Psalm 104, 27 f. | Erntedankfest
H. Plank
"Es warten alle auf dich, dass du ihnen Speise gebest zur rechten Zeit. Wenn du ihnen gibst, so sammeln sie; wenn du deine Hand auftust,
so werden sie mit Gutem gesättigt."
Liebe Gemeinde,
Erntedankfest
Was ist das für ein Fest?
Es ist – eigentlich so – wie bei allen unseren Kirchenfesten:
Wir trauen – feiern mit den Brautleuten / wir taufen
wir halten unsere Hände auf – und empfangen
Hände aufhalten – das ist das unscheinbare Große – dass uns feiern lässt
Beschenkt seid ihr mit Liebe / mit den Früchtchen Eurer Liebe in Euren Händen
Gott sei Dank
Wir entdecken diesen Dank auch im Leid, in Krankheit, in der letzten Zeit, - Hospiz -, auf den Friedhof
auf den wir mit leeren Händen kommen
nicht immer lässt sich Dank beschreiben / empfinden / finden – das weiß ich schon
aber oft schimmert – auch durch viele Tränen – ein Dank hindurch
dass wir diesen Menschen unter uns haben dürfen / durften
dass doch Gott – heim- nach Hause gerufen hat.
dass Friede ist – nach allem Leid – auch in allem Leid
und Friede kann auch leere Hände füllen.
Da sind Dinge, die uns bewegen, uns betreffen
und es ist mehr
als das, was wir – nur vor unseren Augen – haben.
Unsere Feste, auch Erntedank, lehren uns – durch das Alltägliche, das scheinbar Selbstverständliche,
das Menschliche, das Natürliche hindurchzublicken
und dahinter und darüber und sogar darunter
den Himmel wahrzunehmen
Gott, der sein Angesicht seiner Welt zuneigt.
Er sieht nicht weg
Gott sieht nicht weg - und er tut seine Hand auf
Bitte lesen Sie doch den ganzen Psalm zuhause einmal in Ruhe durch
Ein Rundgang durch die Schöpfung – eingebunden in ein Lob Gottes – für seine wunderbaren Taten.
Die Psalmworte sind angestoßen durch fremde Worte
Ursprünglich weisen die Texte nach Ägypten
ein Echnaton-Hymnus
von da aus nach Kanaan, dann erst zum Beter
Die uralten Worte nimmt er und beschreibt damit seine Erfahrung.
Er sieht das Licht, das Wasser, die Erde, die Früchte, die Tiere, den Kosmos – ein Rundblick
Er stellt keine Theoriedebatte an – wie das nun alles entstanden ist – welche Schöpfungstheorie er bevorzugt
Er sieht sich mittendarin
er steht also im Regen
und fängt an zu staunen – und beginnt zu loben
– und schließt mit Lob.
Er gibt Gott, dem Schöpfer, die Ehre
mit Worten
und er will es auch in Taten tun
Es ist sein Gott, der Schöpfer der Erde
Sein Gott
der auftritt wie ein Baumeister
und der schafft von seinem himmlischen Hochsitz aus
Er beschreibt seinen Gott,
wie einen Familienvater – damals – der das Zeltdach ausspannt
sein Gott, der wie ein Feldherr die Urwasser andonnert
und er schafft nach seinem Bild, dass das Festland stabil bleibt über dem Haltlosen
sein Gott, wie ein weiser Ökonom, der die gefährlichen Gewässer, das tödliche Wasserchaos zum Lebensquell macht und es zu den Lebewesen und den Feldern leitet
darüber sitzen die Vögel und singen unter den Zweigen
und – sein Gott – so bekennt er
wie ein gütiger Hausvater, der seine Güter und Gaben verteilt –
und seine himmlischen Vorratskammern sind voll
auch um die Menschen zu erfreuen
Er sieht nicht weg
Gott sieht nicht weg
und er tut seine Hand auf
und der Beter – steht da –
sieht auf seine leeren – aber offnen Hände
und ist sich der Fülle gewiss – wird sich der Fülle gewiss:
Gott, sein Gott, wird seine Hand auftun
Und er ermuntert sich selbst
wo er warten muss – auf die rechte Zeit –
und sagt
Lobe den Herrn, meine Seele!
Und wo die Nacht ist, die Finsternis
die ihn warten lässt / Leid, scheinbar ohne Ende
weiß er doch, dass dieser gewaltige Machtbereich, die Finsternis, in Gottes Verfügungsgewalt bleibt.
Lobe den Herrn, meine Seele, betet er - gegenan
Man hat solche Aufforderungen an sich selbst
als Herzberuhigungsgebete beschrieben.
Harre auf Gott, denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.
er steht da – mit seinen leeren offenen Händen
und wartet
und er sieht – alle Kreatur wartet
Er weiß sich mit allem abhängig vom Schöpfer,
abhängig von seinem Gott, dem er traut
Lobe den Herrn, meine Seele.
Ich stehe – liebe Gemeinde - staunend vor dem Beter
dass er den dichten Schleier des Alltags so zu durchdringen vermag.
Uns wird die ganze Welt ins Haus getragen
Es ist die Welt Gottes - also ist es auch gut so
aber es ist nicht immer zu ertragen
1989 – ein großes Kapitel Menschheitsgeschichte
mit Friedensschritten erreicht –
und heute ein Bahnhof – auf dem Gewalt Einzug hält
wo Menschen kein Gespräch mehr finden
wo die Politik nicht in der Lage scheint, um der Menschen willen zusammenzustehen, sondern Bahnhofswahlkampf betreibt – Kampf eben. Und wenn möglich dann bundesweit.
