30. September

Pummerer, in morgendlich heiterer Ruh,
lächelte seinem Nachbarn Mommer zu.
Dieser, durch das Lächeln ebenfalls heiter,
gab es an den Straßenbahnschaffner weiter,
der an die kleine Verkäuferin, und die
an Dr. Müller-Zinn, Facharzt für Psychiatrie,
dieser an Schwester Erika vom Kinderhort,
diese an die Toilettenfrau - und so fort.
So kam es schließlich irgendwann
abends gegen 6 Uhr am Schillerplatz an
bei einem im Augenblick traurig-tristen,
durch das Lächeln doch erheiterten Polizisten,
so dass er, als Pummerer den Verkehr blockierte,
den Verstoß nur mit einem Lächeln quittierte.
Otto Heinrich Kühner
29. September

An einem Baum hing eine Glocke, und wenn der Wind kam und die Äste bewegte, so gab sie ihren Ton. Als ein Fuchs das Getön hörte, bekam er Angst und dachte, dass es ein starkes Tier sein müßte, das solch ein Getön von sich gäbe. Er schlicht sacht hinzu.
Als er die Glocke sah, die groß, aber ganz hohl und leer war und nichts dahinter als das Getön, sprach er:
"Nie mehr will ich glauben, dass alle Dinge, die groß sind und laut tönen, darum auch mehr Stärke haben."
Antonius von Pforr
28. September

Wer wenig bedarf,
der kommt nicht in die Lage,
auf vieles verzichten zu müssen.
Plutarch
27. September

All Morgen ist ganz frisch, und neu
des Herren Gnad und große Treu;
sie hat kein End den langen Tag,
drauf jeder sich verlassen mag.
Johannes Zwick (vor 1542)
26. September

In einem chinesischen Haus erschien überraschend Besuch.
Da kein Tee vorhanden war, schickte der Hausherr zum Nachbarn, Tee zu borgen.
Die Frau setzte inzwischen den Kessel aufs Feuer.
Das Wasser kochte: Der Bote war noch nicht zurück.
Man schüttete kaltes Wasser nach: der Bote kam immer noch nicht.
Schließlich war der Kessel voll kochenden Wassers, und der Tee fehlte.
Da sprach die Frau des Hauses:
"Wollen wir unseren lieben Freund nicht baden lassen?"
Quelle unbekannt
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Bilder: Ökumenischer Pilgerweg für Klimagerechtigkeit
und das Straßenfest
25. September

Noch n` Witz:
Tünnes begegnet Gott und sinnt auf eine Möglichkeit, diese Audienz für sich auszunutzen. Er will es aber nicht durch eine plump vorgebrachte Bitte tun, sondern schlau und diskret, möglichst sogar so, dass Gott gar nicht anders kann, als seinen Wunsch zu erfüllen. So beginnt er mit einer theologischen Frage, die als captatio benevolentiae (Erheischen des Wohlwollens) dienen soll:
Lieber Jott, beginnt er, stimmt et denn wirklich, dat 1000 Jahre bei dir wie ein Tag sind?
Als Gott nickt, fährt er fort:
Wenn et dir so wenig auf Zeit ankömmt, kannste sicher auch sagen, dat 1000 Jahre bei dir nicht mehr sind als en Minütschen, ja?
Als Gott auch damit einverstanden ist, treibt Tünnes diese Relativierung der zeitlichen Dinge durch die Ewigkeit noch weiter und nähert sich vorsichtig seinen eigentlichen Absichten.
Wenn et so ist, lieber Jott, dann kann man gewiss auch sagen, dat 1000 Mark für dich nur ein Jroschen sind!
Auch da stimmt ihm Gott zu. Jetzt aber scheint er den Allmächtigen im Netz seiner Dialektik gefangen zu haben und rückt nun mit seinem Wunsch heraus:
Lieber Jott, dann gib mir ens en Jroschen!
Der aber antwortet:
Wart e Minütschen!
Aus: Helmut Thielicke "Das Lachen der Heiligen und Narren"
24. September

