Misericordias Domini: 1 Petr 5,1-4

15.04.2018 | 12:00

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt. Amen.

Liebe Gemeinde!

Als die ersten jungen christlichen Gemeinden sich ihren Platz erobert hatten in den Gesellschaften ihrer Städte und Dörfer, als sie nicht mehr übersehen werden konnten, und christlicher Glaube ernst genommen werden musste – nicht mehr als eine vorübergehende Spinnerei oder religiöse Modeerscheinung, sondern als eine wirkliche Alternative und damit als eine Gefahr des Bestehenden, da zogen die Christen als Andersgläubige oder Sündenböcke, meist lässt sich das eine vom anderen wohl nicht trennen, den Unmut, je den Hass vieler Menschen auf sich. Ein Unmut und ein Hass, der Freundschaften und Familien trennte, der zu Verleumdungen und Misstrauen führte, und in offene Feindschaft ausartete.

In den Gemeinden war die Verunsicherung groß: wie sollten sie umgehen damit, wie sollten sie zu einem Glauben stehen können, der gerade nicht bringt, was er sein will: nämlich Liebe und Frieden? Wie sollte der Weg aussehen, den sie mit ihren Gegnern und Feinden gehen sollten?
Von Rom aus geht in den 90er, manche Forscher meinen schon in den 50er Jahren des ersten christlichen Jahrhunderts ein Schreiben in die Provinz Asia, größtenteils die heutige Türkei, und kursiert in den Gemeinden, wird in den Gottesdiensten verlesen.
Es beruft sich auf die Autorität des Petrus – die Verfechter einer früheren Entstehung sehen die Möglichkeit, dass Petrus selbst der Verfasser ist - und es will Mut machen in so entmutigenden Verhältnissen. Der Brief ist voll von Ermahnungen an die Frauen, an die Männer, an die Ältesten, an die Freien und an die Sklaven, die unter launischen, auch unberechenbaren Herren leiden. Was sollen sie tun? Verängstigte und zweifelnde Menschen sitzen im Gottesdienst zusammen und hören folgende Worte:

Die Ältesten unter euch ermahne ich, der Mitälteste und Zeuge der Leiden Christi, der ich auch teilhabe an der Herrlichkeit, die offenbart werden soll:

Weidet die Herde Gottes, die euch anbefohlen ist, und achtet auf sie, nicht gezwungen, sondern freiwillig, wie es Gott gefällt, nicht um schändlichen Gewinns willen, sondern von Herzensgrund, nicht als solche, die über die Gemeinden herrschen, sondern als Vorbilder der Herde. So werdet ihr, wenn erscheinen wird der Erzhirte, die unverwelkliche Krone der Herrlichkeit empfangen.

Fühlten sich nun nur die Ältesten unter uns mit diesem Superlativ angesprochen? "Älteste" – älter geht nicht? Oder fühlte sich jemand geehrt mit diesem Begriff? Mittlerweile werde ich in unseren Partnerdörfern in Tansania ja mit dem durchaus ehrerbietende Gruß für die Alten willkommen geheißen: "shikamo mzee" – "Alter, sei gegrüßt". Ist auch irgendwie nicht stimmig in seiner deutschen Übersetzung...
Die Ältesten in den Gemeinden der Provinz Asia waren zweifelsohne geehrt, dies auch als sozusagen "Dienstälteste im Glauben". Sie waren verantwortlich für den Zusammenhalt und das Zusammenleben einer Gemeinde in Zeiten der Krise und bald schon sollte der griechische Begriff "presbyteroi" für die Ältesten ein gemeindeleitendes Amt bezeichnen. Das Amt der Presbyter oder der Gemeinde- oder Kirchenältestens nahm hier seinen Anfang.
Und gleich schon wird gewarnt: nehmt eure Verantwortung für eure Gemeinde nicht zwangsweise war, weil das erwartet wird, weil man das eben zu tun hat, weil das gesellschaftliche Prestige es erfordert. Sondern Freiwilligkeit soll das Motto sein und damit verbunden Freude und Freimut.
Auch soll mit dem Amt kein Gewinnstreben verbunden sein, nicht nur kein materieller Gewinn, sondern auch kein Gewinn an Anerkennung, Macht, Bewunderung. Vielmehr soll ein Amt von Herzensgrund geführt werden. Statt jeder Form von Selbstsucht nur ein schlichter guter Wille. Wenn Gemeinde keine Herzenssache ist, dann hat sie kaum Aussicht auf Bestand in Zeiten der Krise.

