30. September 2014

grünes Tor

Ziehende Landschaft


Man muß weggehen können
und doch sein wie ein Baum:
als bliebe die Wurzel im Boden,
als zöge die Landschaft und wir ständen fest.
Man muß den Atem anhalten,
bis der Wind nachläßt
und die fremde Luft um uns zu kreisen beginnt,
bis das Spiel von Licht und Schatten,
von Grün und Blau,
die alten Muster zeigt
und wir zuhause sind,
wo es auch sei,
und niedersitzen können und uns anlehnen,
als sei es an das Grab
unserer Mutter.

Hilde Domin

29. September 2014

ans Licht bringen

Vom Mond beschienen

der letzte Apfel im Baum -

wird er reif heut`nacht?

Sabine Sommerkamp

 

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Der Mond - den Apfel konnte ich nicht erkennen - ein lauwarmer Tag als Vorspann zur Nacht - himmlich, auch in der Stadt - der Apfel wird sicher reif!

28. September 2014

Ida Dehmel

"Schwarz oder weiß - nur nie grau!
Kalt oder heiß - nur nie lau!"

Ida Dehmel

 

27. September 2014

vom Koppelsberg aus

Glück

Der Traum vom Glück
wehrt sich gegen mich
seit ich ihn träumen will

Ich habe viel geträumt
von dunklen Dingen

Manchmal stand ein Stern
am Himmel meines Traums
nur einen Augenblick
dann stürzte er
und fiel
weiß auf mein Haar

Rose Ausländer

26. September 2014

"schön" leuchten

Ein gelehrter Mann, der einst Sabbatgast an Rabbi Baruchs Tisch war, sagte zu ihm: 
"Laßt uns nun Worte der Lehre hören, Rabbi, Ihr redet so schön!"
"Ehe dass ich schön rede", antwortete der Enkel des Baalschem, "möge ich stumm werden!"

Martin Buber

25. September 2014

ans Licht bringen

Rabbi Mosche Löb erzählte: Wie man Menschen lieben soll, habe ich von einem Bauern gelernt. Der saß mit anderen Bauern in einer Schenke und trank. Lange schwieg er, wie die anderen alle. Als aber sein Herz vom Wein bewegt war, sprach er seinen Nachbarn an: „Sag du, liebst du mich, oder liebst du mich nicht?“ Jener antwortete: „Ich liebe dich sehr.“Er aber sprach wieder: „Du sagst: Ich liebe dich und weißt doch nicht, was mir fehlt. Liebtest du mich in Wahrheit, so würdest du es wissen.“ Der andere vermochte kein Wort zu erwidern, und auch der Bauer, der gefragt hatte, schwieg wie vorher.
Ich aber verstand: Das ist die Liebe zu den Menschen, ihr Bedürfnis zu spüren und ihr Leid zu tragen.

Martin Buber

24. September 2014

durch das Graue hindurch

...jedoch die äußeren Erscheinungsformen
sind den geübten Menschen nichts Äußerliches,
denn alle Dinge haben für die innerlichen Menschen
eine inwendige göttliche Seinsweise.

Meister Eckehart

23. September 2014

mitten darin - die Frucht

Ein Blinder, der nicht ganz blind ist, läßt sich vom Blindenführer nicht gern leiten.
Wenn er nur ein bißchen sieht, meint er, der Pfad vor im sei der beste.
Er sieht ja die anderen, besseren nicht.

Johannes vom Kreuz

22. September 2014

mit Widerspruch

Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.

Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.

Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.

Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.

Rilke, Rainer Maria (1875-1926)

21. September 2014

Schattenbilder

Der Einstieg, Der Ausstieg

Gott, der Du einstiegst
in die Miseren der Welt,
der Du ausstiegst
aus dem Zirkel
von Verblendung, Gewalt und Zerstörung:
erleuchte uns,
bevor wir zerstrahlt sind!
Erbarme Dich,
damit die Erde und wir und die nach uns
nicht unwiderruflich
eigener Gier und Erbarmungslosigkeit
zum Opfer fallen.

Unbeirrbarer,
stecke uns an
mit Deiner Leidenschaft
für das Leben.

