Johannes 6, 35 ff. | Eröffnung der Ökumenischen Bibelwoche

25.01.2009 | 16:39

Lutz Buchheister

Liebe Gemeinde!

1. Beginnen wir beim Brot.
Lassen Sie mich mit einigen persönlichen Sätzen beginnen! Meine Frau kommt aus einem Bäcker-Elternhaus. Vater Bäcker, Mutter aus einer Bäckerfamilie, beide Großväter Bäcker usw. Sie selbst ist Pastorenehefrau geworden und engagiert sich viel für Menschen, aber auch sie backt gerne - Brot und manche andere Gaumen erfreuende Backwaren. Ich kenne also gutes Brot. In Deutschland gibt es einige hundert verschiedene Brotsorten. Weizen-, Roggen-, Kartoffel- Dinkelbrot, u.v.a.m. in jeweils vielfachen Variationen. Brot gibt es seit Jahrtausenden in fast allen Kulturen – eben auch im alten Israel. Jesus hat Brot gegessen. Brot hat etwas Urtümliches an sich. Brot ist lecker. Ich bin recht sicher, dass alle, die heute Morgen nicht nur unbegreiflicherweise mit Kaffee und Zigarette zufrieden waren, oder gar nur Müsli zum  Frühstück hatten, die hatten Brot oder Brötchen auf dem Tisch, vielleicht frisch aus dem Ofen. Wie das duftet! Ich kann mir ein Leben ohne Brot nur sehr schwer vorstellen und will es auch gar nicht. Jesus hat sich auch kein Leben ohne Brot vorgestellt, - ganz sicher, denn dafür  kommt Brot in zu vielen seiner Geschichten vor. Auch im Vaterunser – Gebet werden wir nachher beten „unser tägliches Brot gib uns heute.“ Hier in unserer heutigen Stelle aus dem Johannesevangelium wird deutlich, welche hohe Wertschätzung Jesus dem Brot beimisst. Gerade am Tag zuvor hatte er mit 5 Gerstenbroten durch ein Wunder der Vermehrung viele Menschen satt werden lassen. Nun redet er noch einmal vom Brot. Er weiß, mit Brot kann jeder etwas anfangen, das verstehen die Menschen. ER versteht sie. Jesus ist so gut auf Menschen zu sprechen. Alle Brot-Bäckerinnen und Bäcker, alle Brotgenießer unter Ihnen mögen sich besonders angesprochen fühlen. Brot ist ihm soviel wert, dass er damit sogar etwas über sich selber deutlich machen will. Und das kann er ja meisterhaft, die Menschen bei einer Sache abzuholen, die alle kennen, und damit zu erreichen, dass die meisten Menschen, die zuhören, ihm zustimmen, „Ja so ist es.“ Und dann stößt Jesus im nächsten Schritt ein Fenster zum Himmel auf. So auch hier. ER verbindet den Himmel mit seiner Person und verbindet so den Himmel mit der Erde. Das macht er in den Gleichnissen und in so vielen Bildworten des NT. Er sagt:
V. 35 Ich bin das Brot des Lebens,
 Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern;
 Und wer an mich glaubt, den wird nimmer mehr dürsten.
Alle horchen auf, wie das? Und noch einmal wiederholt er:
V. 48 ICH BIN DAS BROT DES LEBENS.
V. 51 Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist.
Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit.
V. 47 Wer glaubt, der hat das ewige Leben.

 

