Sonntag Trinitatis 2014 - 2. Korinther 13, 11-13
Predigt über 2. Korinther 13, 11-13
Glauben – liebe Gemeinde - braucht Glaubenserfahrungen.
Eben in der Taufe haben wir den Wunsch mit hinein gelegt, dass Glauben wachsen möge.
Dazu braucht es Glaubenserfahrungen.
Es gibt - auf der anderen Seite - natürlich auch ein Wissen um Glaubensthemen, ein Wissen, das man vermitteln und sich sich aneignen kann. Es gibt Werte, die man mit dem Glauben in Verbindung bringt. All das gehört zum Grundstock dazu. Dann noch einen Schritt weiter gibt es sogenannte dogmatische Glaubenssätze, die Themen beschreiben und erklären, wie z. B. das Sein Gottes: die Wesenheit des Heiligen Geistes - oder die Zwei Naturenlehre von Jesus Christus... und anderes mehr.
Über diese Fragen - und hunderte mehr - wurde seit der alten Kirche immer schon nachgedacht, und so kamen immer neue und weitergehende Aussagen und Themen dazu.
So irgendwann dann auch die Trinität. Die wir heute an diesem Tag ja in besonderer Weise bedenken sollen.
Gott, der eine Wesenseinheit bildet in drei unterschiedlichen Personen: Vater, Sohn und Heiliger Geist.
In der Bibel selbst findet man von ihr nichts. Es gibt sogenannte trinitarische Formeln, wie den Schlussgruss im zweiten Korintherbrief. Der Predigttext von heute.
Paulus schreibt dort im letzten Vers, in Vers 13:
11 Zuletzt, liebe Brüder und Schwestern, freut euch, lasst euch zurechtbringen, lasst euch mahnen, habt einerlei Sinn, haltet Frieden! So wird der Gott der Liebe und des Friedens mit euch sein. 12 Grüßt euch untereinander mit dem heiligen Kuss. Es grüßen euch alle Heiligen. 13 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!
Vorher schreibt er noch vom zurechtbringen lassen und anderen wohl- und gutgemeinten Aufforderungen. Dann folgt dieser Gruß. Es ist tatsächlich nicht mehr als ein Gruß. Wir benutzen ihn als Kanzelgruß zu Beginn einer Predigt. Und es wäre ganz gewiss eine unsachgemäße Verkürzung, wollte man daraus ableiten, dass Gott eben für die Liebe zuständig ist, Jesus für die Gnade und der Heilige Geist für die Gemeinschaft.
So funktioniert das nicht.
Und das ist eben auch noch nicht, was der Kirchenvater Tertullian wohl gut hundert Jahre später dann Trinität nennt. Ein Kunstwort, gebildet aus den Worten tres – für drei und unitas – für Einheit. Eine substantielle Einheit – eine Substanz - in drei Personen, wobei Tertullian den Begriff der Person – lustigerweise - aus dem damaligen Theater in Karthago entlieh, wo die Schauspieler Masken (lat.: personae) vor ihr Gesicht hielten, je nach Rolle, die ihnen zukam. Gott, der einer ist – eine Substanz – in der Gestalt von drei unterschiedlichen Masken / Personen.
Der Gedanke der Trinität ist ein Konstrukt, ein Gedankenwerk. Der Anspruch aber durchaus legitim. Wenn Jesus als Sohn Gottes und als der Messias - in welcher Form auch immer - Göttlichkeit besaß - und dann – pfingstlich – den Geist vom Himmel herab sendet – um in diesem großen Biblischen Bild zu bleiben - dann muss es ein inneres Band geben, ein inneres göttliches Band, dass Vater, Sohn und Geist miteinander verbindet.
Und hier komme ich auf meinen Anfangssatz zurück.
Ich sagte: Glauben braucht Glaubenserfahrungen.
Ich kann - diesen Gedanken der Trinität für wahr halten. Ich kann ihn glauben im Sinne von: das wird schon stimmen, was die sich da ausgedacht haben; es waren ja gescheite Menschen. Und die Trinität gehört ja auch zum christlichen Glauben dazu. Womöglich entdecke ich in den Erklärungen auch eine mich überzeugende Glaubwürdigkeit. Ich kann also von und um diesen Gedanken der Trinität wissen und beziehe mich dabei auf kluge Aussagen.
