Prediger 3

02.11.2008 | 22:04

Helmut Plank

1 Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde:2 geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit; 3 töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit; abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit; 4 weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit; 5 Steine wegwerfen hat seine Zeit, Steine sammeln hat seine Zeit; herzen hat seine Zeit, aufhören zu herzen hat seine Zeit; 6 suchen hat seine Zeit, verlieren hat seine Zeit; behalten hat seine Zeit, wegwerfen hat seine Zeit; 7 zerreißen hat seine Zeit, zunähen hat seine Zeit; schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit; 8 lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit; Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit. 9 Man mühe sich ab, wie man will, so hat man keinen Gewinn davon. 10 Ich sah die Arbeit, die Gott den Menschen gegeben hat, dass sie sich damit plagen. 11 Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende. 12 Da merkte ich, dass es nichts Besseres dabei gibt als fröhlich sein und sich gütlich tun in seinem Leben. 13 Denn ein Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinem Mühen, das ist eine Gabe Gottes. 14 Ich merkte, dass alles, was Gott tut, das besteht für ewig; man kann nichts dazutun noch wegtun. Das alles tut Gott, dass man sich vor ihm fürchten soll. 15 Was geschieht, das ist schon längst gewesen, und was sein wird, ist auch schon längst gewesen; und Gott holt wieder hervor, was vergangen ist.
 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen
Wir haben bei unseren Sitzungen in der Gemeinde eine sinnvolle Angewohnheit
Viele von uns greifen zur Losung der Herrenhuter
Bevor es in die Tagesordnung geht, werden kurze Bibeltexte gelesen.
Wir sind kein allgemeines Verwaltungs- oder Planungsgremium.
Wir glauben Gott und das soll sich selbstverständlich auch in unseren Sitzungen ausdrücken.
In der letzten Woche war zu lesen
Lobet den HERRN! Denn unsern Gott loben, das ist ein köstlich Ding.
Sofort stand die Frage im Raum:
Können wir eigentlich die Zeitung lesen und dann zum Gotteslob auffordern?
Und dann grundsätzlich:
Greift eigentlich Frömmigkeit in unserem Alltag?
Was heißt denn – alltäglich! – Gott glauben?
Kann man ein Mitglied im Kirchenvorstand werden / sein – und dann ernstlich - mit einer möglichen Rezession vor Augen - ein Loblied anstimmen? lassen?
Es gibt Leute, die die Krise nicht trifft.
Ob die Gott Lobliedersingen – das ist ein anderes Thema.
Aber die in der Krise – singen die?
Könnten wir – in der Krise
– nicht in einer gedachten, einer wirklichen –
Loblieder singen?
Würden wir es nicht gerade noch bis zu Klageliedern bringen?!
Würden Sie singen können?
Singen Sie in Krisen? Loblieder?
Unser Predigttext schildert eine Krise.
Sie kennen den Predigertext aus dem AT
Wir könnten uns den Schreiber, Kohelet, den Prediger so vorstellen:
Da nimmt ein Mensch alle seine Hoffnungen, Wünsche, Erwartungen, Träume zusammen – Lotto inclusive sozusagen –
und schlüpft in die Rolle eines Königs
des Königs über Israel in Jerusalem
Er erzählt in dem Buch von seinem Aufstieg.
Er baut sich seine königliche Welt auf.
„Was immer meine Augen verlangten, versagte ich ihnen nicht.
Meinem Herzen verweigerte ich keine Freude. Ja, mein Herz freute sich an meinem ganzen Besitz.“
Er hat sich alles richtig gut erträumt…..
Es kommt der Höhepunkt seiner Macht
und es kommen Zweifel und Unsicherheiten
Wir lesen bei ihm:
„Dann wandte ich mich all meinem Besitz zu, für den ich mich abgemüht hatte. Und siehe: Das ist alles Windhauch und Luftgespinst. es gibt keinen Gewinn unter der Sonne.“
Was passiert da eigentlich?
Gerade noch himmelhoch jauchzend und jetzt?!
Eine Ur-Finanzkrise?
Er wollte seine Macht sichern.
„vergänglich“ – das Wort hatte er ausgeklammert.
Er hat bleibendes Glück gesucht – in seiner Rolle als König.
und es zerrinnt ihm durch die Finger.
Von heute auf morgen
Nicht nur eine Finanzkrise,
oder Wirtschaftskrise.
umfassender – eine Lebenskrise
Sein Lebensmodell endet in Resignation und – Verzweiflung.
Nichts von Loblied…
Er resümiert: „Ja, all die Menschen-Tage sind Leid, und Kummer ist sein Geschäft. Selbst in der Nacht findet sein Herz keine Ruhe.“
Und dann – in der Krise – taucht eine Ahnung auf
Es muss etwas anderes geben.
„Nicht im Menschen gründet das Glück
schreibt er
Vielmehr habe ich selbst gesehen, dass es aus der Hand Gottes stammt.“
Bis dahin kam Gott in seinem Buch nicht vor
Seine Königsrolle ist bis dahin die Rolle ohne Gott –
es ist eher eine KönigsgottRolle –
die Position Gottes wollte er für sich in Anspruch nehmen.
Wodurch Gott jetzt ins Spiel kommt - ist nicht klar.
Aber er kommt
Glauben – das beschreibt: Gott kommt ins Spiel.
und den Ort – beschreibt jeder für sich.
Er muss nicht an den düsteren Krisenpunkten kommen.
Er kann auch in den dankbaren Höhenflügen des Lebens kommen.
Beim Prediger ist es da, wo er merkt:
                               Auch der König bleibt nur ein Mensch.
Er ist sterblich.
Vergänglich - wie alle Menschen.
Es hat alles seine Zeit.
Und dann fasst er seine Erkenntnis in dem Gedicht von der Zeit zusammen.
Wir habe es gehört
Anfang und Ende zeigt, was auch mitten Leben gilt:
das Geborenwerden hat seine Zeit
und niemand kann es für sich selbst bestimmen
und das Sterben hat seine Zeit,
und niemand kann dem Tod entkommen
Im Letzten ist die Zeit – unverfügbar
 