2. Es geht Jesus – um Leben, - um den Hunger und den Durst der Menschen nach Leben.
Hunger und Durst nach Leben ist ja einer der tiefsten menschlichen Wünsche auch heute. Z.B. von vielen alten Menschen – Die meisten Menschen wollen ja wohl gerne alt werden – nur möchten die wenigsten Menschen alt sein. Und die Frage sei erlaubt: Wird wirklich Leben gewonnen, wenn dem Tod immer wieder ein Schnippchen geschlagen wird? Heißsein auf Leben. Viele junge Leute können es oft kaum erwarten bis sie 18 sind, endlich starten mit dem Leben z.B. im Besitz des Führerscheins. Das war früher bei mir genauso, ich musste aber lernen, dass damit das Leben noch lange nicht von allein losgeht. Dazu braucht es viel mehr. Hunger nach Leben. Je schneller die Jahre dahinfliegen, haben viele Erwachsene Angst, etwas zu verpassen und jagen oft einem Erfolg oder einem Event nach dem anderen, dem Leben hinterher. Leider werden viele dabei im Berufsstress selbst zu Gejagten. Auch ich fühle mich auch gelegentlich gejagt. Doch das darf dann nicht lange so bleiben. Manchmal gleiche auch ich Leuten, die verflossener Zeit nachjagen, suchen Zeit zurück drehen oder suchen, wie Zeit gespart werden könnte, um noch mehr zu schaffen oder noch mehr zu erleben, jagen freier Zeit hinterher. 
Nebenbei, kürzlich las ich dazu einen kleinen  Abschnitt aus dem Kleinen Prinzen:
„Guten Tag“, sagte der kleine Prinz. „Guten Tag“, sagte der Händler. Er handelte mit höchst wirksamen Durst stillenden Pillen. Man schluckt jede Woche eine und spürt dann überhaupt kein Bedürfnis mehr zu trinken. „Warum verkaufst Du das?“ fragte der kleine Prinz. „Das ist eine große Zeitersparnis“ sagte der Händler. Die Sachverständigen haben Berechnungen angestellt. Man spart dreiundfünfzig Minuten  in der Woche.“ „Und was macht man mit diesen dreiundfünfzig Minuten?“ fragte der kleine Prinz. „Man macht damit, was man will.“ sagte der Händler. „Wenn ich dreiundfünfzig Minuten übrig hätte“, sagte der kleine Prinz, „Würde ich gemächlich zu einem Brunnen laufen und trinken.“ 
Hunger nach Leben. Jesus wählt den Vergleich mit dem Brot, als Beispiel für etwas was so sympathisch satt macht, was so Seelen und Nervennahrung sein kann. Brot steht damit bei ihm auch für die Lebenserhaltung und Lebenserfüllung wie ein Inbegriff für alles das, was Menschen zum Leben brauchen, was „Not tut für Leib und Leben“ wie es in den alten Texten heißt.  Ich mag darum solche Gottesworte so sehr, welche die Menschen in ihrer Lebensjagd entlasten können – auch mich entlastet es, wenn ich begreife, du hast doch, was du zum Leben brauchst, im Glauben an Jesus Christus.

 

3. Jesus spitzt darum den Vergleich mit dem Brot auf sich, auf den Glauben an ihn zu.
Im Kontext der Bibel formulierte Jesus seine Worte z.T. auf dem Hintergrund archaischer Opferpraxis. Damals konnte er die Menschen damit gut erreichen. Doch während der Begriff „Brot“ uns auch heute noch anspricht,  erreichen uns die Worte des Essens seines Fleisches und Blutes im Kontext des NT heute nicht mehr so gut. Was wir aber heute immer noch leicht verstehen ist, dass das Brot gegessen, und verzehrt wird, dass es in uns hinein geht und in uns seine Energien entfaltet und so ein Teil von uns wird. Ausgehend von diesem natürlichen Vorgang überträgt Jesus das Brotessen auf die Wirkung des Glaubens an IHN.  Nun ist der Glaube ein Geschenk Gottes und kann nicht von Menschen gemacht werden. Er braucht aber Offenheit im Menschen, wenn er wirken soll. Dafür wirbt Jesus bei den Menschen. Er darf keine oberflächliche Sache bleiben, sondern er muss aufgenommen werden in Herz, Leben und Denken, wenn er wirken soll, Energien, Kräfte, Wachstum und Gelassenheit in uns entfalten soll. Glaube muss hinein in die Kraft, die eine Liebe braucht, die am Bösen, am Unrecht und der Ungerechtigkeit nicht verzweifelt und stärker bleibt als der Tod. Glaube muss hinein in unsere Gedankenwelt, in unser Weltbild, unsere Entscheidungen, in unsere Ethik. So bewirkt Glaube die Stärkung unseres Urvertrauens zum Leben, unserer Hoffnung, dass dieses Leben nicht schon alles ist, sondern dass es Leben nach dem Tode gibt in der Schönheit und Herrlichkeit, der Gesundheit und der Geborgenheit des Gottes, der Himmel und Erde gemacht hat und der dennoch den Weg der Niedrigkeit und Schwachheit zum Kreuz ging.
Noch mal im Einzelnen: Wie das Brot kommt der Glaube in uns hinein.  Jesus sagt, ER ist das Brot des Lebens. Das heißt, ER selber will und  muss in uns hinein. Ich sagte, der Glaube ist ein Geschenk Gottes, aber er braucht die Offenheit des Menschen für ihn. In den Gemeinden meiner Ev. - Freikirchlichen Herkunft, wird das z.B. so genannt: sich bekehren, sich für den Glauben an Jesus entscheiden, Christus als persönlichen Herrn anerkennen, das eigene Leben an Jesus übergeben, zum Glauben kommen. In meinem persönlichen Leben hat es einen solchen Einschnitt und Veränderung meiner Lebensausrichtung gegeben, als ich junger Erwachsener in den Zwanzigern war. Ihre ev.luth. Traditionen mögen solche Einschnitte oder Entwicklungen vielleicht anders benennen. Aber die Hauptsache ist, dass die Hauptsache die Hauptsache bleibt, hat jemand mal gesagt. Die Hauptsache ist Jesus. Jesus will und muss hinein in das Leben von Menschen. Das passiert im geschenkten Glauben und in Gottes Frage nach dem Willen des Menschen. Irgendwann fragen sich in unserem Kulturkreis die meisten Menschen auf irgendeine Weise  einmal: Will ich glauben? Will ich zur Kirche, zur Gemeinde dieses Jesus Christus gehören? Und wo solcher Glaube, der sich an den Worten Jesu, seines Evangeliums, des neuen Bundes mit Gott durch ihn orientiert, wirkt, da entfalten sich Energien, da gibt es Orientierung, da wird ein neues Weltbild geformt, die Liebe, die nicht aufgibt, gespeist, da entsteht der Blick für ein christliches Menschenbild, die Grundlage für Menschenrecht, Ethik und Handeln des Einzelnen und der Kirche.

