Römer 11, 25 – 36 | zum Israelsonntag

27.07.2008 | 23:11

Helmut Plank

Es gibt Fragen, die alles bisher Gedachte irgendwie auf den Kopf stellen
Nehmen Sie nur die Frage, ob die Erde sich um die Sonne oder die Sonne sich um die Erde dreht.
Immer war klar, dass die Sonne sich dreht
Das ist so – das war so – und das wird so bleiben.
Dann kommt Herr Kopernikus

Der Paulus sitzt irgendwo in Korinth und schreibt einen Brief an die Gemeinden in Rom.
zwischen 56  und 58 n. Chr.
eine Gemeinde, die aus Juden, die Christen wurden, bestand
und aus Christen, Nichtjuden – die also Heiden waren
und er muss ihnen etwas schreiben, was er kaum denken kann.
und es dreht sich ihm erst einmal alles.


Römer 11, 25 – 36
25 Ich will euch, liebe Brüder, dieses Geheimnis nicht verhehlen, damit ihr euch nicht selbst für klug haltet: Verstockung ist einem Teil Israels widerfahren, so lange bis die Fülle der Heiden zum Heil gelangt ist; 26 und so wird ganz Israel gerettet werden, wie geschrieben steht (Jesaja 59,20; Jeremia 31,33): »Es wird kommen aus Zion der Erlöser, der abwenden wird alle Gottlosigkeit von Jakob. 27 Und dies ist mein Bund mit ihnen, wenn ich ihre Sünden wegnehmen werde.« 28 Im Blick auf das Evangelium sind sie zwar Feinde um euretwillen; aber im Blick auf die Erwählung sind sie Geliebte um der Väter willen. 29 Denn Gottes Gaben und Berufung können ihn nicht gereuen. 30 Denn wie ihr zuvor Gott ungehorsam gewesen seid, nun aber Barmherzigkeit erlangt habt wegen ihres Ungehorsams,1 31 so sind auch jene jetzt ungehorsam geworden wegen der Barmherzigkeit, die euch widerfahren ist, damit auch sie jetzt Barmherzigkeit erlangen. 32 Denn Gott hat alle eingeschlossen in den Ungehorsam, damit er sich aller erbarme.
33 O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege! 34 Denn »wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Ratgeber gewesen«? (Jesaja 40,13) 35 Oder »wer hat ihm etwas zuvor gegeben, dass Gott es ihm vergel-ten müsste«? (Hiob 41,3) 36 Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen.

 

In seinem Zimmer sind seine Gesprächspartner versammelt
jedenfalls deren Argumente –
Christen und Juden
Er schreibt – hört eine Gegenrede und schreibt daraufhin weiter.
Deswegen ist dieser Gedankengang auch ziemlich kompliziert

Alles ist ihm ein Geheimnis
was sich aber vor Gott entschlüsseln will.


Wenn ich das Gespräch – da in seinem Zimmer - langsam nachzeichne
taucht zuerst das Wort von der Verstockung auf
 Wir denken an den Pharao, der das Volk Israel nicht ziehen lassen will.
 Verstockt. hart und unbeugsam – gegenüber der Mose-Rede
Israel lässt sich nicht auf die Rede des Evangeliums von Jesus ein.
Israel – verstockt –
von Gott verstockt
Verstockung – das hört sich wie ein Gerichtsurteil schon an –
 „Du bist verstockt“

Aber das will Paulus nicht sagen
Das ist es nicht
Was hier Verstockung heißt – soll etwas mit „Versöhnung“ zu tun haben
und so wird es kompliziert
Die Begriffe passen einfach nicht zusammen.

Mir fielen die Wechselbilder ein
sog. Linsenraster-Bilder
man sieht etwas – kippt das Bild dann ein wenig – und schon sieht man statt – z.B. - eines weinenden Ge-sichts ein lachendes.

Paulus sieht Israel
 sieht sein NEIN
dann kippt er das Bild
 und sieht
wie das NEIN zum JA wird – für die Heiden
Das Nein und Ja ist ein Bild

Paulus deutet in einem ersten Versuch:
Nur weil sie NEIN sagen, drängt das Evangelium weiter und bleibt nicht allein in Israel
Es kommt zu den Heiden.
Die Heiden waren vorher hart und unbeugsam gegenüber dem Evangelium – verstockt - jetzt glauben sie.
Wenn die Heiden sich nun umsehen, dann lehnen die Israeliten das Evangelium ab –
Dann sind sie „Feinde des Evangeliums“,
ungehorsam dem Evangelium gegenüber –
Aber die Heiden waren vorher ungehorsam


Es kommt mir vor, als wenn der Apostel das Bild immer hin und her bewegt.
Einmal sieht er die Heiden, dann die Juden,
die Juden, dann die Heiden.
heißt – in seinem Zimmer – findet eine heftige Debatte statt
Er versucht seinen Kopf klar zu halten.

Ich frage:
Was ist denn jetzt in deinem 11. Kapitel
Was ist der Stand der Dinge?!

