1. Petrus 3, 8-13
Helmut Plank
Liebe Gemeinde!
Wenn wir heute, am Totensonntag,
die Erfahrungen unseres Lebens zusammentragen würden,
dann käme eine Fülle des Leides zusammen,
die wir kaum aushalten könnten.
Schon für das eigene Leid Trost zu finden, scheint geradezu unmöglich.
Und wenn ein anderer trösten will – wie soll das gehen?
Wir versuchen es mit Worten
und ahnen schon gleich, wie hilflos sie bleiben
Noch ehe sie ganz verklungen sind, haben sie ihre Kraft oft schon verloren.
Wie soll man trösten?
Jemand hat zu den Worten – auch ein Zeichen getan.
Einen kleinen Bronze-Engel
Der wurde dankbar genommen
und jetzt – nach Monaten - kam die Trauernde und hat den Engel zurückgegeben.
„Er hat nicht geholfen. Ich brauche ihn nicht.
Dein Engel hilft nicht.“
Da ist Leid, Unheil, der Tod
Wir sind hilflos davor
und der Himmel hat auch nichts getan.
Wenn wir dazu die Zeitung aufschlagen
dann ist jede Seite ein Widerspruch gegen den Himmel
Große Worte – anschauliche Zeichen
Keine Wirkung!
Wo haben da – in unseren Leidensgeschichten – Engel Platz?
Und überall Machenschaften, das Wort Rezession geht, Egoismus, Unfriede, Völkermord, Piraterie
Wo hat – Gott – Platz?
Wo kann sich der Glaube, das Vertrauen fest machen?!
So fragt nicht nur der Petrusbrief.
Aber auch bei ihm geht es um eine Fülle von Nöten und Leiden und Katastrophen.
Und meine Not ist nur ein Tropfen in diesem Meer.
Der Schreiber des Petrusbriefes versucht zu trösten
Er will keine Dogmatik schreiben
Ein Mensch will andere mit seinen Hoffnungsbildern stark machen..
Er geht an gegen allen Spott
Er stellt sich selbst dem verächtlichen Hinweis auf einen unsichtbaren, hilflosen und kraftlosen Gott.
… sogar in der Gemeinde wird so geredet
Und dann schreibt er:
Eins aber sei euch nicht verborgen, ihr Lieben, dass "ein" Tag vor dem Herrn wie tausend Jahre ist und tausend Jahre wie ein Tag. Der Herr verzögert nicht die Verheißung, wie es einige für eine Verzö¬ge¬rung halten; sondern er hat Geduld mit euch und will nicht, dass jemand verloren werde, sondern dass jeder-mann zur Buße finde. Es wird aber des Herrn Tag kommen wie ein Dieb; dann werden die Himmel zer-gehen mit großem Krachen; die Elemente aber werden vor Hitze schmelzen, und die Erde und die Werke, die darauf sind, werden ihr Urteil finden. Wenn nun das alles so zergehen wird, wie müsst ihr dann daste-hen in heiligem Wandel und frommem Wesen, die ihr das Kommen des Tages Gottes erwartet und erstrebt, an dem die Himmel vom Feuer zergehen und die Elemente vor Hitze zerschmelzen werden. Wir warten aber auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt.
Der Tröstende redet.
Er nimmt die Fragen seiner Zeitgenossen
Eine: Warum denn die verheißene Wiederkunft Christi nicht geschehe?!
Der Christus Gottes wird kommen, antwortet er.
Macht doch nicht Eure Zeit dafür zum Maßstab
Gott hat seine Zeit
Gott ist voller Geduld
Euer Leben soll gelingen
Gott will nicht, dass jemand verloren werde.
Wir sollen zur Erkenntnis der Wahrheit kommen
In seine Nähe - sollen wir kommen
Dann schildert er sein großes Schreckensszenarium
und man braucht noch nicht einmal viel Fantasie, um das Bild weiterzumalen.
Unsere Kinomacher haben diese Bilder fest im Griff.
