2. Petrus 1, 16-19 | Letzter Sonntag nach Epiphanias

13.01.2008 | 14:47

Klaus-Georg Poehls

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt. Amen.

Liebe Gemeinde,

schnell dahin gesagt sind manche Sätze. Sie haben ein Lehrgebäude hinter sich, von dem ich vielleicht gar nichts weiß oder es nicht verstehe. "Alles ist realtiv" ist ein solcher Satz. "Das ist wohl so", würde ich von den meisten als Antwort hören. Wehe aber, ich bekäme als Gegenfrage ein "Warum ist alles relativ?" Dann müsste ich wohl irgendwie von Einstein und seiner Relativitätstheorie schwadronieren und sähe sehr blass aus.

Oder ich behaupte, wie wir alle es oft in unseren Gottesdiensten mit Glaubensbekenntnis und Liedern oder mit dem Evangelium des heutigen Tages tun, Jesus sei der Sohn Gottes. Auch dahinter ein Lehrgebäude ungeheuren Ausmaßes und ein Streit um christologische Formeln und Dogmen über Jahrhunderte – bis in die Gegenwart unserer Gemeinde hinein. "Warum soll Jesus der Sohn Gottes sein?" müsste die Gegenfrage lauten. Und wenn ich nun mehr sagen wollte, als dass das nun mal so ist oder so zu glauben ist, weil es in der Bibel steht, dann käme ich vielleicht schnell in eine ähnliche Lage, wie Lothar Zenetti sie für Petrus humor- und liebevoll inszeniert hat.

Zum Vorverständnis muss man wissen, dass Karl Rahner ein angesehener katholischer Theologe war, der es vermocht hat, die altkirchlichen Dogmen in nicht unbedingt verständliche, aber doch exakte und dogmatisch richtige Sprache von heute zu übersetzen.

 

 Als Jesus einmal in der Einsamkeit gebetet hatte und die Jünger sich wieder um ihn scharten, fragte er sie: „Für wen halten mich die Leute?“ Sie gaben ihm zur Antwort: „Für Johannes den Täufer“, „für einen Elija“, „ja, sie sagen: einer der alten Propheten ist wiedergekommen!“ – „Jedenfalls halten sie dich für einen ganz bedeutenden Menschen. Sie sagen: Jesus, das ist ein wirklich guter Mensch, ein Vorbild für alle. So ein Lehrer der Humanität wie Sokrates zum Beispiel oder Goethe oder Gandhi, sagen sie. Manche bezeichnen dich auch als einen großen Sozialreformer ... Ein Revolutionär der Liebe, so hat dich einer genannt !“ –
„Und ihr?“ fragte er weiter, „was sagt ihr von mir?“ Da gab Simon Petrus zur Antwort, und man merkte gleich, er hatte inzwischen seinen Rahner wohl studiert: „Du bist, wie die Kirche es gegen alle Missbildungen und Verkürzungen besonders in Richtung auf eine bloße Gesinnungseinheit mit Gott entfaltete und zumal auf den frühen Konzilien von Ephesus und Chalkedon formulierte, die zweite Person der Heiligen Dreifaltigkeit, der Sohn des Vaters, der Logos mithin, sein göttliches Wort, das von Ewigkeit her im Besitz des vom Vater mitgeteilten einen göttlichen Wesens ist, das in der Zeit aus Maria eine menschliche Natur als vollendet eigene Wirklichkeit angenommen hat, so dass du in der Einheit derselben göttlichen Person eine göttliche und eine menschliche Natur unvermischt und ungetrennt besitzt und als derselbe also wahrhaft als Gott und Mensch zu glauben und zu bekennen bist.“ –
Er war ein bisschen außer Atem, der Simon Petrus, als er das gesagt hatte, aber es war ein großartiges Bekenntnis. Es schien ihm freilich, als ob Jesus ein wenig lächelte. Auf jeden Fall verbot er den Jüngern streng, dies irgend jemand zu sagen.
Lothar Zenetti

 

Wenn ich diese kleine Geschichte von Zenetti richtig verstehe, dann soll ich Jesus nicht verstecken hinter theologischen Richtigkeiten in ausgeklügelten Formeln und auch nicht hinter Fabeln und Legenden, die einem heutigen Menschen den Zugang zu Jesus versperren. Material dafür gäbe es genug, - unser apostolisches Glaubensbekenntnis mit dem "eingebornen Sohn", der Jungfrauengeburt, dem Hinabgestiegen Sein ins Reich des Todes und der Himmelfahrt wäre ein solches Materiallager - und es dürfte einfacher sein, diese Formeln und Legenden immer wieder zu wiederholen und die eine durch die andere zu begründen, als zu versuchen, deutlich zu machen, warum Jesus einigen seiner Zeit und dann immer mehr Menschen durch die Zeiten hindurch zu einem Licht wurde, zu einem so wertvollen Menschen, dass schon die ersten nicht anders konnten, als ihn mit Titeln und Geschichten "göttlich" zu schmücken.