 

4. Jesus spricht: Wer an mich glaubt, der hat das Ewige Leben.
Noch einen Blick in ein Fenster zum Himmel. Ich habe gesagt, der Glaube bringt dem Leben auch die Entlastung, dem Leben hinterher jagen zu müssen. Jesus sagt: Wer an mich glaubt, der hat das ewige Leben. Er sagt nicht, der bekommt nach dem Tode ewiges Leben, das ist sicher auch eingeschlossen, aber was er sagt, ist umfassender. Er sagt „der hat“, d.h. jetzt das Ewige Leben. Ewiges Leben kann auch „Heil“ genannt werden: Der hat das Heil Gottes. Heil, das ist die Freude, die Glaubensgewissheit, persönlich zu Gott zu gehören, jetzt in Blankenese und ewig im Himmel. Der vertraut darauf, dass keine Macht der Welt, ihn mehr von Gott trennen kann, weder Krankheit noch Tod, weder Schicksal noch Ungerechtigkeit, weder Leid und offene Fragen nach dem Warum in schweren Tagen. Auch nicht eigene Schuld und Versagen trennt dann von Gott. Das ist das Besondere des christlichen Glaubens, dass Gott in Jesus Christus selber in die Welt gekommen ist, um durch seinen Tod am Kreuz allen eine Zukunft unauflösbarer Gemeinschaft mit diesem Gott zu eröffnen.  Im Heidelberger Katechismus der reformierten Kirche heißt die Frage Nr. 1: „Was ist dein einziger Trost im Leben und Sterben? Antwort: Dass ich mit Leib und Seele, im Leben und im Sterben, nicht mir, sondern meinem getreuen Heiland Jesus Christus gehöre.“ Das ist das Ewige Leben. Und das entlastet in der Jagd nach Leben? Weil das Leben schon da ist und in jeder Situation nur entfaltet werden will. Das gilt für den Erfolgreichen genauso wie für den Kranken, für die jungen Schülerinnen und Schüler genauso wie für den alten und schwachen Menschen. Wenn mein Leben schon da ist, werde ich natürlich nicht die Hände in den Schoß legen, sondern mich anstrengen, so viel Lebensentfaltung wie möglich darin zu entdecken, aber ich werde mich auch immer wieder zurück lehnen können und mich freuen, dass ich nicht lebe, weil ich etwas leiste, sondern dass ich längst etwas bin, weil ich Leben habe von meinem Gott. Das bedeutet es zu leben mit einem Blick in das Fenster zum Himmel. Der gute Satz, wir brauchen in unserem Leben nicht mehr Tage, sondern in unseren Tagen mehr Leben, findet im Blick auf das Leben mit Christus seinen unüberbietbaren Sinn. Ich habe einen jungen Mann kennen gelernt, der mit knapp zwanzig an Leukämie gestorben ist. – für die Eltern unfassbar. Ich erinnere aber, dass er seiner Mutter sagte. „Denke nicht, ich hätte viel versäumt. Mein Leben hat sich gelohnt. Ich kann gehen, es hört ja nicht wirklich auf.“ Ewiges Leben!  Wir haben im Wohn- und Pflegeheim TABEA viel lebendiges und fröhliches Leben der Senioren und der pflegebedürftigen Menschen, aber eben auch viele Menschen am Ende ihres irdischen Lebens. Wohl allen, die nicht aufhören, ihr Leben in jeder Situation zu entfalten, denn das Leben ist ja immer schon da -  sogar in der Schwäche des Alters. Bei vielen Geburtstagsbesuchen, an vielen Betten wird - nicht nur bei uns - der Psalm 23 gelesen, gebetet und geglaubt. Der Psalm handelt ja vom ewigen Leben - sogar mitten in Altersschwäche.
„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln ...“ Da wird der Psalm am Krankenbett zum Protestbekenntnis. „Und ob ich schon...  Das Dennoch des Glaubens Gutes und Barmherzigkeit ...“

 

Liebe Gemeinde, in wenigen Minuten werden wir eingeladen, am Abendmahl teilzunehmen, mögen wir auch darin ein Fenster zum Himmel erkennen, wenn wir die Gaben der Liebe Jesu aus Brot und Kelch in uns aufnehmen. Christus für uns – Christus in uns!
Ich wünsche allen, jetzt und nicht erst später diesen Blick des Glaubens in das offene Fenster des Himmels.
In Jesu Namen. Amen.

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