Kurt Marti
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FernsehGottesdienst in Blankenese - Thema: Was macht Macht mit Menschen?
ein herbstlicher Tag - überall ZDF - Probe am Sonnabend - noch mehr ZDF - und die Gemeinde kommt und feiert mit - und läßt sich hoffentlich - von dem Unbeirrbaren - anstecken - damit nicht alles wir ein Schatten vergeht. (ZDF-Link - dazu die Mediathek des ZDF mit diesem Gottesdienst

20. September 2014

mit Speichen

Der Reifen eines Rades wird gehalten von den Speichen.
Aber das Leere zwischen ihnen ist das Sinnvolle beim Gebrauch.
 
Aus nassen Ton formt man Gefäße.
Aber das Leere in ihnen ermöglicht das Füllen der Krüge.
 
Aus Holz zimmert man Türen und Fenster.
Aber das Leere in ihnen macht das Haus bewohnbar.
 
So ist das Sichtbare zwar von Nutzen
Doch das Wesentliche bleibt unsichtbar.
 
Lao - Tse

19. September 2014

Aufbruch

da du alles schon weißt
mag ich nicht beten

tief atme ich ein
lang atme ich aus
und siehe

du lächelst

Kurt Marti

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Heide auf dem Friedhof - Verfall dort (Garagen frei...) und Fülle hier - ein neuer Geist - ein offener Himmel - strahlend die Schöpfung - ein bißchen wollen wir davon in die Welt tragen - warum nicht mit dem ZDF am Sonntag

18. September 2014

nur Geduld - dort geht es zum Strand

Geduld

Und ich möchte dich
so gut ich kann bitten,
Geduld zu haben gegen alles Ungelöste
in deinem Herzen,
und zu verstehen.
Die Fragen selbst lieb zu haben
wie verschlossene Stuben.
Und wie Bücher, die in einer fremden Sprache
geschrieben sind.
Forsche jetzt nicht nach Antworten,
die dir nicht gegeben werden können,
weil du sie nicht leben könntest.
Und es handelt sich darum
alles zu leben.
Vielleicht lebst du dann
allmählich – ohne es zu merken –
in deine Antworten hinein.

Rainer Maria Rilke

 

17. September 2014

Aufbruch

Sola Gratia

einen engel
wünsche ich allen
die ohne grund
lächeln: aus
gottes grazie
allein

Kurt Marti

16. September 2014

ABER

Mein Bäumchen gefällt,
der Sonne nun viel näher –
aber der Schatten!

Sabine Sommerkamp

 

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Die Sonne - herausgearbeitet | wie oft verbaut | neuen FreiRaum finden | für das Licht arbeiten (H.S. bereitet das Kerzenkreuz für den Ewigkeitssonntag vor)

15. September 2014

Aufbruch

Aus dunkler Tiefe
zur Sonne aufgebrochen:
eine Seerose.

Sabine Sommerkamp

14. September 2014

Literaturtag

Mein Gärtchen verkauft –
wie anders klingt auf einmal
der Vögel Gesang!

Sabine Sommerkamp

 

Sabine Sommerkamp ist eine der Lesenden beim Blankeneser Literaturtag

13. September 2014

Zeltaufbau für den Literaturtag - heute und morgen im Fischerhaus

Ich hatte es nie ganz erfahren,
jenes alte feste Schicksalswort,
dass eine neue Seligkeit dem Herzen aufgeht,
wenn es aushält
und die Mitternacht des Grams durchduldet,
und dass, wie Nachtigallengesang im Dukeln,
göttlich erst im tiefen Leid
das Lebenslied der Welt uns tönt.

Friedrich Hölderlin

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Herzliche Einladung zum Literaturtag im Fischerhaus!

12. September 2014

im Trüben fischen - gülden Frühstücken

Wahre Kunst bleibt unvergänglich!

Ludwig van Beethoven

 

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Kunstbilder:  Gianin Conrad „Tube+/-; / Kunst im Regen / standhafte Reise-... - und der Gefahr trotzende Wasserkünstler

11. September 2014

Lichtquelle - heute

Gott stirbt nicht an dem Tag,
an dem wir nicht mehr an eine persönliche Gottheit glauben.

Wir aber sterben an dem Tag,
an dem unser Leben nicht mehr durchstrahlt ist
von dem stets neu geschenkten Glanz des Wunders,
den Lichtquellen
jenseits aller Vernunft.

Dag Hammarskjöld

10. September 2014

aufheizen

Beim Blick auf die Außentemperatur

In einem
guten Wort
ist Wärme
für
drei Winter.