Wie soll ich – wie der Beter – fröhlich Erntedank feiern?!
Wir können so viel Schönes bei uns beschreiben
– gerade auch hier in der Gemeinde –
so viele – die mittun
so viele, die Zeit schenken
so viele, die auch über Kirchensteuer hinaus – Geld geben
das ist ein richtiges Erntedankfest
Und ich glaube auch, dass die ev.-luth. Nordkirche – die entstehen soll – gut an 1989 anknüpfen kann – und einer Einheit auch Ausdruck verleihen kann – natürlich nur, wenn wir Möglichkeiten finden, mitzutun.
Aber schon im nächsten Moment – kennen Sie das auch?
da kann jemand an der Tür stehen
ein Mensch, erdrückt von seinen persönlichen Nöten
Krankheit – das Thema Hospiz, dass so viele umgehen -
und es schnürt einem selbst den Hals zu
und man möchte ändern, heilen, helfen – und hat nur leere Hände
Wie soll ich – wie der Beter – fröhlich Erntedank feiern?!
Wir haben am Freitag die Klimakampagne der Nordelbischen Kirche hier eröffnet –
nicht wirklich viele haben daran teilgenommen
Ein so wesentliches Thema
– und wenn wir uns zusammentun würden
– und nicht auf andere – auf die Politiker z.B. warten wollen
– wir könnten Veränderungen in Gang setzen
Wollen – haben wir schon – aber Tun…?
und ich kann nicht einmal mit meinem Finger auf andere zeigen…
Wie soll ich – wie der Beter – fröhlich Erntedank feiern?!
Die Antwort des Beters steht hinter seinem Lob
Er verdrängt nichts
Ich ahne von seinem Hintergrund etwas –
und mir hilft das Neue Testament dabei – Jesus hilft mir.
Er hat ja auch nicht weg geguckt – ganz und gar nicht
dennoch könnte er kindlich und in gewissen Sinne sorglos – Erntedank feiern.
Ich finde hinter seinem Lob nur eine ganz schlichte Antwort:
Unsere Ängste beruhigen sich in der Nähe anderer Menschen, deren Liebe wir glauben können.
Sie beschützen uns gegen die Angst unseres Lebens,
gegen Unsicherheit, Verzagtheit,
gegen Resignation.
Die Liebe ist die Kraft,
die alle Angst eines sorgenvollen Lebens besiegt.
Sie zeigt uns, dass wir nicht zufällig da sind
beliebig, nebensächlich
sie öffnet auch den Blick auf noch mehr –
auf diese Dimensionen dahinter.
auf – himmlisch offene Hände.
Die Liebe ist ein Geschenk
Wenn nun Gott beschrieben wird, dann ist er der Schenkende
dann ist er selbst die Liebe.
Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibt….
Und das ist die Liebe, die uns mit einer bewundernswerten, geradezu töricht erscheinenden Sorglosigkeit erfüllen kann
erfüllen will
ohne die Nöte herauszufiltern
eine Unbekümmertheit
die fröhlich dem Schöpfer danken kann
In der Liebe ist nämlich die Sorge nicht weg
Da bleibt das Erschrecken über die sinnlose Qual von Menschen und Tieren, über die gequälte Schöpfung
aber die Sorge ist in dieser Liebe aufgehoben –
umgeben von dieser Liebe
Dann ist das Leid – auch in seinen offenen Händen
Er öffnet sie nicht nur von oben herab – sondern
auch von unten – nach oben
und ein neues Handeln wird frei
Gespräche werden möglich
und warum soll nicht auch der Beton – in Israel, in Stuttgart – vorerst im Betonmischer bleiben?!
Die Liebe und das Vertrauen sind die einzigen Kräfte, die uns helfen, richtig zu leben,
die Kräfte, aus denen der Dank erwächst – und das Leben aus dem Dank.
Wir sind – so zeigt es Jesus – vor Gott unendlich wertvoll –
Kinder Gottes
wir – und die Hartz IV Empfänger neben uns – genauso – wie auch der Sterbende neben uns -
Jedes Leben ist in der Liebe, die Gott ist, unendlich kostbar
und bleibt darin – unendlich kostbar
und hilft uns, stößt uns an, aufrichtig zu leben – und kann uns dankbar machen – und zeigt keinen Weg daran vorbei, die Kostbarkeit des anderen Lebens neben uns zu achten.
Das ist der umfassende Grund – zu dem Jesusglauben
Hier keimt der Lobgesang
gar nicht über die Dinge hinweg
sondern durch die Dinge – auch die Finsternisse – hindurch.
Gott sieht nicht weg - und er tut seine Hand auf
Ich möchte Erntedank – danken lernen
möchte meine Augen ganz weit aufhalten für unsere Welt
und möchte – durch alles Erschrecken
– auch vor mir selbst
durch alles Abscheuliche / Tödliche
- das Staunen neu lernen
Da ist die Güte Gottes
Sie will die eigene Güte neu, wieder neu öffnen
Gott sieht ja nicht weg
Er sieht liebevoll an
Er gibt Speise zur rechten Zeit.
Wenn er gibt, so sammeln wir;
wenn er seine Hand auftut,
so werden wir mit Gutem gesättigt
ganz bestimmt