Markus 16, 1-8

12.04.2009 | 17:19

Klaus-Georg Poehls

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt. Amen.

Wo, liebe Gemeinde der Herrgottsfrühe, wo berührt sich die Botschaft von der Auferstehung mit dem Leben, das wir leben, das wir manchmal gar feiern, so wie in den letzten Tagen, da die Sonne die Menschen wieder fröhlicher in den Himmel blinzeln lässt? Wo erleben wir authentisch und gleichsam „in echt“ Auferstehung, nicht abbildhaft, nicht geahnt, und erst recht nicht symbolisch in die Regale der Süßwarenabteilungen verpackt? Wo muss ich nicht ausweichen, wenn es um österliches Geschehen geht, auf Eier oder Hasen, auf Frühlingsblüte und Wiedererwachen der Natur, sondern kann schlicht benennen: das ist Auferstehung?

Die Außenperspektive der auf dem Gottesdienstzettel abgebildeten muslimischen Familie auf das Osterfest und seine banale und alberne Symbolik des als Hasen verkleideten mit Ostereiern jonglierenden Akrobaten macht ja auf witzige Weise deutlich, wie viel Verrenkungen wir haben anstellen müssen, um das Zentralmotiv unseres Glaubens, die Auferstehung Jesu, gänzlich in den Hintergrund von Ostern zu drängen. Aber genauso auch: wir schwer es ist mit der Auferstehung, wie unfassbar und unwirklich das ist, was sich hinter dem Begriff Auferstehung verbirgt.

Das Schweigen der drei Frauen am Grab, die nichts anderes tun können, als aus Furcht zu fliehen und nichts von alldem Erlebten und Gehörten zu sagen, es scheint sich fortgesetzt zu haben durch die Geschichte unseres Glaubens. Alle Versuche, alle Symbolik münden schließlich, so scheint es manchmal, ein  in das völlig verdatterte Konstatieren Andersgläubiger, dass Christen mit Ostereiern und in Hasenkostümen die Auferstehung Jesu feiern.
Nun wir wissen es anders, aber ich selbst bin mir nicht sicher, ob wir es besser wissen. Gewiss: es gibt die kleinen Rückkehren ins Leben, die ich dankbar erleben darf. Es gibt Gesundwerden und Arbeitfinden, es gibt neue Gemeinschaft, neue Perspektiven. Und wenn ich mich vorher gefangen fühlte in einer mich einschränkenden ja fesselnden Macht, die mein Leben durchstreichen will, dann kann ich dankbar manche Auferstehung ins Leben, so wie ich es wünsche und brauche, verzeichnen.
Das kann dann  soweit gehen, wie bei dem kleinen Mädchen hier aus Hamburg, für das es nun einen Stammzellenspender gibt und dessen kleines Leben so wohl gegen alle Aussichten gerettet werden kann. Da ist leicht von einem österlichen Wunder zu reden. Und wer je Angst haben musste um seine Kinder, der ahnt, welch eine todesschwere Last den Eltern genommen ist.

Doch wenn wir eben die Geschichte von Jesu Auferstehung nach Markus hörten, dann ist nicht zu reden von den wunderbaren Glücksfällen, die das Leben manchmal bereit hält.
Was hat Markus bewogen, sein Evangelium ursprünglich enden zu lassen mit den beiden Sätzen: „Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemandem etwas; denn sie fürchteten sich.“

So der ursprüngliche Schluss eines Evangeliums, einer freimachenden guten Botschaft. Den wollte keiner so, damals nicht, so wie heute keiner mit Zittern und Entsetzen die Kirche verlassen und in den Tag hineingehen will. Das Markusevangelium wurde um einen zweiten Schluss verlängert; Markus als Evangelist wurde nicht ernst genommen.
Er schrieb aber doch als einer, der schon in jener Religionsgemeinschaft stand und sie wachsen sah, und die doch seiner Meinung nach aus Furcht und Erschrecken und Stillschweigen entstanden war. Er schrieb als einer, der es seinen Lesern, seinen Schwestern und Brüdern zutraute, dass sie selbst aus dem Schweigen der Frauen heraus, aus dem schlichten Gehörthaben der Botschaft von der Auferstehung Jesu heraus zum Annehmen und zum Verstehen kommen würden.
Was Auferstehung bedeuten kann für einen Menschen, das, so Markus, wird sich wohl an ihm selbst erweisen. Aber nicht einfach so und nicht im Sinne freier Beliebigkeit, in der jeder für sich seinen Auferstehungsglauben haben kann - hier eine Wiedergeburt, dort eine Nahtoderfahrung, hier ein Zombieglaube und dort eine Geisterscheinung.
Ganz schnell will Markus weg vom leeren Grab. Denn die Rede davon ist nicht die Ursache des Auferstehungsglaubens, wie ja auch nicht Auferstehung eine Wiederbelebung des Leichnams Jesu ist.
Nein, die Rede vom leeren Grab ist nur narrative Folge der Auferstehungsbotschaft; ist der Versuch, in einer Geschichte bildlich zu beschreiben, was als Geschehen nicht zu beschreiben ist.
Markus lässt seinen Engel den Frauen einen Weg weisen:
sie und die Jünger sollen nach Galiläa gehen, dort würden sie den Auferstandenen sehen. Das soll doch für uns Hörende heißen: Jetzt will der Text eingehen in unser Leben, jetzt sind wir gefordert, den Auferstandenen dort zu suchen, wo er gelebt und gewirkt hat.  
Den Lebendigen suchen heißt, seinen Spuren in Galiläa folgen und in der Nachfolge Jesu einem Leben begegnen, das den Tod und mit ihm alle Mächte des Dunkels überwindet – weil es gelebt wird in der Liebe zu den Geringen und in der geglaubten Nähe Gottes. Wer sich nicht anrühren lässt vom Leben Jesu, von seiner Liebe und seinem Gottvertrauen, der belässt Jesus im Tod. Will ich Auferstehung in dieses hier gelebte Leben hinein beschreiben, dann ist sie Nachfolge Jesu; dann finde ich dort, wohin Nächstenliebe mich führt, den Mann aus Galiläa, dann  begegnet mir in einem Gesicht, das wieder lächeln kann, das zärtliche Lächeln des Auferstandenen.

