Epheser 4, 1 - 6

14.09.2008 | 23:43

Dr. Hans-Werner Rhein

Wirtschaftskanzel 

 

Epheser 4, 1- 6  

So ermahne ich euch nun, der Gefangene im Herrn, dass ihr euer Leben führt, wie es der Berufung entspricht, durch die ihr berufen seid in aller Demut und Sanftmut und in Geduld. Ertragt einander in Liebe und bemüht euch, die Einigkeit im Geist zu wahren durch das Band des Friedens: ein Leib und ein Geist, wie ihr auch durch eure Berufung zu einer Hoffnung berufen seid; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allen und durch alle und in allen ist.

Mit Paulustexten habe ich so meine Schwierigkeiten. Eigentlich hätte ich mich nicht getraut, Ihnen das zu sagen, aber dann erinnerte ich mich an eine Stelle aus Helmut Thielecke, des großen Theologen Biographie. Dort schreibt er, dass er mit seiner Frau am Frühstückstisch immer die Losungen der Herrnhuter Brüdergemeinde und anschließend den Lehrtext liest. Sie kennen vielleicht dieses blaue Büchlein, das vielen eine Anregung für den Tag gibt, die man doch nur allzu schnell wieder vergisst. Jedenfalls, so sagt Helmut Thielecke, wenn der Lehrtext aus einer Paulusstelle gekommen sei, habe ihm und seiner Frau weder der Kaffee noch das Brötchen geschmeckt.

So geht es mir bei Paulus eigentlich auch. Schon die Sprache, ich, ein Gefangener des Herrn, und dann diese sauertöpfische Belehrung, was man alles zu tun und zu lassen hat. Irgendwie stelle ich mir so einen richtigen Pharisäer vor.

Und doch, der Mann hat was. Tatsächlich ist er Pharisäer, und zwar ein hervorragend ausgebildeter. Er ist Angehöriger der Oberschicht und als Zeltmacher selbstständiger Unternehmer.

Und dann kommt das Damaskuserlebnis. Der vormalige Saulus gibt vollständig sein altes Leben auf und wird zu Paulus. Statt einem Leben in Anerkennung und im materiellen Wohlstand wird er zum Prediger.

Stellen Sie sich das mal vor, liebe Gemeinde, einer aus Ihrem Bekanntenkreis lässt alles hinter sich, kümmert sich nicht mehr um sein Unternehmen, sein Haus, sondern will nur noch mit Ihnen über den Herrn reden. Sie würden ihn sicherlich wie ich für verrückt erklären.

Aber nicht nur, dass er ständig über den Herrn redet, er lässt sich, wie Sie in anderem Zusammenhang im 2. Korintherbrief nachlesen können, mehrfach auspeitschen, sogar einmal steinigen. Er eilt von Misserfolg zu Misserfolg und vertraut doch ganz auf seine Führung. Ja, selbst seine Krankheit (wir glauben heute, dass er Epileptiker war) nimmt Gott nicht von ihm, sondern antwortet auf die inständigen Gebete, er, Paulus, solle es sich an Gottes Gnade genügen lassen.

Stellen Sie sich doch mal heute vor, wie jemand, der sich für kirchliche Dinge einsetzt, ein – wie er findet – gottgerechtes Leben führt, darauf reagieren würde, wenn er ausgepeitscht, gesteinigt und dann auch noch mit einer hässlichen Krankheit behaftet wäre.

Nein, dieser Mann hat was, jenseits seiner pharisäerhaft erscheinenden Sprache. In seinem unerschütterlichen Glauben ist er richtungweisend. Wir zweifeln schon bei Kleinigkeiten an Gott, er spricht von Berufung.

Betrachten wir uns nun den heutigen Text etwas genauer. Ich lese ihn noch einmal………

Das ist zwar zunächst geistlich gemeint, liest sich aber wie ein Lehrbuch aus einem Management-Kurs an der Harvard Business School und ist modernster Stoff der Unternehmensführung. Hier wird ein Teamgeist beschworen, wie wir ihn aus der hinter uns liegenden Fußballeuropameisterschaft in Erinnerung haben und wie er in modern geführten Unternehmen Erfolg sichert. Schauen wir uns die einzelnen Elemente an.

Ertragt einander in Liebe

Das ist etwas anderes als liebt einander. Das ist kein an die Hände fassen nach dem Kindergartenmotto piep, piep, piep, wir haben uns so lieb. Nein, wenn man einander in Liebe erträgt, heißt das, dass man die Ecken und Kanten, dass man die Andersartigkeit des anderen akzeptiert, dass man den anderen annimmt, wie er ist. Man möchte ihn nicht ändern, man möchte seine Stärken sehen und ihm in seinen Schwierigkeiten helfen, das meint einander in Liebe ertragen.

Das nächste Element heißt,

bemüht euch, die Einigkeit im Geist zu wahren.

Einigkeit im Geist ist sicher von Paulus spirituell gemeint, aber wenn wir das auf unsere heutige Welt übertragen, ist das doch genau der Gedanke des Teamworks. Alle ziehen an einem Strang, alle vereint eine gemeinsame Zielerreichung. Das ist Management at its best.

Hinzu kommt

das Band des Friedens,

also kein Ausnutzen von billigen Vorteilen, kein Mobbing am Arbeitsplatz, keine Mitnahme von schnellen, billigen Vorteilen zu Lasten des Kollegen oder des Mitarbeiters/der Mitarbeiterin. Wenn wir das doch mehr in unseren Unternehmen hätten.

Und dann ist da ein letztes Element dieses Textes.