Im katholischen Münster wirkte während des Krieges der ungemein tapfere Bekennerbischof und spätere Kardinal Graf von Galen. Im alljährlichen Silvestergottesdienst hielt er vor einer riesigen Gemeinde eine Art Rechenschaftsbericht ab, in dem er die kirchenfeindlichen Attacken und andere Sünden des Nazi-Regimes in drastischer Offenheit zu geißeln pflegte. Natürlich fand sich unter den Versammelten jeweils auch eine erkleckliche Zahl von Parteifunktionären in Zivil, die der Bischof in keine geringe Wut zu versetzen pflegte. Als er einmal davon sprach, wie die Partei den Eltern ihre Kinder wegnehme, sie aufhetze und ihre Ideologien in sie hineinpumpe, hielt es einer jener Funktionäre nicht mehr aus. Er brüllte durch das Kirchenschiff: "Wie kann jemand, der keine Familie hat, es überhaupt wagen, über Kindererziehung zu sprechen!" Der Bischof replizierte prompt: "Ich verbitte mir abfällige Bemerkungen über den Führer!" (Hitler war bekanntlich Junggeselle.)
aus Helmut Thielicke "Das Lachen der Heiligen und Narren"
23. September

Wenn er kommt der Besucher,
der Neugierige, und dich fragt,
dann bekenne ihm,
dass du keine Briefmarken sammelst,
keine farbigen Aufnahmen machst,
keine Kakteen züchtest,
dass du kein Haus hast,
keinen Fernsehapparat,
keine Zimmerlinde.
Dass du nicht weißt
warum du dich hinsetzt und schreibst,
unwillig, weil es dir kein Vergnügen macht.
Dass du den Sinn deines Lebens
immer noch nicht herausgefunden hast,
obwohl du schon alt bist.
Dass du geliebt hast, aber unzureichend,
dass du gekämpft hast,
aber mit zaghaften Armen.
Dass du an vielen Orten zu Hause warst,
aber ein Heimatrecht hattest an keinem.
Dass du dich nach dem Tod sehnst und ihn fürchtest.
Dass du kein Beispiel geben kannst als dieses:
Immer noch offen.
Marie Luise Kaschnitz
22. September

Ein Mensch begegnet einem zweiten,
sie wechseln Höf- und Herzlichkeiten,
sie zeigen Wiedersehensglück
und geh´n zusammen gar ein Stück.
Und während sie die Stadt durchwandern,
sucht einer heimlich von dem andern
mit ungeheurer Hinterlist
herauszubringen, wer er ist.
Dass sie sich kennen, das steht fest,
doch äußerst dunkel bleibt der Rest.
Das Wo und Wann, das Wie und Wer,
das wissen alle zwei nicht mehr.
Doch sind sie, als sie sich nun trennen,
zu feig, die Wahrheit zu bekennen.
Sie freu´n sich, dass sie sich getroffen;
jedoch im Herzen beide hoffen,
indes sie ihren Abschied segnen,
einander nie mehr zu begegnen.
Eugen Roth
21. September

Eines Tages besucht ein Hund den Tempel der tausend Spiegel. Er steigt die hohen Stufen hinauf, betritt den Tempel, schaut in die tausend Spiegel, sieht tausend Hunde, bekommt Angst und knurrt. Mit gekniffenem Schwanz verläßt er den Tempel in dem Bewußtsein: die Welt ist voller böser Hunde. Kurze Zeit später kommt ein anderer Hund in den gleichen Tempel. Auch er steigt die Stufen empor, geht durch die Tür und betritt den Tempel der tausend Spiegel. Er sieht in den Spiegeln tausend andere Hunde, freut sich darüber und wedelt mit dem Schwanz. Tausend Hunde freuen sich mit ihm und wedeln zurück. Dieser Hund verläßt den Tempel in dem Bewußtsein: Die Welt ist voller freundlicher Hunde.
aus Indien
20. September

Mag sein,
dass der jüngste Tag
morgen anbricht,
dann wollen wir gern
die Arbeit für eine bessere Zukunft
aus der Hand legen,
vorher aber nicht.
Dietrich Bonhoeffer
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Bilder von gestern - von Hermann Bach
19. September

Wenn es nur einmal so ganz stille wäre.
Wenn das Zufällige und Ungefähre
verstummte und das nachbarliche Lachen,
wenn das Geräusch, das meine Sinne machen,
mich nicht so sehr verhinderte am Wachen:
dann könnte ich in einem tausendfachen
Gedanken bis an den Rand dich denken
und dich besitzen (nur ein Lächeln lang),
um dich an alles Leben zu verschenken
wie einen Dank.
Rainer Maria Rilke
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ein Gedanke beim Sonnenuntergang gestern abend
und dann kam die Queen...
18. September

