Lukas 18, 9-14 | 11. Sonntag nach Trinitatis

23.08.2009 | 17:29

H. Plank

9 Jesus richtete dieses Gleichnis an gewisse Leute, die von sich selber überzeugt waren, fromm zu sein, und die die anderen verachteten: 10 Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, um zu beten, der eine ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. 11 Der Pharisäer stand für sich und betete so: Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie die andern Leute, Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner. 12 Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme. 13 Der Zöllner aber stand ferne, wollte auch die Augen nicht aufheben zum Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig! 14 Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt hinab in sein Haus, nicht jener. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.
Eine ganz bekannte Geschichte, die vom Pharisäer und Zöllner
wir kennen auch die dazu gehörenden Gefühle:
Zwei Leute –
beide haben gemeinsam den Ort, die Zeit und die Absicht
– sie wollen beten
und es trennen sie doch Welten

Arrogant, überheblich der Pharisäer – ein langes Gebet
So sind die Pharisäer -
und sympathisch der, der da hinten stehen bleibt
sich gar nicht vorwagt, nicht einmal seinen Blick heben will
kurz und bündig spricht
der Zöllner, dem ja auch die Sympathie Jesu gilt.
Bescheiden - vor Gott
der sich nicht mit den guten Werken selbst groß macht
Wir kennen die  Geschichte und sind schnell fertig damit

Wir Christen kommen richtig gut dabei weg
die Pharisäer – die Juden
      - fast oder wirklich spielt solcher Antijudaismus noch mit –
      die haben ihren Glauben vertan.

Und dann sage ich den Satz mir noch einmal
… die haben ihren Glauben vertan…
…gut, dass wir keine Pharisäer sind…
und ich merke
was ich gerade noch am anderen – am Pharisäer – kritisiert habe, das tue ich selbst: Ich stelle mich über andere.

Der Pharisäer hat vor Gott schlechte Karten, der mit seiner Arroganz.
Ich – mit meinem zurückhaltenden – Herr erbarme dich,
ich kann nachher getrost nach Hause gehen. Gerechtfertigt – also versöhnt, angesehen mit dem liebevollen Blick Gottes.

9 Jesus richtete dieses Gleichnis an gewisse Leute, die von sich selber überzeugt waren, fromm zu sein, und die die anderen verachteten:
Gewisse Leute…
Sollte sich das auch an mich richten?
 an uns?

Lukas schreibt an seine Gemeinde, nicht an die Pharisäer
er hält keine Predigt zum Fenster hinaus
Vielleicht schreibt er sich das auch selber auf –
 hält sich selbst damit einen Spiegel vor.

Man sieht vor sich den Pharisäer.
Er steht da - für sich
Einer, der betet.
 Was ist daran schlecht?
Einer, der seine Religiosität ernst nimmt
 sehr ernst.
Zweimal in der Woche fastet er,
Dann spendet er reichlich –
immerhin den 10. Teil von allem, was er verdient
 also richtig viel
 Nicht 9% von der Steuer, die er bezahlen muss.
 keine Spendenbescheinigung

Und er versucht auch sein Leben – auch außerhalb des Tempels - ordentlich zu leben.
Er betrügt nicht, er bricht nicht ein, auch nicht in die Ehe anderer, ist solidarisch mit seinem Volk – verlegt seinen Betrieb nicht ins Ausland und arbeitet nicht für die Besatzer – wie der Zöllner z.B. –
also auch einer mit der Bereitschaft, für seine Überzeugung einzustehen.
Wer wollte ihn einen selbstgerechten Heuchler nennen?!

Wenn wir beschreiben sollen, was einen Christen ausmacht, dann verweisen wir auf die Gebote, auf soziales Engagement.
Nicht nur fromme Worte
Ist dieser Pharisäer von unserem Bild so entfernt davon?!
Müßten wir von solchen nicht mehr unter uns haben?
Er tut Gutes
 und warum soll er es nicht auch sagen?!
Auch gegen Selbstvertrauen ist nichts einzuwenden.
Dass er sich erwählt weiß, den Schutz Gottes kennt, moralische Werte einhält
 warum soll er das nicht sagen?!
 Warum sollten wir es nicht sagen?!

