Apostelgeschichte 6, 1-7

17.08.2008 | 23:09

Helmut Plank

1 In diesen Tagen aber, als die Zahl der Jünger zunahm, erhob sich ein Murren unter den griechischen Juden in der Gemeinde gegen die hebräischen, weil ihre Witwen übersehen wurden bei der täglichen Versorgung. 2 Da riefen die Zwölf die Menge der Jünger zusammen und sprachen: Es ist nicht recht, dass wir für die Mahlzeiten sorgen und darüber das Wort Gottes vernachlässigen. 3 Darum, ihr lieben Brüder, seht euch um nach sieben Männern in eurer Mitte, die einen guten Ruf haben und voll Heiligen Geistes und Weisheit sind, die wir bestellen wollen zu diesem Dienst. 4 Wir aber wollen ganz beim Gebet und beim Dienst des Wortes bleiben. 5 Und die Rede gefiel der ganzen Menge gut; und sie wählten Stephanus, einen Mann voll Glaubens und Heiligen Geistes, und Philippus und Prochorus und Nikanor und Timon und Parmenas und Nikolaus, den Judengenossen aus Antiochia. 6 Diese Männer stellten sie vor die Apostel; die beteten und legten die Hände auf sie. 7 Und das Wort Gottes breitete sich aus und die Zahl der Jünger wurde sehr groß in Jerusalem. Es wurden auch viele Priester dem Glauben gehorsam.


Ein Konflikt in Jerusalem
Da sind zwei Gruppen
Hebräer und Hellenisten (aus der jüd. Diaspora)
sprachliche Schwierigkeiten
Konkurrenz
Es wird hörbar zuerst durch ein Murren – ein heimliches Getuschel
hinter vorgehaltener Hand
Man spricht nicht laut darüber, aber schlimm ist es doch
Möglicherweise fehlt der Mut, die eigenen Probleme offiziell zu machen.
Aber: Das leise Reden wird vernommen und ernst genommen.
Die Offiziellen sind hörfähig und gehen auf die leisen Töne ein.

Nicht, dass es keine Konflikte gibt,
ist Kennzeichen der Jerusalemer Gemeinde,
sondern dass die Unzufriedenheit erspürt, angegangen und überwunden wird.


Eine Gemeindeversammlung wird einberufen
Nehmen wir mal an, wir wären nicht nur eine FerienGottesdienstGemeinde, sondern die Gemeindeversammlung.
Wir - sind Gemeinde
und sind mit-verantwortlich.
nicht die anderen – da oben
(was immer „da oben“ meint)

Das Problem damals kommt auf den Tisch
– und auch die Erwartung, dass eigentlich die 12 – die Gemeindeleitung – dieses Problem anpacken und die Aufgabe erledigen müsste.
Einer von den Zwölfen geht darauf ein und sagt:
Es ist nicht recht, dass wir für die Mahlzeiten sorgen und darüber das Wort Gottes vernachlässigen
Wir sehen unsere Versäumnisse
Wir sehen aber auch die Spannung zwischen Versorgung mit Essen
– wirklich für alle, die in Not sind –
und dazu die Versorgung mit dem Wort Gottes, die Verkündigung.
und wir können beides zusammen nicht leisten.

Es wird ein sehr idealer Verlauf der Versammlung geschildert.
Die Apostelgeschichte macht das so
wohl auch, weil in dem Idealen ein Antrieb steckt, in diese Richtung zu denken, zu gestalten.

Die Hintergrunddebatten zu dieser Versorgungskrise kennen wir nicht.
Aber wir wissen ja selbst, wie viel auch unter uns geredet wird
Es könnte die Frage im Raum gestanden haben:
Ist das, was die einen tun, genauso wichtig wie das Tun der anderen?
Ist unser Tun nicht wichtiger?
Ist der Wort-Dienst denn genauso wichtig wie der Tisch-Dienst?
Also: Diakonie genauso wichtig wie – viele - verkündigende Worte?

Das Ergebnis der Debatte:
Das eine wird nicht gegen das andere ausgespielt
Wort-Dienst – nicht gegen Tisch-Dienst.

Da haben sie wohl schon ein großes Stück Arbeit geleistet.
Wem gelingt solcher sachlicher Umgang mit kontroversen Themen?! – ohne das Ziel, es sowieso allen recht zu machen…
Denken wir von uns aus.
Je mehr sich jemand mit einem Thema identifiziert,
desto heftiger sind doch die Auseinandersetzungen.
Wenn ich mit einer bestimmten Sicht groß geworden bin,
den eigenen Glauben so oder so beschreibe,
die eigene Lebensweise bisher darauf gründe
– und dann soll alles neu bewertet werden…???

