Matthäus 5, 17-26 | Fastenpredigtreihe

26.02.2012 | 01:00

Delf Schmidt

„Gnade sei mit euch und Friede von dem,
der da ist und der da war und der da kommt.“ Amen

Liebe Schwestern und Brüder,
kürzlich hatte ich Besuch eines langjährigen, sehr, sehr guten geschwisterlichen Freundes. Was lag näher, als bedeutende Orte der Verkündigung in Hamburg zu besuchen.  In der Hauptkirche St. Jacobi fiel uns im Altarraum ein Redepult ins Auge, das auf der Stirnseite zur Gemeinde hin ins Holz eingeschnitzt die Aufschrift trägt:

„Christus ist des Gesetzes Ende.“

Mein Freund  sah mich fragend an:  was sagt ihr von mir? Wie verstehst du das?

Ich war ein Stück ratlos, evtl. hätte der Autor oder Künstler des Pultes erklären können. Andererseits berührte auch mich die Aussage, so sagte ich: du weißt, das ich Jurist bin. Das Wort löst auch bei mir Bilder aus von Chaos, der Auflösung von Ordnungen – die doch gerade das gelingende Zusammenleben der Menschen sicherstellen sollen.

Wollen wir mal gemeinsam rangehen, bot Jesus an, aber mit einem Wort ist das nicht gesagt, dazu brauchen wir sicher die Zeit einer kleinen Predigt.

Wunderbar, sagte ich, das hilft mir, bin ich doch gebeten worden, dazu in meiner Gemeinde in Kürze zu predigen. Darf ich vielleicht fragend moderieren/moderierend fragen?

Sehr gern! sagte er, dann wird das auch keine Einweg-Kommunikation. Nehmen wir doch mal die Bibel, die hier auf dem Pult liegt, der Text aus Matthäus im 5. Kapitel beginnt:
„Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen.“

Ach, sagte ich, klingt das nicht ganz anders? Und im Bibeltext betonst Du sogar weiter, dass das Gesetz in jeder Hinsicht bis zum Ende dieser Erde gilt; und weiter sogar: wer das Geringste weglässt, wird nur der Geringste im Himmel sein - dagegen aber der Größte, der die Gebote tut und lehrt. Ist das alles nicht eher die Bestätigung des Gesetzes als dessen Ende???

Moment mal, sagte Jesus, wir steigen ja gerade ein; denn weiter steht geschrieben:     „denn ich sage euch: wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen“.

Halt, bitte! Sagte ich, der Jurist braucht mal ´ne kleine Zwischenbilanz, also,…
1. …das Gesetz beibehalten und oder besser aber….
2. …das Gesetz zudem auch e r f ü l l e n – und dies
3. … dann besser als die Pharisäer und Schriftgelehrten. Warum nur willst du dich denn von denen absetzen? Sind das aber nicht quasi Gottes Leute?

Na, zu diesen - wie du sagst - Leuten muss ich was klarstellen,  antwortete er. Was machte denn die Frömmigkeit der Pharisäer aus?  Das Unrecht an ihnen war, dass sie sich um solcher äußerlichen Werke willen brüsteten, fromm und gerecht vor Gott sein wollten, als hätte das Gesetz keine Anklage gegen sie, als hätten sie es stets vollkommen erfüllt. Solche Sicherheit  aber ist nicht meine, Gottes Gebote lassen sich mit den bloßen Werken nicht erfüllen; es muss vielmehr das Herz rein sein von allem Zorn, Hass etc. Wer es dahin bringen kann, der mag sagen, er sei fromm.

Halt, mal, sagte ich, das ist starker Tobak, wenn du dich nicht auf diese Leute verlassen kannst aber mit uns heute neue Wege, deine Wege zu gelingendem Leben besprechen willst. Für mein schmales Juristenverständnis wäre es gut, wenn wir uns das noch mal an einem  Beispiel ansehen könnten.

Gern, sagte Jesus, in der Bergpredigt sind meine Aussagen zum Gesetz quasi einleitend vorangestellt – alles, was wir gerade oben gesagt haben – und dann folgen praktische Fallgruppen: Töten, Ehebruch, Eid, Vergeltung, Feindesliebe - wir nehmen mal das Beispiel Töten.

