Markus 2, 18-20

14.01.2007 | 14:47

Klaus-Georg Poehls

Es war ein buntes Treiben auf dem religiösen Markt der Möglichkeiten zur Zeit Jesu. Wir wissen von Johannes dem Täufer und seinen Jüngern. Der strenge Bußprediger und Täufer hatte Anhänger gefunden, die ihm folgten in seiner asketischen Lebensweise – Jesus selbst mag für eine Zeit zu ihnen gehört haben.
Es gab die große Bewegung der Pharisäer, aufrechte und ernsthafte Gläubige, die sich mühten, dem Willen Gottes bis in die kleinsten Einzelheiten nachzukommen. Sie warteten auf den Messias, glaubten an die Auferstehung und das Jüngste Gericht. Anders die Sadduzzäer, deren Hoffnungen ganz auf das Diesseits gerichtet waren. Beide waren sich aber zumindest einig in der Ablehnung Jesu.
Aber da waren noch mehr: die mönchartig lebenden Essener, die sich auf den einen Gott berufende Widerstandsbewegung der Zeloten gegen die Römer und dazu eine unbestimmte Anzahl von freien Wanderpredigern mit ihren jeweiligen Anhängern.
Man traf sich im Tempel, im Hohen Rat, man setzte sich innerreligiös auseinander, und die einfachen Leute fragten nach, stellten Vergleiche zwischen den verschiedenen Gruppen.
Natürlich war der Markt noch größer. Nicht nur die verschiedenen Strömungen des damaligen Judentums boten sich innerreligiös an, sondern natürlich auch interreligiös die Götterwelten der Römer und ihr Kaiserkult, die spätägyptischen Angebote oder die hellenistischen Mischformen.
Und mittendrin Jesus mit seinen Anhängern. Auch nach ihm fragten die Leute, wollten wissen, was ihn denn nun im Vergleich zu all den anderen auszeichnet.
Der heutige Predigttext gibt den Blick frei auf eine Szene des damaligen religiösen Marktes:
"Die Jünger des Johannes und die Pharisäer fasteten viel; und es kamen einige, die sprachen zu ihm: Warum fasten die Jünger des Johannes und die Jünger der Pharisäer, und deine Jünger fasten nicht? Und Jesus sprach zu ihnen: Wie können die Hochzeitsgäste fasten, während der Bräutigam bei ihnen ist? Solange der Bräutigam bei ihnen ist, können sie nicht fasten. Es wird aber die Zeit kommen, dass der Bräutigam von ihnen genommen wird; dann werden sie fasten, an jenem Tage."
Liebe Gemeinde,
das Bild vom Bräutigam und der Hochzeitsfeier, das Jesus verwendet, verrät, dass sich hinter der Frage der Menschen, warum Jesu Jünger nicht fasten, noch mehr verbirgt. Das Fest des Lebens und das Fasten der Trauer werden einander gegenübergestellt.
Und die erstaunte oder vorwurfsvolle Frage von Jesu Zeitgenossen "Warum fasten deine Jünger nicht?" mag die andere Frage miteingeschlossen haben: "Warum sind deine Jünger so fröhlich, welchen Grund zur Freude haben die?"
Was auffiel, was die Leute wahrnahmen, gerade auch im Unterschied zu den anderen, das muss die Freude derer gewesen sein, die mit Jesus den Glauben lebten.
Noch 1600 Jahre später war zum Beispiel der Ordensgründer und Seelsorger Franz von Sales so erfüllt von dieser Freude, dass er schrieb: "Gott ist der Gott der Freude: Die Freude ist also die rechte Frömmigkeitshaltung."
Der Gott Jesu war ein Gott der Freude und will es, wenn ich Jesus folgen möchte, auch heute sein. Ein Gott der Lilien auf dem Felde und der Vögel unter dem Himmel, ein Gott des Festmahles und der Hochzeit, ein Gott, in dessen Namen Wasser zu Wein wird und zwar auch dann noch, wenn das Fest am Ende scheint.
Nur einem solchen Gott kann ich auch danken für den Segen, der mich umgibt, nicht nur für Rettung sondern für Fülle, nicht nur für das Genug, sondern für den Überfluß, nicht nur für Bewahrung, sondern für Beschenktsein, nicht nur für das Fehlen von Feinden, sondern für das Dasein von Freunden.
So könnte es sich fortsetzen, und ich weiß nicht, wann ein Ende wäre. Ich glaube, meine Dankbarkeit setzt dem Gott der Freude ihre Grenzen. Je mehr ich erkenne, wie viel ich Gott danke und verdanke, desto größer wird mir Jesu Gott der Freude, desto größer wird die Freude selbst und will eine neue Bewegung in mein Leben bringen, will feiern, will andere einbeziehen.
Die Jünger Jesu wussten wohl davon, und ihre Freude fiel den Zeitgenossen auf – damals.