Damals gab es die Hebräer und die Hellenisten,
also auch noch unterschiedliche Sprachen in der Gemeinde
Und wir
Wir sprechen auch in Sachen des Glaubens unterschiedliche Sprachen

Es sind Verletzungen, die zu dem Murren führen
oder gar zum Verlassen der Gemeinde
und da den Weg zum Sachlichen zu finden,
das braucht eine große Bereitschaft – Heiligen Geist? – Aushalten, Reife, Einsicht - Weisheit eben - von beiden Seiten

Die Analyse der Jerusalemer:
Die Möglichkeiten der Zwölfer-Gruppe
– bei der gewachsenen Gemeinde –
lässt eine optimale Versorgung in allen Bereichen nicht zu.

Nun wird ein Vorschlag vorgelegt:
– und der gefällt der Gemeindeversammlung.
Da wird nicht getrickst,
nichts eingefädelt,
sondern allen offen auf den Tisch gelegt.
Eine durchsichtige Meinungsbildung wird beschrieben.
Und es gelingt –
Wahrscheinlich auch
weil die Verantwortlichen die weitere Entwicklung nicht in ihren Händen behalten – müssen.
Die 12 lassen los.
Die weitere Personalpolitik geht nicht nur die Zwölf an
es geht die Gemeinde an.
Seht euch um nach sieben Männern in eurer Mitte
Dass es hier Männer sein müssen, verstehen wir aus der Zeit

Und die Gemeindeversammlung findet die Leute –
vielleicht nicht gleich bei dieser Versammlung –
nämlich die, die einen guten Ruf haben und voll Heiligen Geistes und Weisheit sind

Ich habe mich gefragt:
Warum braucht man solche Leute für die Diakonie?!
mit gutem Ruf – gut
mit Weisheit – auch gut
aber erfüllt mit Heiligem Geist?!
Sind das nicht eher die, die für die Verkündigungsseite gesucht werden sollten?

Voll Heiligem Geist
ich würde übersetzen
- mit Gott vor Augen
- mit einem Schwung – von Gott – kommend
- Das christliche Menschenbild nicht im Kopf allein
sondern selber jemand, der von der Güte Gottes lebt.

Und warum den Menschen für die Diakonie?!
Sie kennen Aufgaben der Diakonie:
Kinder- und Jugendhilfe,
Schuldnerberatung,
Rehabilitation, Pflege,
Zivildienst, Behindertenhilfe,
Krankenhäuser, Kindertagesstätten,
Wohnungslosenhilfe,
Suchtkrankenhilfe,
Familienbildung,
Betreuungsverein usw.
Alles kompetente Mitarbeiter, die mit Sicherheit eine gute Arbeit machen.
Sind da die Heiligen tätig?
die mit gutem Ruf,
mit Heiligem Geist,
mit Weisheit?
Darf man doch mal so fragen?
Und die Frage gilt natürlich genauso der anderen Seite –
und müsste da auch – ausgehalten – werden….!

Damals ist so gefragt worden -
ob nun Verkündigungsdienst oder Tischdienst
Es geht um ein und dieselbe Sache, die Sache Gottes – mit verschiedenen Schwerpunkten, Aufgabenstel-lungen.
Wer an der Sache Gottes mitarbeitet
müsste  die Gemeinde ihn nicht behutsam
beherzt  - nach Gott fragen?
Sie fragt übrigens solche, die in der Gemeinde bekannt sind – in welcher Gemeinde auch immer

Es ist der Jerusalemer Gemeinde – nach Lukas – gelungen, die Aufgabenstellungen unter einem Dienstauf-trag zusammen zu halten.
Und der Gemeinde ging es gut.
Und das Wort Gottes breitete sich aus und die Zahl der Jünger wurde sehr groß in Jerusalem
Das muss nicht das Merkmal sein,
warum es mit unseren Gemeinden weithin eher nicht bergauf geht
Für bedenkenswert allerdings halte ich es schon – vielleicht ist es auch ein Schlüssel.


Wahrscheinlich, liebe Gemeinde, bin ich genauso mitbeteiligt
an dem Auseinanderentwickeln von Gemeinde und Diakonie.
Im Moment – wo es um die Fusion der Kirchenkreise geht – hätte es Möglichkeit geben können „zusam-men-zu wickeln“, Brücken zu bauen.
Aber – ich habe das Gefühl – es geht eher um den Erhalt von Arbeitsplätzen – was ja auch sehr wichtig ist –
Und:
Warum in Gemeinde zurückführen, wo wir immer doch selbständig gearbeitet haben?!
Und auch genug zu tun haben.
Und es ging doch immer auch ohne uns.

Durch den Graben zwischen den Werken der Diakonie und der OrtsGemeinde sind beiden Seiten in Gefahr – oder der Gefahr schon erlegen:
Ein kath. Theologe sagt:
Die einen sind in der Gefahr, fromm, aber nicht sozial zu sein,
und die anderen sozial, aber nicht fromm.
Lukas könnte seinen Text gerade aus diesem Grund aufgeschrieben haben: Beiden Seiten gehören zusammen.

