2. Korinther 12, 1-10 | Sonntag Sexagesimae

19.02.2006 | 01:00

H. Plank

Die Schnellsten, die Perfektesten, die Stärksten, die Zähestens, die Genausten, die Weitestens, die mit den meisten Toren, die Kühnsten, die Akrobatischsten
Olympia - Medailliensegen
und wenn der Segen ausbleibt, hängt der Segen schief.

Das Erfolgreiche wird ja nicht nur auf der olympischen Bühne gefeiert……
Auf einer ganz anderen Ebene – feierte man in Korinth.
Da waren geradezu Heilige aufgetreten,
Apostel, die es ganz genau wussten
die schon mit Empfehlungsschreiben gekommen waren,
mit großer Würde, selbstbewusst,
Sie hatten besondere Einsichten, Offenbarungen von Gott
waren total bewegt vom Glauben
strahlende Verkündiger, die auch selbst auf ihre Predigten stolz waren,
denn Gott begleitete sie mit Herrlichkeit.

Und Paulus, der vorher in Korinth war, dem werfen sie Schwäche vor
– in seinem Auftreten, in seiner Rede
Und – das Schlimme - die Gemeinde ist überzeugt von diesen Aposteln
Und für Paulus hängt der Segen schief.

Ich weiß nicht, ob ich mich gestellt hätte.
Paulus sucht die Auseinandersetzung – wohl nicht um seinetwillen.
Er möchte der Gemeinde aus dieser Falle – wie er es empfindet – heraushelfen.
Und er tut es, indem er sich der Gemeinde richtig ausliefert
Er beschreibt sein Inneres, sein Innerstes
was man eigentlich nicht tut.
Vielleicht muss er einfach den Glanz der Leute relativieren,
sich neben sie stellen, damit die Gemeinde ihn überhaupt noch hört.
Vielleicht…
Er tut es
bleibt aber nicht stehen, erwartet nun nicht auch einen Medaillensegen
sondern wendet alles hin zu seinem Thema
Schwachheit

2. Kor. 12
12, 1 Gerühmt muß werden; wenn es auch nichts nützt, so will ich doch kommen auf die Erscheinungen und Offenbarungen des Herrn. 2 Ich kenne einen Menschen in Christus; vor vierzehn Jahren - ist er im Leib gewesen? ich weiß es nicht; oder ist er außer dem Leib gewesen? ich weiß es auch nicht; Gott weiß es -, da wurde derselbe entrückt bis in den dritten Himmel. 3 Und ich kenne denselben Menschen - ob er im Leib oder außer dem Leib gewesen ist, weiß ich nicht; Gott weiß es -, 4 der wurde entrückt in das Paradies und hörte unaussprechliche Worte, die kein Mensch sagen kann. 5 Für denselben will ich mich rühmen; für mich selbst aber will ich mich nicht rühmen, außer meiner Schwachheit.

6 Und wenn ich mich rühmen wollte, wäre ich nicht töricht; denn ich würde die Wahrheit sagen. Ich enthalte mich aber dessen, damit nicht jemand mich höher achte, als er an mir sieht oder von mir hört. 7 Und damit ich mich wegen der hohen Offenbarungen nicht überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch, nämlich des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe. 8 Seinetwegen habe ich dreimal zum Herrn gefleht, daß er von mir weiche. 9 Und er hat zu mir gesagt: Laß dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, damit die Kraft Christi bei mir wohne. 10 Darum bin ich guten Mutes in Schwachheit, in Mißhandlungen, in Nöten, in Verfolgungen und Ängsten, um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark.

 

Der Paulus schildert eine Erfahrung,
die den meisten von uns wahrscheinlich eher fremd erscheint.
Ein Aufstieg in den Himmel.
in den Bildern seiner Zeitgenossen geschildert
Glauben und Schauen – ganz nah beieinander.
Eine große Gewißheit, die ihm da zuteil wird.

Und dem Himmel so nah
stürzt er direkt in die Arme des Teufels
- Pfahl im Fleisch – ein verwegenes Bild
- und die Fäuste der Diener des Satans
Diese Erfahrung – hinter den Bildern – wird uns gar nicht so fremd sein

schon im Kleinen:
Ich schwebe im Glück – irgendetwas ist richtig gut gelungen –
es muss gar nicht gleich der 7. Himmel sein
unaussprechlich – irgendwie
man traut sich gar nicht, davon zu erzählen
und dann die Begegnung mit einem Fremden - gleich danach
lässt mich so hart aufsetzen
dass von dem Glück nichts mehr zu fühlen ist.