Und es ist, als wenn er wieder von vorne anfängt:
Er zeichnet mit seinem Finger eine Zeitlinie.
Ein zweiter Versuch
Da ist Israel – erklärt er - das erwählte Volk Gottes
Das Evangelium kommt – das Volk lehnt ab –
Es ist verstockt
das ist die Chance der anderen – bisher Verstockten.
Die Heiden nehmen das Evangelium an.

Paulus – das haben wir gehört
Er mahnt zur Geduld…


Dann ist er mit seinem Finger auf der Zeitstrecke ganz schön weit gekommen
und malt eine Zäsur:
Hier kommt der Messias, der Erlöser
Und das ist die Zeit, wenn das Evangelium alle Heiden erreicht hat
Die Vollzahl – sagt er
Der Messias kommt

Seine Gesprächspartner – beide, die Juden, die Heiden – horchen auf.
Messias?! Aber Paulus nennt den Namen nicht.
Für die Christen müsste es doch Jesus sein
aber er sagt es nicht –
Die jüdischen Argumente sind mit im Raum
Das Geheimnis
In Jesaja, aus dem seine Begründung stammt, ist von Gott als dem Retter die Rede.
Hier ist Paulus ja auf jeden Fall auf der sicheren Seite.
Wie soll er auch Gottes Plan im Letzten entschlüsseln?
Keiner sollte in die Rolle des Ratgebers für Gott schlüpfen.

Die Zeitstrecke
Der Erlöser kommt
und der hebt den Ungehorsam, die Verstockung - auch des Volkes Gottes - auf.
Dann gibt es einen wirkliche Vollzahl
aus Juden und Heiden.

Alles zusammengenommen
waren alle eingeschlossen in die Verstockung
 – ja – zu unterschiedlichen Zeiten –
 aber dennoch alle im Ungehorsam
und jetzt
jetzt erbarmt sich Gott aller.
 
Der Ungehorsam ist für Gott wie eine Herausforderung, damit er sich aller erbarme.

Mit dem Blick des Staunens auf seine Zeitschiene
sagt er
O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes!

Was, Paulus, ist jetzt das Dramatische daran?
Er: Ich quäle mich mit der Frage
Was ist mit den Juden, die Jesus nicht glauben?!
Was ist mit Gott und seiner Treue?

Sein nächster Versuch:
Ich merke, meine Zeitschiene ist nur ein hilfloser Versuch. So können wir – nachzeichnen
Aber Gott – er hat seine Sicht.

Paulus ist Jude
Wenn er etwas von Gott sagen sollte
 wie Gott sich durch die Geschichte zu seinem Volk gestellt hat
dann ist Gott immer Freund seines Volkes gewesen.

Die Israeliten - seine Geliebte - um der Väter willen.

Und wenn Gott liebt,
dann hört doch diese Liebe nicht auf

Gottes Gaben und Berufung können ihn nicht gereuen – schreibt er.

Nun haben die Juden aber das Evangelium abgelehnt
Ungehorsam
Sie haben Jesus töten lassen
Im 1. Thessalonicherbrief – 5 oder 8 Jahre früher geschrieben – notiert Paulus noch:
15 Die Juden haben den Herrn Jesus getötet und die Propheten
und haben uns verfolgt
und gefallen Gott nicht
und sind allen Menschen Feind,
16 indem sie, um das Maß ihrer Sünden allewege voll zu machen,
uns wehren, den Heiden zu predigen zu ihrem Heil.
Aber der Zorn Gottes ist schon in vollem Maß über sie gekommen

Orginalton Paulus

Treue Gottes und Ablehnung Israels
Darum tobt in seiner Kammer ein Kampf
Dreht sich die Sonne um die Erde oder die Erde um die Sonne?!

Je mehr er die Debatte in seinem Inneren aushält,
desto mehr begreift er, dass er selber in Bewegung sein muss.

Mühsam kommt er – trotz der alten Formeln - zu seiner Glaubensüberzeugung
nämlich
dass Gott treu bleibt
 die Mitte seines Evangeliums –
 Nichts kann euch trennen von der Treue Gottes

Kann denn die Juden etwas von der Treue Gottes trennen?!

Und die Juden selbst, die Christus ablehnen: Wollten sie denn Gott ablehnen?!
Wollten sie nicht ihm die Treue halten?!