Dafür braucht eine Gemeinde Vorbilder. Die wiederum sollen sich in ihrem Hirtendienst an dem Erzhirten, Jesus dem Christus orientieren. Kleine Anmerkung: das Bild der Herde, die von einigen Hirten geführt wird, ist nicht mein Bild. Es baut an einer Hierarchie, die für das Miteinander von mündigen Christen nicht dienlich ist. Es entspricht auch nicht demokratischem Denken und Handeln. Ein demokratisch gewählter Ältesten- oder Kirchengemeinderat wie bei uns hat hierarchisches Denken aufzulösen. Er hat sich in seinem Dienst oder Amt als ein Teil einer Gemeinde zu sehen, deren andere Teile gleich wichtig und gleich bedeutend sind. Ein Chor, ein Altenkreis sind genauso wichtig wie ein Leitungsgremium, eine Pastorin, ein Pastor nicht wichtiger als unsere Küsterinnen, seien sie altgedient oder ganz neu im Dienst, nicht wichtiger als eine Sekretärin oder ein Kochteam des Mit-Dach-Essens.

In alldem der Erhirte Jesus als Vorbild, das andere zum Vorbild werden lässt:

Die Rede davon, dass Jesus Vorbild sei, wird von manchen immer als theologisches Magermodell abgetan. Aber Jesus hat uns ein Vorbild hinterlassen – uns, die wir uns neu verstehen sollen. Nicht mehr irrende Schafe, nicht mehr wissend, wohin wir gehören und wo unsere Heimat ist, sondern – um im Bild des Petrusbriefes zu bleibende – als eine Herde, dem Gott Jesu zugehörig, von ihm in unserem Denken und Tun geleitet. Und das heißt schlicht: einer Liebe folgend, die nicht aufhört, eingebunden zu sein in den Zirkel von Gottes- und Nächstenliebe. Christen von damals und wir heute, haben eine Idee und es ist die Idee Gottes. Das Wort "Idee" hat im Griechischen zu tun mit "sehen". Es geht darum, wie ich auf die Welt und die Menschen sehe. Die Idee Gottes hat in Jesus ihr Bild gefunden, in ihm ist Gottes Idee der Liebe zu sehen.

Erfüllt von der Idee Gottes spricht Jesus zu seinen Jüngerinnen und Jüngern durch die Zeiten hindurch: "Liebe denn ihn, deinen Gott, mit all deinem Herzen, mit all deiner Seele, mit all deiner Macht. Und halte lieb deinen Nächsten, dir gleich."

Wenn wir uns herausziehen aus diesen beiden Grunddaten unseres Glaubens, dann verlieren wir beides - Gott und Welt.

Unsere Welt braucht diese Idee, braucht eine liebevolle Sichtweise. Und wir haben sie, sie ist unter uns, wir können sie weitergeben, wir versündigen uns an allen, an den uns nahen und fernen Menschen, wenn wir sie nicht weitergeben. Liebe als Gabe, Liebe als Aufgabe.

Demut soll eine Schlüsselrolle spielen. "Alle aber miteinander bekleidet euch mit Demut", heißt es nur einen Vers weiter. Demut "ist eine glaubende, existentielle, empfangende (nicht aktive, nicht ethische!) Daseinsmöglichkeit auch des autonomen Menschen. Auch der Mensch mit aufrechtem Gang und ungebrochenem Rückgrat kann es lernen, sich demütig zu verneigen, zu danken und das Geheimnis über uns – und in uns – zu verehren" (M. Kroeger, Im religiösen Umbruch der Welt: Der fällige Ruck in den Köpfen der Kirche, 58).

Das schönste Bild von Demut ist für mich eine Mutter oder ein Vater mit nach oben ausgestreckten Armen, die ein Kind halten. Strahlend und dankbar sind die Augen auf dieses kleine Wesen gerichtet, das da zwischen Himmel und Erde gehalten wird. Nach oben geht der Blick, die Beine haben festen Grund, aufrecht steht ein Mensch da und betrachtet dieses Geschenk. Die ganze Haltung drückt aus: hier ist ein Mensch eins mit sich und seinem kleinen Gegenüber, macht das Kleine ganz groß in seiner Dankbarkeit und Freude, stellt sich selbst unter dieses Geschenk, ist ganz bei ihm. Demut ist keine Kleinmacherei, ist keine knechtische Unterwürfigkeit, sondern eine Haltung, eine Daseinsmöglichkeit, die sich verdankt und diesen Dank auslebt, gerade in der Hinwendung zum Kleinen. So kann sich eine ganze Gemeinde verstehen: beschenkt, dankbar und in der Lage, auch noch zum Kleinsten und Geringsten empor zu sehen. Und das gilt ja nicht nur für die Alten und Ältestens unter uns, sondern für uns alle. Amen.

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