Wir können heute selber den globalen Untergang bewerkstelligen
Der Tag des Herrn, deutet der Schreiber
Die Himmel werden zergehen
und es wird Gericht gehalten
„Die Erde und die Werke, die darauf sind, werden ihr Urteil finden.“
All das Unrecht und Unheil, das Böse
alles macht einen Neuanfang nötig.
Es muss einen neuen Himmel und eine neue Erde geben.
Davon ist er überzeugt.
Man sieht das Bild und erkennt die eigenen Farben
Mit dem, was wir heute tun, wie wir heute leben,
setzen wir die Zukunft aufs Spiel.
Und wieder steht die ganze Hilflosigkeit – nach dem ersten Versuch zu trösten – im Raum.
Wenn das alles so werden wird, hält dann unser Vertrauen?
Können wir uns von dir trösten lassen?
Hält der Glaube in schweren Zeiten?
Hält uns denn Gott - am Ende?
Hält er uns und unsere Toten?
Oder kann man doch nur den Engel zurückgeben?
Woher kommt uns Hilfe?!
Liebe Gemeinde, ich möchte Ihnen sagen
welchen Weg ich durch diese Fragestellungen hindurch sehe:
Man sagt doch manchmal zu Jemanden, den man lieb hat:
Du bist mein Glück, mein Sonnenschein,
oder
Es ist ein Segen, dass es dich gibt
Liebevolle Erklärungen
manchmal gebündelt vorgetragen:
Du bist mein ein und alles
Menschen des Glaubens, kennen solche Rede auch - von Gott.
Angestoßen durch – tiefe – Erfahrungen, die sie gemacht haben
auch und manchmal gerade in tiefen Täler,
in schwierigen Zeiten
Sie fühlen sich beschenkt, bewahrt, getragen, getröstet,
auch durch die Tradition auf den richtigen Weg gewiesen
Kein Donnerschlag vom Himmel
mitten im Alltag, himmlisch gehalten.
Sie haben es nicht selbst gemacht
Auch der Dank an Menschen reicht nicht aus
Die Erfahrung ist größer
– und so kommt der Himmel ins Spiel.
Wir verdanken Gott unser Leben – so spricht der Glaube
und das Leben ist bei Gott aufgehoben
Gott ist das Leben
Gott ist – ein und alles
Wunder-Rat, Ewig-Vater, Gott-Held, Friede-Fürst
wir werden dieses Bekenntnis der Alten in der nächsten Zeit oft hören.
Gott, mein Erlöser, wie ein Vater oder eine Mutter,
mein Licht und mein Heil,
Gott ist Sonne und Schild,
Er ist die Liebe,
Er ist unsere Gerechtigkeit
Alles angestoßen – durch Alltagserfahrungen
die größer sind, als dass die Erklärung untereinander ausreichen würden
Wenn jemand solche Erfahrungen nicht kennt
wird er in diese liebevolle Erklärung nicht einstimmen können.
Das ist wahr.
Aber missverstanden wären diese Grunderfahrungen, wenn damit eine heile Welt eingeläutet wäre.
Bewahrt, beschenkt, getröstet, gehalten, korrigiert, auf gutem Weg – das geschieht mitten unter den blei-benden Fragen und Nöten und Leiden und Lasten unsers Lebens.
Mitten darin.
Die Welt hat sich nicht geändert
und trotzdem ist alles neu geworden
Der Engel sagt: Du gehst – auch diesen schweren Weg – nicht allein.
Wir beten im Vaterunser
dein Reich komme
Wir könnten besser sagen: Komm Du in unseren Blick
in unserer Vertrauen
Du bist doch da.
Nicht erst in einer neuen Welt.
Wir bitten um Gerechtigkeit, die unter uns wohnen soll
um Gottes Gerechtigkeit
Gerechtigkeit ist hier keine Norm für ein menschliches Zusammenleben
Das ist die Gerechtigkeit, was Seinem Handel entspricht
und sein Handeln
ist die Suche nach seinen Menschen,
seine Liebe, die er geben will,
seine Gnade,
seine Treue
Seine Gerechtigkeit erweist sich darin, dass er sich durch das Böse unter uns nicht aus seinem Konzept bringen lässt.
Und jetzt können wir besser sagen:
Komm Du in unseren Blick mit deiner Treue, deiner Gerechtigkeit
Du bist doch da.