Der Verfasser des zweiten Petrusbriefes behauptet zwar Gegenteiliges, schmückt sich aber auch mit jener Glaubensgeschichte, die wir als Evangelium hörten. Es handelt sich um eine Vision, einen durchaus ausgeklügelten "Erscheinungsbericht" wie Matthäus selbst schreibt.

Der Schreiber des zweiten Petrusbriefes stellt sich sogar noch als Augenzeuge dar – was nur möglich wäre, wenn er Jesus um mindestens 100 Jahre überlebt hätte. Hier schreibt nicht der Apostel Petrus, hier beruft sich einer auf dessen Autorität, um den eigenen Worten Respekt zu verschaffen. Nichts Außergewöhnliches, weder damals noch heute. Aber das soll uns nicht abhalten, auf seine Worte zu hören. In ihnen scheint durch, wie die ersten Generationen der Christen Jesus wahrgenommen haben.

"Denn wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus; sondern wir haben seine Herrlichkeit selber gesehen. Denn er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu ihm kam von der großen Herrlichkeit: "Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe". Und diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge. Umso fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen."

Was sich mit Jesus verbinden lässt und mit den Worten, die von ihm ausgingen und über ihn gesagt wurden, ist Licht – ein Licht, dass es hell machen will in den Herzen der Menschen. Fast wie ein Kriterium der Christlichkeit unserer Worte heute könnte dies sein: machen Sie es hell im Herzen eines Menschen oder lassen Sie es dunkel sein oder werden?

Sicher: das wäre das mindeste, was von christlichen Worten zu erwarten wäre. Denn auch liebevolle und so ganz und gar menschliche Worte tun dies schon: ein Lob, ein Wort der Unterstützung, ein schlichte Erklärung von Sympathie, Freundschaft oder gar Liebe.

Einen Schritt weiter gilt es zu gehen. Das Licht, das Menschen mit Jesus empfanden, war und ist göttliches Licht. Göttliche Wirklichkeit bricht herein in die eigene. Und dies nicht nur als Einzelerfahrung, sondern als Erfahrung mehrerer Menschen und dann mehrerer Gemeinden und zuletzt als Erfahrung der weltweiten einen und doch so vielgestalteten Kirche.

 

Das, was uns unterscheidet von anderen Religionen ist nicht der Gottesglaube – ihn teilen wir mit Juden und Muslimen; ist nicht die Hingabe, nicht der Einsatz für Menschheit und Schöpfung, sind nicht die grundlegenden Werte, die wir mit allen Religionen teilen, sondern es ist einzig und allein dieser Jesus von Nazareth in seiner Bedeutung als eine wahrhaftige "Lichtgestalt".

Dazu müssen wir ihn nicht "Sohn Gottes" nennen, auch nicht "Christus", oder "Messias", oder "Menschensohn", nicht "Heiland", "Retter", "Herr" oder "Meister". Nein, es gilt nur zu erkennen, wie sich Gottes Liebe, sein Wohlgefallen und seine Freude in diesem Menschen ausgewirkt haben und diese drei – Liebe, Wohlgefallen und Freude Gottes – auch für sich selbst und für alle Menschen gelten zu lassen!

Wer sagt, das sei zu wenig, der sage mir, was Jesus mehr wollte.

Seine Antworten auf die Fragen der Menschen nach Heil und Heilung waren Lebensantworten und keine Vertröstungen, sein Umgang mit Schuld und Versagen waren nicht Anklage und Verhaftung auf Schuld, sondern Vergebung und Zuspruch – was bedeutet das eigentlich, wenn wir heute über Jugendkriminalität reden? - , seine Freude war Lebensfreude,

Freude an Kindern, Freude an Gott. Sein Lebensgefühl war das Reich Gottes, schon jetzt mitten in seinem und der Menschen Leben, sein Vertrauen galt Gott bis an die letzte Grenze des Scheiterns, bis an den eigenen gewaltsamen Tod. Und die Antwort Gottes auf diese Gewalttat an diesem seinem Sohn war nicht Gewalt und war nicht Strafe, sondern war Auferweckung, war Lebensantwort.

Gott schien herein in das Leben Jesu und das machte sein Leben so hell und strahlend. Wenn wir hinter all den Formeln und Titeln, die wir mit Jesus verbanden und verbinden, nicht die Liebe, das Wohlgefallen und die Freude Gottes erkennen, dann sind sie wertlos und wir sollten davon schweigen.

Spüre ich aber mitten in meinem Leben, so ganz für mich, wie Gott in mein Leben hereinscheint, wie er es hell macht, sei es durch ein biblisches Wort, das mir zu seinem Wort wird, sei es durch eine seiner Töchter oder einen seiner Söhne, die ein Wort oder eine Geste für mich haben, dann bin ich Jesus auf der Spur – und dann sollte ich nicht schweigen, sondern von Jesus erzählen, von seinen Seligpreisungen der Gott Suchenden, der Barmherzigen, Sanftmütigen und der Friedenstifter, von seiner Gottesfreude und seinem Gottvertrauen. Es wird sein, für Erzähler wie für Hörer, wie "ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in den Herzen der Menschen". Amen.

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