Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres - 2. Korinther 5, 1-10

16.11.2014 | 21:56

Predigt über 2. Korinther 5, 1-10

1 So gleicht zum Beispiel der Körper, in dem wir hier auf der Erde leben, einem Zelt, das eines Tages abgebrochen wird. Doch wir wissen: Wenn das geschieht, wartet auf uns ein Bauwerk, das nicht von Menschenhand errichtet ist, sondern von Gott, ein ewiges Haus im Himmel. 2 In unserem irdischen Zelt seufzen wir, weil wir uns nach der Wohnung sehnen, die aus dem Himmel stammt (…) 4 Ja, solange wir noch in unserem irdischen Zelt wohnen, wo so vieles uns bedrückt, seufzen wir ´voll Sehnsucht`, denn wir möchten ´den jetzigen Körper am liebsten` gar nicht erst ablegen müssen, sondern ´den künftigen` unmittelbar darüber anziehen. Auf diese Weise würde das, was sterblich ist, sozusagen vom Leben verschlungen. 5 Gott selbst hat uns auf dieses ´neue Leben` vorbereitet, indem er uns seinen Geist als Unterpfand und Anzahlung gegeben hat. 6 Deshalb kann nichts und niemand uns unsere Zuversicht nehmen. Wir wissen zwar: Solange dieser Körper noch unser Zuhause ist, sind wir fern vom Herrn, 7 denn unser Leben ´hier auf der Erde` ist ein Leben des Glaubens, noch nicht ein Leben des Schauens. 8 Und doch sind wir voll Zuversicht, und unser größter Wunsch ist, das Zuhause unseres ´irdischen` Körpers verlassen zu dürfen und ´für immer` daheim beim Herrn zu sein. 9 Daher haben wir auch nur ein Ziel: so zu leben, dass er Freude an uns hat – ganz gleich, ob wir ´schon bei ihm` zu Hause oder ´noch hier` in der Fremde sind. 10 Denn wir alle müssen einmal vor dem Richterstuhl von Christus erscheinen, wo alles offengelegt wird, und dann wird jeder den Lohn für das erhalten, was er während seines Lebens in diesem Körper getan hat, ob es nun gut war oder böse.

Der just zurückgekehrte deutsche Astronaut Alexander Gerst bringt es in seinem ersten Interview nach der Landung – wie ich finde - einfach und klar auf den Punkt. Er sagt: „Wenn man da oben in einem Raumschiff schwebt und runterschaut auf so einen kleinen blauen Planeten mit ner kleinen zerbrechlichen Atmosphäre – und dann sieht wie viel schwarz darum ist im Universum  - und wir kennen keinen anderen Ort, an dem Menschen leben können - dann wirkt es grotesk von da oben zu sehen, dass sich Menschen bekriegen oder die Umwelt verschmutzen.“

Vor knapp 2000 Jahren Paulus schreibt von einem Seufzen auf der Erde - und von einer Sehnsucht nach dem Himmel. Ich frage mich: Ist er müde geworden an einer Welt, in der sowieso nicht mehr viel zu bessern, zu holen oder zu retten ist? Spricht er die Sehnsucht aus nach einer jenseitigen, himmlischen Welt, die das Groteske der Erde endlich hinter sich lässt?

Wenn wir unseren Planeten vom Weltraum her abgebildet sehen, sind wir erfüllt von einem Staunen.

Schon Albert Einstein bekannte: Das Zentrum wahrer Religiosität sei die Ehrfurcht vor den Mysterien des Universums.

Wir staunen über soviel Schönheit und die Unbegreiflichkeit von Leben. Manchmal braucht es diesen großen Abstand um wieder zum Staunen zurück zu finden.

Wir sehen einen kleinen Punkt in einem schwarzen Meer aus Dunkelheit, der irgendwie einsam und verloren wirkt, und wundern uns, dass er trotzdem soviel Heimat möglich macht, und wundern uns, dass der eigene Kosmos, das eigene Universum so groß sein können.

Der Himmel beginnt mit einem Staunen. Paulus kannte dieses Staunen auch, wenn auch in anderen irdischen Dimensionen - und es geht ihm eben nicht um eine Flucht vor der Wirklichkeit, nicht um einen Rückzug von den Problemen des Lebens, es geht ihm eher um die Wiedergewinnung des Himmels für die Erde, um die Wiedergewinnung dieses himmlischen Staunens für das Leben. Dank modernster Technik gelingt uns heute ein himmlischer Blick auf unseren Planeten – Paulus gelang dieses himmlische Schauen durch seinem Glauben.

