohl klingt.

 

Jetzt komm t- wie im Kabarett – der Funktionär – dh ja der Beauftragte, der Prophet
Der Prophet, der die alten Worte kennt,
verkriecht sich jetzt nicht vor der Trümmerlandschaft
Er stellt sich erneut vor die Gemeinde und sagt ganz ernst:
„Ich nehme nichts von dem Gesagten zurück
Gott nimmt nichts zurück
... man muss nur das Morgen schon mit sehen.“
Das alles gilt nicht im Lichte eines kommunistischen Plans
sondern im Licht der Zusagen Gottes.

 


Israel musste das Dialektisches Sehen lernen
fernab von allem Kabarett
ganz nah im Vertrauen auf Gott.

 

Und wir müssen das auch. Der Glaube tut es auch:
Das Kreuz vor unseren Augen - hier
 – und wir loben Gott

 

Wie vollgestopft - notvoll - kann Leben sein
 Und ein Stern hier in der Kirche – ein heller Schein

 

Überall werden schon den Utensilien von Weihnachten hervorgeholt – auch die Krippe, der Stall: Erbärmliches
 und ein Fest
 das Reden von verbindlicher, liebevoller Nähe des Himmels

 

Da ist nicht nur unser so oft kleinkariertes Leben
Ich denke an den Klimagipfel in Katar
Und der Klimawandel wird – so scheint es - ins Katastrophale geschoben.
Kleinkariert  und dann reden wir von Gott, der seine Menschen, seine Welt unbedingt liebt.
und sie neuschöpft
Wasser in der Wüste – Ströme im dürren Land

 

Wir reden und leben mit solchen Gegensätzen – „dialektisch“

 

Ich habe mich gefragt:
Wie haben die Menschen damals das durchgehalten?!
Diese Spannung
Erst die große Zusage
dann im Land – die Katastrophe vor Augen
Dann ein update der Zusage
Wie haben sie das glauben können?!

 

Wie können wir – das glauben?
Die Wiederholung der Verheißung

 

Müssen wir das alles ganz schnell auf das Jenseits beziehen
Wo dann alles gut werden soll?

 

Liebe Gemeinde,
gerade wenn wir uns auf das Fest vorbereiten
stürzen wir nicht in das Feierliche mit klaren Antworten.

Die wichtigsten Fragen, die wir stellen, sind die unlösbarsten

Aber es gibt ein Vertrauen, das so ist,
dass wir unsere Fragen aus der Hand legen können.

An Bonhoeffer mit seinen „guten Mächten“ musste ich denken
Er hat nur Gefängnis und Haß, Bosheit und Zerstörung vor Augen – und sieht – dahinter – gute Mächte.
Von guten Mächten wunderbar geborgen
Aus seinem Gefängnis weiß man, dass in dieser Katastrophe Frieden eingeziehen konnte.
Da sind keine göttlichen Beweise
Menschen sehen nicht - vor Augen - die Überwindung der Katastrophe
Sie erleben nicht, dass alles Bruchstückhafte und alle Zerstörung und die Kleinkariertheit sich in Wohlgefallen auflöst

Sie finden einen Glauben, der so ist, dass wir unsere Fragen aus der Hand legen können.
Menschen finden Frieden
Friede ist ihnen mehr als Bescheidwissen.
Frieden – ein großes Geschenk

Die Katastrophe und die Enttäuschung – alles vor Augen
Und Frieden...!


Auf dem Weg dahin ist wohl die Stille ein wesentlicher Faktor.
Luther schreibt einmal:
Gott wollte gern geben, aber wir stehen da wie ein verrückter Bettler. Wir halten den Hut auf, damit er uns etwas hineinwerfe und rütteln doch den Hut ohne Unterlass und wollen nicht stillhalten.
So ist es um ein wankendes, ungläubiges Herz, da kann Gott nicht geben, wenn er gleich wollte.

Ich stelle mir Bonhoeffer im Gefängnis vor
Sie kennen sein Gedicht von Wer bin ich?

Er hört, was die Leute über ihn sagen
... wie einer, der Siegen gewohnt ist.  

Bin ich das wirklich
fragt er sich
Oder bin ich nur das, was ich selbst von mir weiß?
Unruhig, sehnsüchtig, krank, wie ein Vogel im Käfig,

Wer bin ich? Einsames Fragen treibt mit mir Spott.
Und sein Schluss:
Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott!

Solche Erkenntnis wächst aus der Stille – aus dem Stillhalten
auch / gerade? in der Katastrophe
In dem Gefängnis
In Einsamkeit / in der Not / angesichts der Trümmer

Es ist nicht die Aufforderung, sich ins Schicksal zu ergeben
Aber es gibt Zeiten, da ist es wichtiger, geduldig zu sein, loszulassen als tüchtig zu sein,
Die Wüste um einen herum auszuhalten
Stille kann wichtiger sein, als hektisch an der Weltverbesserung zu arbeiten.

