8. Sonntag nach Trinitatis: Eph 5, 8b-14

17.07.2016 | 12:00

Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen.
Amen.

Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist, und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf. Denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich. Das alles aber wird offenbar, wenn's vom Licht aufgedeckt wird; denn alles, was offenbar wird, das ist Licht. Darum heißt es: Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.

Liebe Gemeinde,
so lautet der Abschnitt aus dem Epheserbrief, der an diesem Sonntag Predigttext ist. "Lebt als Kinder des Lichts!" Kennen Sie, kennt Ihr "Kinder des Lichts"? Habt Ihr Menschen in Eurem Leben, die in besonderer Weise das ausstrahlen, was Glauben ausmacht? Und könnt Ihr Euch erinnern, wer eigentlich in den Anfängen Eures Glaubens Eure "Kinder des Lichtes" gewesen sind? Das ist keine atmosphärische Frage des Lebens, weil mit Licht ja gerne eine bestimmte Atmosphäre verbunden wird – sondern es geht mit dem Thema des Sonntags heute um ganz existentielle Fragen und Erfahrungen.

Das Licht, was heute mit den Bibelworten des Sonntags angesprochen wird, ist kein wie auch immer besinnliches Pillepalle, sondern wir reden heute über das Eingemachte des Lebens und des Glaubens. Und wenn ich Euch frage, wer in Eurem Leben ein "Kind des Lichtes" war oder ist, dann rede ich von Menschen, die Euch ganz Wesentliches zum Vorschein gebracht haben oder dies immer wieder tun. Licht als Symbol ist ja heute leider verkommen zu einem atmosphärischen Platzhalter. Wir müssen übrigens insgesamt sehr auf unsere Symbole aufpassen, nicht nur auf das Licht. Viele Symbole stehen in der Gefahr, verloren zu gehen, weil sie immer mehr für Belanglosigkeiten und Sentimentalitäten stehen. Aber der Glaube an den Gott, der in Christus diese Welt aufsucht, bleibt nicht bei Belanglosigkeiten und Sentimentalitäten, das ist keine Wohlfühlreligion, die sich der Schärfe, der Herausforderung und der Dunkelheit des Lebens nicht stellt, sondern lediglich eine schöne Oase im Leben darstellt, in die wir uns immer wieder zurückziehen können.

Das mag den einen Tag das richtige sein, sich zurückziehen, Abstand vom Alltag gewinnen, Schönes und Erholendes zu gestalten und zu feiern. Aber was ist morgen und was ist übermorgen und was ist, wenn wir in schwere See geraten? Was ist wenn uns die letzten Fragen gestellt werden, die Fragen nach Sterben und nach Tod, nach dem, was denn aus uns wird, wenn wir es nicht mehr in der Hand haben? Diesen Fragen will sich der Glaube an Christus stellen. Fragen die oftmals zunächst keine Antworten finden können, weil es keine schnellen und einfachen Antworten auf diese Fragen gibt.

Sehen wir uns die Ereignisse dieser Woche an: unbändiger Terror, Gewalt, viel zu viele Tote, und es beschleicht das Gefühl, es kommt immer näher. Das wirft Fragen auf, die keine Antwort finden, jedenfalls keine schnelle. Und doch verschließt der christliche Glaube nicht die Augen davor. Der Abschnitt aus dem Epheserbrief unterscheidet darum ganz radikal zwischen Finsternis und Licht – und wir müssen uns denken: zwischen Gut und Böse, zwischen Ewigkeit und Vergänglichkeit, zwischen Heil und Unheil, zwischen Erlösung und Verdammnis. Diese Alternativen sind nicht besonders beliebt in unseren Tagen, sie scheinen immer ein Relikt aus dem Mittelalter oder zumindest aus längst vergangenen Tagen der Kirche.

Keiner will in der Kirche ein Moralpinsel sein, darum reden wir heute ungerne von der Seite, die der Epheserbrief mit Finsternis umschreibt. Und wir versuchen, die Anstößigkeit zu vermeiden, nehmen aber oftmals so der Botschaft ihre Spitze und ihre Schlagkraft. Wenn wir also nach den "Kindern des Lichts" in unserem Leben fragen, wenn wir unsere Menschen benennen, die uns leuchtende Zeugen der Botschaft gewesen sind, dann fragen wir nach den Menschen, die uns auch vorgelebt haben, was denn auch in der Finsternis noch Licht ist. Und wir machen alle Erfahrungen der Finsternis, darum sollten wir auch in der Kirche wieder davon reden!!!

Ich bin meinen "Kindern des Lichts" allen einzeln sehr dankbar für das, was ich von ihnen erfahren habe. Ich bin froh, dass mein Glaube auch in der Finsternis trägt, weil es Menschen in meinem Leben gab und zum Glück immer wieder gibt, die mir die Kraft dieses Lichtes nahegebracht haben. Und mich so auch herausgefordert haben, als Theologe nach der Tiefe der Botschaft zu suchen, nach dem also zu suchen, was die Finsternis dieser Welt, was die eigene innere Finsternis und was die Angst vor dem Vergehen erleuchten kann.
 
Weil wir uns an dem Christus orientieren, nehmen wir es in unserem Glauben mit allem auf, was uns im Leben begegnet und noch begegnen kann. Und es gibt die Finsternis, das können und dürfen wir nicht weg- oder schönreden – auch wenn es nicht populär ist und auch wenn es nicht bequem ist, wir müssen der Welt und unserem Leben und der menschlichen Existenz ins Auge sehen, wollen wir den Christus Gottes ernst nehmen mit seiner Sendung zu uns Menschen.