Ich will nicht jammern.
Unsere Diakonie am Ort – mit unserem Ehrenamtlichen Netzwerk – und der Gemeindeschwester mit einem Team aus der Gemeinde und der wachsenden Verknüpfung mit der Diakoniestation – mit den Profis der Pflege – das sind richtig dankbare Entwicklungen, die wir als Gemeinde wissen sollten
mit Kraft stärken,
selber pflegen, weitersagen, nutzen sollten.
Gerade auch mit dem Impuls, sozial und fromm zusammenzuhalten.
Ja, es sind verschiedene Dienste, aber er ist ein Herr.
"Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan.
Und
Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan."
So hält Luther die beiden Bereiche zusammen

Wenn Sie „Gemeindeversammlung“ denken, dann hat sich natürlich das Helfen heute geändert.
Damals waren Worte wie Kirche und Helfen und Versorgung der Armen und Kranken – lange Zeit identisch.
Das Helfen ist mittlerweile zum Beruf geworden.
Es reicht eben nicht der gute Wille – sondern braucht professionelles Können:
Kindergärten, Krankenhäuser,
Pflegeheime, Behinderteneinrichtungen,
Beratungsdienste, Hospize.
Und sicher darf und muss da auch Geld verdient werden.
Zwei Dinge allerdings dürfen nicht geschehen – und sie sind durch den Reichtum der Kirchen viel zu sehr geschehen:
Einmal – der EhrenDienst (Ehrenamt) darf nicht durch den bezahlten Dienst zurückgedrängt werden.
und Zweitens
Effizienz, Effektivität, Wirtschaftlichkeit, Ökonomie – so wichtig diese Begriffe sind, machen sie das Profil der Diakonie nicht aus.
Man kann nicht Diakonie drauf schreiben – mit dem Kronenkreuz versehen – dem Zeichen der Diakonie – dem Kreuz als Hinweis auf die Liebe Gottes, für die Jesus gelebt hat und die Krone – als Herrschaftsbe-reich dieser Liebe
man kann das nicht draufschreiben – wenn nicht Kirche drin ist
– und das gilt genauso umgekehrt.
Man kann nicht Kirche drauf schreiben, wenn nicht Diakonie drin ist.
auch die Diakonie – mit Profil, mit Wissen, mit Professionisten
Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts:
ehemaliger franz. Bischofs, Jacques Gaillot
Eine Gemeindeversammlung muss das wissen.
-------------------
Mag sein, liebe Gemeinde, dass es nicht Ihr Problem ist –
aber es ist das Problem der Kirche
und darum doch Ihr Problem
Wir kennen die Menschen, die in der Diakonie arbeiten kaum.
Sie kommen im Gemeindealltag nicht vor -
Ist denn für die Gemeinde die Gottesnähe wichtiger
– und für die Diakonie die Menschennähe?!
Kann es weise oder gesund oder voll Heiligem Geist sein, wenn wir unseren Glauben losgelöst beschreiben
- von Diakonie und ihren Hilfebedürftigen?

Die Gemeinde braucht ehrendienstliche und bezahlt dienstliche Menschen mit Weisheit und mit gutem Ruf und mit Heiligem Geist – mit Gottesbeziehung.

Finden wir denn solche Leute – heute?
für die Diakonie – für unser Netzwerk –
vielleicht demnächst für das Hospiz
und genauso wie für den Kirchenvorstand
– für die Wahl am 1. Advent?! in diesem Jahr
für die Schule?

Es wird wenig so „jerusalemisch“ gefragt
gerade noch nach Kirchenmitgliedschaft
vielleicht weil die Suchenden – weil wir - Angst haben, dass sonst niemand zu finden ist

Da mangelt es an Gottvertrauen –
oder
die Personalfrage steckt nur bei den Zwölfen…  und nicht in der Gemeindeversammlung.


Natürlich ist es mühsam den Richtigen und den erstbesten für den richtigen Platz zu finden
Wie solche Auswahl ohne Verletzungen und neues Murren geschehen soll, ist mir ein Geheimnis.
Die Jerusalemer haben es getan –
wahrscheinlich hilft da die Weisheit und der Heilige Geist –
und auch der gute Ruf, dass nichts Böses geschieht,
sondern das Gute
und das kann dann auch nur für alle gut sein.
Und die in Jerusalem scheinen gut gewählt zu haben
In Jerusalem wächst die Gemeinde:
Und das Wort Gottes breitet sich aus und die Zahl der Jünger wird groß
Sicher auch, weil sie das Thema Diakonie neu für sich geordnet und verstanden haben.
Da verändert Leben und Glauben, wo wir in dem anderen den Bruder oder die Schwester erkennen.

"Ein Rabbi fragte seinen Schüler: 'Wann beginnt der Tag?' Der Schüler:
'Wenn ich die Terebinthe nicht mehr mit der Palme verwechsle.'
'Das genügt nicht', antwortete der Meister.
Darauf der Schüler:
'Vielleicht, wenn ich zwischen Schäferhund und schwarzem Schaf unterscheiden kann.'
Der Rabbi: 'Das reicht auch nicht.
Erst wenn Du im Antlitz irgendeines Menschen Deinen Bruder / Deine Schwester erkennen kannst, dann ist es Tag geworden."
Amen

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