Ein Gott und Vater, der über allen und durch allen und in allen ist,

und an dieser Stelle geht der Text über die Parallele zu seinem Harvardlehrbuch hinaus. Hier wird mit einer Instanz argumentiert, die uns zu der Frage führt, was unterscheidet den christlichen, den evangelischen vom allgemeinen Manager. Ich möchte hierauf Stellung nehmen als Repräsentant einer Organisation, die sich mit dieser Frage beschäftigt, nämlich des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer. Der AEU wurde vor etwas mehr als 40 Jahren, nämlich 1966, von Unternehmern gegründet, die sich kommend aus dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte der Idee der sozialen Marktwirtschaft um Walter Eucken und Alfred Müller-Armack genau um diese Frage kümmerten. Es waren Unternehmer wie Gisbert Kley, damals Vorstand der Siemens AG, Walter Bauer, Textilunternehmer und Mitglied des Rates der EKD, und Richard v. Weizsäcker, die auf der einen Seite den Dialog mit der Kirche dahingehend suchten, um die Kirche in Kirchenleitung in wirtschaftlichen Fragen zu beraten, die aber auf der anderen Seite die ethische Kernkompetenz der Kirche für ihre Unternehmen suchten. Diese Zielsetzung ist heute nach wie vor aktuell. Wir sind im Dialog mit den Kirchenleitungen, um genau diese Fragestellungen zu erörtern, haben gegenwärtig etwa 600 Mitglieder und sind bis auf eine Geschäftsstelle in Karlsruhe, die aus unseren Beiträgen finanziert wird, alle ehrenamtlich tätig.

Was macht also den Unternehmer zum christlichen, was macht ihn zum evangelischen Unternehmer? Es ist die Grundierung in Gott, dem Vater, der über allen und durch alle und in allen ist. Dies unterfällt in drei Untergruppen.

  1. Grundierung in Gott heißt Vertrauen auf Gott.

Zum einen ist das die Erkenntnis, dass Erfolg, selbst wenn man hart für ihn gearbeitet hat, nicht ausschließlich selbst begründet ist. Es ist aber auch die Erkenntnis, dass man im Fall des Misserfolgs nie tiefer fallen kann, als in Gottes Hand. Das macht einen gelassen. Das befreit einen vor der Angst des Scheiterns und das macht einem deutlich, dass es noch etwas anderes, noch etwas wesentlicheres gibt als die Quartalszahlen für den Aufsichtsrat oder den Controller aus der Holding.

  1. Es bestimmt das Verhältnis zum Gegenüber (ein Gott und Vater, der über allen und durch alle und in allen ist).

Nicht alle Menschen sind gleich, aber alle Menschen sind gleichwertig. Es gibt keine Gleichheit in der Funktion, es gibt aber eine Gleichwertigkeit der Würde. Menschen sind verschieden und haben unterschiedliche Gaben. Ein christlicher Unternehmer versucht, diese Gaben zu sehen. Er weiß, dass der andere genauso viel wert vor Gott ist wie er selber, eine Würde, die unabhängig ist von der Funktion und der Position, die er in der Firma ausübt. Ein evangelischer Unternehmer muss immer damit rechnen, seine Kolleginnen, seinen Kollegen, seine Mitarbeiter am Abendmahlstisch auf gleicher Augenhöhe zu sehen. Das wird ihn auch in seinen täglichen Überlegungen beeinflussen.

  1. Ein christlicher Unternehmer hat einen klaren Orientierungsrahmen in seiner Entscheidungsfindung. Dieser Orientierungsrahmen besteht aus den zehn Geboten, aus dem Doppelgebot der Liebe und aus der so genannten goldenen Regel (was du nicht willst, das man dir tue, das füg auch keinem anderen zu). Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang auf die sehr lesenswerte just erschienene Denkschrift der EKD unter dem Titel Unternehmerisches Handeln in evangelischer Perspektive hinweisen, in der dies sehr schön ausgeführt wird. Für EUR 5,95 können Sie das Büchlein erwerben und ich verspreche Ihnen, Sie werden erstaunt sein, wie ausgewogen und moderat dieser Text ist.

In Summe hat der evangelische Unternehmer einen Beruf und keinen Job. Er führt diesen Beruf als tätige und auftragsgemäße Entwicklung und Nutzung der von Gott gegebenen Fähigkeiten durch. Er weiß, dass er seine Gaben von Gott hat, und wird sich bemühen, diese Fähigkeiten in Demut anzuwenden.

Wird es ihm immer gelingen? Ganz sicher nicht. Evangelische Unternehmer sind genau solche Sünder wie Du und ich und wie sie die Bibel immer wieder beschreibt. Sie werden im Einzelfall den gerade eben geschilderten Anforderungen nicht gerecht, sind Anfeindungen ausgesetzt, ihren Erfolg persönlich zu nehmen und sich viel wichtiger zu halten als sie eigentlich sind. Aber Texte wie dieser bringen sie wieder auf den Teppich. Ein Gott und Vater, der über allen und durch alle und in allen ist.

Liebe Gemeinde, lassen Sie uns hingehen und diesen Predigttext einmal in der nächsten Woche in allen unseren kleinen Unternehmungen und Unternehmen versuchen, ansatzweise durchzuführen. Akzeptieren Sie doch einfach mal die Andersartigkeit Ihres Gegenübers, bemühen Sie sich um die Einigkeit im Geist und dem Teamwork der gemeinsamen Zielerreichung und verbinden Sie das in dem Band des Friedens. Wir sind zwar sicher, dass wir die in uns gesetzten Erwartungen nicht hundertprozentig erfüllen können. Das hindert uns aber nicht, das hindert keinen von uns, sich darum zu bemühen.

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