1. Korinther 1, 26-31 | 1. Sonntag nach Epiphanias

08.01.2006 | 01:00

H. Plank

Menschen, die irgendwo einmal „Blankenese“ gehört haben
sprechen Blankenese eher mit gehobener Nase aus und besonders reichlich – Blankenese
Und wenn die Leute diesen Predigttext hören, dann denken sie nicht zuerst an uns hier:
 
26Seht doch, liebe Brüder, auf eure Berufung. Nicht viele Weise nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Angesehene sind berufen. 27Sondern was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er die Weisen zuschanden mache; und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er zuschanden mache, was stark ist; 28und das Geringe vor der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt, das, was nichts ist, damit er zunichte mache, was etwas ist, 29damit sich kein Mensch vor Gott rühme. 30Durch ihn aber seid ihr in Christus Jesus, der uns von Gott gemacht ist zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung, 31damit, wie geschrieben steht (Jeremia 9,22-23): «Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn!»
 
Ist das ein Text für uns? für unsere Gemeinschaft hier?
Kann man – mit Bildung – mit erworbenem Ansehen – mit Wohlstand – dazugehören?
Wir müssen dazu vorher klären, an wen er denn zuerst geschrieben wurde
Klar an die Korinther
aber was war da los – in Korinth?
 
Korinth, die Hafenstadt
Sie hatte eine wüste – verwüstende Geschichte hinter sich. Die ursprüngliche Bevölkerung war durch Kriege völlig ausgerottet, neu war sie mit Fremden, Freigelassenen besiedelt.
Aber die verkehrsgünstige Lage hat der Stadt schnell wieder zur alten Blüte verholfen, ein hervorragender Handels- und Umschlagsplatz – mit einem beträchtlichen Reichtum.
Ein Finanz- und Bankzentrum.
Aber auch seine Produktion war in der ganzen alten Welt bekannt. Das Töpfereihandwerk, die Keramikindustrie, Teppichwebereien, Metallproduktion. … made in Korinth.
Allerdings ging die Schere zwischen Arm und Reich heftig auseinander.
Die Armen sammelten schmutzige Brotreste auf, so heißt es - kratzten Nussschalen aus…
Und! In der Stadt hatten die Götter Hochkonjunktur – jeder hatte seinen Glauben, seinen Kult.
Der Ruf der Stadt – eher schlecht – die Einwohner galten als genusssüchtig. Der Paulus hatte den Stempel „verdorbene Sitten“ für Korinth.
 
Mitten darin – die Gemeinde.
Es gab wohl – durch Paulus initiiert – kleine Gruppen von Christen, die sich in privaten Häusern trafen – Hauskreise
eine bunte Schar
Leute eher nicht aus den reichen Häusern, eher Sklaven, Freigelassene, Hafen- und Lohnarbeiter, Matrosen
Eine handvoll begüterter Leute allerdings muss es gegeben haben – und die haben ihre Häuser für das Gemeindetreffen geöffnet und haben auch für Mahlzeiten gesorgt.
Nicht viele Weise nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Angesehene sind berufen.
So die Bestandsaufnahme von Paulus.
… nicht – die Blankeneser Gemeinde
 
Frage: Will Gott denn die Mächtigen nicht?
die Angesehenen?
die Reichen? die Gebildeten, die, denen es gut geht?
Oder zieht sich die Gemeinde nicht zu schnell zurück – auf die kleine und arme Herde?!
Und - ist Paulus jetzt dabei, einer Gemeinde, der das Selbstbewusstsein fehlt – mit frommen Worten – eine neue Selbstachtung zu verschaffen?
Vielleicht ist das so!
Die Leute sehen ihre kleine Schar – und das Wohlleben um sich herum – „Den anderen gelingt alles“ – alles?! – „und wir – wir sind nichts“
„Wir treffen uns in Gottes Namen – die anderen im Namen der Götter“ – welcher auch immer – „und siehe:
Wie geht es den Gottlosen so gut!“
Wo verglichen wird, da schleichen sich schnell die Farben schwarz und weiß ein
und - vielleicht wie bei dem Bild von Pavel Richter – da wird der Glaube unleserlich
da ist Gemeinde nicht zu entziffern.
Und die Bewertungskriterien sind auch schnell klar:
Das Geld, die Macht, das Ansehen, der Einfluss, das gute – scheinbar – sorglose Leben, Gesundheit, freie Zeiten – Sie können die Liste ergänzen