Ich wollte der Garant meines Glücks sein.
Ich bin es nicht.
Ich wollte der Macher meines Lebens sein.
Ich kann es gar nicht.
Ich verfüge zuletzt nicht über meine Lebenszeit
Ich verfüge nicht über mein Glück.
Was bleibt?
Gerade wenn es um die Krisen geht
um ausreißen und töten und weinen und klagen, verlieren und hassen
bleibt da nur Resignation?
Schicksal!?
Nein: Denn hier ist von Gott, von Glück und Ewigkeit die Rede.
Es werden alle Zeiten genannt – mit aller Unverfügbarkeit
und dann sagt er:
Das alles hat er schön gemacht zu seiner Zeit.
Vers 11
Hier schreibt er die Noten für sein Loblied
mitten in der Krise
Für mich heißt das:
Wir haben eine menschliche – sagen wir - die horizontale Ebene
Ich – und meine Erwartungen
mein Leben
mein Glück
die Menschen, mit denen ich es zu tun habe
meine Erfolge
die guten Zeiten
und die anderen, die auch dazu gehören
mit Schicksalhaften
das Scheitern
mit Schuld
Vergänglichkeit
mit Tod.
Zeiten, die nur Fragen aufwerfen – und ohne Antwort sind.
Wenn ich auf dieser horizontalen Ebene bleibe, dann bleibe ich bei mir,  von mir abhängig
schöner oder auch schwieriger – abhängig auch immer von anderen.
Es ist ja nur die eine Ebene.
Und wenn dann die Grenzen auftauchen, dann kann es eng werden.
Diese Grenzen, die bleibenden Fragen beschreibt Kohelet.
An solcher Stelle taucht bei ihm dieser merkwürdige –Spitzensatz auf:
Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt
Mit diesen Satz bleibt auf dieser waagerechten Lebenslinie alles unverändert.
Es wird nicht einfach alles schön und glatt
Jetzt aber – wodurch auch immer - sieht er die horizontale Linie durchgestrichen, durchkreuzt –
von oben
und es ergibt sich ein ganz neues Bild
eine neue Dimension, die sich mit der Waagerechten zu einer neuen Sicht verbindet.
Das Schöne – jetzt - ist nicht einfach nur das, was meine Erwartungen erfüllt,
ist nicht der Himmel – und gleichzeitig Flucht aus dieser Welt
Das Schöne ist das Bleibende, das Wertvolle, das Ewige.
So erkennt er es.
Was ist das Ewige, was da „von oben“ sein Leben kreuzt?
                               das Leben mit den guten Zeiten
                               den bleibenden Fragen?
Wir können uns auf Luther,
besser mit ihm auf Jesus beziehen.
Jesus hat diese andere Linie betont
Er hat diese Himmelslinie gelebt
Das Ewige
Was das „das Ewige“ ist?
Wenn wir übersetzen, sagen wir: Gott ist der Ewige
das, was von Gott kommt.
was nicht vergänglich ist
nicht zerbrechlich, nicht begrenzt. Ewigkeit
Aber nicht – „Zeit ohne Ende“
sondern Gott, der sich mit meinem Leben verbindet
der mir Ewigkeit ins Herz legt
sich innig mit mir verbindet
Mit Jesus ist das eine Liebesbindung
Du bist mein geliebtes Kind, an dir habe ich Wohlgefallen
Das Ewige – das ist - auch - sein Wohlgefallen an uns
Wir singen es jeden Sonntag: Ein Wohlgefallen Gott an uns hat
Diese Bindung ist „ewig“
sie kommt doch von Gott
Darum kann sie niemand und nichts uns nehmen.
Und? Schafft sie die Nöte weg? Diese Bindung?
Gibt sie uns mehr Geld ins Portemonnaie?
Schafft sie Gesundheit, Karriere?
Ist sie der Ausweg aus der aktuellen Klemme?
Klärt sie das Leben – diese Bindung?
Nein!
Mein Leben bleibt in dieser Waagerechten wie es ist.
Da greift keine große Hand von oben ein und macht alles schön.
So nicht. ABER
Ich muss das Waagerechte nicht mehr ohne das Senkrechte denken und leben.
Dem Kohelet ist das wie eine Erlösung.
Das stößt sein Loblied an.
Er nimmt das Ewige ernst, und webt es ein – in sein Leben
Wenn Luther singt: Nehmen sie den Leib, die Güter, das Guthaben, Ehre, - nehmen sie wirklich alles
Kind und Weib
und wenn ich alles loslassen muss – obwohl ich es gar nicht denken kann: Das Feld wird ER behalten.
 