Was aber, wenn ich nicht weiß, ob es jemals wieder ein Lächeln geben wird? Welche Hoffnung hat Markus für eine junge Frau und Mutter, die jetzt im Krankenhaus liegt und nicht weiß, ob sie die nächsten Tage überleben wird? Oder für einen jungen Menschen, der eine solche diffuse Angst in sich hat, die das Leben so kaputt macht? Manche Menschen unter uns müssen nur noch aushalten und wissen nicht, wie lange und manchmal nicht einmal mehr wozu. Sie erleben nicht, dass Gott hilft, sie erleben nur Gottverlassenheit, wenn nicht Gott – losigkeit. Es gibt für manche unter uns nur Warten, nur vorweggenommene Grabesstille, Ohnmacht und Aussichtslosigkeit.
Auferstehung kann ich nicht herbeizitieren und ich scheue mich, zu diesen Menschen davon zu sprechen. Auferstehung ist das letzte Wort und es ist ein Wort aus einer anderen Welt. Ein Engel musste es bei Markus sprechen. Wenn ich das letzte Wort aber nicht vor dem vorletzten sprechen kann, was sage ich?
Was sage ich einem Menschen, der nur noch aushalten muss? „Ich bin da“ – ist es das? Manchmal zieht mich ein Mensch an meiner Seite ein Stück zurück ins Leben, das gibt es.
„Gott ist da“ – ist es das? Kann ich Gott in Anspruch nehmen für meinen Versuch, Trost zu spenden? Darf ich verlangen, dass er sich zeigt, nicht mir, sondern einem Menschen in Not. Darf ich das zusagen?
Wird Gott wieder sprechen: „Es werde Licht“ und es wird Licht? Wird eine Hoffnung aufkeimen im Herzen eines Menschen in Not, wird ein Gebet sich formen auf den Lippen?
Es kann sein, dass das alles nicht passiert. Die drei Frauen bei Markus mussten es so erfahren. Und das ist schwer auszuhalten, wenn man sich selbst in dieser Geschichte findet.

Und dennoch: es gibt eine Begegnung da, wo das Nichts droht, es gibt eine Berührung, da wo nichts ist. Wer sich tastend und angstvoll in das Grab begeben muss, wie die Frauen, wer sich der Macht des Todes ausgeliefert fühlt und dann auch ist, der wird gefunden von dem lebendigen Gott. Wird angerührt, ins Leben bewegt. Auferstehung! Nicht in ein Nichts hinein sterben, sondern in Gott hinein. Nicht in ein Nichts hinein leben, sondern in Gott hinein!

So wahr Gott ein Gott des Anfangs ist und nicht des Endes, ein Gott der Lebendigen und nicht der Toten, so wahr gibt es Auferstehung, die Bewegung ins Leben.

Wo, liebe Gemeinde der Herrgottsfrühe, wo berührt sich die Botschaft von der Auferstehung mit dem Leben, das wir leben, das wir manchmal gar feiern, so wie in den letzten Tagen, da die Sonne die Menschen wieder fröhlicher in den Himmel blinzeln lässt? Wo erleben wir authentisch und gleichsam „in echt“ Auferstehung?
Vielleicht immer da, wo wir sagen können, dankbar oder tränenerstickt, jubelnd oder noch entsetzt und zitternd: Das ist nicht das Ende, das ist der Anfang.

Und er Friede Gottes, welcher höher ist als all unsere Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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