 
Der Paulus will der Gemeinde zur Selbstachtung helfen
Stutzt er sich dafür seinen Glauben, seine Theologie zurecht – so wie er es gerade braucht? So – dass es gerade mal auf Korinth passt?
Was töricht ist vor der Welt, sagt er, das hat Gott erwählt, damit er die Weisen zuschanden mache, die Starken…
Lass Dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.
Eine Vorliebe für das Schwache lässt sich – auch aus seinem Glauben - leicht ableiten:
Das Kreuz ist wohl das abstossenste schwächste Zeichen, was wir haben
Was ihr getan haben, einem unter diesen meinen Geringsten, das habt ihr mir getan
Gott, der sich mit den Geringsten gleichstellt.
Wer groß sein will, der sei ein Diener
Da werden die Maßstäbe auf den Kopf gestellt
Und statt zurückzuschlagen und zu zeigen, dass man mit uns nicht einfach so umspringen kann, sollen wir auch noch die andere Wange hinhalten
Jetzt müssen wir genauer hinsehen:
Wer sagt denn, welche Werte die sinnvollen, lebenswerten, erfüllenden, menschlichen Werte sind?
Das Geld, die Macht, das Ansehen, der Einfluss, – und Ihre Ergänzungen – sind das die Werte, die lohnenswerten Ziele, um ein gutes Leben führen zu können?
 
Vielleicht ist es ja eine billige Frage – die Antwort scheint oben auf zu liegen – Im Alltag der Gemeinde lag sie da nicht – die Antwort.
Wenn vor Gott die Werte auf den Kopf gestellt werden, dann wäre tatsächlich so eine Gemeinde wie ein Vorbild, eine, die ohne Macht sein kann, auf Kraftakte verzichtet, die nicht auf Geld, sondern auf – Vertrauen setzt, die nicht nach Ansehen strebt, sondern andere selber ansieht.
Die in Korinth hatten keine Macht, da ist es leicht zu sagen, dass sie auf Macht verzichten – oder?
Ich glaube, es ist gleich schwer:
Wenn einer mächtig ist und sich bereit macht, den Kürzeren zu ziehen
oder wenn einer keine Macht hat, und bereit ist, machtlos zu leben und den Kürzeren anzunehmen…
Oder wenn einer Geld hat – möglicherweise vom Geiz zu lassen
und der andere, der ohne Geld ist, auch dann noch mit seinen Mitteln, von seiner Zeit z.B. für andere zu geben und auf das Vergleichen zu verzichten
Ich glaube, es ist beiden schwer.
 
In beiden Fällen braucht es eine ausgesprochene Selbstachtung
und eine andere Verankerung des Lebens, als in den vorher gelebten oder erhofften Werten
Weil es hier nicht um eine soziologische, sondern um eine Wertefrage geht,
darum ist unser Text auch ein Text für uns, für die Blankeneser
 
Der Glaube verankert sich anders:
Denken Sie an die Taufe Jesu – an die die Liturgie gerade an diesem Sonntag erinnert:
Der Himmel ist offen
Gott kommt so nah – wie die Taube nahe kommt
und lässt sich mit einer Liebeserklärung vernehmen
Du bist mein geliebtes Kind – ich habe Wohlgefallen an dir
Denken Sie – wenn Sie getauft sind – an Ihre Taufe – da wurde das gefeiert, was allen gilt:
Da macht der Himmel keinen Unterschied zwischen Jesus und Ihnen
Der Himmel ist offen
Gott ist nahe
und die Liebeserklärung wiederholt er liebend – für uns
 
Wenn ich jetzt die Werte nebeneinander lege
die vom Himmel
und die von uns so eingespielten
- und ich dem Himmel glauben kann –
- dann klärt sich vor mir das Schriftbild
denn
was ist dann – im Vergleich – das Ansehen, dass ich mir von Menschen holen kann
mit dem Geld, mit der Macht –
wenn ich daneben auf den Himmel setzen kann?!
Seht auf Eure Berufung, liebe Schwestern und Brüder – sagt der Paulus.
 
Du bist mein geliebtes Kind. Das ist die Berufung des Himmels.
und die Berufung macht den unleserlichen Text – zur Berufungsurkunde
von innen zu lesen.
 

Da steht im Text nun das Wort „zuschanden machen“
und das klingt so vernichtend
Wir können übersetzen mit „beschämen“ oder besser finde ich – mit „umwerten“ – oder einfach „anders werten“
Gott wertet anders
Auf welche Werte setzt ihr?
Da sind keine Attacken gegen das Geld oder Weisheit oder Macht
sondern es ist die Grundfrage:
Was ist dir der Himmel wert?!
oder - der Wert, mit dem Gott dich einschätzt?!
Wer den Himmel nicht ehrt, der bleibt notgedrungen bei sich selbst.
Allein wegen dieser Fragen – ist es für die Korinther ein Weg zu einem neuen Selbstbewusstsein
Allein darum ist es auch ein Text für uns – und die Schrift klärt sich von innen.
 