Wir hören den Namen „Pharisäer“ – und haben ihn schon in eine Schublade gesteckt – der kommt bei uns nicht gut weg –  schon in der ganzen Kirchengeschichte nicht –
„Gut, dass wir keine Pharisäer sind“
Aber indem ich so urteile, Schubladen nutze
beginne ich auch zu ahnen, was diesem Menschen den Zugang zu Gott geradezu verschließt.
was uns den Zugang verschließen kann:
Es ist nicht sein Fasten
 er fastet weit über das gebotene Maß hinaus
Es ist auch nicht der Zehnte
 die Pharisäer gaben den Zehnten selbst von den kleinsten Gartenkräutern…:
Der Mensch ertränkt seine Frömmigkeit in einer Flut von geistlichem Stolz
Er meint, er sei größer als der Zöllner,
besser als der andere

Das ist auch für uns keine ganz fremde Haltung.
nämlich - sich mit anderen zu vergleichen
und dazu kann alles dienen:
die soziale Stellung
das größere Konto
der größere Freundeskreis
mein Schönheit,
die Statistik meiner Gottesdienstbesuche und meine Frömmigkeit
 „und stellen Sie sich vor, da gibt es Leute, die tauchen nur dann auf, wenn sie die Kirche für ihre Zwecke brauchen. Ich nehme meinen Glauben ernst.“
Das Vergleichen ist das wohl keinem von uns fremd
Und es gelingt ja nur, wenn der andere herabgesetzt wird
„… und wir sehen ja auch, was der tut und sagt und wie er lebt…“
… und das Vergleichen macht blind für die eigenen Schwächen

Sind wir nicht ständig dabei, uns mit anderen zu vergleichen?

Wie blind müssen wir sein

In einem Kloster wurde beraten über den Fehler eines Mitbruders.
Die Altväter sprachen,
nur Abbas Pior schwieg.
Hernach stand er auf, nahm einen Sack,
füllte ihn mit Sand und trug ihn auf der Schulter.
In einem Körbchen trug er ganz wenig Sand vor sich her.
Nach einer Weile fragten die Väter ihn, was das bedeute, und er antwortete:
Dieser Sack mit dem vielen Sand, das sind meine Sünden, derer viele sind.
Und ich habe sie hinter mich getan, damit sie mir nicht zu schaffen machen und ich darüber weine.
Und siehe, die wenigen Fehler meines Bruders, die sind vor mir, und ich mache viele Worte, ihn zu verurteilen. Es ist nicht in Ordnung, so zu tun, vielmehr sollte ich meine eigenen vor mir tragen und über sie nachdenken und Gott bitten, mir zu verzeihen.
Ich mußte am Anfang eine Lanze brechen für den Pharisäer
aber seine Weise, sich vor und über den anderen zu stellen, macht all sein Tun zunichte
Und ich bin ihm ähnlich - gerade im Beurteilen anderer
… und den Sandsack trage ich weit hinter mir.


Und noch etwas fängt an gegen seine guten Taten zu sprechen:
Gar nicht zuerst seine Zufriedenheit mit sich und seinem Gott.
 Weil wir Kinder, Geschöpfe unseres Vaters im Himmel sind, können wir schon stolz darüber sein, heilfroh.
Das ist es nicht.

Aber in der Weise, wie er sich über den anderen stellt,
wechselt er seine Position:
aus der Dankbarkeit und einem „Heilfrohsein“
 wird Selbstverständlichkeit, Selbstgerechtigkeit
  gegenüber dem Rest der Menschheit

Lukas dreht den Spiegel, in dem wir gerade nur den Pharisäer gesehen haben,
zu uns hin:
Sind wir wie gewisse Leute, die von sich selber überzeugt sind, fromm zu sein und die anderen verachten?!
Verachten – darin steckt: „für nichts halten“
      andere – ein Nichts

Bei dem Pharisäer in der Geschichte spürt man nichts --- nichts mehr -  von dem Staunen über die Nähe Gottes,
nichts von der überreichen, überschwänglichen Liebe Gottes
die doch nur überrascht und beglückt und tröstet
und meinen Blick von mir weg zu ihm hin zieht.

