Lukas 18, 1 - 8

10.03.2013 | 01:00

Clarita Loeck

Er sagte ihnen aber ein Gleichnis darüber, dass sie allezeit beten und nicht nachlassen sollen und sprach: Es war ein Richter in einer Stadt, der fürchtete sich nicht vor Gott und scheute sich vor keinem Menschen. Es war aber eine Witwe in dieser Stadt, die kam zu ihm und sprach: Rette mich von meinem Widersacher! Und er wollte lange nicht. Darnach aber dachte er bei sich selbst : Ob ich mich schon vor Gott nicht fürchte noch vor keinem Menschen scheue, dieweil aber mir diese Witwe so viel Mühe macht, will ich sie retten, auf dass sie nicht zuletzt komme und betäube mich. Da sprach der Herr: Höret hier, was der ungerechte Richter sagt! Sollte aber Gott nicht auch retten seine Auserwählten, die zu ihm Tag und Nacht rufen, und sollte er´s mit ihnen verziehen? Ich sage euch: Er wird sie erretten in einer Kürze. Doch wenn des Menschen Sohn kommen wird , meinst Du, dass er auch werde Glauben finden auf Erden?

 

 

Liebe Gemeinde,

Vor ein paar Monaten las ich in der "Zeit" einen Artikel über Freude bzw. Vorfreude.
Kinder- hieß es da- kennen heutzutage die Vorfreude im damaligen Sinn nicht mehr und damit auch oft die Freude nicht, die sich dann nach der Vorfreude und ihrer sehnlichsten Wünsche einstellt.
Ein bisschen nach dem Motto "früher war alles besser" kann ich in Erinnerung rufen, wie es war, wenn ich mich als Kind auf den bevorstehenden Geburtstag freute, z.B. das langersehnte Fahrrad erhoffte und die Spannung kaum mehr aushielt. Wenn es dann tatsächlich das Rad gab, das die Nachbarskinder schon längst hatten, dann war die Freude übergroß.

Ähnlich ging es mir mit meiner heißgeliebten Puppe. Sie hatte einen kahlen Kopf und ich wünschte mir so sehr, dass sie richtige Haare zum Kämmen hatte. Am heiligen Abend saß meine Puppe, die schon Tage vorher auf wundersame Weise verschwunden war, frisch und neu gekleidet und mit einer wunderschönen, festsitzenden Perücke auf dem Gabentisch – für mich ein wahres Wunder, eine unaussprechliche Freude und die Erfüllung meiner allergrößten Sehnsucht, meiner Wünsche und Bitten.

Heute erlebe ich in meinem Umfeld ganz anderes, und so geschieht es oftmals : Das Kind ist aus seinem Fahrrad herausgewachsen und es wird ein größeres angeschafft, wenn auch nicht immer neu, aber ohne dass es ein wochenlanges Sehnen und Erbitten gab – es wird eben herbeigeschafft, weil es nötig ist - wie Eltern und Kind meinen. Schneller lassen sich auf diese Weise kurz andauernde Sehnsüchte erfüllen und ein allgemeiner Wohlstand macht das Erfüllen so mancher Begehrlichkeiten einfacher, dafür aber die Zeit des Sehnens, der Freude kürzer.

Manchmal kommt mir dabei in den Sinn, dass ein auf diese Weise beglücktes Kind oder auch der schnell zufrieden gestellte Erwachsene um eine gehörige Portion Vorfreude und Erfüllungsfreude gebracht wird.

Eine andere Szene:

Wer von uns kennt diese Situationen nicht: Die pubertierende Tochter, die um 11.00Uhr zuhause sein sollte, ruft kurz vorher an – gerade, als wir Eltern uns aufmachen wollen, um das Kind von der Party abzuholen- und bittet, dass sie doch noch eine Stunde länger dort bleiben darf. Wir sitzen noch - draußen ist es ungemütlich kalt und regnerisch- auf dem gemütlichen Sofa und versuchen, unsere Grundsätze durchzusetzen. Die Tochter aber bleibt hartnäckig- im Hintergrund die johlenden Freunde.... und schließlich werden wir weich, wir wollen ja auch nicht als Spießer bei den Freunden unseres Kindes gelten, außerdem ist es verlockend, einfach noch eine Stunde länger sitzen bleiben zu können.