Wenn Gott mir nichts sagt
wird Ewigkeit mir auch nichts bedeuten
kein Trost, keine Schönheit.
Glauben meint, dem Senkrechten trauen
nicht mehr allein mit dem Blick an den Börsenkursen kleben
nicht nur die Katastrophen der Welt
den Kongo beschreiben
!! Das alles wird uns nicht aus dem Blick gehen
und aus dem Blick gehen dürfen!!
Aber Glauben meint,
wir dürfen von „Ewigkeit“ ausgehen,
der Ewigkeit, die mir ins Herz gegeben ist.
Und da will der Blick weit werden.
für eine geschenkte Schönheit – sola gratia
Ein Blick zur Gerechtigkeit Gottes
was ein anderes Wort sein will für seine Treue.
Er ist treu – was sollte diese Treue aufheben?
Und es wird ein Blick
es kann werden – ein Blick - zu einer neuen Gelassenheit.
Das Gebet von Bonhoeffer kam mir in den Sinn:
In mir ist es finster,aber bei Dir ist das Licht,ich bin einsam, aber Du verlässt mich nicht.Ich bin kleinmütig, aber bei Dir ist die Hilfe.Ich bin unruhig, aber bei Dir ist der Friede.In mir ist Bitterkeit, aber bei Dir ist die Geduld.Ich verstehe Deine Wege nicht, aber-Du weißt den Weg für mich.
Dem ist Ewigkeit ins Herz gefallen
und - es allein ihm nachsprechen
öffnet uns möglicherweise den Blick
für diese andere Welt Gottes, die zu uns gehört.
 