"Der der Welt zum Heile gesandt war", so heißt es in der Bibel und in unserer Liturgie. Und dieses Heil bedeutet das Licht für die Welt und für uns und für unser Leben, für unsere manchmal ganz dunklen Seelen, die Angst haben, sich schuldig fühlen, an sich selber und an vielem anderen zweifeln, und manchmal auch verzweifeln wollen. Dafür ist Gottes Christus gekommen und nicht um hier und da ein bisschen Licht zu machen, dass wir uns zumindest zu Weihnachten, aber gerne auch immer mal wieder in schöner Atmosphäre den Inhalten des Glaubens widmen, sondern uns mit dem Glauben an Christus dem Leben stellen, so wie es sich für uns zeigt.

Hier wird wirklich deutlich, es geht heute mit diesem Thema "Licht" ums Eingemachte des Lebens und des Glaubens, und das ist es: "Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit." – ich habe diesen Vers von hinten aufgezogen, denn ich werbe um die Wahrheit und die Wahrhaftigkeit, mit der wir dem Leben und uns selber begegnen sollen, wenn wir dem Glauben an Christus das abgewinnen wollen, was seine große Kraft bedeutet. Wer Christus sehen will, wer Gottes Güte verstehen will, der muss der Wahrheit ins Auge sehen, der muss wahrhaftig mit sich und mit dem Leben und mit der Welt sein.

Und wenn wir der Wahrheit ins Auge sehen, dann sehen wir Licht, viel Licht – wir sehen Wunderbares und Schönes, wir sehen die Bereicherungen unseres Lebens, die Menschen, die so viel geben und gegeben haben, wir sehen die Momente, die unserem Leben ein Schatz geworden sind und wenn wir uns das alles ansehen, dann können wir uns nicht vorstellen, dass es uns auch genommen werden kann – aber manchmal ist es so.

Das Wunderbare und Schöne können wir nicht festhalten, sondern es wird uns auch genommen, wir scheinen es zu verlieren – und darum müssen wir eben auch von der anderen Seite sprechen, weil es unsere Erfahrung ist. Wenn wir das Leben in Wahrheit und Wahrhaftigkeit ansehen, dann sehen wir eben auch das Dunkle und das Bedrohliche, den Schmerz und die Vergänglichkeit, die Schuld und das Böse.

Und mit diesem wahrhaftigen Blick sollen wir Kinder des Lichts sein, nicht als moralische Forderung, diese Welt zu verbessern, sondern dieser Vers "Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.", fordert uns auf, unserem Glauben die Kraft zuzutrauen, die er hat. Der Glaube kann das letzte sein, was uns bleibt. Alles andere kann uns genommen werden, der Glaube wird am meisten gefordert, wenn wir mit leeren Händen vor unserem Leben stehen.

Das tun wir zum großen Glück lange nicht immer, oft dürfen wir die Fülle des Lebens schöpfen. Aber diese Fülle wird zu einem großen Geschenk, wenn wir auch Leere kennen. Und auch wenn wir in Fülle leben dürfen, so ist doch das Leben bedroht, das sehen wir jeden Tag, nicht nur in den Nachrichten. Die Finsternis ist gegenwärtig und wir haben die Verantwortung, das Licht unseres Glaubens zu verteilen, auszustrahlen und natürlich erstmal selber zu glauben.

Aber das können wir nicht einfach so, weil wir es uns vornehmen, oder weil es die Bibel von uns fordert. Wir brauchen unsere "Kinder des Lichts", die es uns vorleben, die es uns zeigen und erzählen, dass der Glaube tragfähig ist für alle Seiten des Lebens. "Die Frucht des Lichts ist lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit!", diese Frucht kann nur in der Gemeinschaft wachsen, im Geben und Nehmen des Lichtes und im Teilen und gemeinsamen Tragen.

In meinen ersten Tagen als Propst im Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein durfte ich miterleben, dass Grundsteinlegung und Richtfest des Emmaus-Hospizes hier in Blankenese sehr fröhlich und lebendig gefeiert wurden. Ein Haus mitten in der Gemeinde, nicht nur geografisch, sondern auch in der Überzeugung mitten in der Gemeinschaft der Christen. Das ist für mich ein wunderbares Beispiel für die Kinder des Lichts, die Verantwortung übernehmen mitten im Leben, mitten im Ort, mitten in der Gemeinde. Das Sterben ist eine Wahrheit des Lebens, die immer mehr aus unserem Leben verdrängt wird, darum ist es überaus sinnvoll, wenn die Kinder des Lichts, dem Sterben eine Würde geben, weil sie den Sterbenden mit Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit begegnen.

Und das mitten unter uns, mitten im Ort, mitten in der Gemeinde und in der Gemeinschaft, nicht am Rande, ganz im Verborgenem, sondern sichtbar, dass es bewusst wird und ausstrahlt. – Und so ist es beim näheren und genaueren Hinsehen oft, dass Menschen miteinander teilen und sich gegenseitig tragen, das Leben mit Freuden und mit Leiden, in der Tiefe mit Gut und Böse, mit Ewigkeit und Vergänglichkeit, mit Heil und Unheil, mit Erlösung und Verdammnis – und das geschieht eben oft mitten unter uns, mitten im Ort, mitten in der Gemeinde und in unserer Gemeinschaft des Glaubens. Ich wünsche uns allen den Mut, dass wir dem Glauben diese Tragfähigkeit zutrauen oder dass wir uns miteinander an diese Tragfähigkeit erinnern, sie uns gegenseitig vorleben oder darüber immer wieder im Gespräch sind. In diesem Sinne: "Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit."

Amen.

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