Neujahrsgottesdienst 2016

01.01.2016 | 16:59

Gnade sei mit Euch und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt. Amen

Liebe Gemeinde,

„denn jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben“ , hat Hermann Hesse gedichtet. Auch dem Anfang eines neuen Jahres wohnt dieser Zauber inne. Kurze Zeit scheint es so als könne man das Alte abstreifen und zu neuen Ufern aufbrechen. Noch einmal neu anfangen. Es noch einmal anders versuchen. Darum auch all die guten Vorsätze zum Jahreswechsel : „Jetzt hör ich auf zu rauchen. Jetzt bewege ich mich mehr. Jetzt achte ich darauf, dass die Menschen, die zu mir gehören, auch zu ihrem Recht kommen!“

 Wenn ein Jahr sich verabschiedet und ein neues anbricht, dann steht auf der Schwelle die Zeit für einen kurzen Moment still, so scheint es. Noch ist alles offen. Steht noch dahin, was sein wird. Wer wir sein werden im neuen Jahr. Wie es werden wird.

Die Kalender haben noch viele unbeschriebene Seiten. Und auch in uns ist noch Raum für mehr, für manchen Traum, für manche Herausforderung, für manches Wachsen in die Tiefe.

Vielleicht gibt es ein paar Daten im neuen Jahr, auf die Sie sich jetzt schon freuen. Eine Reise, eine Feier, einen besonderen Geburtstag, ein großes Fest. Vielleicht gibt es das eine oder andere Datum, dem Sie sogar entgegenfiebern oder etwas , was Sie seit langem geplant haben und das in diesem Jahr Wirklichkeit werden soll.

Wenn ich den alten Kalender aus der Hand lege und in den neuen die Termine eintrage, die jetzt schon feststehen, dann wird schnell klar, wie viel längst festgelegt ist und einer inneren Ordnung folgt, die uns strukturiert und auch bindet, etwas möglich macht und anderes begrenzt, beides. Auf jeden Fall aber sind wir alle irgendwie dabei, das neue Jahr in den Blick zu nehmen und auch schon zu planen, was kommen wird.

Da hinein sagt der Jakobusbrief im Predigttext für heute :

Ihr sagt: „Heute oder morgen werden wir in die und die Stadt gehen und wollen ein Jahr dort zubringen und Handel treiben und Gewinn machen -, und wisst nicht, was morgen sein wird. Was ist euer Leben? Ein Rauch seid ihr, der eine kleine Weile bleibt und dann verschwindet. Deswegen solltet ihr sagen: „Wenn der Herr will, werden wir leben und dies oder das  tun.“  Jakobus 4,13-15

Nach diesen nüchternen, ja sogar ein bisschen einschüchternden Worten des Jakobusbriefes zu urteilen, sollten wir uns wohl nicht zu früh freuen und unsere Planungen für das neuen Jahr wohl nicht zu ernst nehmen. Wer weiß schon, was kommt.

„Deo volente “, so Gott will. Damit kommt ein eigentümlicher Ernst in dem beschwingten Aufbruch eines neuen Jahres.

Mit den Buchstaben "s.c.j": sub conditione jacobea, oder mit "sGw" - "So Gott will" - mit diesem berühmten Vorbehalt des Jakobusbriefes sind früher oft Briefe unterschrieben worden.

 Deo volente. So Gott will und wir leben!“ Dieser Satz soll uns begleiten in das neuen Jahr.

 

Noch liegt es vor uns wie ein unbeschriebenes Buch, das darauf wartet, von uns gefüllt zu werden, mit unseren Geschichten und mit der Geschichte dieser Welt. Was erwarten wir? Was erwartet uns? Was steht in unserer Macht und was widerfährt uns im Guten wie im Schweren und zwingt uns dabei vielleicht auch seinen Stempel auf ? Wie gehen wir mit dieser Ungewissheit um? Was wird sich verändern? Was wird uns verändern ?

Der Jakobusbrief antwortet darauf lapidar : „Wenn der Herr will, werden wir leben und dies oder das tun“.

Wie ein Spielverderber, so scheint es, schaltet er sich ein und sagt, was wir alle eigentlich schon wissen: „Ihr wisst nicht, was morgen sein wird“. „Was ist euer Leben?“ fragt er kritisch und antwortet: „Ein Rauch seid ihr“. Okay, vergänglich sind wir.

Und was soll uns das lehren ?

„Ihr sollt sagen: Wenn der Herr will, werden wir leben und dies oder das tun.“

Gut, aber was ist der Unterschied ?

Jakobus fordert uns auf, Gott und seinen Plan letztlich ernster zu nehmen als all unser Planen und Machen. Das Leben selbst und wie es sich zeigt, wichtiger zu nehmen als unser emsiges Tun und Handeln und Vorsorgen. Weil alles Kommende sowieso in Gottes Hand liegt und nicht in unserer. Weil die entscheidende Frage ist, wie wir damit umgehen und was wir daraus für Schlüsse ziehen. Entmutigt es uns oder webt es Vertrauen in unseren Alltag ? Nimmt es uns Energie oder speist es neue Energie in unser Leben?