Auf der Welt gibt es nichts, was weicher und dünner ist als Wasser. Doch um Hartes und Starres zu bezwingen, kommt nichts diesem gleich.
Daß das Schwache das Starke besiegt, das Harte dem Weichen unterliegt, jeder weiß es, doch keiner handelt danach.
Laotse
17. September

lachen hört,
der weiß
wie Wolken
schmecken.
16. September

Es lebte ein Mann, der war ein sehr tätiger Mann und konnte es nicht übers Herz bringen, eine Minute seines wichtigen Lebens ungenützt zu lassen. Wenn er in der Stadt war, so plante er, in welchen Badeort er reisen werde. War er am Badeort, so beschloss er einen Ausflug nach Marienruh, wo man die berühmte Aussicht hat. Saß er dann auf Marienruh, so nahm er den Fahrplan zur Hand, um nachzusehen, wie man am schnellsten wieder zurückfahren könne. Wenn er im Gasthof einen Hammelbraten verzehrte, studierte er während des Essens die Karte, was man nachher nehmen könnte. Und während er den Wein hastig hinuntergoss, dachte er, dass bei dieser Hitze ein Glas Bier wohl besser gewesen wäre.So hatte er niemals etwas getan, sondern immer nur ein Nächstes vorbereitet. Und als er auf dem Sterbebett lag, wunderte er sich sehr, wie leer und zwecklos doch eigentlich dieses Leben gewesen sei.
Victor Auburtin
15. September

... geht eigentlich nicht - aber immerhin stammt der Text von Sigmund Freud, aus seinem Essay über "den Witz und seine Beziehung zum Unbewußten"....
< Man wundert sich darüber, dass ein kleinbürgerliches Ehepaar zu erstaunlichen finanziellen Aufwendungen imstande ist. Wie ist das möglich? Nun: "Nach der Ansicht der einen soll der Mann viel verdient und sich dabei etwas zurückgelegt haben, nach anderen wieder soll sich die Frau etwas zurückgelegt und dabei viel verdient haben." >
... wie gesagt von Sigmund Freud!
(Es wurde kein wirklich passendes Bild gefunden!)
14. September

mal etwas Tierisches...
ottos mops trotzt
otto: fort mops fort
ottos mops hopst fort
otto: soso
otto holt koks
otto holt obst
otto horcht
otto: mops mops
otto hofft
ottos mops klopft
otto: komm mops komm
ottos mops kommt
ottos mops kotzt
otto: ogottogott
Ernst Jandl
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Ausfahrt der Großen gestern abend
13. September

Kein Wind ist demjenigen günstig,
der nicht weiß,
wohin er segeln will.
Michel de Montaigne
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Heute ist immer noch - Tag der Kreuzfahrer und Tag der Literatur im Fischerhaus | Bilder von H. Bach
12. September

Bei der Erwartung einer neuen deutschen Literatur
ist man wie am Anfang
eines Walzers:
man hört das Hm-ta-ta, Hm-ta-ta,
und man fragt sich:
Wann kommt denn nun endlich die Melodie?
Marcel Reich-Ranicki
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Heute ist ... alles - Tag der Kreuzfahrer (nicht nur heute - Tag der Literatur im Fischerhaus - Nacht der Kirchen
11. September

Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge,
würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.
... könnte Martin Luther gesagt haben
vielleicht auch gerade am 9.11.!
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in HH - trotz des Datums - Festzeit: Kreuzfahrer kommen zum CruiseDay.
Ganz früh heute die Costa neoRomantica, gefolgt von der Amadea
10. September

In die ersten Augenblicke des neuen Tages gehören
nicht eigene Pläne
und Sorgen,
auch nicht
der Übereifer der Arbeit,
sondern
Gottes befreiende Gnade,
Gottes segnende Nähe.
Dietrich Bonhoeffer
9. September

Ich fühle mich wie Moses, der die Kinder Israels durch die Wüste führt und auf der Flucht vor den Ägyptern am Ufer des Roten Meeres landet. Er fleht zum Himmel, und tatsächlich schaut Gott aus den Wolken und sagt: "Warum jammerst du, Moses? Höre also: Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht: Ich werde das Meer teilen, damit dein Volk trockenen Fußes ins Gelobte Land kann." "Großartig", sagt Moses, "und die schlechte Nachricht?" - "Ich brauche erst die Umweltverträglichkeitsprüfung eines unabhängigen Sachverständigen!"
Quelle unbekannt
8. September

