17. Sonntag nach Trinitatis - Epheser 4, 1-6
Predigt Epheser 4, 1-6
Da wird demnächst eine neue Pastorin oder ein neuer Pastor gewählt
der Alte geht im März - ein neuer Mensch wird berufen –
Der Kirchengemeinderat wird die Gemeinde dazu hören
Eine Stelle ist ausgeschrieben
wenn Sie nachlesen wollen – auf der Internetseite unserer Kirche
Bewerbungen sind eingegangen
Die Daten sind - zusammen mit dem Propsten - am letzten Freitag gesichtet worden
Im nächsten Gemeindebrief werden wir alle mehr erfahren
Da sind eine ganze Menge Dinge, die von dem neuen Menschen erwartet werden:
große Bereitschaft, sich in den Arbeitsbereichen zu engagieren
sich mit dem Leitbild des Kirchengemeinderates zu identifizieren
Teamfähigkeit
Freude „Gemeindepastor /Pastorin“ in einer aktiven, politisch interessierten und modernen Gemeinde zu sein, einer Gemeinde, in der viele Menschen bereit sind, Zeit und Kompetenzen zur Verfügung zu stellen
Da wird von Ihnen geredet….
Solche Berufungsverfahren kennen Sie aus allen Lebensbereichen
Und da wird durchaus noch viel schärfer formuliert
besondere Befähigungen werden gefordert
Promotion
notwendige Berufserfahrung
Begabungen usw.
Dann gibt es die Auswahlverfahren –
Assessment-Center
…damit - auch ja - der richtige, qualifizierte Mensch gefunden wird
Ist das bei uns auch so – im Glauben meine ich?!
Unsere Lesung aus dem Epheserbrief nutzt auch das Wort „Berufung“
In der Berufung – so weiß die Gemeinde - stellt sich der BeRufende ausdrücklich vor.
Im AT hat jemand dafür 5 Eigenschaftswörter herausgearbeitet,
die zeigen, dass dieser Rufende freundlicher, liebevoller ist, als es von uns gedacht oder gedacht werden könnte:
barmherzig
mitfühlend
vergebungsbereit
beständig in seiner Liebe zu seiner Schöpfung
treu
Berufung und Liebe sind bei ihm eine Einheit.
Berufen wird bei ihm nicht zuerst zu einer bestimmten Tätigkeit,
keine Berufsvermittlung
sondern es wird in seine Nähe gerufen
und die, die diese Berufung hören, die beschreiben das z. B. dann so:
Wir sind berufen von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht.
(1. Petrus)
Also zuerst keine Aufgabenvermittlung
sondern ein neuer Lebensort, in den wir hineingerufen werden
berufen
Leben in dem wunderbaren Licht
wie eine Einladung zum Genießen der göttlichen Umgebung
und zwar nicht im Himmel
sondern in seine Umgebung hier und jetzt
Dann aber auch berufen
zu einem
angemessenen
Leben
in dieser erkannten göttlichen Umgebung
Von dieser Güte des Berufenden weiß der Epheserbrief
und von diesem Leben in der erkannten göttlichen Umgebung
Dumm ist nur, dass wir oft unsere Erfahrung mit Berufungen auf diese göttliche Berufung übertragen.
Wir fragen dann Leistungsmerkmalen bei Gott – die wir erfüllen müssen – um „angestellt“ zu werden.
Und wir meinen zu wissen:
Nur wenn wir die Kriterien erfüllen, die Gott setzt – Gebote z.B. - gibt es einen Zugang
Ich glaube, wir gehen oft,
obwohl wir es anders wissen könnten,
in Sachen Glauben
von einem System von Lohn und Ablehnung aus
So, als wenn Gott uns für das Gutsein – belohnt
mit der Berufung
und wenn wir schlecht sind… - uns übergeht
Uns drückt das alte System:
-
Was nichts kostet - kann auch nichts taugen
-
In unserer Welt hat alles seinen Preis
Wir bringen so schwer – Berufung und Liebe – zusammen.
Wir fragen:
Ist Gottes Liebe, sein Ruf, für uns voraussetzungsreich, oder ist dieser Ruf wirklich voraussetzungslos?
Ist seine Liebe nicht doch an Bedingungen zu knüpfen,
oder kann ich sie bedingungslos annehmen?
