Okuli Fastenpredigtreihe: Psalm 118, 22-29
Was macht, dass ich so fröhlich bin?
Hanns Dieter Hüsch und seine Glaubensstärke
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und unserem Herrn Jesus Christus. Amen.
Ich bin vergnügt, erlöst, befreit.
Gott nahm in seine Hände meine Zeit,
mein Fühlen, Denken, Hören, Sagen,
mein Triumphieren und Verzagen,
das Elend und die Zärtlichkeit.
Was macht, dass ich so fröhlich bin
in meinem kleinen Reich.
Ich sing und tanze her und hin
vom Kindbett bis zur Leich.
Was macht, dass ich so furchtlos bin
an vielen dunklen Tagen.
Es kommt ein Geist in meinen Sinn,
will mich durchs Leben tragen.
Was macht, dass ich so unbeschwert
und mich kein Trübsinn hält,
weil mich mein Gott das Lachen lehrt
wohl über alle Welt.
Liebe Gemeinde,
so einfach und so leicht kann der Glaube sein - oder nur naiv? Diese Verse von Hanns Dieter Hüsch, dem Kabarettisten, Liedermacher und Dichter vom Niederrhein, geboren 1925, gestorben 2005, war für mich der Auslöser, der Frage nachzugehen, ob unser Glaube, ob mein Glaube nur ernst oder auch fröhlich sein kann. Und ich war überrascht, als ich in meiner Konkordanz unter dem Stichwort fröhlich mehr als 50 Eintragungen fand. Und wenn ich die Stichwörter Freude und freuen hinzunehme, sind es nahezu 200 Eintragungen. Besonders fröhlich sind viele Psalmen; der Predigttext, dem Psalm 118 entnommen, ist ein Beispiel dafür:
Der Stein, den den Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden. Das ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder vor unseren Augen. Dies ist der Tag, den der Herr macht, lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein. O Herr, hilf! O Herr, lass wohlgelingen! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn! Wir segnen euch, die ihr vom Hause des Herrn seid. Der Herr ist Gott, der uns erleuchtet. Schmückt des Fest mit Maien bis an die Hörner des Altars! Du bist mein Gott, und ich danke dir; mein Gott, ich will dich preisen. Danket dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich.
Aber ist es denn angemessen, in der Passionszeit über Freude und Fröhlichkeit zu reden, über Ausgelassenheit und Tanz, wie Jörg Zink übersetzt?: Schmückt das Fest mit Zweigen, schließt euch zum heiligen Tanz rund um den Altar. Natürlich gedenken wird in der Passionszeit der Leiden Jesu. Aber wenn uns bewusst ist, dass das Neue Testament Jesus als Eckstein, der vielerlei Kräfte auszuhalten hat, als Fundament, auf dem unser Glaube ruht, oder auch als Schlussstein im Gewölbe, der alles zusammenhält, deutet, dann müssen wir nicht in Sack und Asche gehen, sondern uns freuen über das Wunder vor unseren Augen, das Gott uns beschert hat. Der heutige Sonntag heißt Okuli: Meine Augen sehen stets auf den Herrn. Das lohnt sich, weil wir dann erkennen, dass Gott es gut mit uns meint und wir uns über das Wunder des Lebens und unseres Glaubens freuen können.
Wir kommen von Weihnachten her, wo wir das Kind in der Krippe fröhlich gefeiert haben. Unser Gesangbuch ist voller fröhlicher Lieder: Fröhlich soll mein Herze springen oder O du fröhliche oder Herbei, o ihr Gläubigen, fröhlich triumphieret oder Ich steh an deiner Krippen hier mit der Strophe Ich sehe dich mit Freuden an. Und wir gehen auf Ostern zu, wo wir über das Wunder der Auferstehung nur staunen können, bis wir Loblieder anstimmen: Wir wollen alle fröhlich sein oder Mit Freuden zart zu dieser Fahrt lasst uns zugleich fröhlich singen oder Auf, auf, mein Herz, mit Freuden. Und Ostern bekennen wir: Dies ist der Tag, den der Herr macht. Lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein. Ostern feiern wir an einem Sonntag und jeden Sonntag werden wir an Ostern erinnert, auch an den Sonntagen der Passionszeit. Und deswegen können wir auch jetzt fröhlich sein und uns freuen über das Evangelium, die frohe Botschaft, die uns Gottes Zuwendung zu uns Menschen verkündet.