Von manchen Leuten ist zu hören,
dass sie ganz leise mit ihrem Glück umgehen
weil sie die Furcht haben: Je größer das Glück – desto tiefer der Fall.
Himmel und Hölle liegen  so oft so nah beieinander
 
Diese schlimmen Zeiten,
die Dunkelkammern in unserem Alltag
fragen nach unserem Umgang mit ihnen
„Stark sein“ gilt eigentlich – oben auf dem Treppchen stehen -
und wenn es sein muss, dann lieber auch mit dem Gesicht des Gewinners  untergehen.
Es fehlt geradezu eine Kultur,
dass wir uns auch untereinander kennen als Menschen
die mit Nöten belastet sind
Wer keine Antwort parat hat, wer Bedenkzeit braucht,
der hat schon verloren

In den Höllenerfahrungen
von denen es viel zu viele gibt
greifen wir nach unserem Glauben
 
Wir sagen oder rufen unsere Not Gott zu
dreimal – oder mehr
Mach End, o Herr, mach Ende mit aller unserer Not

Aber versprochen wird nun nicht Milderung der Dunkelheit
ein Polster für den Aufprall
eine Versicherung gegen eigenes Verschulden
oder ein Schutzschild vor Schicksalhaftem
Versprochen ist ein hörendes Ohr für unsere Bitten
und Antwort
keine Standard-Antwort, die wir jederzeit zur Verfügung hätten
sondern eine, um die wir immer wieder bitten müssen.

Die Antwort Gottes für Paulus ist – zumindest – erstaunlich:
Laß dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.

Gnade
Bonhoeffer hat einmal in einer Predigt 1929 gesagt
Wir möchten auffahren in wildem Schmerz: Ist es ein Hohn auf unser Elend und Weh, dies Wort von der Gnade, die doch nicht hilft, wenn man zu ihr schreit – oder ist`s vielleicht die tiefste Wahrheit und das gewaltigste, königlichste Geschenk, wenn einem das Wort (Gnade) gesagt wird

Ich gebe dir Gnade
und das klingt für Paulus  – nach dem Fall und in diesem Fallen
der Höllenfahrt
nicht wie Hohn

Ich gebe dir Gnade
Ich bin dir so nah, dass ich dir etwas geben kann
 dass ich dir etwas sein kann,
einfach dadurch - weil ich da bin

Du kannst ausgehen von einer Grundhaltung,
die ich zu dir habe
einer freundlichen
einer liebevollen
es kann dich nichts trennen von mir
Gnade habe ich ausgespannt - in Deinen Abgründen
Gnade bekommst du
Mehr nicht
damit musst du auskommen
damit kannst du auskommen
Mehr ist nicht notwendig

Dieses ganze Theater in Korinth
dieses Strahlende und Schöne und Erfolgreiche und Geistliche – aber aus dem Eigenen geschöpft
dem stellt – in der Erfahrung des Paulus – Gott die Schwachheit gegeben über.
Es geht nicht um deine Kraft - Mensch
Es genügt dir meine Gnade, mein Entgegenkommen,
denn meine Macht kommt in der Schwachheit zum Zuge.

Zwei Fragen auf dem Weg zu dieser Gnade
Gott hört – aber verändert die Not nicht – hört er denn wirklich?

Und wie soll das gehen, seine Macht in meiner Schwachheit?

Wenn Gott das Schreien aus den Tiefen erhört
dann spielt er nicht den Wunscherfüller
löst die Nöte nicht auf, in denen wir stecken

Liebe Gemeinde,
wir kennen das Wort Erhörung aus alter Sprache
Wenn ein Verliebter von der Geliebten erhört wird
dann willigt sie – oder er - in die Beziehung ein

Gott erhört unser Gebet
heißt nicht Wunscherfüllung
sondern er nimmt uns in seine Liebesbeziehung hinein.
er erhört uns

Wer betet, ist immer schon erhört,
ob eine Bitte erfüllt wird oder nicht.
Denn das ist das Ziel Gottes mit uns, uns mit seiner Gnade zu umschließen.
und ich darf wissen
ich komme mit allem, was mein Leben betrifft, bei Gott an


Mit so einem Geschenk, solcher Gnade
bekommt Schwachheit einen neuen Klang.
Nicht: 
Wer Gnade will – muß schwach sein
Schwachheiten als Voraussetzung für die Gnade.
Also: bleibt schwach – liebe Leute – denn Gnade ist euch sicher
Warum an sich arbeiten, warum all das Mühen, wenn doch die Schwachheit Einfallstor der Gnade ist…..
Wie dumm, wenn man Schwächen überwindet, dann schafft man ja die Gnade ab.

Schwachheit – bei Paulus - das ist die Stelle, wo ich selber nichts mehr in der Hand habe
und auch vor Gott nichts mehr in die Hand nehme.
Das kann die Not machen, dass sie mir alles aus der Hand reißt,
der Pfahl im Fleisch
von Satans Engeln tracktiert
Aber ich glaube, das muss nicht immer nur unter der Not erkannt werden
das Glück – kann auch solche Sicht freilegen

Der Mai kommt, die Hochzeiten werden vorbereitet –
und in den Gesprächen mit den Brautpaaren kommt es oft zu der – dann auch immer noch staunenden Feststellung, „dass uns dieses Glück widerfahren ist,
dass wir gar nichts dazugetan haben – der Andere – wirklich ein Geschenk und nicht das Ergebnis all` unserer Anstrengungen (die es ja auch gegeben haben kann…).“
Da sind – wie in der Not – ganz leere Hände – und ich bin sicher, Paulus meint:
Da, wo ich meine leeren Hände erkenne, sie ausstrecke und - bei aller Verantwortung für mein Leben - nicht mehr auf meinen eigenen Einsatz setze, da spreche ich plötzlich von der Gnade
von dem Geschenk
von dem Himmel
da kann sich die Gnade ereignen, da geschieht sie.
in meine leeren Hände, meine Schwachheit hinein.

