Lukas 19, 1-10

16.06.2013 | 02:00

H. Plank

Und er ging nach Jericho hinein und zog hindurch. Und siehe, da war ein Mann mit Namen Zachäus, der war ein Oberer der Zöllner und war reich. Und er begehrte, Jesus zu sehen, wer er wäre, und konnte es nicht wegen der Menge; denn er war klein von Gestalt. Und er lief voraus und stieg auf einen Maulbeerbaum, um ihn zu sehen; denn dort sollte er durchkommen. Und als Jesus an die Stelle kam, sah er auf und sprach zu ihm: Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muss heute in deinem Haus einkehren. Und er stieg eilend herunter und nahm ihn auf mit Freuden. Als sie das sahen, murrten sie alle und sprachen: Bei einem Sünder ist er eingekehrt. Zachäus aber trat vor den Herrn und sprach: Siehe, Herr, die Hälfte von meinem Besitz gebe ich den Armen, und wenn ich jemanden betrogen habe, so gebe ich es vierfach zurück. Jesus aber sprach zu ihm: Heute ist diesem Hause Heil widerfahren, denn auch er ist Abrahams Sohn. Denn der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.
 

Wir haben die Geschichte des Evangeliums gehört
Die meisten werden sie kennen – vielleicht einige Konfis noch nicht
Ich will einen Aspekt aus dieser Erzählung von dem Zachäus aufgreifen.
Das Sehen
Zachäus, der unbedingt Jesus sehen will
und Jesus, der ihn sieht.


Was wir von Zachäus wissen
Er war Oberzöllner,
Jude, der aber mit den aktuellen Herrschern Geschäfte machte
Auf den Markt mehr horchte, als auf Gott
Er tat alles, um den Bestand seines Kontos zu optimieren.


In der Geschichte zieht Jesus durch Jericho –
Ich stelle mir eine Mauer von Menschen vor –
Neugierige, sicher auch Interessierte,
nicht nur Schaulustige, Suchende


Eine Masse Mensch


Zachäus ist klein – hat Angst, sein Ziel nicht zu erreichen
Er will Jesus sehen – zielführend handelt er
Ihm ist es egal, was die Leute sagen
Er ist reich – hat aber kein Personal, das ihm den Weg bahnt –
und dann klettert er eben auf einen Baum – so lächerlich das auch aussehen mag
Hauptsache – Jesus sehen
 
Eine Menschenmauer –
Jesus geht seinen Weg an dieser Mauer entlang
Und dann:
Der oben auf dem Baum, der sehen will
der wird von Jesus gesehen
Dieser Blick!


Zachäus wird sich richtig festgehalten haben – da im Baum –
bei der Masse Mensch –
Wer hätte damit rechnen können, dass der Mann aus Nazareth
– hier – gerade hier an dem Baum stehen bleibt –
und ihn sieht.
 
Die frohe Botschaft, die mich auch anrührt, die kennen Sie:
Ein Mensch, der unbedingt Jesus sehen will
und Jesus, der ihn sieht.
 
An Jesus und dieser Geschichte haben wir gelernt
und lassen es uns auch immer neu sagen:
Gott sieht – er sieht mich an
Er übersieht mich nicht
Er erkennt meine Sehnsucht,
auch die hilflose da auf dem Baum
– oder wohin auch immer wir uns aufmachen
meine Sehsucht – wie unser Pater Stefan aus dem Kloster Himmerod immer sagt
ein Sehnen - auch hinter allem Äußerlichen meines Lebens
 
Von diesem Ansehen Gottes,
mit diesem Ansehen vor Gott, hat Jesus selbst gelebt.
lebt der Glaube
 
Das ist ein Aspekt des Zachäustextes,
Gott sieht mich an. – mit der Geschichte Jesu demonstriert
 
Da ist noch ein anderer Aspekt
nicht der, der mich beschenkt – mit dem Ansehen Gottes
sondern der herausfordert –
mein eigenes Sehen herausfordert.

Ich versetze mich in die Person Jesu
 
Kommen Sie mit…
Wie kommt Jesus dazu, gerade hier, den Blick über die MenschenMauer zum Zachäus hin gehen zu lassen?
Hat Gott ihm das eingegeben?
 
Jesus ist durch diese Masse gegangen
so stelle ich es mir vor.
und er hat sich dabei nicht von dem Gucken der Leute bestimmen lassen.
Ihm ging es nicht darum, wie er gesehen wurde.
 
Er geht da in großer Freiheit.
Das Angesehen sein von Gott – das hat er seit seiner Taufe – Konfirmation nicht mehr vergessen –
Dieses Wissen, angesehen zu sein, geliebt unter diesem Himmel,
das macht sein Gehen
und dann auch sein Sehen frei.
hält Blick frei.
Diese Freiheit und der Blick zum Zachäus hängen für mich zusammen.
 
Und mit dieser geschenkten Freiheit hängt die Aufmerksamkeit zusammen, die Jesus hatte.
 
Von Gott angesehen sein macht aufmerksam
will aufmerksam machen.
 
