Rogate: 1. Tim 2,1-6a

01.05.2016 | 12:00

Predigt über 1. Timotheus 2,1-6a

So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit. Dies ist gut und wohlgefällig vor Gott, unserm Heiland, welcher will, dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Denn es ist "ein" Gott und "ein" Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gegeben hat für alle zur Erlösung.

Wenn wir im Kindergarten Gottesdienste feiern, dann gehören die Fürbitten immer den Kleinen. Vier bis sechs Kinder stehen dann vorne vor dem Altar und erzählen ihre Bitten.
"Dass alle Vögel zu essen haben." hört man eine leise Mädchenstimme. "Dass alle Menschen nicht draußen schlafen müssen." erzählt eine Junge aus der Bärengruppe. "Dass keiner im Krieg sein muss." und: "Dass alle Flüchtlinge was zum Anziehen haben."

Beeindruckend gelingt es den kleinen Beterinnen und Betern in ihrer kindlichen Art bei dem, was sie in den Blick nehmen, wirklich alle und alles zu bedenken. Ganz ungefiltert wollen die Kinder an alle denken und für alle beten.
Für die Tiere beten sie, manchmal für die Sonne und für den Regen – oder für den Schnee, für die Eltern, die Erzieherinnen, für die, die krank sind und für die, die Hilfe brauchen, die, die nichts zu essen haben oder nichts zu trinken.
Und sie sagen es so, dass zweifelsfrei wirklich alle gemeint sind.

Würden wir Erwachsene fragen, für wen denn am Sonntag im Gottesdienst gebetet werden solle, ginge das wahrscheinlich nicht ganz so locker. Man würde Prioritäten setzten und aussortieren: Wer braucht ein Gebet am dringendsten? Wo ist die Not am Größten? Aber auch die eigene Situation ist wichtig; was hilft mir in diesem Moment meines Lebens, was erbitte ich für mich? Oder was brauchen die, die mir am nächsten sind im Leben, die mir die Liebsten sind…? Danach würden wir entscheiden.

Interessanterweise stellt sich der Predigttext mit dem, was wir in ihm über das Gebet lesen, ganz auf die Seite der Kinder. Er sagt schlicht, wir sollen für alle beten.

...für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit.

Das Gebet hat etwas Gleichmachendes, ohne dass alle Menschen damit gleich werden oder gleich wären. Im Gebet mischen wir uns ein, auch in Dinge, die andere zu entscheiden und zu verantworten haben; wir positionieren uns dazu. Wir beziehen Stellung im Gebet, – und dann stellen wir uns auf auch vor dem, was nicht - oder nicht mehr - in unserer Hand liegt.
Im Gebet hadern wir, manchmal mit dem Leben selbst, manchmal mit dem Schicksal; im Gebet überschreiten wir Grenzen und werden grenzenlos. Manchmal auch in grenzenloser Freude. Da werden meine Worte größer als das, was ich für mein Tun noch überblicken kann. Wir leihen uns Worte im Gebet, in die wir in unserem Alltag erst hineinwachsen müssen, – wenn es denn überhaupt gelingt.
Und all dies sprechen wir nicht in einen leeren Raum, sondern legen es hin vor dem, dem wir zutrauen und dem wir vertrauen, ein Gegenüber für uns in unserem Leben zu sein, vor Gott.

Wie kann ich mir das vorstellen, diesen Gott, der meine Gebete hört. Und darüber hinaus täglich mit Milliarden von Gebeten bedacht wird. Es ist gewiss kein Gott, der fern von unserer Welt ist, irgendwo jenseits der Galaxie; keine Art Megacomputer, der ein Gebet wie eine Email entweder sofort beantwortet, - vielleicht aber auch erst nach ein paar Tagen, oder vielleicht auch gar nicht.