Brutal und radikal passt zusammen, rutschte mir raus und ich hoffte dabei, er habe dies nicht gehört. Ohne auf meine Bemerkung einzugehen setzte Jesus fort:

Das Gesetz sagt in diesem Beispiel nur: „Du sollst nicht töten; wer aber tötet, soll des Gerichtes schuldig sein.“ Mein Entwurf dazu lautet in meiner Sprechart dann jeweils „Ich aber sage euch,
1. wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichtes schuldig; und d.h., zürnen beginnt schon mit aufbrausen, anfahren, hart sein, unfreundliche Gesinnung haben, und...
„Ich aber sage euch,
2. wer zu seinem Bruder sagt: Du Nichtsnutz! der ist des hohen Rates schuldig;  das - in der Sprache von Strafjuristen - Strafmaß wächst – weil Nichtsnutz ist ein Schimpfwort!  …und dann noch einmal weiter…                                                                                                                                                   
„Ich aber sage euch,
3. wer aber sagt: Du Narr, der ist des höllischen Feuers schuldig;  höllisches Feuer als Sanktion wie Todesstrafe, denn: Narr steht jetzt für Verachtung des Bruders und ist Abwertung eines Geschöpfes Gottes!!!

Aha! Warf ich ein: Dein Entwurf von gelingendem Leben will bereits diese Eskalation verhindern. Und eine Anleitung für deinen Weg findet sich z.B. auch im Text: schließ Frieden mit dem Gegner, wenn du noch auf dem Weg ins Gericht bist – ist darin auch die Aufforderung, eher auf das vermeintliche Recht zu verzichten, zurückstehen?

Ja, fast, sagte er: Ihr Juristen nennt das vielleicht einen Vergleich schließen durch gegenseitiges Nachgeben. Lebenswichtig ist mir, aktiv auf den anderen zuzugehen, den Teufelskreis zu durchbrechen, initiativ werden zum Vergleich hin, das heißt bei dir: zivilrechtliche Lösung. Schön übrigens: Zivilrecht…RECHT…ich nenne das mal: Recht aus Versöhnung! All das ließe sich ausführen, aber genug der plastischen Beispiele.....  Meine Logik ist, dass das Gesetz bleibt  aber schon der gesamten Vorlauf zum Töten ist Mord am Bruder -  nicht erst und allein final das physische Töten!

Aber, sagte ich, ich muss schon wieder unterbrechen! Wie oft rutscht mir so was Abwertendes raus – ich bekenne mich täglich schuldig, bin also jeweils Brudermörder!?!?

Jesus sah mich bekannt verständnisvoll an und vermittelte:  ich sagte ja,  dass I C H kam, um das Gesetz zu erfüllen! Wenn ich euch das vorstelle, dann als Vorlage zu gelingendem Leben,  nie aber als Befehl gemeint!!

Aber woher kommt denn unser Abwerten des Bruders, wie entsteht das? Was hat das denn mit unserem Glauben zu tun, den wir doch üben?

Frage zurück: seid Ihr Menschen immer nur vertrauenden Glaubens? Wenn nein, vergesst Ihr Gottes Lebens-Logik. Und Ursachen für diese Schwäche erfragst du: wie oft schwingt Ihr euch zum Macher des Lebens auf, seid unsicher oder Angst treibt euch; Folge ist dann ein übersteigertes Sicherheitsbedürfnis oder mangelndes Selbstwertgefühl, diese führen dann Regie über Denken und Handeln. Die Unterdrückung anderer erfolgt dann aus Angst davor, selbst nicht genug Platz und Anerkennung im Leben zu erhalten. Und schon haltet ihr dann nichts – oder nichts mehr - vom Nächsten. So meint ihr, den anderen schmälern, ignorieren oder klein machen zu müssen; ob es dabei zur ausgesprochenen Anrede Narr, Nichtsnutz oder… kommt….. es ist gar nicht primär bedeutend,  es reicht schon, dass das Herz  so denkt. All dies geht immer wieder auf die größte Sorge der Menschen zurück: nicht gesehen, anerkannt, letztlich geliebt zu werden.