Glaube aber, wie ich ihn meine, weiß noch um ein anders Wissen. Um ein Erfahrungswissen. Um ein Wissen von Gotteserfahrung. Glaube braucht diese Erfahrung. Das ist unter anderem auch das Wissen der großen Gestalten der Bibel. Sie glauben nicht nur im Sinne von „etwas für wahr halten“; sie wissen auf eine besondere Weise. Sie wissen um das Geheimnisvolle von Gott. Ja, Glaube ist ein Wissen um das Geheimnis Gottes.
Abraham! Er wird von Gott aufgefordert, seine Heimat zu verlassen mit nichts als der Zusage von Gottes Segen. Ihm ging es nicht schlecht, dort wo er war, und doch weiß er, dass er sich auf den Weg machen muss. Es war eine verändernde Begegnung mit Gott. Man kann diese Geschichte erzählen, aber was dort passierte, bleibt irgendwie ein Geheimnis,verborgen...
Mose! Er hört Gott aus dem Dornbusch sprechen. Er soll die Israeliten aus Ägypten befreien mit nichts als dem Namen Gottes, der sich ihm vorstellt als: Ich bin da! Und Mose weiß, dass er es tun soll. Eine Begegnung, die zur Folge hat, Altes los- und zurückzulassen und dem Gehörten, dem Erlebten zu vertrauen, - der Erfahrung der Gegenwart und Kraft Gottes zu vertrauen.
Glaube braucht Glaubenserfahrungen.
Die frühen Christen haben für den Weg von Jesu Sterben und Auferstehen den Begriff des „Paschamysteriums“ geprägt. Was wir als Geheimnis des Glaubens kennen. Wir können diesen Glauben in Ritualen und Liedern, in Gebeten zum Ausdruck bringen. Aber solange jemand nicht selbst ganz den Boden unter den Füssen verloren und dann erfahren hat, dass Gott ihn auffing, so dass er am Ende sogar lebendiger als vorher dastand, solange hat er oder sie den Ausdruck „Paschamysterium“ in der Tiefe seiner Bedeutung noch nicht ganz erlebt und die verwandelnde Wirkung des damit gemeinten noch kaum erfahren.
Damit erst kommen wir auf den Kern des christlichen Glaubens.
Glaube ist etwas für das wirkliche Leben. Glaube lässt sich nicht domestizieren oder hinter Kirchenmauern kultivieren. Diese Gottesgeschichten passieren draußen im Leben. Im Leben sammeln wir ein Wissen und Erfahrungen um das Geheimnis Gottes. Mit aller Schönheit, mit aller Fülle und himmlischer Freude – und mit aller Unverständlichkeit, mit allen unbeantworteten Fragen. Denken wir nur an Hiob.
Davon erzählt der Gedanke der Trinität. Eigentlich von dem Geheimnis Gottes, wie ein Ort, an dem die Erfahrungen und Geschichten von Gott zusammenlaufen, sich sammeln und wieder zurückgeworfen werden - und wo jede und jeder etwas anderes, etwas Eigenes erblickt.
Es sind Geschichten, die von einem Gott erzählen, der in allem gegenwärtig ist, der alles durchströmt. Ein Gott, der das Leben zum Guten geschaffen hat. Und jeder Halm und jeder Strauch, jeder Vogel und jedes Tier, alles Leben und alles Lebendige erzählen davon, dass das Leben ein Leben zum Guten ist. Eines der Geheimnisse Gottes.
Und es sind Geschichten, die ganz und gar menschlich sind - und dann eben auch göttlich zugleich. Sie erzählen von dem Menschen Jesus, der uns anderen Menschen ein Gegenüber geworden ist. Der uns wichtige Dinge lehrt, der eine Lebensweisheit weitergibt, der uns aber auch, wenn er uns nahe ist, in Worten, in Texten, im Gebet – der uns dann in Berührung bringt mir der größeren Kraft, mit dem, was alles Leben verbindet und uns auf unseren wahren Ursprung hinweist.
Und dann sind es Geschichten von Inspiration und Kreativität, von guten Ideen und den guten Taten, die daraus folgen. Das sind geistvolle und geistreiche Momente.
Man kann all dies nur künstlich trennen, denn es gehört zusammen. Diese und unzählige Geschichten mehr erzählen von dem Geheimnis Gottes, das sich manchmal so wunderbar im Leben entdecken lässt, manchmal auch auf ganz andere Art und Weise.
Wenn du es verstehst, ist es nicht Gott. Schreibt Augustin in seinen Bekenntnissen.
Es ist Geheimnis Gottes, auf das uns dieser Tag heute hinweist.
Amen.