Manchmal – das ist wohl so, ruhen wir uns in dem Ansehen aus
Und sicher hat das Ausruhen darin seine Zeit.
 
Aber das Ansehen Gottes will weiter.
Es will durch mich hindurch
Es will zu anderen –
und der Weg dieser Freiheit ist Aufmerksamkeit.
 
So konnte der Zachäus da oben – ihm gar nicht entgehen.
Wie ein Radar, ein Ortungsgerät, ist Freiheit und Aufmerksamkeit.
 
Fulbert Steffensky bringt „Aufmerksamkeit“ zusammen mit dem Wort „Spiritualität“
Für ihn ist Spiritualität „gebildete Aufmerksamkeit“.
Und um diese Bildung zu beschreiben, erzählt er eine Legende um Elisabeth von Thüringen.
 
Auf ihrem Weg nach Eisenach sieht Elisabeth mitten in einem Unwetter ein Kind auf einem Holzstoß sitzen.
 
Das Kind – ist in Lumpen gekleidet
und aus seinem Kopf blicken Elisabeth zwei Augen an,
so, als ob die Not der ganzen Welt dort zuhause wäre.
Sie bleibt vor dem Kind stehen
beugt sich zu ihm hinunter,
sucht nach Hilfe
und fragt dazu das Kind:
Kind, wo ist deine Mutter?
Die Legende erzählt:
Da wuchs an dieser Stelle ein Kreuz empor, an dem mit ausgespannten Armen Christus hing.
Und Christus sieht Elisabeth mit den Augen des Kindes an.
 
Spiritualität
Es hat wieder mit Ansehen zu tun
Nun aber ist es nicht die religiöse Erfahrung in der Meditation, beim Bibellesen, im Gebet, in der Versenkung, im Gottesdienst – von Gott angesehen sein.
Jetzt geschieht das An-Sehen mit den Augen Jesu
also mit menschlichen Augen
mit unseren Augen
 
Aufmerksamkeit – erkennt auch in dem am Rande
in dem da auf dem Baum
in dem Kind
in der Not – aber auch in der Schönheit – noch viel mehr
 
entdeckt dort einen Gottesbezug.
 
Elisabeth – steht vor dem Kind und steht gleichzeitig vor dem Christus

„Was ihr einem unter diesen Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan.“
So wird ein Wort Jesu überliefert.
Nicht nur ein Mann im Baum
Jesus sieht den Menschen – den Zachäus
in seiner Suche, seiner Not, Einsamkeit
aber dazu in seiner Gottesverbindung
 
Spiritualität – gebildete Aufmerksamkeit:
Wer sich von Gott ansehen lässt, verabschiedet sich nicht von dem Leben
wird frömmelnd, weltfremd.
Das Ansehen erweitert sich – wird weiter, schafft Freiheit,
will aufmerksam machen.
Und Jesus ist aufmerksam.
 
 
Und die Aufmerksamkeit zeigt:
Ich habe nicht einfach nur irgendwelche Menschen vor mir, Dinge, Natur.
Alles erhält einen Gottesbezug
 
Dieser Himmelszusammenhang liegt nicht auf der Hand
Die Aufmerksamkeit entdeckt ihn.
 
in der Schönheit unserer Welt
in der Musik z.B.
- und eben auch in den Augen des Kindes auf dem Holzstoß
oder mit dem Zachäus auf dem Maulbeerbaum.
Spiritualität meint die offenen Augen für das Göttliche, in dem unsere Welt eine umfassende Wirklichkeit hat.
 
Spiritualität lebt von dem Ansehen Gottes
Aber das fordert heraus dasselbe Sehen zu üben
das Göttliche
Und Aufmerksamkeit ist der Übungspfad dazu.
 
Wer getauft ist, konfirmiert ist,
wer das Ansehen Gottes ernst nimmt
der kann gar kein religiöser Egoist bleiben.
Da bleibt Spiritualität nicht folgenlos.
 
Und die Folge:
Mein Aufmerken wird zum Dank oder – wie bei Jesus hier – zur Barmherzigkeit.
Man muss nicht fromm sein, um barmherzig zu sein. Stimmt
Aber von Gott angesehen werden und barmherzig werden
beides gehört ohne Zweifel zusammen.
Barmherzigkeit ist dann nicht die eingeforderte ethische Handlung,
sondern Gottesdienst – Antwort auf das Ansehen Gottes
das Entdecken der Wirklichkeit Gottes in allem.