Ich weiß, lieber Freund, ich unterbreche schon wieder: zeichnest du das Bild eines verwundeten Lebens, das Gott aus den Augen verloren hat – und deine Therapie?

Ganz einfach, sagte er:  1. wenn du an die unbedingte und nie infrage gestellte Liebe Gottes glaubst, musst du dich nicht aufplustern, um dich dadurch zu erhöhen. 2. Wenn ich sage: du musst dich nicht groß machen – ist das kein neues Verbot, sondern es geht um Heil Gottes im Sinne von: du brauchst das nicht, hast es nicht nötig, weil du dies bei Gott schon bist, weil er dich als geliebtes Kind ansieht; dies macht dich frei von Gefühlen der Einsamkeit und des Selbstzweifels. Kein Verstandes- oder Willensakt ist möglich oder gefragt; allein dein glaubendes Vertrauen auf den gütigen Geber und Erhalter des Lebens vermag Deine Angst aufzusaugen: Glaube basiert immer auf diesem Vertrauen!

Gehört auch „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ hierher?

Passt auch, sagte Jesus, denn das heißt, er, dein Nächster, ist wie du  – will heißen: Fehler, die du am Nächsten siehst, hast du auch – sicher nicht exakt immer die gleichen – aber Fehler eben, die du dann unbewusst projizierst. Gott aber erkennt das eben als eine Strategie der Hilflosigkeit. So bietet er an, dich hieraus zu befreien, weil sie gelingendem Leben schadet.

Halt mal, wodurch bitte schade ich denn und wem? wandte ich ein.

Der Schaden ist sogar mehrfach:  natürlich beim Opfer, das ja entwertet wird. Dann aber auch bei dir selbst, denn böse Gedanken speichern sich in den Tiefenschichten deiner Seele und wirken auf dich zurück!! In Allem ist dann Gott beschädigt, der doch die Summe des Guten und Ganzen ist, zu dem seine geliebten Menschen gehören sollen.

Ich mag deine Klarheit, sagte ich; dein Weg ist bekannt radikal, packt also  an der Wurzel an. Aber nicht die Wurzel - das Gesetz an sich - ist faul, sondern was wir Menschen oft draus machen. Dagegen setzt du deine neue und andere Logik von Recht und Gerechtigkeit als Weg zu gelingendem Leben. Eigentlich ganz einfach: Denke gut über deinen Nächsten!?!? Was bleibt mir zu tun - konkret?

Jesus lächelte und schloss: im Gottesdienst am Sonntag um 10 Uhr wird trainiert, die Betätigung ist gefragt im Leben draußen, denn dort findet der wahre GoDi statt, dort beschädigt oder auch dient ihr dem Leben und Gott. Denk bitte dran: Gott hat immer was mit dir vor¸ er liebt dich  und braucht dich – auch als seinen Mitarbeiter im Acker Leben! Und wenn du schon konkret fragst, gebe ich dir zwei Hinweise:

1. denk mal an unseren Dialog hier und heute, wenn sich wieder Zorn im Herz anbahnt und brems runter - ich will auch schon die Veränderung in Dir und die fängt damit an, sich die beginnende Eskalation bewusst zu machen;
2. du bist doch Großvater: was spricht dagegen, deinen Enkel im Sinne meiner neuen Logik anzuleiten, damit er nicht erst geprägt wird, auf falsche lebenswidrige Strategien setzen zu müssen?!?!

Ich holte tief Luft, sah nochmals auf das Pult und dachte: ja, es ist wohl so: erfülltes Leben ohne religiös begründetes Vertrauen geht nicht. Abschließend erbat ich eine Botschaft meines Freundes, wo der doch gleich weiterreisen wollte.

Jesus darauf nur: vertrau den neuen Wegen,  auf denen ich dich stets auch weiterhin begleiten möchte!
Amen.

„Der Friede Gottes, welcher höher ist als all unsere Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.“ Amen.

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