Lukas 16.9-13

22.03.2009 | 09:01

Dr. Reiner Blank

Und ich sage euch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit, wenn er zu Ende geht, man euch aufnehme in die ewigen Zelte. 16.10 Wer im Geringsten treu ist, ist auch in vielem treu, und wer im Geringsten ungerecht ist, ist auch in vielem ungerecht. 16.11 Wenn ihr nun mit dem ungerechten Mammon nicht treu gewesen seid, wer wird euch das Wahrhaftige anvertrauen? 16.12 Und wenn ihr mit dem Fremden nicht treu gewesen seid, wer wird euch das Eure geben? 16.13 Kein Haussklave kann zwei Herren dienen; denn entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird dem einen anhängen und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.

 

In diesen Tagen brauchen wir keinen falschen Blütenzauber, sondern Samenkörner für den Ackerboden unseres Alltags.

Die drei Hauptaussagen des Predigttextes:

1. „Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon“

 

2. Treu sein im Geringsten

 

3. Eindeutigkeit: Gott oder Geld

 

Was heißt das – „sich Freund machen mit dem ‚ungerechten Mammon’“?

Dazu möchte ich Ihnen eine Geschichte erzählen:

Ein reicher Unternehmer hatte ein Problem mit seinem Geschäftsführer. Er hatte ihm vertraut. Bis er über den Flurfunk irgendwie hörte, dass sein Geschäftsführer nicht ganz zuverlässig sei. Sein Vertrauen war gestört.
Gleichzeitig hörte der Geschäftsführer, dass er das Vertrauen des Chefs verloren hatte. Jetzt bekam er Angst, sah sich auf der Straße – arbeitslos. Panik.
Sofort nahm er Kontakt mit einzelnen Kunden auf, die Kredit aufgenommen hatten – er gab ihnen einfach so zwischen 20 und 50 % Nachlass. Die waren natürlich glücklich und freuten sich, in diesem Geschäftsführer einen netten Menschen, ja einen Freund gefunden zu haben.
Und der Unternehmer erfuhr davon, klopfte ihm auf die Schulter und meinte – na, du bist ein schlaues Köpfchen.

(Dies ist das Gleichnis, das unserem Predigttext voran geht.)

 

Erstes Prinzip:

Geld ist Mittel zum Zweck.

Sie kennen ja den Spruch „Geld regiert die Welt“.  Das ist eine Halbwahrheit.

Tatsache ist::

Wirtschaft ist der Motor für alles, was wir haben und brauchen für’s tägliche Leben. Wirtschaft funktioniert nach einem kalkulativen Faktor, der auf Gewinn ausgerichtet ist. Ein Unternehmen muss Gewinne machen, sonst verschwindet es vom Markt, sonst hat der Staat nichts in der Kasse, sonst ist Kirche pleite und das Licht geht aus. Wie man Gewinne macht, wird kalkuliert und kontrolliert von Finanzfachleuten.

Und hier hat sich im Laufe der Jahre ein lineares Denken entwickelt, dessen Folgen wir jetzt sehen. Tatsache ist, dass alle Studenten der Betriebswirtschaft nach dem amerikanischen MBA-Modell ausgebildet sind und schnelle Gewinne kalkulieren müssen. Getrimmt sind sie auf Opportunismus und kurzfristige Gewinne.

Also, nicht die Banker sind schuld, sondern wir erleben das Ende eines Systems, das falsch programmiert wurde.

Und jetzt sind wir mit unserem Wirtschaftsbasar an eine Grenze gekommen. „Der rigorose Kapitalismus hat versagt.“ meinte ein Wirtschaftsmann vor ein paar Tagen.

Keine Frage, wir brauchen für die globale Wirtschaft ein neues Regelwerk.

Mit Regeln kontrolliert man. Aber Sie und ich wissen, dass man allein mit Regeln kein Leben gestalten kann. Deshalb sage ich auf Grund dieses Jesuswortes:


Auf dem Hintergrund dieser Geschichte, sagt Jesus dann diese Worte:

2. Die einzige Währung, die Mehrwert bringt und unser Leben sichert, – ist Treue/Vertrauen.
„Vertrauen“ in diesem Raum der Kirche zu hören, ist nichts Neues. Wir nicken alle. Auch da „draußen“ in den meisten Unternehmen ist der Faktor Vertrauen bis zum Herbst 2008 ein netter Faktor gewesen.
Heute ist Vertrauen  in der Wirtschaft ein „harter Faktor“. 

Eine Untersuchung in den USA weist nach, dass (nur)
- 51% der Mitarbeitenden Vertrauen ins Management haben
- 36% der Befragten glauben, dass ihre Chefs ehrlich und integer sind
- und 76% der Mitarbeitenden haben Verhalten beobachtet, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Unternehmen schädigen würden, wenn es bekannt würde.

In anderen Worten: Die Beziehung der Menschen untereinander, die Förderung des Lebens miteinander, ist der Mess-Faktor, den Jesus setzt und den wir aktuell heute setzen müssen und werden, wenn wir einen neuen Weg in der Wirtschaft gehen wollen.