 
LG
Sie haben von den Afrikanern gelesen, die in Hamburger Kirchen untergebracht sind.
Das ist nicht abwegige Kirchenpolitik, sondern der Versuch, angemessen zu antworten.
Es sind zudem auch muslimische Gemeinden, die mittun.
Die afrikanischen Flüchtlinge kamen ursprünglich nach Libyen,
2011 flohen sie vor dem Krieg über das Mittelmeer nach Italien.
kamen in Flüchtlingslagern unter,
Die wurden Anfang 2013 geschlossen
Der europäische Flüchtlingsfonds lief aus
Italienische Behörden statteten sie mit Papieren aus
und forderten sie auf, nach Norden weiterzureisen.
So kamen die Afrikaner - auch zu uns
Hier wurden sie im Winternotprogramm aufgenommen.
Die wurden Mitte April geschlossen,
Viele von ihnen leben nun auf der Straße.
Warum werden einige von ihnen – von Kirche – unterstützt?
Diese Menschen sitzen nicht auf einem Baum, aber vor unserer Tür.
Die sie aufgenommen haben – ... vielleicht haben die nicht nur in schwarze Gesichter gesehen, 
oder wie bei Zachäus seinen vermuteten Kontostand,
seine Gottlosigkeit,
seinen Egoismus,
haben sich nicht nur selber Geschichten dazu erdacht, Vorurteile gepflegt
sondern vielleicht das andere Gesicht – die anderen Augen – dazu gesehen.
den Menschen hinter all seinem Tun –
und dann nicht nur den Menschen,
sondern ihn - ihn in der Umgebung des Schöpfers,
den Sohn, die Tochter Abrahams.
Vielleicht haben sie aktuell gehört: „Was ihr einem dieser meiner Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan. Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich – gesehen, habt mich aufgenommen.“
Und dann zieht Spiritualität Kreise, barmherzige Kreise.
Sucht den Weg, das Geschenk des Lebens zu bewahren,
das zu tun, was getan werden will.
Und dann ist das Recht für die Menschen da und nicht der Mensch für das Recht.
Auch dem mühsamen Weg kann sich Barmherzigkeit nicht entziehen
Falsch verstandene Frömmigkeit könnte sich zurückziehen,
wäre vielleicht noch mit einem Gebet dabei,
Spiritualität sucht die Veränderung –
klopft die eigenen Möglichkeiten ab
und macht sich sicher auch die Hände schmutzig,
aber wird auf der Suche nach der Barmherzigkeit bleiben
Klagt an
sucht selbst auch Wege, wenn die Staaten versuchen, sich gegenseitig die Menschen und die Verantwortung für sie zuzuschieben.
Kein Wunder also, dass Kirche – angesehen – immer auch politisch werden konnte oder politisch werden muss, für die Gemeinschaft, das Miteinander eintreten muss
gerade auch weil sich mit der Aufmerksamkeit die Verbindungslinien entwickeln
von den Augen des Kindes zum Christus
von dem Mann auf dem Baum - hin zu dem Sohn Abrahams, zu dem Geschöpf Gottes.
Ich fasse zusammen:
Der Zachäus – wie auch die Afrikaner, wie das Kind auf dem Holzstoß
– wie wir selbst -
sind „sehsüchtig“ – suchen Hilfe, Heil, Heilung.
Menschen erfahren sich von Gott angesehen
Gott sei Dank
- Konfirmierte haben das gefeiert.
Sie erfahren auch ein Heilwerden
Wie bei Zachäus,
wo Jesus selber sagen kann:
Heute ist diesem Hause Heil widerfahren.
Spiritualität beschreibt dann aber auch den anderen Blick.
Der Glaube lernt das Sehen, das aufmerksame Sehen.
sieht mit zu übender, gebildeter Aufmerksamkeit,
nimmt das Sehen Gottes selber auf.
findet den Gottesbezug im Gegenüber
sieht das Göttliche der Schöpfung.
Und genau das will sein Handeln bestimmt
Ein Handeln aus Dankbarkeit
Ein Tun der Barmherzigkeit, als das große Verlangen, das himmlische Ansehen weiterzugeben
So kann – auch durch uns - z.B. ein Mensch sich selbst neu sehen –
Kind Abrahams, Kind Gottes.
Der Zachäus hat das erlebt.

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EKD-Newsletter: Die Aufzeichnung des Ökumenischen Gottesdienstes aus dem  Berliner Dom ist noch in der Mediathek der ARD verfügbar: Am Gottesdienst wirkten der Ratsvorsitzende der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, sowie der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), Erzpriester Radu Constantin Miron, mit.
 
Die Predigt hielten Heinrich Bedford-Strohm und Georg Bätzing gemeinsam. Der Gottesdienst stand unter dem Leitwort „Frieden!“ und fragte nach der Verantwortung, die aus der Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft vor 75 Jahren heute für ein friedvolles Miteinander erwächst.

Willkommen zurück: Gottesdienst in der Blankeneser Kirche!

07.05.2020

 

So 10. Mai, 10 + 11 Uhr | Kirche | Predigt: Pastor Thomas Warnke
Musik: Kantor Stefan Scharff, Karin Klose, Gesang
Die Kirchengemeinde schreibt: "Wir dürfen wieder Gottesdienst in der Kirche feiern. Und so wagen wir am kommenden Sonntag „Kantate“, dem 10. Mai, einen Neuanfang. Strenge Auflagen sind zu bedenken: Sicherheitsabstände von zwei Metern, Hygiene-Regeln, Masken-Pflicht. Singen ist noch nicht erlaubt, dafür aber Summen – und natürlich musikalische Begleitung durch Orgel und Solisten. Trotzdem wird es ein schöner, ganz besonderer Gottesdienst werden!

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