Verstockung der Juden?
Jetzt wird das Wort für ihn wie eine offene Tür für den Glauben der Heiden
keine Schuldzuweisung an Juden
keine Tür - zu Gott hin - zugeschlagen

Da ist die Treue Gottes
und die nimmt er nicht.
Israel ist in dieser Treue
 muss nicht diese Treue erst finden
Sie bleiben Gottes erwähltes Volk
wie die Heiden erwähltes Gottes Volk sind

Die Geschichte macht das alles zum Geheimnis
Aber nicht vor Gott

Sie verstehen, dass Paulus hier nur langsam nachzeichnen kann.
In der Sicht des Paulus – 2000 Jahre mindestens – wurde immer nur Israel und Gott beschrieben – der Gott, der Israel erwählt hat.
Und jetzt?
Jetzt sieht er nicht mehr Israel allein in der Mitte
die Heiden kommen dazu
Es bleibt vielmehr die Treue in der Mitte - um die herum sich alles dreht
Und die Heiden und auch Israel – bleiben in den Strahlen dieser Treue.
Sie werden nicht erst „sein“ – in dem Strahlen – wie es die Zeitschiene zeigt
Sie sind darin – vor Gott
Sie sind nicht verworfen
 schon gar nicht durch Jesus
Sie sind in dem Strahlen – dahin ringt sich Paulus in seiner Schreibstube
Das muss er auch den Römern schreiben
Gott hat seinen Weg mit den Heiden
Er hat seinen Weg mit den Juden
Israel muss doch nicht den Weg der Heiden gehen
Es hat seinen Weg – nicht durch Christus, sondern im Geheimnis der Treue Gottes.

Gott hat seinen Weg mit Israel
Darum ist Judenmission nicht der Weg der Christen
Ecclesia und Synagoge sind untrennbar miteinander verbunden
in der gelebten – erfahrenen Treue Gottes
Da ist Glaube und Glaube auf Augenhöhe.
 Keine Augenbinde und auch keine Krone über andere

Paulus schreibt das mit zittriger Hand – ich bin sicher
weil es das ganze Denken auf den Kopf stellt
oder besser
in die Treue Gottes stellt
und das Leben neu in Bewegung setzt.

 


Es macht Sinn, dieses Thema auch mit in unsere Schreibstuben zu nehmen.
Ich bin überzeugt, wir müssen die Treue von Gott auch heute weiterdenken
auch über Juden und Heiden hinaus.
mit tiefen ethischen Alltagskonsequenzen

Ich will ein Beispiel sagen:
Überall ist von Schule und Bildung und auch von Elite die Rede
Wir wollen hier bei uns keine Eliteschule
… aber – wenn wir den Begriff an der Wurzel packen – wollen wir sie doch.

Elite – das Wort stammt aus dem 17. Jahrhundert
Es wurde auf französischen Marktplätzen erfunden
made in Frankreich:
Die angebotene Ware – das war gute, ausgewählte Ware - elite
 erst später wurde der Begriff auf Menschen bezogen.

Elite und ausgewählt

Israel wusste sich von Gott auserwählt – wertvoll – geliebt – die Elite Gottes
dann kam das Evangelium zu den Heiden – und sie stellten fest
Auch wir sind auserwählt – wertvoll – geliebt
nicht durch unsere Herkunft,
durch Leistung, durch besondere Frömmigkeit,
sondern weil Gott uns auserwählt hat
Wir sind vor ihm wertvoll und geliebt – schon immer – auch vor allem Glauben
erwählt
und mit dem Glauben wird das „nur“ erkannt.

Erwählung ist nichts, was mich über die anderen stellt
Wo das so gedeutet wird, verabschieden wir uns aus dem Strahlen Gottes
 Leider kennt der Glaube viele „Verabschiedungsgeschichten“

Erwählung ist das, was mich ganz in dem Strahlen Gottes zeigt.
mich und jeden Menschen
 jedes Kind in unserer Schule
das leistungsstarke Kind wie auch das Behinderte
 es werden ja in jeder Klasse auch 4 behinderte Kinder sein.

Und eine Eliteschule wäre dann eine, die zeigt und es lebt, dass jedes Kind geliebt und wertvoll ist – jedes
und dass jedes Kind das leisten und aus sich herausleben darf, was an Gaben in ihm steckt.
Die Meßlatte dazu setzt nicht der Lehrplan, sondern das Kind – der Lehrplan hat nur eine Hilfsfunktion.
Und wir sind sicher, dass die Kinder uns mit ihren Gaben überraschen werden.

Elite – Erwählte – wenn der Begriff so gesehen würde:
Nichts von „oben und unten“
nicht von „besser oder schlechter“
„näher oder ferner“
Nichts davon.

Wenn wir so der Treue Gottes folgen
wenn die Glaubenden erkennen, dass Gott sie schon VORHER auserwählt hatte:
wer sollte dann mit der Treue Gottes bei Juden oder bei Christen halt machen?!
oder bei den Kindern einer ev. Schule aufhören.

Ich muss die Treue von Gott
weiterdenken
viel weiter
auch über meine Grenzen hinweg, die ich gezogen haben
auch dann, wenn die Grenzen schon 2.000 Jahre alt sind
oder gerade gestern gezogen wurden.

Gehört die Treue nicht wirklich - allen Menschen?!
Seinen Menschen?=
Seinen erwählten Menschen
Seinen Geliebten?!

Wenn ich so denke, dann macht die Treue Gottes mich gegen über den Menschen
 den Religionen
nicht stumm
im Gegenteil:
Ich staune über die Tiefe seines Reichtums
Wie unbegreiflich und unerforschlich ist unser Gott
Von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge.
Ihm sei Ehre in Ewigkeit
AMEN

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