Markus 2,1-12

18.10.2009 | 18:22

Th. Warnke

Liebe Gemeinde,

Lesen wir den Predigttext für den heutigen Sonntag im zweiten Kapitel des Markus-Evangeliums:

Die Heilung eines Gelähmten1 Und nach einigen Tagen ging er wieder nach Kapernaum; und es wurde bekannt, dass er im Hause war. 2 Und es versammelten sich viele, sodass sie nicht Raum hatten, auch nicht draußen vor der Tür; und er sagte ihnen das Wort. 3 Und es kamen einige zu ihm, die brachten einen Gelähmten, von vieren getragen. 4 Und da sie ihn nicht zu ihm bringen konnten wegen der Menge, deckten sie das Dach auf, wo er war, machten ein Loch und ließen das Bett herunter, auf dem der Gelähmte lag. 5 Als nun Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben. 6 Es saßen da aber einige Schriftgelehrte und dachten in ihren Herzen: 7 Wie redet der so? Er lästert Gott! Wer kann Sünden vergeben als Gott allein? 8 Und Jesus erkannte sogleich in seinem Geist, dass sie so bei sich selbst dachten, und sprach zu ihnen: Was denkt ihr solches in euren Herzen? 9 Was ist leichter, zu dem Gelähmten zu sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, oder zu sagen: Steh auf, nimm dein Bett und geh umher? 10 Damit ihr aber wisst, dass der Menschensohn Vollmacht hat, Sünden zu vergeben auf Erden - sprach er zu dem Gelähmten: 11 Ich sage dir, steh auf, nimm dein Bett und geh heim! 12 Und er stand auf, nahm sein Bett und ging alsbald hinaus vor aller Augen, sodass sie sich alle entsetzten und Gott priesen und sprachen: Wir haben so etwas noch nie gesehen.

Eine bekannte, eine schöne Geschichte, weil sie so voller Bilderreichtum ist, weil sie die Menschlichkeit so in den Vordergrund stellt. Und sie hat ein gutes Ende. Das allerdings nicht frei ist von unruhigen Vorahnungen...

Und es ist eine Geschichte, in die man sich schnell hineinfühlen kann. Die auf ihre Art die unterschiedlichsten Lesarten zulässt.

Jugendliche hatten sie sich einmal gewählt als ein Stück über Freundschaft: Sie verstanden die Helfer als Freunde des Gelähmten. Hätte es diese Freunde, diese Freundschaft nicht gegeben, der Gelähmte hätte es weder aufs Dach, noch durch das Dach hindurch geschafft...

Was ist das nun für eine Geschichte. Eine Heilungsgeschichte? Es wäre die dritte in Folge, die Markus gleich zu Beginn seines Evangeliums über Jesus erzählt. Offenbar brauchte die Welt Heilung...  Offenbar hatte die Welt, hatten die Menschen Heilung nötig. So beginnt Jesus seinen öffentlichen Auftritt.

Und es ist eine empörende Geschichte. Weil das, was Jesus tut, Empörung weckt. Er vergibt einem Menschen seine Sünden. So heißt es in der Geschichte. Und er tut es zeichenhaft, er illustriert, was er meint mit der Vergebung der Sünden. Ein Gelähmter steht auf und geht. Hier passiert etwas anders. Anders als gewohnt, anders als bekannt, anders als gewollt – von manchen. Anders als überhaupt vorstellbar.

Hängt es womöglich zusammen? Die Heilung, die erst das andere im Leben zulässt? Wie oft sagen Menschen, dass sie durch Schicksalsschläge im Leben überhaupt erst zu neuen Sichtweisen über das Leben, ja zu einem neuen Verständnis für das eigene Leben gekommen sind.

Man versteht und begreift das Leben anders aus der eigenen Erfahrung heraus.

Die Geschichte erzählt von einem Menschen, der keinen Zugang hatte. Der sich wohl nicht einmal allein fortbewegen konnte. Der nie allein in das Haus gekommen wäre, in dem Jesus weilte, nicht einmal „draußen vor der Tür...“ hätte er Platz gefunden. Noch weiter weg lag er oder saß er. Abseits,  ausgeschlossen, liegengelassen...

Doch am Ende heißt es: Und er stand auf, nahm sein Bett und ging alsbald hinaus vor aller Augen...

Wer weiß, wohin es ihn zuerst trieb?

Ganz unpersönlich und anonym erzählt die Geschichte von einigen, die ihn brachten. Und von jenen vieren, die ihn trugen, - die ihn durch das Dach direkt vor die Füße von Jesus legen.

Wie gut, dass es sie gibt. Dieser Eine hat sie gebraucht. Jesus hätte ohne sie diesem Mann nicht helfen können. Vielleicht waren es wirklich Freunde, gut! Vielleicht waren sie auch in ihrem Denken und Leben ganz dicht bei Jesus und bei seiner Verkündigung - und haben begriffen, worum es geht: Worum es Jesus geht, worum es Gott geht und worum es schließlich im Alltag, im Tun und im Handeln geht.

Sie haben sich zu Verbündeten der Sache Jesu gemacht. Auch solche Menschen gab es schon ganz am Anfang.

Es geht um Solidarität – um Mitgefühl und Empathie und auch um eine „Ökonomie des Genug für alle“.

Da ist Platz genug für alle, da ist Jesus genug für alle, da ist Leben und Heilung genug für alle, da ist das, was man zum Leben braucht genug da für alle...

Ohne zu zögern, ja nicht einmal überrascht, wendet Jesus sich dem Menschen zu, der da plötzlich vor ihm auf dem Boden landet...

Und er bietet an, was einige der Anwesenden zu sofortigem Widerspruch provoziert: Vergebung. Vergebung der Sünden, weil andere, die jenem Gelähmten halfen, erkennbar einen starken Glauben hatten...

Das ist die Kraft der Solidarität. Das sind die vielen kleinen Schritte, die Großes bewirken können.

Es ist eine Anfangsgeschichte im Markusevangelium, die erklärt, die erzählt, wie es gehen kann. Einfach und schlicht. Noch bevor Markus in die tiefen Geheimnisse des Reich Gottes vordringt erzählt er von Solidarität, von Mitgefühl und dem Dabeisein bei dem Nächsten.

Aber dieses Dabeisein hat auch die Dabei-Seienden verändert. Jesus sieht ihr Tun und nennt es Glauben. Und sie erleben mit, dass aus ihrem Tun Vergebung wächst. Weil alles zusammengehört, weil alles miteinander im Austausch ist und miteinander verwoben...

Und die Vergebung strahlt in alle Richtungen. Sie berührt das Herz und öffnet die eigene Seele, aber sie weckt auch Widerstand aus Furcht vor der Veränderung, vor dem Verlust der eigenen Macht und der eigenen Ansprüche.

Durch die Vergebung tauchen wir ein in eine andere Wirklichkeit.

Die Vergebung öffnet einen Weg hin zu Gottes Wirklichkeit.

Und Jesus zeigt, was das heißt: Gegen jegliche Vormachts- und Machtansprüche, gegen die Deklassierung von Menschen stellt er den Wert eines jeden Lebens, die Achtung und den Respekt vor jedem Leben als ein Spiegel der Bildlichkeit Gottes.

Ganz konkret schafft Jesus einen Zugang für die, die nicht einmal draußen vor der Tür einen Platz haben.

Es ist eine Geschichte von gelebter Solidarität, aber sie führt uns auch die ersten Schritte hin zum Geheimnis Gottes. Amen

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