Hanns Dieter Hüsch sagt dazu:
Wir alle haben unser Los
Und sind getrost auf Gottes Floß
Die Welt entlang gefahren
Auf Meeren und auf Flüssen
Die Starken mit den Schwachen
Zu beten und zu büßen
Gott will uns schöner machen
Wir alle bleiben Gottes Kind
Auch wenn wir schon erwachsen sind
Wir werden immer kleiner
Bis wir am Ende wissen
Vom Mund bis zu den Zehen
Wenn wir gen Himmel müssen
Gott will uns heiter sehen
Glaube ist schön und Glaube macht schön und heiter. Man soll mir den Glauben ansehen, damit Friedrich Nietzsche widerlegt wird, der Zarathustra sagen lässt: Bessere Lieder müssten sie mir singen, dass ich an ihren Erlöser glauben lerne. Erlöster müssen mir die Jünger aussehen. Papst Franziskus macht es vor, wie das geht, erlöst auszusehen: Er schaut so heiter und fröhlich drein.
Und wie halten wir es im Gottesdienst mit der Freude und der Fröhlichkeit? Ich meine, dass wir trotz allen andächtigen Staunens auch gerne mal lachen können als Ausdruck dessen, dass wir verstanden haben, worum es geht, nämlich um die frohe Botschaft über den Frieden mit Gott, den uns Jesus vermittelt hat.
Der Glaube von Hanns Dieter Hüsch war nicht naiv, sondern im höchsten Maße getragen von einem unerschütterlichen frohen Gottvertrauen trotz oder vielleicht wegen seiner Behinderung der verkrüppelten Füße. Aber ich sehe ihn auch mit seiner Behinderung quasi mit Gott über Mauern springen, wie es in Psalm 18 heißt. Er war auf Evangelischen Kirchentagen präsent und war mit seinen Programmen öfter in Hamburg. Ich durfte Hanns Dieter Hüsch mehrmals erleben. Was mich an ihm so faszinierte und wodurch er mir zum Glaubensvorbild wurde, ist seine Authentizität. Diese kommt in seinen gesamten Texten, ob gereimt oder nicht, zum Ausdruck:
Im Übrigen meine ich
Möge uns der Herr weiterhin
Zu den Brunnen des Erbarmens führen
Zu den Gärten der Geduld
Und uns mit Großzügigkeitsgirlanden
Schmücken
Er möge uns weiterhin lehren
Das Kreuz als Krone zu tragen
Und darin nicht unsicher zu werden
Soll doch seine Liebe unsere Liebe sein
Er möge wie es auskommt in unser Herz eindringen
Um uns mit seinen Gedankengängen
Zu erfrischen
Uns auf Wege zu führen
Die wir bisher nicht betreten haben
Aus Angst und Unwissenheit darüber
Dass der Herr uns nämlich aufrechten Ganges
Fröhlich sehen will
Weil wir es dürfen
Und nicht nur dürfen sondern auch müssen
Wir müssen endlich damit beginnen
Das Zaghafte und Unterwürfige abzuschütteln
Denn wir sind Kinder Gottes: Gottes Kinder!
Und jeder soll es sehen und ganz erstaunt sein
Dass Gottes Kinder so leicht und fröhlich sein können
Und sagen: Donnerwetter
Jeder soll es sehen und jeder soll nach Hause laufen
Und sagen: Er habe Gottes Kinder gesehen
Und sie seien ungebrochen freundlich
Und heiter gewesen
Weil die Zukunft Jesus heiße
Und weil die Liebe alles überwindet
Und Himmel und Erde eins wären
Und Leben und Tod sich vermählen
Und der Mensch ein neuer Mensch werde
Durch Jesus Christus.
Amen.