Aus der Mongolei

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Die gute Tat kann auch für Wärme sorgen - gute Worte können wichtige Warnungen übermitteln - Ziel: für die drei Winter gute Früchte einsammeln!

9. September 2014

aus der Stille

Wenn es nur einmal so ganz stille wäre
Wenn das Zufällige und Ungefähre
verstummte und das nachbarliche Lachen,
wenn das Geräusch, das meine Sinne machen,
mich nicht so sehr verhinderte am Wachen:

Dann könnte ich in einem tausendfachen
Gedanken bis an deinen Rand dich denken
und dich besitzen (nur ein Lächeln lang)
um dich an alles Leben zu verschenken
wie eine Dank.

Rainer Maria Rilke

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von grau bis grau-blau

8. September 2014

zum "EinSehen"

Meditieren gilt allein von Menschen. Denn sich etwas vorstellen und denken scheinen auch Tiere zu können…. Meditieren und denken ist zweierlei; denn meditieren heißt ernst, tief und sorgfältig „denken“, eigentlich: im Herzen wiederkäuen. Meditieren ist gleichsam in der Mitte verweilen oder von der Mitte und dem Innersten bewegt werden.

Martin Luther

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zur Übung die Blumenbilder - vielleicht aus dem Botanischen Garten

7. September 2014

Schönheit - zeitlos

Du hast mich geträumt, Gott,
wie ich den aufrechten Gang übe
und niederknien lerne,
schöner als ich jetzt bin,
glücklicher als ich mich traue,
freier als es bei uns erlaubt.

Höre nicht auf,
mich zu träumen, Gott.
Ich will nicht aufhören,
mich zu erinnern,
dass ich dein Baum bin,
gepflanzt an den
Wasserbächen
des Lebens.

Dorothee Sölle

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manchmal kommen die Wasserbäche von überall her
manchmal muss "man" sich um die Reste kümmern - kreativ, unvorsichtig, naiv, kindlich
dann soll es was mit dem Baum werden
kein "Achtung"-Schild für "Gemeinde" - hier müßte ein "P" stehen - Parken, um von dem Wasser miteinander zu genießen. Nicht nur sonntags.

6. September 2014

Abschied

Was es ist

Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Erich Fried

 

Bilder von Martin Teegen, Hermann Bach

5. September 2014

Spielplatz für Kinder - etwas für unsern Markt?
Letztlich ist alles einfach, 
so einfach wie ein Blatt, 
das man in der Hand hat, 
so einfach wie das 
Lachen eines Kindes.
 
Jean Gebser
 
Einfaches entdecken s.u.
z.B. klare Hinweise für ein Restaurant, spielerische Formen an Häusern, geheimnisvolle Türe (um die Entdeckerfreude zu wecken), mit geflügeltem Stiefel Ball spielen

4. September 2014

Engel des Lichts

Aus den ungeweinten
Tränen der Augen
spricht
die uralte Sehnsucht
dass ein Engel
klommt
voller Musik
von Licht umflossen
um mit dem Trost
seiner Hände
all die Fesseln
zu lösen
auf dieser Erde
dass ein Engel kommt
aus dem Dunkel
der Nacht
und es wird
hell
und die Sonne
geht auf
in deinem
Gesicht

Richard Riess

auch im Untergang kann einem die Sonne aufgehen

3. September 2014

Zitronenfalter und Airbus...

Tour de France

Als die Spitzengruppe
von einem Zitronenfalter
überholt wurde,
gaben viele Radfahrer das Rennen auf.

Gunter Grass

unten:

Vorschlag aus fernem Lande: Warum nicht auch mal in Blankenese eine Kunstausstellung an verschiedenen Stellen im Ort anregen. (von links - Fröhlicher.Bietenhader "In Limbo"; Camenisch.Vetsch "Südwand"; Emanuel Strässle "rester Amihs"; Jeannette Mehr "Sonnenbrunnen")

2. September 2014

ganz Ohr sein

Die große Schuld des Menschen
sind nicht die Sünden,
die er begeht -
die Versuchung ist mächtig und seine Kraft gering-,
die große Schuld des menschen ist,
dass er in jedem Augenblick
die Umkehr tun kann
und nicht tut.

Martin Buber

1. September 2014

Was sind das für Zeiten, wo
Ein Gespräch über Bäume fast
ein Verbrechen ist
Weil es ein Schweigen über
so viele Untaten einschließt!

Bertold Brecht

über den Bulln reden - und den Weg über das Schweigen hinweg suchen