"Der da oben hat mich vergessen." Höre ich Menschen manchmal erzählen, wenn Sie von einem Schicksal getroffen wurden und schwer daran zu tragen haben. Nein, denke ich, vergessen hat der dich nicht. Aber was soll der da oben denn machen? Die Reset-Taste drücken und alles wieder zurück drehen?
Das Leben hat seine ganz eigenen Bewegungen, machmal große und mächtige, manchmal auch gewaltsame und unberechenbare, – in die man – wenn die Zeit dann dafür gekommen ist – nur einwilligen kann. Und Gott? Gott ist selber mittendrin in diesen Geschichten, wie jener sanft berührende Ton, den Elia am Eingang der Höhle hört, nachdem Blitz und Donner, Erdbeben und Vulkanausbrüche gewesen sind.

Der Schreiber des ersten Timotheusbriefes erzählt den Gemeinden der zweiten und dritten Generation: Nehmt das Leben und nehmt diese Welt, so wie ihr sie wahrnehmt, - nehmt sie, so unvollkommen, wie sie ist, - nehmt sie auch mit aller Ungerechtigkeit und allem Unfrieden, wie sie sich manchmal zeigt, nehmt sie mit all den Höhen und den Tiefen, – nehmt diese Welt als den Ort, an den Gott sich gebunden hat und an dem auch ihr euren Platz habt.
Und deshalb nehmt alle Menschen ernst, auch diejenigen, mit denen ihr persönlich nicht zurechtkommt, auch diejenigen, die zur Obrigkeit zählen. Gerade im Gebet könnt ihr die Gräben zwischen ihnen und euch überwinden, gerade im Gebet könnt ihr die Angst überwinden, denn dann stellt ihr auch sie in eine Beziehung zu Gott.

Ein Gebet ist niemals beziehungslos. Wir sind in Beziehung mit den Dingen unseres Lebens, mit den Ereignissen dieser Welt, mit den Menschen um uns herum. Und genau darin sind wir in Beziehung auch mit Gott, der alles durchwirkt und dessen Kraft alles verbindet.
Ja, der Schreiber des Briefes hat recht: Es geht wirklich um alles.

Am deutlichsten wird das für mich immer dann, wenn man im Gebet ganz und gar auf Worte und sogar auf Gedanken verzichtet, - wenn es denn gelingt. Die Buddhisten nennen das das Leerwerden. Jesus sprach davon – ähnlich – in der Bergpredigt: Wenn aber du betest, - sagt er - so gehe in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater im Verborgenen; Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viel Worte machen. Darum sollt ihr euch ihnen nicht gleichstellen. Euer Vater weiß, was ihr bedürfet, ehe ihr ihn bittet.…

Es braucht keine Worte in diesem Gebet, weil es dabei um alles geht. Um eine tiefe Verbundenheit mit dem Leben selbst, mit Gott - und mit allem, was da ist.
Die Kinder im Kindergarten versuchen in ihren Gebeten in ihrer Art und auf ihre Weise das Ganze - eben alles – kompromisslos mit ihren Worten zu erfassen. Uns gelingt das nicht mehr. Wir erfassen das Ganze nicht mehr mit Worten. Dazu ist die Welt um uns herum zu komplex geworden, zu unterschiedlich, zu verschiedenartig und vielschichtig.

Wie kann es gelingen, in dieser Welt, das Ganze in den Blick zu nehmen – ohne die Welt vorschnell aufzuspalten in ihre Gegensätze, ohne Mauern zu bauen, ohne sich abzuschotten von immer neu geschaffenen Feind- und Angstbildern?

Was im Timotheusbrief beim ersten Hören vielleicht nach einem bequemen Rückzug ins Private klingen mag, hat genau hier seinen Platz: Wie kann es gelingen, dass wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit? Wie kann Frieden werden? Wie kann Versöhnung wachsen und Liebe unter den Menschen sichtbar werden?

In dem wir versuchen den letzten Grund, die tiefste Wirklichkeit allen Lebens, auch aller Religionen zu erfassen. Der Timotheusbrief spricht von der Erkenntnis der Wahrheit.
Und dazu schreibt Johannes vom Kreuz:

"Ein Wort hat der Vater gesprochen, und das ist sein Sohn; und er spricht es immerdar im ewigen Schweigen, und im Schweigen muss es von der Seele gehört werden."

Amen.

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