Es gibt so viele Situationen wie diese: Wie oft habe ich gehört -als Mutter oder auch als Großmutter: bitte noch etwas Süßes, noch länger aufbleiben,

den Fernseher bitte noch nicht ausschalten, die Extrawurst.... die all meine Grundsätze, meine pädagogischen Vorsätze, meine mir so wichtige Konsequenz erschüttern und ich nachgebe, weil ich die Kraft der Widerrede nicht habe, weil ich das bestimmte Image nicht will, weil es letztlich - einfacher und bequemer ist.

Und nun direkt zu meinem Predigttext: Jesus erzählt in seinen Gleichnissen und Geschichten vieles, in dem ich mich und wir alle uns, wiedererkennen können.Aber was für eine merkwürdige Geschichte liegt uns hier nun vor?!

Als ich in der letzten Woche begann, mich intensiv damit zu beschäftigen,

waren wir im Urlaub. Unsere Tochter war dabei, die gerade ihr zweites juristisches Staatsexamen gemacht hatte und sich gefallen lassen musste, dass ich ihr – um Beistand zu bekommen- meinen Predigttext vorlas. Ich wollte außerdem hören, was das sogenannte Volk sagt, wenn es diesen Text hört. Frisch aus der anstrengenden Referendarzeit kam auch gleich die empörte Reaktion, die ich erwartet hatte: „Einen solchen Richter, von dem hier die Rede ist, gibt es nicht. Absurd, ihn so darzustellen, denn gerade das macht den Richter doch zum Richter, er ist parteilos und bemüht und sogar beauftragt, Recht zu sprechen. Und die Witwe? Gerade eine Frau, die offenbar hilfsbedürftig ist, wird so abgewiesen? Unvorstellbar!“

In der Tat ist es manchmal nicht einfach, Texte aus der Bibel zu verstehen, wenn doch unsere eigenen Lebenserfahrungen, alles, was wir erlernt haben- auch aufgrund der vorgerückten, neuen Zeit - so anders ist.

Zu dem Zeitpunkt als Lukas dieses Gleichnis aufgeschrieben hat, blickt das Volk auf die Zerstörung Jerusalems und des Tempels zurück, etwa 80 Jahre nach Christus. Jesus ist für ihn der Heiland der Armen, der gesellschaftlich Verachteten, der völkisch und religiös Diskriminierten und jener, die vor Gott und den Menschen schuldig geworden sind. Jesus spricht in dem vorliegenden Gleichnis von einem ganz und gar furcht- und gottlosen Richter, einem fiesen Kerl, der damals sehr wohl bestechlich war, der vielleicht gerade dem Recht gab, der ihn am besten bezahlte. Und die Witwe? Sie gehörte zu jener Zeit zu den schutzlosesten und rechtlosesten Menschen in der Gesellschaft, war allein gelassen, verlassen und erbärmlich.

Die Geschichte stellt alles auf den Kopf, was wir erwarten: Die Witwe bekniet den Richter, immer und immer wieder, sie will, dass man ihr Recht gibt und schließlich wird sie dem Richter lästig, denn sie lässt ihr Klagen einfach nicht und er gibt letztlich ihrem Drängen nach, nicht, weil er von ihrem Reden überzeugt ist, sondern weil er am Ende ihr ständiges Nachfragen und Drängen nicht mehr ertragen kann und sich sogar vorstellt, wie es mit dem Klagen noch weitaus schlimmer kommen könnte.