Ein weiterer Punkt:
Wenn Gott wertschätzt, dann kann das auch mit <Berufung> beschrieben werden
Die macht keinen Menschen besser als den anderen
Es ist „nur“ ein Ausdruck der Wertschätzung Gottes
Der Glaube erkennt das: Sie gilt mir
Sie gilt auch dem Menschen neben mir
was wiederum meinen Umgang mit ihm bestimmt.
 
Aber lassen Sie mich bei der Berufung bleiben.
Wir – so wie wir sind - sind berufen, und Paulus fährt fort  - damit zuschanden werden die Weisen, die Starken, damit die Umwertung der Werte geschieht.
 
Wie aber geht das – mit der Umwertung.

Wie macht Gott das?
Denn er selbst beschreibt sich – in den Paulusworten – als der eigentliche Akteur – er macht zunichte, er wertet um.
 
Ich kann es an einem negativen Bespiel zeigen:
Wenn einer erkältet ist, ist die Gefahr groß, dass er andere ansteckt. Er tut den Leuten nichts, er wird nicht handgreiflich – und trotzdem werden sie durch seine Nähe krank – möglicherweise.
Das Bespiel müssen wir umdrehen:
Das ist einer gesund, wertgeachtet, gerade
 – keiner, der wie ein Heiliger alles nur richtig und vollkommen macht, sondern nur gesund, nur dankbar, mit einem weiten Himmel über sich –
und andere werden an seiner Seite gesund und wertvoll und gerade.
Der macht das gar nicht, der lebt nur die Wertschätzung – und – wo Gott es schenkt – kann es zu einer Kettenreaktion der Wertschätzung kommen.
 
Dieser Mensch muss nicht evangelisch-lutherisch sein,
es muss auch keiner sein, der immer sonntags in die Kirche geht,
der vor dem Essen betet – oder sogar danach.
Das muss nicht sein, aber die Erfahrung ist, dass Kirche - wie ein Übungsraum ist oder auch ein fitness-zentrum für die Seele, für das Innere und auch der geeignete Raum, in dieser Kettenreaktion zu bleiben
und auch ein Raum, um andere in diese Reaktion einzuladen.
Wo es nicht gelingt – weiß ich – kann Kirche auch krank machen und eher ausladend sein
und dann ist die Schrift - auch für uns selbst - wieder unleserlich.
 
Solch eine Unternehmung funktioniert darum nur, wenn darin Menschen leben, die von ihrer Berufung wissen – und sie aktuell, frisch halten –
und für diese Kettenreaktion hat sich Gott auf den Glauben festgelegt, auf Sie und auf mich
und auf unser gemeinsame Vertrauen
Und da sind wir mit aller Kraft gefragt
das Gemeinsame auch zu leben
und die Verschiedenheit unter uns in ihrer Rangordnung - unter die Anerkennung Gottes setzen
meinen Weg des Glaubens und meine Überzeugung nicht zu verabsolutieren
 das ist leichter gesagt als getan
 Wahrscheinlich müssen wir es uns darum immer wieder sagen
und bei allem - dem anderen seinen Glaubensraum lassen
auch – und das kommt dazu - ob in der Kirche, in unserer Kirche oder außerhalb
und dann noch das Kunststück vollbringen – jeder mit seinen Möglichkeiten -
das Haus der Gemeinde miteinander zu verantworten
Berufung und Verantwortung lassen sich nicht voneinander trennen.
 
Deswegen bleibt uns die Frage: wie lebe ich meine Berufung eigentlich in der Gemeinde?!
 
Mit dem Schlusssatz nimmt Paulus alle Hektik aus dem Tun der Gemeinde.
30Durch Gott aber seid ihr in Christus Jesus, der uns von Gott gemacht ist zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung, 31damit, wie geschrieben steht (Jeremia 9,22-23): «Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn!»
Ihr seid in Christus
Die Wertschätzung, die ihm gilt, die gilt auch Euch
und damit ist vor Gott Euer Leben rund
Seht ihn doch an – da ist die Weisheit und die Gerechtigkeit….
da ist Heiligung und Erlösung
alles Spezialworte für ein Leben in der Wertschätzung Gottes

In Christus – das ist auch – in der Gemeinde sein, auch in Blankenese
Darum: Lasst uns Gott loben mit dem Bekenntnis unseres Glaubens

GLAUBENSLIED  184

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