Zu dieser Stille
mit der Not vor Augen – mit den Problemen vor uns
braucht es Mut – Die Stille kommt nicht von selbst
und sie macht nicht den Trost
Aber sie hält den Hut still
Und sie lässt heute schon das Morgen mitsehen.

Frieden kann da wachsen
Und aus dem Frieden kann die Gewissheit werden, dass Gott sein Wort – seine Liebe erfüllen wird – ganz und gar
dann werden - wie auch Jesus es gesagt hat –
die Blinden sehen, die Lahmen gehen…
Mit der Gewissheit kommt Kraft in die Hände zum Anpacken
Zum Neu-Anpacken
Und die Knie werden stark – um sich neu – erneut – auf den Weg zu machen
Und ein starkes Herz – das ist die Liebe zur Schöpfung, zu den Menschen
eins, das sich nicht abkehrt von dem, was vor Augen ist.
Man sieht nur mit solchem Herzen gut
Seht, da ist euer Gott
Wir finden keine göttlichen Beweise
Unsere drängenden Fragen bleiben ohne Antwort
Aber wir dürfen ein Vertrauen finden, mit dem wir unsere Frage aus der Hand legen können.
Frieden empfangen - ... dass wirklich alles gut wird.
Dass Gott abwischen wird alle Tränen von unseren Augen.
Er macht alles neu.

Ein update, eine Erneuerung des Versprechens –
wie eine Bitte, nicht an dem, was vor Augen ist, stehen zu bleiben.
»Seid getrost, fürchtet euch nicht! Seht, da ist euer Gott!
Er ist auch – und gerade da – Gott bei den Menschen im Leid
Da am Kreuz, da in der Krippe, da im Gefängnis, da in der Einsamkeit – Vervollständigen Sie Ihre Liste.

Damm kommt noch etwas:
Wenn sich unsere Augen öffnen dürfen
wir dahinter sehen
die Guten Mächte – dahinter
dann werden wir mit dem Frieden nicht entlassen
Zum Frieden gehört ein Auftrag.
Weil wir das Morgen heute schon mitansehen, sollen wir mit dem ganzen Ernst des Vertrauens müde Hände stärken, wankende Knie festmachen und den verzagten Herzen sagen:
»Seid getrost, fürchtet euch nicht! Seht, da ist euer Gott!

Wann das sein wird, sein Morgen, diese Neuschöpfung, das liegt ganz in Gottes Händen.
Aber bis dahin – wir in seinen.

 

Mit dem Auftrag beten wir:
Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens,

dass ich liebe, wo man hasst;
dass ich verzeihe, wo man beleidigt;
dass ich verbinde, wo Streit ist;
dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist;
dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht;
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;
dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert;
dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.

Herr, lass mich trachten,
nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;
nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe;
nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.

Denn wer sich hingibt, der empfängt;
wer sich selbst vergisst, der findet;
wer verzeiht, dem wird verziehen;
und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.
AMEN

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Theologin Petra Bahr neu im Deutschen Ethikrat

21.05.2020

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Kleine Abendmusik vom Turm

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EKD-Newsletter: Die Aufzeichnung des Ökumenischen Gottesdienstes aus dem  Berliner Dom ist noch in der Mediathek der ARD verfügbar: Am Gottesdienst wirkten der Ratsvorsitzende der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, sowie der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), Erzpriester Radu Constantin Miron, mit.
 
Die Predigt hielten Heinrich Bedford-Strohm und Georg Bätzing gemeinsam. Der Gottesdienst stand unter dem Leitwort „Frieden!“ und fragte nach der Verantwortung, die aus der Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft vor 75 Jahren heute für ein friedvolles Miteinander erwächst.

Willkommen zurück: Gottesdienst in der Blankeneser Kirche!

07.05.2020

 

So 10. Mai, 10 + 11 Uhr | Kirche | Predigt: Pastor Thomas Warnke
Musik: Kantor Stefan Scharff, Karin Klose, Gesang
Die Kirchengemeinde schreibt: "Wir dürfen wieder Gottesdienst in der Kirche feiern. Und so wagen wir am kommenden Sonntag „Kantate“, dem 10. Mai, einen Neuanfang. Strenge Auflagen sind zu bedenken: Sicherheitsabstände von zwei Metern, Hygiene-Regeln, Masken-Pflicht. Singen ist noch nicht erlaubt, dafür aber Summen – und natürlich musikalische Begleitung durch Orgel und Solisten. Trotzdem wird es ein schöner, ganz besonderer Gottesdienst werden!

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