Worum geht es eigentlich in dieser etwas skurrilen Geschichte? Jesus sagt in diesem Gleichnis, dass wir nicht aufhören sollen zu beten, wir sollen durchhalten, gegen alle Widerstände, gegen alle Hoffnungslosigkeit an- wie recht- und schutzlos wir auch sein mögen. Er möchte uns geradezu zur Frömmigkeit aufrufen und uns ermutigen, dranzubleiben und uns nicht abzuwenden.

Er will mit der Darstellung der so gegensätzlichen Kreaturen – dem Menschenverächter und der armseligen Frau, die ihn so sehr nervt, dass er schließlich aufgibt, sagen: Wenn schon dieser Richter, der offenbar nur seinen eigenen Vorteil sieht, am Ende nachgibt, wie sehr wird Gott uns Gutes tun, er, der uns doch so gewogen ist, der uns liebt wie seinen Augapfel, denn nichts kann uns von der Liebe Gottes trennen (Röm.8,35), wie sehr sind seine Tore geöffnet, seine Arme ausgebreitet für uns und unsere Klagen, wie schnell wird er uns erhören und unserem Beten nachgeben.

Und was bedeutet das für uns? Wir sind mitten in der Passionszeit und bereiten uns auf Jesu Auferstehung vor. Viele von uns fasten in diesen Wochen um unserer selbst willen bis Ostern. Wir versuchen, z.B. durch konsequentes Verzichten auf liebgewordene Gewohnheiten, mit Gottes Unterstützung unsere Stärke zu erproben, in einem Kraftakt – aber in Gottes Hand – und haben eine Chance: Wir können erfahren, wie stark wir sind,

wenn wir uns auf seine begleitende Unterstützung einlassen. Dabei gibt es auch Phasen der Ermüdung, der Zweifel und Resignation, unser Ziel rückt manchmal in weite Ferne und das Durchhalten ist schwer. Und doch wissen wir: Haben wir es erst geschafft, dann fühlen wir uns groß und stolz, gestärkt und erfüllt. Auch deshalb spricht Jesus in seiner Geschichte davon, dass wir niemals aufhören sollen zu hoffen, dass wir trotzdem durchhalten und beten sollen, weil es lohnt, das Ziel im Auge zu behalten – und zu erreichen. Dabei sollen wir nicht ermatten, sondern - wie es Hilde Domin in einem Gedicht sagt: „nicht müde werden, sondern dem Wunder leise - wie einem Vogel - die Hand hinhalten.“ Die große Befriedigung bei allem Frust, allem Zweifel, ob es wohl zu schaffen ist, dann die Freude zu empfinden ,durchgehalten zu haben, den Wunsch wohlmöglich erfüllt zu bekommen,ist unglaublich beglückend. Es geht nicht darum, dass wir Gott zwingen und herausfordern müssen, er läßt sich nicht zwingen und wir haben keinen Garantieschein, aber: er will uns ja unterstützen und uns begleiten. Es geht um uns, um des Menschen Willen, Gott anzusprechen. Dabei sollen wir niemals müde werden. Aber nutzen wir unsere Chancen, damit Jesus solchen beharrlichen, treuen Glauben findet auf Erden? Die Alternative zu unserem Leben heute, auch zur raschen Erfüllung unserer Wünsche könnte sein, so verstehe ich Jesus in seinem Gleichnis, dass wir gerade Hoffnungen haben dürfen und sie ansprechen dürfen, gerade die, die ganz und gar unerfüllbar erscheinen, dass wir nicht nachlassen sollen, uns zu bemühen, mit Gott ins Gespräch zu kommen und zu bleiben.