Es geht um dieses himmlische Staunen als ein Teil der Erde und als ein Teil des Lebens, - ehrfürchtig, durchaus. Aber Paulus geht noch einen Schritt über jenes Einsteinsche Mysterium hinaus. Er schreibt: Gott selbst hat uns auf dieses ´neue Leben` (nennen wir es das Himmlische inmitten unseres irdischen Lebens) vorbereitet, indem er uns seinen Geist als Unterpfand und Anzahlung gegeben hat. Will sagen: Wir tragen ein Stück vom Himmel in uns.

Und dann geht es dabei nämlich auch um den Realismus, dass Menschen – allein – die Probleme dieser Welt nicht lösen werden. Dass es dazu die lösende Kraft des Himmels braucht.

Das ist die Frage, die wir uns stellen können, in wieweit wir der Religion, dem Glauben und letztlich dem, was wir Gott nennen, zutrauen, Leben zum Guten zu verändern, indem Gottes Geisteskraft durch den Menschen wirkt.

Und das ist dann ganz bestimmt kein schlechtes Vertrösten auf ein besseres Jenseits, - das sind Glaube und Hoffnung, dass uns Trost und die Lebens-Gaben Gottes von dorther, vom Himmel her, von dem anderen des Lebens her - zufließen.

Inwendigere Worte fand Franz von Sales vor gut 500 Jahren, um diesen Himmel auf der Erde einzufangen. Er schreibt:

„Wenn dein Herz wandert oder leidet, bring es behutsam an seinen Platz zurück und versetze es sanft in die Gegenwart Gottes.

Und selbst dann, wenn du nichts getan hast in deinem Leben, außer dein Herz zurückzubringen und wieder in die Gegenwart Gottes zu versetzen - obwohl es jedesmal wieder fortlief, wenn du es zurückgeholt hattest -, dann hat sich dein Leben wohl erfüllt.“

Trost vom Himmel.

Wenn heute öffentlich von Religion die Rede ist, dann oft im Zusammenhang mit Fanatismus, Krieg und Gewalt. Im persönlichen Gespräch taucht Glaube nur selten auf.

Mancherorts fühlt es sich sogar an, als ob der Mensch aus der Hoffnung herausgefallen ist – in einer immer gieriger werdenden Welt,  weil das, was der Himmel uns zum Leben dazu gibt, ungesehen – ungenommen und ungelebt bleibt.

Der Himmel beginnt mit einem Staunen.

Wo aber sind diese Orte, an denen wir dieses entdecken können? Wo ist der Raum, der einen Blick auf den Himmel möglich macht?

Unser Leben ist rasend schnell geworden. Die Welt scheint rastlos und dauernd in Bewegung.

Nach Schätzungen der UNO sind über 50 Millionen Menschen auf der Flucht, vor Kriegen, aber auch vor Hunger, vor sozialen und ethnischen Konflikten und vor Perspektivlosigkeit.

Und wir hecheln getrieben der Zeit hinterher.

Wo ist Platz in dieser ruhelosen Zeit für Un-Getriebenes, noch nicht einmal für ein Schauen Gottes, aber für den Glauben? Für den Glauben daran, dass es noch ein größeres Maß für ein Leben gibt, als das, das wir Menschen uns selber stecken.

Ein größeres Maß, um das Leben daran zu messen,

eine größere Liebe, als die, zu der wir manchmal mehr und manchmal weniger in der Lage sind.

Eine größere Gnade, die wir uns zumeist schlicht nicht vorstellen können.

Es gehört zum Menschsein dazu, dass wir uns manches nicht selber zusprechen können. Da sind wir angewiesen auf ein Gegenüber.

Vergebung - Versöhnung – aber auch Liebe – Barmherzigkeit – und Frieden – all dies braucht ein Gegenüber.

Das Dunkle trägt das Gute als Möglichkeit in sich. Paulus war davon überzeugt, dass der Himmel zur Erde dazu gehört. Mit einer Sehnsucht beginnt die Suche. Eine Sehnsucht, die zu einem Staunen wird.

Der Himmel beginnt mit einem Staunen.
Amen

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