Der Kohelet sieht seine Begrenzungen
seine Vergänglichkeit
er kann sie jetzt ansehen – das Sinnlose
das, was uns nur verzagen läßt
das lernt er
getrost
mit Ewigkeit im Herzen anzusehen.
Meine Zeit steht in deinen Händen
Liebe Gemeinde, es wäre zu wenig, hier zu schließen.
Denn wenn da Ewigkeit ist
Unvergängliches, Grenzenloses
Treues, Gott – auch heute – mit allen Nachrichten des Tages
dann – dann will Schönheit sich entfalten
dann ist es jetzt Seine Zeit.
Dann will Ewigkeit sich in der Waagerechten auswirken
Nicht nur – für mich:
Es wollen Kräfte wachsen, mit den Nöten umzugehen, auszuhalten, zu verändern,
die Ärmel hochzukrempeln und mit anzupacken,
dass das Miteinander in unseren Familien, in unserer Gesellschaft neu wird,
dass wir es einüben bei uns,
dass Kirche mit neuen Strukturen Zukunft findet.
Das sind nicht nur Aufgaben für den KV – aber auch für ihn.
Und seine missionarische Aufgabe ist:
Nicht eine heile Welt zu spielen,
sondern Gott mit ins Spiel zu bringen.
Und die Losungen zu Anfang einer Sitzung sind nur ein kleiner Anstoß dazu
Und dann erst kann das Spiel weiter gehen, neu beginnen – bei uns – und dann mit uns zu anderen hin.
mit guten Worten,
mit helfender Tat, mit aufmerksamer Verwaltung, mit geistlicher Entscheidung
oder nur einmal mit Zuhören:
Selbst oder gerade das kann für andere schon die Erfahrung sein, die auch bei ihnen Ewigkeit einbrechen lässt –
Der Anpfiff zu diesem Spiel ist nicht erst der Wahltag am 1. Advent. Der ist heute. Heute neu.
Das sollen wir wissen:
Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in unser Herz gelegt
Wir sind nicht die Macher unseres Lebens
Aber es gilt:
Heute dürfen wir Ewigkeit leben.
Unsere Zeit in seinen Händen
AMEN

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Theologin Petra Bahr neu im Deutschen Ethikrat

21.05.2020

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Kleine Abendmusik vom Turm

13.05.2020

Unsichtbar, aber voller Kraft: Jeden Mittwoch und Sonntag schallen – seit zwei Wochen schon - nach dem abendlichen Glockengeläut um kurz nach 18 Uhr Trompeten-Choräle aus dem Kirchturm in den Ort hinunter. Der Turmbläser, dessen Musik viele Menschen aus dem Umfeld der Kirche erfreut, möchte ungenannt bleiben. Wir fühlen uns reich beschenkt – und danken ihm herzlich!

Der zentrale ökumenische Gottesdienst zum 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges

08.05.2020
EKD-Newsletter: Die Aufzeichnung des Ökumenischen Gottesdienstes aus dem  Berliner Dom ist noch in der Mediathek der ARD verfügbar: Am Gottesdienst wirkten der Ratsvorsitzende der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, sowie der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), Erzpriester Radu Constantin Miron, mit.
 
Die Predigt hielten Heinrich Bedford-Strohm und Georg Bätzing gemeinsam. Der Gottesdienst stand unter dem Leitwort „Frieden!“ und fragte nach der Verantwortung, die aus der Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft vor 75 Jahren heute für ein friedvolles Miteinander erwächst.

Willkommen zurück: Gottesdienst in der Blankeneser Kirche!

07.05.2020

 

So 10. Mai, 10 + 11 Uhr | Kirche | Predigt: Pastor Thomas Warnke
Musik: Kantor Stefan Scharff, Karin Klose, Gesang
Die Kirchengemeinde schreibt: "Wir dürfen wieder Gottesdienst in der Kirche feiern. Und so wagen wir am kommenden Sonntag „Kantate“, dem 10. Mai, einen Neuanfang. Strenge Auflagen sind zu bedenken: Sicherheitsabstände von zwei Metern, Hygiene-Regeln, Masken-Pflicht. Singen ist noch nicht erlaubt, dafür aber Summen – und natürlich musikalische Begleitung durch Orgel und Solisten. Trotzdem wird es ein schöner, ganz besonderer Gottesdienst werden!

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