Die Weißen
sagte der Indianer
wollen immer etwas
sie sind immer unruhig und rstlos.
Wir wissen nicht, was sie wollen
Wir verstehen sie nicht
wir glauben, dass sie verrückt sind
ich fragte ihn, warum er denn meine
die Weißen seien alle verrückt
Er entgegnete
Sie sagen, dass sie mit dem Kopf denken
Aber natüriich
Wo denkst du denn?
fragte ich erstaunt
Wir denken hier
sagte er
und deutete auf sein Herz
Carl Gustav Jung
7. September

Es waren einmal zwei Menschen. Als sie zwei Jahre alt waren, da schlugen sie sich mit den Händen.
Als sie zwölf waren, schlugen sie sich mit Stöcken und warfen mit Steinen.
Als sie zweiundzwanzig waren, schossen sie mit Gewehren nach einander.
Als sie zweiundvierzig waren, warfen sie mit Bomben.
Als sie zweiundsechzig waren, nahmen sie Bakterien.
Als sie zweiundachtzig waren, da starben sie. Sie wurden nebeneinander begraben.
Als sich nach hundert Jahren ein Regenwurm durch beide Gräber fraß, merkte er gar nicht,
daß hier zwei verschiedene Menschen begraben waren. Es war dieselbe Erde. Alles dieselbe Erde.
Wolfgang Borchert
6. September

Einst war in einem fernen Königreich eine Krankheit ausgebrochen, an der alle zu sterben drohten. Der Zufall fügte es, daß just zu dieser Zeit ein weitgereister Arzt zum Palast kam, der eine kleine Flasche Medizin mit sich trug, gerade genug, um eine einzige Person vor der Seuche zu bewahren. Die Wachen führten ihn vor den König. Der König ließ die Weisen seines Landes zusammenrufen und fragte sie, ob er das Wasser des Lebens zu sich nehmen solle. Und die Weisen antworteten: 'Aber ja, großer König, wenn du das Wasser des Lebens nicht trinkst, mußt du sterben. Darum trink es, und so bleibt der Edelste von uns am Leben!' Nachdenklich fragte der König: 'Sind eigentlich alle Weisen aus meinem Land heute hier?' Und siehe, es stellte sich heraus, daß einer fehlte, der im äußersten Winkel des Königreichs lebte. Da befahl der König, auch diesen herbeizuholen. Das dauerte viele Wochen. Als der Alte schließlich vor dem Thron kniete, richtete der König die gleiche Frage an ihn. Der Weise überlegte lange und fragte dann: 'Wirst du, großer König, das Wasser des Lebens alleine trinken, oder werden auch andere davon trinken?' 'Es ist nur ein Fläschchen da,' entgegnete der König, 'und das reicht gerade für eine Person.' 'Edler König, in diesem Fall rate ich dir, den Becher nicht zu leeren. Denn siehe, wenn einer allein überlebt, ohne Freunde, Familie, sein Volk, dann fehlt ihm alles, dann ist er lebendig tot.'
unbekannt
5. September

Erkennen wir,
dass Gottes Herz
für uns Menschen schlägt,
dann sind wir befreit davon,
ständig unseren eigenen
Puls zu fühlen.
Hans-Joachim Eckstein
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Fest für alle - in und vor der Kirche, im Gemeindehaus
Das übernächste Fest wartet: Die Nacht der Kirchen
Und morgen: das Klönschnackfest auf dem Markt
4. September

Am Anfang war das Wort.
In der Tat.
Bert Berkensträter
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und eine Aida gestern abend - und was da unten am Strand noch so geschieht...
3. September

Weißt du wo der Himmel ist,
außen oder innen.
Eine Handbreit rechts und links,
Du bist mitten drinnen.
Weißt du wo der Himmel ist,
nicht so tief verborgen.
Einen Sprung aus dir heraus.
Aus dem Haus der Sorgen.
Weißt du wo der Himmel ist,
nicht so hoch da oben.
Sag doch ja zu dir und mir.
Du bist aufgehoben.
Wilhelm Willms
2. September

Was man mit
Gewalt
gewinnt,
kann man nur mit
Gewalt
behalten.
Mahatma Gandhi