Johannes 20, 1. 11-18

09.04.2007 | 00:15

Klaus-Georg Poehls

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

 

Liebe Gemeinde!

 

Die Frauen sind der biblischen Überlieferung nach in der Überzahl und gleichsam in der Übermacht, wenn es um Auferstehung geht. Sie sind die ersten am Grab, sie sind die ersten Zeuginnen von dem, was Auferstehung heißt, sie sind näher dran an Jesu Tod und an Jesu Leben, dem alten wie dem neuen.

 

Woran liegt das? Gibt es ein besonderes weibliches Empfinden für Auferstehung? Ist es wie bei der Kommunikation eine besondere Schaltung des weiblichen Gehirns, die es meiner Frau dann auch erlaubt, mich kommunikativ auf einem Feldweg zu sehen, während sie mit ihren Geschlechtsgenossinnen sich auf einer mehrspurigen Autobahn wähnt? Bin ich, sind wir Männer, nun auch österlich eher tölpelhaft veranlagt? Das würde zumindest erklären, warum ich mich gerade mit den Osterpredigten so schwer tue.

 

Ernsthafter aber: auch wenn nach biblischem Zeugnis die Jüngerinnen Jesu näher am Geschehen der Auferstehung dran waren, so war blieb dieses doch eines, das sich schwer fassen, und erst recht schwer weitersagen lies. Wer Sätze sagt wie "Ich habe den Herrn gesehen" oder "Der Herr ist auferstanden", wird schnell in ein Gesicht blicken, in dem sich Höflichkeit, Mitleid und Spott mischen. Ich erinnere mich gut an einen unserer südafrikanischen Gastgeber in unserem letzten Urlaub. Er überraschte mich morgens um 6.00 Uhr mit dem Satz "Klaus, the Lord has spoken to me". Da soll einem noch vor Sonnenaufgang erstmal eine Antwort einfallen…

 

Es ist früh am Morgen, noch ist alles dunkel. Wie eine Ahnung liegt der neue Tag in der Luft. Die Finsternis, in der Maria von Magdala ihren Weg sucht, wird dem Sonnenlicht bald weichen. Was mit der Finsternis wird, die sich durch den Tod Jesu auf Marias Seele gelegt hat, wird die Sonne nicht einfach erhellen können.

 

Sie war Jesus gefolgt, wurde eine seiner Jüngerinnen, setzte sich manchen Unterstellungen aus, Unterstellungen, die noch bis heute anhalten sollten. Immer noch ist es schick, gerade Maria von Magdala für die Geliebte Jesu zu halten. Das ist reine Spekulation. Aber sie stand unter dem Kreuz, als Jesus starb – die Jünger waren geflohen. Sie war Jesus bis an seinen Tod gefolgt. Und konnte nicht von ihm lassen.

 

Sie hatte ihn mit begraben in jenem Grab im Garten, der so nahe an der Kreuzigungsstätte lag. Das Passahfest war nun vergangen und nun kommt sie zum Grab. Mag sein, dass ihr Schmerz und ihre Ratlosigkeit sie so früh zum Grab treiben. Vielleicht auch war das Verbot der römischen Behörden, gekreuzigte Verbrecher zu beweinen und an ihr Grab zu gehen, der Grund. Und so geht sie, wenn noch alles schläft. Mutig war sie auf jeden Fall. Zuwiderhandlungen gegen das Verbot konnten mit Hinrichtung bestraft werden.

 

Und Maria sieht, dass der Stein, der das Grab verschloss, weggerollt ist. Und weint. "Frau, was weinst du?" wird sie angesprochen. Und jetzt kann sie den Grund ihres Schmerzes aussprechen. "Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben."

 

Es ist nicht nur das Geschehen von Karfreitag, es ist auch, dass ihr nun, da der Leichnam weg ist, der Ort für ihre Trauer, der Ort für die Zwiesprache mit dem geliebten Menschen, genommen wurde. Es ist jener Schmerz, den wir bei Menschen finden, die das Grab ihrer Lieben nicht finden und nicht wohin wissen mit ihrer Trauer. Spricht man sie an, bricht sie hervor und stellvertretend nimmt man an, was an den Toten oder an Gott gerichtet war. So sind Engel - Menschen, bei denen man seine Trauer aussprechen kann.

 

Aber auch die Engel helfen Maria nicht, an Auferstehung zu denken, erst recht sind es nicht der weggewälzte Stein und das leere Grab, die ihr zu Zeichen der Auferstehung werden.

 

Sie kommt nicht über ihre Traurigkeit hinaus. Der Evangelist Johannes beschreibt mit Maria seinen Gemeinden jenen Stillstand des Glaubens und der Hoffnung, jenes "Einfach-nicht-mehr-Wissen", wo sie Jesus suchen sollen und finden können. Die Gefahr ist da, alles aufzugeben – sich selbst, all das Schöne, das da war, die Hoffnung, die Zuversicht.

 

Maria wendet sich um – als ob sie wirklich aufgeben und sich resigniert und innerlich erstorben in ihren Alltag zurückziehen wollte. Noch als Jesus lebte, hatten es so andere Jünger gemacht, zuletzt kehrten auch Petrus und der im Johannesevangelium so oft vorkommende "Jünger, den Jesus liebhatte", so vom Grab um. Die Sache Jesu scheint nun auch endgültig gestorben.

