9. Sonntag nach Trinitatis - 1. Korinther 3, 9-15

17.08.2014 | 22:36

Predigt über 1. Petrus 4,7-11

Liebe Gemeinde, ich will den Predigttext für heute voranstellen.

Aus dem 1. Petrusbrief.

7 Die Zeit, in der alles zu seinem Ziel kommt, steht nahe bevor. Seid daher wachsam und besonnen und lasst euch durch nichts vom Beten abhalten. 8 Vor allem aber bringt einander eine tiefe und herzliche Liebe entgegen, denn »die Liebe«, ´so sagt uns die Schrift,` »deckt viele Sünden zu«. 9 Seid gastfreundlich gegenüber euren Geschwistern; nehmt sie gern und ohne zu murren auf. 10 Jeder soll den anderen mit der Gabe dienen, die er ´von Gott` bekommen hat. ´Wenn ihr das tut, erweist ihr euch` als gute Verwalter der Gnade, die Gott uns in so vielfältiger Weise schenkt. 11 Redet jemand im Auftrag Gottes, dann soll er sich bewusst sein, dass es Gottes Worte sind, die er weitergibt. Übt jemand einen praktischen Dienst aus, soll er die Kraft in Anspruch nehmen, die Gott ihm dafür gibt. Jede einzelne Gabe soll mit der Hilfe von Jesus Christus so eingesetzt werden, dass Gott geehrt wird. Ihm gehören der Ruhm und die Macht für immer und ewig. Amen.

Ich gestehe, mir ist der Text zu forsch, zu schnell an manchen Stellen, weil es sich – so ging es mir jedenfalls - nur schwer entdecken lässt, wo er eine Schneise für die eigene Lebensgeschichte bietet.

Er kommt sehr flink und schneidig daher. Ich denke an Jona, den Propheten Ninives, den Gott rief, und der zunächst sich nicht rufen lassen wollte. Er wollte schlicht nicht und unternimmt Abenteuerliches.

Mose traute sich nicht zu, was Gott von ihm forderte, als er zu den Israeliten in Ägypten reden sollte.

Ich will sagen – schön wäre es, wenn es immer so glatt ginge. Wenn die Ansprüche – so richtig und wahr sie sein mögen - auch immer sofort und gleich umsetzbar wären...

bringt einander eine tiefe und herzliche Liebe entgegen

Das ist gut! Aber wenn es gerade nicht geht?

Jeder soll den anderen mit der Gabe dienen, die er ´von Gott` bekommen hat. - ok, und wenn mir dazu gerade die Fantasie fehlt, geschweige denn meine Gabe überhaupt gerade mal erkennbar ist?

Auch der Prophet Jeremia – von Gott offenbar mit der Gabe der Prophezeiung ausgestattet - wollte nicht prophezeien. Ich bin zu jung! - schleudert er Gott entgegen.

Oder was ist mit dem armen Kerl, der sein Talent vergrub und es seinem Herren ohne Gewinn zurück gab. Bleibt für ihn tatsächlich nichts als Finsternis, Heulen und Zähneklappern?

Manchmal passt es eben nicht im Leben. Da fühlt man sich übergebügelt von den Ansprüchen, die aus einer fremden Galaxie zukommen scheinen.

Darum möchte ich diesem Text aus dem Petrusbrief ein Zitat gegenüberstellen, ein Zitat von Karl Rahner, wohl dem bedeutendsten katholischen Theologen des 20. Jahrhunderts.

Rahner schreibt: „Wir müssen dem Menschen von heute wenigsten einmal den Anfang des Weges zeigen, der ihn glaubwürdig und konkret in die Freiheit Gottes führt. Wo der Mensch die Erfahrung Gottes und seines - aus der tiefsten Lebensangst und der Schuld befreienden - Geistes auch anfanghaft nicht gemacht hat, brauchen wir ihm die sittlichen Normen des Christentums nicht zu verkündigen.“

Der Petrusbrief – das sollten wir uns erinnern - ist geschrieben auf der Basis einer tiefgreifenden Glaubenserfahrung. Einer Erfahrung, die ein Leben verändert hat.

Das war die Kernwirklichkeit der ersten Christengemeinden: Eine Lebensbild und wirklichkeitsverändernde Erfahrung ging dem Bekenntnis zu Jesus Christus und dann der Taufe voraus.

Es gibt ein Wort für diese Erfahrung: Evangelium. Es war die Erfahrung, dass das Leben ein Leben zum Guten ist. Eine Erfahrung, die etwas in dem eigenen Weltbild fundamental neu werden ließ. Und für die Menschen damals hatte es natürlich etwas mit Jesus zu tun. Eine Erfahrung, die einen Pessimismus, eine Hörigkeit, eine Unterwürfigkeit, eine Festgelegtsein, ein Verlorensein abstreifte. Da war etwas neu geworden.