Ein allerletztes Beispiel möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben, es ist zugleich mein wichtigstes und kann uns vielleicht alle angehen: Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung sind oftmals Lebenselemente, die gerade für schwerkranke Menschen und deren Angehörige ein grosses Gewicht haben. Wie schwierig ist es für jene, auch für Ärzte und Pflegende, mit dem Leiden umzugehen oder auch Antworten zu finden auf die Frage, warum jemand besonders schweres Leid ertragen muss.
Ich bin davon überzeugt, dass ein christliches Hospiz – wie wir es hier in Blankenese für den Hamburger Westen errichten wollen, genau dafür steht:

Es wird dort keine "besseren" Antworten als in anderen Häusern für sterbende Menschen geben, aber der christliche Geist, der in unserem Emmaus Hospiz spürbar sein soll, kann vielleicht erfüllbar machen, wovon ich in meinen Ausführungen gesprochen habe: Der Glaube, von Gott in diesen schweren Lebensumständen begleitet zu sein, das Beten um seinen tröstenden Beistand trifft – so möchte ich glauben - auf Gottes offenes Ohr, nicht, weil er den Menschen im medizinischen Sinn gesund machen wird, aber weil er ihm seine Liebe und seine Begleitung zusagt, ihn aus seiner Hand nicht fallen lässt. Er gibt dem Drängen, dem Beten nach und hält mit seinem Angebot die Arme offen, denn nichts, gar nichts, auch das Sterben nicht, kann uns scheiden von der Liebe Gottes in Jesus Christus

 

Amen

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Theologin Petra Bahr neu im Deutschen Ethikrat

21.05.2020

Hannover (epd). Die evangelische Theologin und Ethik-Expertin Petra Bahr hat acht Wochen nach dem Beginn der Corona-Krise an die Eigenverantwortung der Menschen appelliert. In der aktuellen Phase der Krise mit vorsichtigeren Lockerungen werde es viel schwieriger, angemessen mit der Bedrohung durch das Coronavirus umzugehen als vorher, sagte die hannoversche Regionalbischöfin am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd).

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Kleine Abendmusik vom Turm

13.05.2020

Unsichtbar, aber voller Kraft: Jeden Mittwoch und Sonntag schallen – seit zwei Wochen schon - nach dem abendlichen Glockengeläut um kurz nach 18 Uhr Trompeten-Choräle aus dem Kirchturm in den Ort hinunter. Der Turmbläser, dessen Musik viele Menschen aus dem Umfeld der Kirche erfreut, möchte ungenannt bleiben. Wir fühlen uns reich beschenkt – und danken ihm herzlich!

Der zentrale ökumenische Gottesdienst zum 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges

08.05.2020
EKD-Newsletter: Die Aufzeichnung des Ökumenischen Gottesdienstes aus dem  Berliner Dom ist noch in der Mediathek der ARD verfügbar: Am Gottesdienst wirkten der Ratsvorsitzende der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, sowie der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), Erzpriester Radu Constantin Miron, mit.
 
Die Predigt hielten Heinrich Bedford-Strohm und Georg Bätzing gemeinsam. Der Gottesdienst stand unter dem Leitwort „Frieden!“ und fragte nach der Verantwortung, die aus der Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft vor 75 Jahren heute für ein friedvolles Miteinander erwächst.

Willkommen zurück: Gottesdienst in der Blankeneser Kirche!

07.05.2020

 

So 10. Mai, 10 + 11 Uhr | Kirche | Predigt: Pastor Thomas Warnke
Musik: Kantor Stefan Scharff, Karin Klose, Gesang
Die Kirchengemeinde schreibt: "Wir dürfen wieder Gottesdienst in der Kirche feiern. Und so wagen wir am kommenden Sonntag „Kantate“, dem 10. Mai, einen Neuanfang. Strenge Auflagen sind zu bedenken: Sicherheitsabstände von zwei Metern, Hygiene-Regeln, Masken-Pflicht. Singen ist noch nicht erlaubt, dafür aber Summen – und natürlich musikalische Begleitung durch Orgel und Solisten. Trotzdem wird es ein schöner, ganz besonderer Gottesdienst werden!

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