 

Der Tod Jesu hat sich ausgewirkt bis in die letzte Lebensbeziehung hinein – alles ist durchkreuzt. Der da gesagt hat, "Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben", der ist in der Finsternis untergegangen und die Seinen mit ihm.

 

Und genau der tritt Maria nun in den Weg. Die Wandlung beginnt. Maria erlebt, dass jemand sie anspricht: "Frau, was weinst du? Wen suchst du?" Der, den sie für den Gärtner hält, fragt schon, ob sie einen Toten oder einen Lebenden sucht, ob sie zurückblickt, in den Tod, ins Grab oder nach vorn – hinein ins Leben, ins Licht.

 

Maria aber bleibt fixiert auf den toten Jesus. Natürlich, die Bilder eines geliebten, aber toten Menschen haben eine große Kraft, sie können sich vor alles schieben, was Hoffnung geben, den Blick heben will. Nichts weist für sie bei diesem Menschen, der sie angesprochen hat, auf Jesus hin – die Gestalt nicht, die Stimme nicht, das leere Grab erst recht nicht.

 

Da ist kein sichtbarer Beweis für die Auferstehung Jesu; da ist kein Bild, das sie sich vom Auferstandenen machen kann. Es ist der Gärtner, und der muss ihren Jesus weggetragen haben. Auch aus dieser Unterstellung spricht noch der ganze Schmerz, den Maria empfindet, und der sie so Abwegiges denken lässt.

 

"Maria", spricht Jesus. Und die so Angesprochene wendet sich noch einmal um – diesmal kann es nur innerlich gemeint sein - und sie hat Grab und Tod hinter sich. Was sich wendet, ist ihr inneres Bild. Aus dem Gärtner wird Jesus, und Johannes will seine Gemeinde erkennen lassen an Maria: noch während sie voll Trauer ist, ist er schon da. Oder: Er kann da sein und Menschen dennoch gefangen in Trauer und Todesbildern – auch am Ostermorgen.

 

"Maria" – sie erkennt ihn an der Art, wie er ihren Namen sagt, und es eröffnet sich die ganze Geschichte Marias mit Jesus. Und sie spricht zu ihm auf hebräisch: Rabbuni!, das heißt: Meister!

 

Aber die Wandlung ist noch nicht ganz geschehen; Maria versteht Jesu "Lebendigsein" noch nicht. Wie im Traum greift sie nach ihm, um zu begreifen, was ist, um ihn zu halten: aber die Art der Gegenwart Jesu ist jetzt eine andere. Man kann ihn nicht be-greifen wie in seinem irdischen Leben. "Rühr mich nicht an!" oder "Halte mich nicht fest".

 

Nicht die Beschwörung des Vergangenen, nicht das Festhalten am Alten, ist Aufgabe der Gemeinde, sondern immer neu soll sie die Gegenwart Gottes in Jesus erfahren – in seinem Geist, in Gottes Geist – hier verbinden sich alle unterschiedlichen Wahrnehmungen, die die Bibel von Gott hat, zu einem Geschehen, das seither die Menschen freisein und jubeln lässt. Auferstehung, Ruf der Liebe ins Leben, Freiheit im Geist Gottes, Leben im Licht.

 

All dies nur über das Wort, mit nichts in der Hand.

 

Und so sind es Worte, keine Wundertaten, keine Zombies, keine Erscheinungen, die ahnen lassen, was Auferstehung bedeutet. Gott hat das Wort gewählt, die persönliche Ansprache: ""Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben."

 

Ganz neu wird Maria Jesus nachfolgen können. Sie braucht nicht mehr ihn selbst, seine Gestalt, seine Art, sie anzusprechen. Sie braucht aber weiter, was sie mit ihm und in ihm fand: eine Liebe, die sich mitteilt und die nicht aufhört. Sie teilt sich mit, wo Worte in Jesu Sinne gesprochen werden. Da weicht Totes und Erstarrtes dem Leben.

 

Maria kehrt zurück nach Jerusalem. Sie sagt den Jüngern: "Ich habe den Herrn gesehen. Er lebt und geht zu seinem Vater und Gott, der auch euer Vater und Gott ist".

 

Wie die Jünger auf diese Botschaft reagierten, wird nicht gesagt.

 

Aber seitdem feiern Christen Ostern, ausdrücklich wie zu diesen speziellen Ostertagen, oder verborgen:

 

Vor einer Woche feierten wir in einem kleinen Kreis ein besonderes fest. Armine und Arthur hatten vor sechs Jahren ihre beiden kleinen Kinder bei einem Brand im Flüchtlingswohnheim verloren. Wir haben sie gemeinsam beerdigt.

 

Die beiden versanken in einer Trauer, die noch verstärkt und fast unerträglich wurde, als sie von ihren toten Kindern getrennt und abgeschoben werden sollten. Ein Unterstützerkreis entstand, der wirklich alles versuchte, um eine Abschiebung zu verhindern. Und plötzlich war, was vorher rechtlich nicht möglich war, Recht. Sie dürfen bleiben. Armine hielt eine kleine Rede an letzten Sonnabend, bedankte sich und sagte: "Ich will wieder leben und ich schaffe das".

 

Das sagte sie nicht als eine, die einigen Menschen zu danken hatte, das sagte sie als eine gläubige Frau, die an einem Grab fast alles verloren hatte.

 

Auferstehung mitten unter uns, denn der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!

 

Amen.

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