Die Frage, die dahinter steht, heißt für mich, wie kann man Glauben lernen? Wo und wie kann man an diesen Erfahrungen schnuppern, von denen Rahner spricht? Von denen letztlich die biblischen Texte erzählen?

Mit Blick auf Taufe, und das Begleiten der eigenen Kinder, aber auch mit Blick auf sich selbst eine immer wieder neu und anders ins Spiel kommende Frage.

Ein paar Stimmen dazu: Wir waren in der ersten Woche der Sommerferien wieder mit gut 25 Jugendlichen aus unserer Gemeinde zu Gast in Taizé, mit knapp 2700 weiteren Jugendlichen aus aller Welt. Dieser auf einem Hügel gewachsene Winzlingsort im Burgund ist – modern gesprochen – eine Art Labor, um Glauben zu lernen. Jugendliche, die zum ersten mal mit waren, erzählten zuhause voller Begeisterung: „ Da muss man unbedingt hin. Das ist eine Erfahrung für´s Leben. Jeder muss da mal hin. Taizé hat uns verändert. Man denkt mehr nach, bevor man handelt.“

Man kann Glauben lernen. Vielfältig. Man muss sich schon auch selbst auf den Weg machen...

Eine ganz andere Stimme: Ein alter Mann, dessen Frau verstarb, erzählte, wie er im Alter mehr und mehr zum Glauben gefunden habe. Er war ein rebellischer und insbesondere kirchenkritischer Geist gewesen. Ist er auch noch. Und meinte, wenn er nun auf sein Leben zurückschaue, dann habe er mit dem Abstand der Jahre heute das Gefühl, als ob er von einer größeren Kraft auf so manchen Wegen geführt worden sei. Weil einerseits manches, das so ausweglos schien, dann irgendwie doch gut endete, - was aber viel bedeutsamer war, weil er in der Summe den Geschichten seines Lebens – mit allen Fehlern, die er beging, mit allen Fehltritten, mit allen Rückschlägen und Ungerechtigkeiten, - einwilligen konnte, weil er „ja“ sagen konnte zu seinem Leben - und er sagte, dass es gut war, so wie es war... Und er gebrauchte dabei das Wort Gnade. Dieses Zustimmen können erlebte er als eine große Gnade. Da wächst einem, wenn man wachsam ist und hinschaut, die Erfahrung von Glaube und Gnade zu. Es hat etwas sehr vertrauensvolles und Versöhnliches. Auch das ist ja eine große Qualität vonJesus gewesen... Menschen zu versöhnen mit sich und anderen...

Eine dritte Geschichte: Ein Mann, Naturwissenschaftler, Chemie-Ingenieur, in der Mitte seines Lebens, merkt, dass ihn eine innere Leere umtreibt, die sein Beruf und sein jetziges Leben nicht füllen können.

Etwas in seinem Leben fehlt, das er bislang nicht in den Blick genommen hatte. Eine Sehnsucht meldet sich und er macht sich auf den Weg. Es ist ein Aufbruch, er beschließt weniger zu arbeiten und hat mehr Zeit für anderes.

Das ist gegen den Trend unserer Zeit. Gegen jede Wachstums- und Beschleunigungsideologie. Aber es gibt viele Menschen gerade in der Mitte Ihres Lebens, die so ein Wunsch und so eine Sehnsucht umtreibt, nach Echtheit, auch nach Einfachheit, weil die Sattheit, die uns von allen Seiten umgibt, uns manchmal stumpf werden lässt gegenüber dieses andere im Leben, gegen das, was Rahner einen Weg nennt, der glaubwürdig und konkret in die Freiheit Gottes führt.

Und da – glaube ich – reicht es nicht, sich nur auf das Gutsein zu verlassen, wie man die Worte aus dem Petrusbrief durchaus auch verstehen könnte.

Damit wirklich etwas neu wird, braucht es ein im Glauben wie im Leben gewachsenes Vertrauen auf den Glauben.

Wir brauchen diese Erfahrungen, weil unsere Seele sonst leichter Gefahr läuft, verloren zu gehen.

Und doch möchte ich zum Schluss noch einen Satz im Besonderen aus dem Petrusbrief aufgreifen. Der eben doch – aus dieser Erfahrung heraus – so wahr ist.

bringt einander eine tiefe und herzliche Liebe entgegen

Man kann dies angesichts dieser akuten Gefahr in unserer Welt mit Blick in den Irak, in den nahen Osten, in die Ukraine wo auch noch hin - für zynisch halten.

Man kann aus einer anderen – vielleicht aus einer Glaubenserfahrung heraus – diesen Worten aber auch eine ernst gemeinte Kraft zutrauen. In Taizé sangen wir ein Lied auf polnisch, das heißt: Bóg jest miloscia – oder so ähnlich: auf deutsch: Gott ist nur Liebe. Und es heißt weiter im Text: Wagt für die Liebe alles zu geben. Gott ist nur Liebe. Gebt euch ohne Furcht.

Und ich dachte. Ja, so könnte es sein, wenn es ohne Furcht gelänge...
Amen

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