Wir sind wie auf Leistung programmiert
Vielleicht waren das die alten Israeliten auch schon
Alle ihre Überlegungen werden von Gott über den Haufen geworfen
indem er ihnen erklären lässt:
Nicht hat euch der HERR angenommen und euch erwählt,
berufen
weil ihr größer wäret als alle Völker
- denn du bist das kleinste unter allen Völkern -,
sondern weil er euch geliebt hat
An jedem Schritt Jesu – im NT - können wir diese Bedingungslosigkeit ablesen.
Geliebt zu sein – ohne sich das verdienen zu müssen
berufen zu sein – ohne Assessment-Center
Berufung und Liebe sind bei Gott eine Einheit.
Wie absurd klänge es unter uns, wenn wir sagen würden:
Ein Kind muss sich die Liebe der Eltern verdienen
den Ruf in ihre Nähe
Die Eltern – normalerweise – lieben ihr Kind! Punkt.
In der Bibel gehören Berufung und die Liebe Gottes zusammen.
Gott verschenkt sich –
und wir bleiben so oft stecken bei einer Würdigungsfrage:
Habe ich diese Berufung in sein Licht verdient?!
Und wenn alle berufen sind – was ist mit gut und böse?
Irgendwie ein Dauerthema
Ja, was ist mit denen – den Bösen?
Sind die auch berufen?
Muss Gott die nicht strafen?
Haben die nicht – ich sage verkürzt – die Hölle verdient?
Und wir sagen das oder denken das – und merken gar nicht, wie wir den liebenden Gott zu einem ewigen Folterknecht machen.
Nach den biblischen Texten ist der einzige Unterschied vor Gott
zwischen uns Menschen
nicht das Gut und Böse,
sondern ob wir diese Liebe zulassen oder nicht.
Aber beide – Gut und Böse – werden in gleichem Maß geliebt, gerufen:
Gottes Kinder eben.
Punkt.
Richard Rohr schreibt in einem Buch:
Wir können absolut nichts tun, damit uns Gott noch mehr lieben könnte, als er es ohnehin schon tut;
und es gibt absolut nichts, was wir tun könnten, damit er uns weniger liebt!!
Unser Predigttext gehört wahrscheinlich in einen Taufunterricht.
Die Taufe spricht zu:
Du bist von Gott angenommen
Nicht erst jetzt
immer schon
aber
mit dem Wasser der Taufe wird das gefeiert
Das Wohlgefallen, von dem bei der Taufe Jesu die Rede war, gilt auch dir – Täufling!
Das ist deine Berufung – in dieses Wohlgefallen Gottes hinein
Es gilt, diese Liebe sich gefallen zu lassen,
und daraus Lebenskräfte zu ziehen.
Du bist vor den Menschen und vor Gott nicht besser als dein Nächster
Deine Berufung macht dich jetzt nicht exklusiv.
Sie will auch zu dem anderen kommen
und jetzt erst beginnt die Aufgabenbeschreibung
für Berufene:
Du sollst anderen selber Botschafter für diese ausufernde Liebe Gottes sein –
die Berufung weitertragen
andere sollen und dürfen es durch dich erfahren
durch dich – durch die Menschen mit dir
durch Deine Gemeinde.
„Berufung und Gemeinde“ sind ebenfalls eine Einheit.
Wer berufen ist, wer den Segen empfängt,
findet sich wieder in einer Gemeinschaft von Menschen,
die sich auch von diesem Segen, von der Berufung beschenkt sehen.
Gemeinde sagen wir.
Kirche
Kein Gebilde zuerst, das wir uns bauen,
sondern ein Organismus, in dem wir uns wiederfinden.
Aber ein Organismus, der gesund bleiben soll
ein Gebilde, das einladend sein soll
eine Gemeinschaft, die anziehend sein darf,
weil sie doch von diesem Segen, aus der Berufung lebt.
So ermahne ich euch nun, sagt der Epheserbrief,
dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid,
Oft steht hier das Zahlwort „eins“
Und es ist wohl die Sorge, dass diese Einheit der Gemeinde schnell in Gefahr geraten kann.
Die Wahl eines Geistlichen zählt hoffentlich nicht dazu
aber die verschiedenen Prägungen, mein Glaube, der sich nicht mit dem des anderen deckt.