Jochen Klepper sagt in einem Abendlied:

"Ich achte nicht der Angst. Ich harre deiner Treue,der du nicht mehr von mir verlangst,

als dass ich stets aufs neue zu kummerlosem, tiefem Schlaf /

in deine Huld mich bette, vor allem, was mich bitter traf, in deine Liebe rette.“

 

Klepper, der mit seiner Familie im dritten Reich durch die tiefste Ängste gehen musste, stellt die Angst gleichsam beiseite. Er ermahnt sich selber: Du musst nicht alles vorausnehmen wollen, was auf dich zukommen mag. Denn Gott wird da sein. Das reicht. Ich brauche nicht alles vorwegnehmen zu wollen, was kommen könnte, das Schöne nicht und auch das Schwere nicht. So Gott will und wir leben, das heißt ja nicht : morgen wird es vorbei sein. Lass das Planen. Tu gar nichts mehr. Warte ab, trink Tee. Es gibt keine Zukunft zu gestalten.
Es besteht nur penetrant darauf, über unserem Planen und Treiben, unserm Handel und Wandel nicht aus dem Blick zu verlieren : all das :  unser Planen und Treiben, unser Handel und Wandel, das, was wir vorhaben das, was wir bewegen wollen, steht unter diesem eschatologischen Vorbehalt Gottes. Ist im Wissen um unsere Endlichkeit und die Menschlichkeit unserer Vorsätze und Vorhaben gesagt, geplant, versucht. Am besten : dessen gewahr, getrost und voller Gottvertrauen.

Es ist eine Art Stolperstein, die Jakobus uns in den Weg legt. Der uns daran erinnern soll, aus welchem Stoff wir gemacht sind und was das bedeutet für unser Leben.

Ich war vor ein paar Jahren in der Adventszeit zufällig im Haus am Schüberg in der Nähe von Ammersbek bei Hamburg.

Da stand ein Skulpturenpark im Garten, voll mit einzelnen Kunstgegenständen. Unter anderem stand da ein riesiger Neonschriftzug im Garten. Quietschorange beleuchtet. Eindrucksvoll, gerade im Dunkeln. Da prangte ein riesiges „Jetzt“ in der Luft, wie hingehängt von einer anderen Hand : unverkennbar, laut, grell: „Jetzt!“. Ich hab mich richtig erschrocken als ich morgens früh ankam bei dem Seminarhaus.

Genau so ein Stolperstein. Weil man nicht daran vorbeikam, weil es so auffällig leuchtete. Gezwungenermaßen habe ich mein Tempo verlangsamt und mich gefragt : „Jetzt ? Was soll das ?“ Wie : „Jetzt“ ? Einfach nur diese fünf Buchstaben.

Und dann fällt es mir wie Sternschnuppen vom Himmel zu, was es bedeutet. Es ist ein Plädoyer für ein Leben im Augenblick. Dafür, anwesend zu sein, jetzt. Es nicht zu verpassen unser Leben über allem emsigen Rennen und Laufen, Planen und Handeln. Weil das Leben, alles Leben im Jetzt spielt. Nicht gestern. Nicht morgen, nicht vorhin und auch nicht nachher. Sondern genau jetzt. Und entweder bemerken wir es und sind dabei oder es passiert ohne uns. Entweder heißen wir es willkommen, jetzt, so wie es spielt und mit den Menschen, die es uns zuspielt, oder es spielt ohne uns, wie sowieso irgendwann, wenn unser letztes Stündlein schlägt.

Daran hat dieser Schriftzug im Dunkeln des Advent mich wieder erinnert. An das Basiswissen unseres Lebens, das wir manchmal aus dem Blick verlieren und an das Jakobus uns hier so nüchtern erinnert.

Leben muss man leben und das Herz aufmachen dafür, wenn man es auskosten will. So ist es gedacht. Um es möglichst achtsam zu leben. Möglichst lebendig. Mit möglichst viel Leidenschaft. So, wie Jesus es uns gelehrt hat.

Beherzt und voller Gottvertrauen.

Das ist der Trost und die Ermutigung dieser spröden Zeilen. Jakobus predigt nicht gegen Planen, Denken, Organisieren. Wir brauchen das, anders geht es nicht in dieser Welt und angesichts der Aufgaben, die auf uns warten. Aber es soll uns nicht gefangen nehmen, wir sollen es immer wieder loslassen lernen, wenn unser Teil getan ist.

Damit wir frei bleiben für das Leben selbst und seinen Geber. Offen dafür, wo er uns begegnet, in den Kleidern dieser Welt, den Gesichtern derer, die uns begegnen und in den Wundern seiner Liebe. Wir haben es nicht in der Hand. Aber Gott hat es in der Hand. Hat uns in der Hand und hält uns fest, wenn wir es versuchen, das neue Jahr, getrost und voller Vertrauen.

Ein "Rauch" sind wir, ein Atemzug nur, der eine Weil bleibt und dann verschwindet, sagt der strenge Schreiber des Jakobusbriefes. Aber „Noch sind wir da“ sag ich in der Nachfolge Jesus und mit dem Worten von Rose Ausländer im Herzen:

Wirf deine Angst
in die Luft
Bald
ist deine Zeit um
bald
wächst der Himmel
unter dem Gras
fallen deine Träume
ins Nirgends
Noch
duftet die Nelke
singt die Drossel
noch darfst du lieben
Worte verschenken
noch bist du da
Sei was du bist
Gib was du hast.

 Ein gesegnetes frohes neues Jahr Ihnen allen. Amen.

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