Was ist Vertrauen und wie entsteht Vertrauen? –
- Eine Person, die Vertrauen in ihrer Umgebung aufbaut, muss zunächst ein gutes und gesundes Selbstvertrauen haben.
- Vertrauen entsteht in unseren alltäglichen Spannungszonen. Ich begegne einem Menschen. Soll ich ihm vertrauen? Gehe ich ein Risiko ein? Fordere ich ihn heraus, mache ich ihm klar: Wir bilden jetzt eine Verantwortungsgemeinschaft! Das ist und bleibt riskant. Aber genau das schwingt in dem Wort Jesu mit.
- Der Wachstumsboden für Vertrauen ist TRANSPARENZ im Umfeld (vgl. Krise in den bundesdeutschen Stiftungen letztes Jahr, als bekannt wurde, dass eine Stiftung  (vs. Sozialisierter Individualismus)

Um Vertrauen in einer Unternehmenslandschaft zu etablieren, braucht es Vorbilder:

Beispiel
- In seiner Rede am 22. Februar zeigt Obama auf einen Bankdirektor, der unter den Zuhörern sitzt, und sagt – „John hat gerade seinen Bonus von 17 Millionen Dollar plus 3 Millionen aus seiner Privatschatulle an seine Mitarbeiter verteilt.“ Was Obama meint: So ist es richtig in dieser Zeit...

Es geht also nicht um Treueprämien, sondern um eine Kultur des Vertrauens.

Und hier die gute Nachricht zum Thema „Wirtschaft und Gerechtigkeit“: Die richtigen und nachhaltigen Beziehungen der Menschen in den Unternehmen muss und wird neu in den Blick kommen.

Nur wer  Vertrauen in seine Geschäfte mit einbezieht, schafft nachhaltig Werte für seine Unternehmung.

Im Juli wird eine Kabinettsvorlage vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales eingebracht: Mit einem Human Asset Rating können in Zukunft Unternehmen gemessen werden, ob sie in der Tat eine Vertrauenskultur pflegen. Nachweislich ist dies ein harter Wertschöpfungsfaktor, der auf die Dauer höhere und bessere Gewinne schafft als allein richtige Finanzkalkulationen.

„Das ist aber riskant“ sagen Sie. Richtig. Auf das riesige Konto „Vertrauen“ können Sie auch nur dann zurückgreifen – in und jenseits aller Finanzkrisen .- wenn Sie in der Lage sind grundlegenede Verpflichtungen und Bindungen einzugehen – im Sinne einer Verantwortungsgemeinschaft.
Verantwortungsgemeinschaft müssen wir neu lernen. Was wir (er)leben ist das Erbe der Aufklärung – „sozialisierter Individualismus“. Nicht dass wir „zurück ins alte Dorf gehen müssen“, vielmehr müssen wir strategisch das Prinzip der Verantwortungsgemeinschaft in Nachbarschaften und Unternehmen neu lernen.

Zusammenfassend: Wir reden eigentlich die ganze Zeit über „Gerechtigkeit“ (auch wenn ich das bisher nicht ausdrücklich erwähnt habe). Mit den Worten von Paul Tillich:  „Gerechtigkeit ist die Struktur der Liebe“


Drittes Prinzip:

Gott oder Geld

In diesem Raum feiern wir regelmäßig gemeinsam, dass  wir in Gott ein unendliches Girokonto an Treue, Vertrauen und Liebe haben, von dem wir täglich Beträge für uns abheben können – und weitergeben sollen.
 
In diesem Sinne wollen wir uns jetzt zu diesem unseren Gott bekennen, ausdrücklich. Wir stehen jetzt gemeinsam auf. Wir nehmen eine Haltung der Bereitschaft ein, um mit Ihm unseren Weg mit den Mitmenschen zu gehen – und sprechen das alte Bekenntnis des Glaubens, das uns mit Christen weltweit verbindet:

„Ich glaube an Gott...“

 

 

 


Zusatzinfo (nach dem Predigtnachgespräch):

Zitat aus einem Fachbuch: Margit Osterloh / Antoinette Weibel, Investition Vertrauen – Prozesse der Vertrauensentwicklung in Organisationen, Gabler: 2006.

„Die lohnende Investition in Vertrauen unterscheidet sich allerdings von üblichen unternehmerischen Investitionen in wichtigen Punkten:
- Erstens müssen zahlreiche risikoreiche Vorleistungen als „Vorschuss“ ohne vertragliche Absicherung erbracht werden. Diese Investitionen führen zunächst nur langsam zu einem Aufbau von Vertrauenskapital.
- Zweitens... Vertrauen wächst durch Vertrauen... Mit zunehmender Investition steigt nach dem hohen Anfangsrisiken  die Rendite überproportional
- Drittens zerstört allerdings ein dramatisches Fehlverhalten ein hohes Vertrauensniveau nachhaltig
- Viertens kann Vertrauen nicht wie andere Leistungen angemahnt oder befohlen werden. Der Satz „Du musst mir vertrauen“ löst eher Misstrauen aus...
- Fünftens ist Vertrauen im Gegensatz zu den meisten Investitionen nur bedingt mit Geld zu kaufen... Man läuft sogar Gefahr, das einmal erreichte Vertrauen zu zerstören, wenn man es durch „Zukauf“ steigern wollte... Vertrauen kann nur geschenkt werden.

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