Hierarchien auch in der Gemeinde
Machtfragen
Finanzfragen
politische Fragen
Je mehr Menschen mittun,
je mehr Probleme auch von außen auf eine Gemeinde einstürmen,
desto mehr Gewicht bekommt dieses Zahlwort „eins“
Einheit des Geistes
ein Leib, ein Geist, eine Hoffnung, ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott
Der Schreiber will, dass alle Kraft eingesetzt wird,
diese geschenkte Einheit zu erhalten.
Nicht als Selbstzweck für die Gemeinde,
sondern damit die Berufung in diese Welt hinein geht.
Ihr seid getauft – kennt das Wohlgefallen Gottes –
schöpft daraus die Kraft für eine christliche Lebensführung
nach innen und nach außen.
Die Einheit ist geschenkt
„Ihr seid eine Gemeinde“
und ist gleichzeitig die bleibende Aufgabe
Und da hat jeder viel Arbeit an sich selbst
sich nicht zu überschätzen
den Egoismus zu überwinden –
nicht in den eigenen Ansprüchen stecken zu bleiben
ich bin hier der Pastor
oder der Küster
oder der Kirchengemeinderat
oder der kräftig Kirchensteuerzahlende
oder der Notleidende, dem geholfen werden muss
Bereitschaft zu dienen ist gefragt –
Demut und Dien-Mut – Mut zu dienen
Milde zu Uneinsichtigen…
wobei immer zu klären ist, wo das Uneinsichtige wohnt…
All diese Tugenden sollen helfen
dieses Licht zu leben
und Licht in dieser Welt zu sein.
Die Kraft dazu ist den Berufenen gegeben
Sie leben doch in der göttlichen Umgebung
Unsere Aufgabe ist es, die Einheit zu bewahren
-
Zur Gemeinde gehören – berufen zu sein
ohne ein Engagement für das Einssein
macht die Berufung unwürdig
-
Sich in dem Wohlgefallen Gottes wiederfinden
und sich nicht gleichzeitig einzusetzen für ein gelingendes Miteinander
nimmt der Berufung die Kraft
nicht nur meiner Berufung,
sondern auch die der Gemeinde.
Der Leib Christi – die Gemeinde – ist zerteilt in unzählige große und kleine Bekenntnisse –
wir haben gerade über Trennung und Versöhnung von Lutheranern und Mennoniten gehört –
über diesen mühevollen Weg zueinander –
Es gibt zur Versöhnung keine Alternative!
Es gilt das Miteinander mit den Katholiken und den Baptisten am Ort zu pflegen - zum Glück haben wir dazu eine gute Grundlage.
Es gilt den Genuss des himmlischen Wohlgefallens, der Berufung in unseren Ort zu tragen. auch hier gehört das „Eins-Sein“ hin
Wir versuchen Verantwortung zu übernehmen
in Sachen Gestaltung des Ortes
in Sachen Klima
im Umgang mit den Flüchtlingen, die zu uns kommen
Es gibt zu diesem Engagement keine Alternative
Gott beruft nicht nur die Christen
Sein Licht, seine Liebe gilt allen Menschen
In den Religionen wird sein Ruf anders als bei uns – anders als aus dem Munde und Leben Jesu wahrgenommen.
Und auch hier gibt es für mich keine Alternative, als den interreligiösen Dialog zu suchen
den Wortlaut der Berufung der anderen zu hören –
sie zu verstehen –
sich mit zu freuen –
die Unterschiede zu benennen –
sie auszuhalten und gemeinsame – wie in der Ökumene - Verabredungen zu suchen.
Die Filmreihe der Spurensuche von Küng ist dazu sicher ein wichtiger Schritt.
Alles, was zum Leben und zur Frömmigkeit dient, hat uns seine göttliche Kraft geschenkt
Der Epheserbrief zeigt diese geschenkte Berufungsmünze mit ihren beiden Seiten
Die Berufung in das Licht Gottes
eine Berufung der Liebe, die ernst zu nehmen gilt
und die Verpflichtung,
das Licht
hier in der Gemeinde
in unsere Welt hin zu leben –
immer auch mit neuen Leuten, die ihre Berufung erkennen
Ein großes – überfließendes Geschenk
und eine unsere Kraft herausfordernde Beauftragung
ein Auftrag von dem Gott und Vater aller, der über allen und durch alle und in allen ist.
AMEN