Du bist unsere Gerechtigkeit
Wenn alles sich wandelt
Du bleibst doch da
und wenn der Tod kommt
Du bist da.
Theresa von Avila hat einmal gesagt
Nichts soll dich ängstigen, nichts dich erschrecken
es stimmt - alles vergeht: Gott bleibt derselbe.
Wer Gott hat, der hat alles
Gott allein genügt
Und einer das nicht sieht?
Was machen wir, wenn er den Engel bringt?
Ihn zurückbringt?
Der Petrusbrief tut das, was auch Theresa tut.
Gleich nach dem Satz „Gott allein genügt“
gibt sie praktische Hinweise auf das Leben als Christ
Hier muss sich die Wirklichkeit der Gottesliebe bestätigen
vor den Menschen
einladend vor anderen
tröstend und ermutigend zu anderen hin.
Vielleicht und hoffentlich kann Gott dieses Tun nutzen, um sich selbst vorzustellen
mit seinem Trost, mit seiner Korrektur, mit seinem Segen.
Die Lasten dieser Welt – und die Hoffnung auf Gott
beides macht den Glauben nicht unbeweglich
lässt ihn vor den Problemen nicht resignieren und er benutzt die Hoffnung auch nicht als Ruhekissen.
Der Glaube, gibt auch keinen Anlass,
sich zurückzuziehen
„So ist das Leben eben“
und möchte auch nicht, dass wir nur noch in der Trauer bleiben
nur in Erinnerung an gute Tage
muss nicht in Erinnerung wühlen und sich darin verlieren
Wir dürfen die Hoffnung nehmen
und sie in die Welt tragen
– in die kleine – oft notvoll enge
oder in die große oft so notvoll enge Welt
Es ist doch Gottes Welt
Unser Leben geschieht – vor Gott
Wir leben unser Leben in Verantwortung
vor Gott
Der Petrusbrief schreibt:
heiliger Wandel, frommes Wesen
und ich übersetze: leben vor Gott
Das ist die einzige anschauliche Einladung, die wir weitergeben, vorleben können, damit andere zum Ver-trauen finden können.
Und der neue Himmel und die neue Erde?
Es ist ganz ein menschlicher Wunsch, dass dem Unheil und dem auch damals erspürten globalen Unter-gang, ein umfassender himmlischer Neuanfang entgegen gesetzt wird.
Neuer Himmel – Neue Erde.
Ist das so schwer zu denken?
Wenn wir Gott unser Schöpfer nennen
bekennen,
dass er von Anbeginn mit seiner Schöpfung in Verbindung steht
Wie sollte der, dem wir uns verdanken
die Verbindung aufkündigen.
Seine Bindung bleibt
Wer will sie begrenzen?
In biblischer Sprache: Der uns geschaffen hat, sollte der uns nicht auch neu schaffen können
Wie sollte der Gott, größer als alles, in seiner Liebe nicht auch den Tod in Leben umwandeln?!
Auf den Friedhöfen werden wir nicht müde das zu bekennen.
Mit unseren Kerzen für die Verstorbenen heute – sagen wir das genauso – mit Licht in alle Trauer hinein.
Ja, wir warten auf einen neuen Himmel und eine neue Erde
gerade wenn uns das Elend – in jeder Weise – gefangen hält.
Wir setzen darauf, mit Mut und manchmal getroster Verzweiflung
weil wir Gott glauben wollen
Wir wenden uns dabei nicht von der alten Erde ab
Und wir glauben nicht, dass das Böse und Unheil,
dass Krieg und Hunger unvermeidlich sind,
und der Friede unerreichbar ist.
Wir wollen es nicht glauben – in Jesu Namen.
Wir glauben an den Sinn kleiner Schritte
an die einfachen Gesten der Liebe.
Und wir glauben nicht, dass alle Mühe vergeblich ist,
auch nicht
dass Misserfolg und Tod das Ende bedeuten.
Wir glauben – trotz allem – den göttlichen Traum
von einem neuen Himmel und einer neuen Erde,
in denen Liebe und Gerechtigkeit wohnen.
Amen