„Ich tue doch, was zum Glauben gehört – dann gehört auch der Himmel zu mir“
Selbstverständlich
Und Selbstverständlichkeit tötet Beziehung
unter uns
und auch die zu Gott

 

Nun die Frage:
Warum kommt der Zöllner, da hinten, so viel besser weg?!
Er ging gerechtfertigt in sein Haus

Ich habe gerade ein Heftchen gelesen von Anselm Grün
„Der Anspruch des Schweigens“
und ich dachte, vielleicht liegt da die Antwort.
Vielleicht konnte der Zöllner schweigen.

Schweigen heißt nicht nur still sein – so beschreibt es Anselm Grün
sondern:
…dass ich die Fluchtmöglichkeiten aus der Hand gebe und mich aushalte, wie ich bin.

Ich schweige
ich unterbreche meinen Alltag,
den Lebensfluss
Ich lass mich nicht von mir selbst ablenken
 halte das aus, was ich da erkenne.
 was da auftaucht – in solcher stillen Zeit
Ich verzichte auf die hilfreichen Mechanismen, um diesen Auftauchvorgang abzubrechen.

Wer Stille aushält, der wird Verdrängtes, Wünsche, unterdrückten Ärger, Erfolge,
aber auch Niederlagen plötzlich vor Augen haben
und erkennen, naheliegend
 Ich bin auch nur ein Mensch
  stehe nicht über dem Rest der Menschheit

Der Zöllner muss das so getan haben
Dann hat er in seine Hände geguckt
Da war da nichts mehr, was ihn hätte erheben können über andere
Er konnte gar nicht im Tempel erscheinen
vor Gott und ihm etwas vorzeigen
Er hatte nichts, was ihn besonders machen würde

Er wusste um die Einschätzung der Leute –
 das ließ ihn sicher nicht kalt
er wusste um Stärken, sicher
aber auch um seine Schwächen, seine Fehler
und seine leeren Hände
 Ein Mensch – angewiesen auf Gott

Es sollte gut sein, zwischen Gott und ihm
Er konnte es selbst nicht gut machen
 mit seinen Händen nicht

Der Pharisäer – so ist der Eindruck - hatte seine Hände voll
voll mit dem, was er alles getan hat
Aber was die Hände wirklich voll gemacht haben
war dann sein geistlicher Stolz

Keine Beziehung unter uns lebt nicht von der Aufzählung all dessen, was man für einen anderen getan hat
Und noch schlimmer wird die Aufzählung, wenn sie sich mit Stolz zusammenfindet.
Das ist eher der Tod von Beziehung.
      auch der lebendigen Beziehung zu Gott

Der Zöllner ist still gewesen
Er konnte schweigen – so stelle ich es mir vor

Er wollte sich dem Blick Gottes stellen
und nicht den Blick Gottes lenken auf seine guten Taten

Er hat sich gestellt
mit leeren Händen
und hofft ganz auf den schenkenden, den barmherzigen Gott
Und die Stille, sein Schweigen wird belohnt – mit dem GottesBlick der Liebe
So kehrt er zurück in sein Haus
verwandelt
Er kann beten, fasten, spenden
alles
das macht ihn nicht besser als den anderen
Christsein ist – mit dem Blick der Liebe Gottes leben
und ihn dem anderen und der Schöpfung nicht verweigern


Jesus erzählt die Geschichte gewissen Leuten
Lukas erzählt sie seiner Gemeinde
uns wird sie heute erzählt, ihnen und mir
damit wir über unsere Hände nachdenken
über Vergleichen, Geringschätzen und Stolz
damit wir das Schweigen üben
und so den GottesBlick erkennen, der auf uns gerichtet ist
ein Blick der grundlosen, überreichen, nicht endenden Liebe unseres Schöpfers.
AMEN

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