Und ich glaube, zu ihrer Freude gesellte sich der Mut, diese auch zu zeigen. Denn da gibt es eine gewisse Form von feiger Klugheit, die mich auffordert, mich zurückzunehmen, eher lau und verhalten zu sein, gleich und von vornherein mit dem Dämpfer zu rechnen, den meine Freude bekommen wird. Aber Freude, die sich nicht bewegen, nicht äußern darf, die verkümmert, noch bevor sie Herz und Mund verlassen hat. Und dann heißt es nur: "Danke, ja, ich freu mich …"
Freitagnacht saß ich mit Freunden zusammen, wir pokerten. Das letzte Spiel stand an. Fünf Karten auf der Hand; mein Gegenüber Heino hat sich nur eine neu gekauft. Ich selbst guckte auf das schon gewohnte traurige Blatt. Und als der Pott dicht war, deckt er auf und legt vier Könige nacheinander auf den Filz – einen reinen Vierling. Wir drei waren begeistert, stießen darauf an. Nachts halb drei, ein grandioses Spiel, besser konnte der Abend nicht enden.
"Aber es hat doch nur einer den Gewinn eingestrichen", gibt die Krämerseele zu bedenken, "warum sollen sich alle freuen?" "Und was sind schon vier gleiche Karten nebeneinander?", mäkelt der Spielefeind.
Es ging aber nicht um Gewinn und auch nicht um ein banales Glücksspiel mit statistischen Wahrscheinlichkeiten. Es ging nur um dieses so überraschende und gänzlich unverdiente Gelingen und die Freude daran.
So ist es nicht mit Gott; aber so ist auch die Freude des Glaubens.
Die Jünger Jesu machten den Eindruck, als feierten sie. Und recht taten sie, denn wer sein Leben und seinen Glauben und auch seine Erfolge nicht feiert, der verlernt das Danken. Dank muss man feiern, denn das Feiern geht tiefer als sonstiges Tun. Mit ihm verinnerliche ich die Freude dreifach: als Vorfreude, als Erlebnis und als Erinnerung. Und auch der Dank wird dreifach stark, macht das Herz weiter.
"Und Jesus sprach: Wie können die Hochzeitsgäste fasten, während der Bräutigam bei ihnen ist? Solange der Bräutigam bei ihnen ist, können sie nicht fasten. Es wird aber die Zeit kommen, dass der Bräutigam von ihnen genommen wird; dann werden sie fasten, an jenem Tage."
Natürlich gibt es eine Zeit des Fastens und des Verzichtes, des Innehaltens und des Abstandnehmens. Und vor allem, das deutet Jesus an, gibt es eine Zeit des Verlustes und der Trauer, des Abschiedes und der Trennung. Und Gott wird dann nicht da sein wie ein Bräutigam oder ein Gastgeber. Er wird aber da sein als ein Freund, dessen Hand mich hält.
Aber heute gilt es zu erkennen: am Anfang der Jesusbewegung, die in das frühe Christentum einmündete stand als neuer Grundton, als neue Grundhaltung der Mut zur Freude. Jesu Jünger waren wie Hochzeitsgäste, feierten mit ihrem Rabbi und in ihrem Rabbi einen Gott, der sich an den Menschen freut.
Sie kannten ihre Bibel, kannten ihren Jesaja, erlebten Gott so, wie es bei Jesaja über Gott heißt: "Denn wie ein junger Mann eine junge Frau freit, so wird dich dein Erbauer freien, und wie sich ein Bräutigam freut über die Braut, so wird sich dein Gott über dich freuen" (Jes 62, 5).
Und darauf gaben sie Antwort, auch wie Jesaja: "Ich freue mich im HERRN, und meine Seele ist fröhlich in meinem Gott; denn er hat mir die Kleider des Heils angezogen und mich mit dem Mantel der Gerechtigkeit gekleidet, wie einen Bräutigam mit priesterlichem Kopfschmuck geziert und wie eine Braut, die in ihrem Geschmeide prangt" (Jes 61. 10).
Diese Glaubensfreude will sich durchhalten - bis in unsere Gegenwart, über Zeiten von Trauer und Leid hinweg, bis hin zu jenem Ostermorgen, der einem jeden Menschen bestimmt ist.
Von Gott geht eine Bewegung der Freude aus hin zur Glaubens- und Lebensfreude. Und wir sind es unseren heutigen Zeitgenossen schuldig, diese Freude nicht zu verstecken, sondern sie zu leben – jetzt. Dazu ist alles da und alles bereit. Es lässt sich schmecken und sehen, wie freundlich unser Gott ist.
"Gott ist der Gott der Freude: Die Freude ist also die rechte Frömmigkeitshaltung."
Welch eine Freude wäre es, wenn die Menschen hier nachfragten: "Warum ist diese Gemeinde so fröhlich, welchen Grund zur Freude hat sie?"
Und die Freude Gottes, welche tiefer geht als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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