Es geht nicht um meine großen Glaubenserfahrungen
um meine Stärke im Vertrauen auf Gott
um den 7. Himmel
Ohne ein Tüpfelchen meiner Verantwortung abzulegen, erkenne ich doch, dass sich mein Leben nur erfüllt über die leeren Hände
dass ich Angewiesener bin
aber dass mich seine Liebe erhört

Diese Schwachheit lässt dem Rühmen eine Chance
Das, was ich gerade erlebe, ist für mich die Hölle / oder der Himmel – und darin entdecke ich, dass sie
trotz aller bleibenden Schrecken / oder trotz aller großer Freude
.. dass sie nur ein Raum ist, der sich mit Gnade füllen will.
… und es trennt mich nichts von der freundlichen Grundhaltung Gottes zu mir.

Ich kann mich diesem - Raum der Gnade - lassen
auch jetzt

Wie viel Befreiung muss für Paulus darin gelegen haben
weil es doch nicht auf seine positive Aktivitätenbilanz vor Gott und den Korinthern ankommt – gerade mal auf seine Sehnsucht.

Wie viel Entkrampfung – weil doch das Gute und auch das Schwere nicht aus dieser Erhörung – aus der Gnade – heraus fällt
niemals

Vielleicht weiß ich so richtig gar nicht, liebe Gemeinde, was ich da sage –
– ich spreche es dem Paulus nach –
Er könnte sagen:
Und wenn ich dieses himmlische Glück annehmen darf – es nicht erkämpfen muss, wenn ich lernen darf, die Dunkelheit anzuerkennen,
ohne zu resignieren
weil sie doch keine  Absage Gottes an mich ist 
dann werden – möglicherweise -  wie von selbst – Kräfte frei.

Ich zeichne dasselbe auch bei  Bonhoeffer nach:
Der sitzt im Gestapogefängnis – kein Funke von Zukunft bleibt da mehr – und er schreibt von den guten Mächten – und sein Gedicht – tröstet bis heute – machtvoll
und sein Blick – geht von den eigenen leeren Händen weg – zu Gott und seiner Not,
Christen – so sagt er - stehen bei Gott in seinem Leiden
stehen ein – schrankenlos – für Christen und Heiden.

Solche Schwachheit – die weiß, dass sie nicht mit eigener Hand die Gnade Gottes schaffen kann, solche Schwachheit muss wohl das Kennzeichen des Glaubens sein

Sie merken, bei solchem Satz ringe ich gegen das Missverständnis, als seien die Christen immer gleich Schwächlinge
Ganz anders:
Nur mit allen meinen Stärken und Gaben – wie groß die auch immer sind – nehme ich das Leben ernst. Keiner entlässt mich aus diesem Ernstnehmen.

Aber der Himmel erschließt sich den leeren Händen.
und die Kraft, die von ihnen ausgeht und verändert das eigene – und auch das Leben anderer  – diese Kraft erfahre ich, erfahren andere nicht als meine Kraft, sondern mit einem Dank an Gott, als Gottes Kraft.

Zöge ich den Dank an mich, hätte die Kraft bereits ihre Kraft verloren.

Liebe Gemeinde,
wenn so wenig von der Macht Gottes in unserer Kirche zu sehen ist, liegt es daran, daß wir machen und nicht er – mit Macht – mitmacht?

Ich schließe:
Der Glaube  weiß um sich herum - Anfechtungen, Infragestellungen,
Versagen, - auch Hölle
und auch tiefe und schöne und erfüllende Erfahrungen
Und er weiß sich von Gott erhört -
Der Segen hängt nicht schief!

Und ohne sich seiner Verantwortung zu entledigen
erfüllt sich das Leben des Glaubens doch nur über die leeren Hände.

gehalten, erfüllt,  gefüllt mit Gnade,
und die, die will sich in mir auswirken.
mächtig – sagt Paulus
aber das ist nicht meine Sache
Gottes Sache
Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig
AMEN

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Musik: Kantor Stefan Scharff, Karin Klose, Gesang
Die Kirchengemeinde schreibt: "Wir dürfen wieder Gottesdienst in der Kirche feiern. Und so wagen wir am kommenden Sonntag „Kantate“, dem 10. Mai, einen Neuanfang. Strenge Auflagen sind zu bedenken: Sicherheitsabstände von zwei Metern, Hygiene-Regeln, Masken-Pflicht. Singen ist noch nicht erlaubt, dafür aber Summen – und natürlich musikalische Begleitung durch Orgel und Solisten. Trotzdem wird es ein schöner, ganz besonderer Gottesdienst werden!

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