Römer 14, 10 -13
H. Plank
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen!
10 Du aber, was richtest du deinen Bruder? Oder du, was verachtest du deinen Bruder? Wir werden alle vor den Richterstuhl Gottes gestellt werden. 11 Denn es steht geschrieben (Jesaja 45,23): »So wahr ich lebe, spricht der Herr, mir sollen sich alle Knie beugen, und alle Zungen sollen Gott bekennen.«
12 So wird nun jeder von uns für sich selbst Gott Rechenschaft geben. 13 Darum lasst uns nicht mehr einer den andern richten; sondern richtet vielmehr darauf euren Sinn, dass niemand seinem Bruder einen Anstoß oder Ärgernis bereite.
Ob das der richtige Text ist – heute?
heute geht alles sportlich
Die bunten Fahnen wehen
Es fiebert durch Deutschland
wir hoffen doch, wir urteilen nicht
noch nicht….
Die Fehler der eigenen, besser die Fehler der anderen Mannschaften herausstreichen
den Spielaufbau zu beurteilen
die Schiedsrichter zu kritisieren
mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg halten
das gehört - auch heute – zu uns.
Auch wenn es bei England – wie Lahm sagt – um unseren Erzfeind geht…
freuen sich doch alle auf das Spiel.
Und Morgen geht es dann wieder um das Beurteilen und Kritisieren und um unsere Meinung, um die Auseinandersetzung
um den Alltag eben
Die Politik und die Mitarbeiter und die Kinder und immer wieder mal auch die Kirche werden in den Vordergrund rücken.
Urteilen gehört zu uns
Richten ist dann noch etwas anderes
Das ist – wenn - auch in Worten - das Urteil in die Tat umgesetzen
wenn der Stab gebrochen, das unbarmherzige Urteil gesprochen wird.
Das ist dann die richtige KO-Runde
Da ist keine Auseinandersetzung mehr
Da wird das Urteil vollstreckt.
Und dagegen meldet der Paulus seinen Widerspruch an.
Was richtest du deinen Bruder? Deine Schwester?!
Er nimmt sich die ganze Gemeinde vor
Wenn ich die heillosen Glaubensdebatten höre, das Versagen der Liebe und Fürsorge sehe
den frommen Richtgeist unter uns,
die hochmütige Verachtung, die es unter gibt – wie soll dann vom Glauben aus Licht und Kraft und Trost und Geduld und Freude und Frieden ausgehen?!
Wenn das schon in der Gemeinde anfängt – wo soll es aufhören?!
Unser Reden von Gott wird unglaubwürdig und kraftlos
Und es beginnt - peinlich und kleinlich:
Paulus hat Christen vor sich.
Sie verzichten nicht nur auf das Essen von Fleisch,
das ja vielleicht aus einem Opferritus der Heiden stammen könnte,
Sie essen überhaupt kein Fleisch.
Vegetarier im weitesten Sinne.
Auch auf Wein verzichten sie.
Er könnte ja im Zusammenhang mit heidnischen Trankopfern stehen.
Gleichzeitig achten sie noch - wie in der jüdischen Religion gelernt - auf Feiertage.
Die Regeln und der Glauben gehören für sie zusammen
Andere - in der gleichen Gemeinde - sind da völlig frei.
Sie halten weder bestimmte Daten für zwingend notwendig für ihren Glauben,
verzichten nicht auf Wein und Fleisch.
Wahrscheinlich gehört auch Paulus zu denen.
Sehr unterschiedliche Leute in der Gemeinde
Nicht nur Ritter und Nichtritter
Und dass jeder in der Gemeinde seine Freiheiten und Grenzen hat
das ist eigentlich auch klar.
Und es fällt doch so schwer, die Freiheit des anderen zu ertragen
bzw. die vermeintliche Enge des anderen
Ich glaube, Paulus nimmt sich auch nicht aus:
Wir haben alle an dieser Unterschiedlichkeit zu tragen.
Wir müssen uns dafür nicht schämen.
Die Werte, in denen ich groß geworden
die bestimmen mich
das macht man
das macht man nicht
und selbst, wenn der Kopf zu einer anderen Erkenntnis kommt
ist oft das Gefühl viel stärker – und schneller
und es braucht Kraft – und oft lange Zeit, das Gefühl von den Gedanken des Kopfes zu überzeugen
ein neues Gefühl „einzuleben“.
Wir müssen da mit uns selbst Geduld haben
Wir haben da alle zu tragen
und müssen uns dafür gar nicht entschuldigen.
Ich weiß noch
wie wir uns Zuhause immer gegen die Katholiken gewandt haben
die, mit ihrem Papst und der Heiligenverehrung
Wenn Sie an die Schul-Debatte denken:
Es geht an vielen Orten geradezu militant zu, als hinge das Leben unserer Kinder von der Reform ab.
Es geht gar nicht um den Streit – es geht um den Stab, der gebrochen wird
über die, die anders sind und denken als wir.
Im Glaubenskurs steht das Credo auf dem Plan
Der eine hält sich an die einzelnen Gedanken des Glaubensbekenntnisses
und fühlt sich hier Zuhause,
der andere sieht darin gerade noch den Versuch,
den Glauben zu formulieren aus alter Zeit und sucht nach neuen Worten
Wie kann ich mit dem Gottesdienst feiern, der nicht glaubt wie ich glaube?!
Und Trennung steht auf dem Plan
Paulus findet sich damit nicht ab
Er ruft auf zur Toleranz - mit gutem Grund
und warnt zugleich: Wir werden alle vor den Richterstuhl Gottes gestellt werden.
Lassen Sie uns ihn hören:
Er nennt den Grund zur Toleranz
Unser Kontrahent ist unser Bruder / unsere Schwester
Paulus nimmt die ganze Christusgeschichte, um diesen guten Grund zu beschreiben.
Wir glauben doch die Versöhnung von Gott und Mensch.
Dafür hat Jesus gelebt, gestritten – ist davon nicht abgewichen – bis zuletzt nicht.
Wir sind alle Gottes Kinder.
Der Glaube kann es feiern – aber auch wo nicht gefeiert wird, bleibt die Gotteskindschaft.
banal – so banal, dass wir es im Alltag so oft vergessen.
Jesus hat nicht Gott allein auf der Seite der Gerechten und Frommen gesehen,
auf der Seite derer, die richtig glauben
sondern auch auf der Seite der Sünder, der Ungerechten, der Verworfenen, der Kranken, seiner Feinde
derer, die anders glauben
mit ihrem je eigenen Bekenntnis
Er hat sie alle als Geschwister angesehen
als mit Gott versöhnte
und er hat das nicht nur still für sich gedacht
Er hat es laut gesagt und er hat es sichtbar gelebt.
Um seine Ansicht / um sein Leben komme ich als Christ nicht herum.
Ich könnte ihn höchstens IHN verdrängen
Es mag sein, dass Wege sich trennen – müssen
Schmerzhaft
Wenn das aber dazu führt, dass ich dem anderen den Glauben abspreche,
nicht, dass ich nicht widersprechen dürfte,
nicht, dass ich zu allem Ja und Amen sagen müsste
aber wenn ich dem anderen den Glauben abspreche
dann spreche ich mir selbst das Urteil.
Und scheinbar findet Paulus in der Gemeinde viele Richter.
Gott ist grenzenlos in seiner Zuneigung
Hier Grenzen zu ziehen ist beschämend gegenüber dieser Grenzenlosigkeit Gottes.
Die anderen andres sein und denken zu lassen, das ist schon eine Herausforderung.
„Aber der Schmerz gibt nicht mir das Recht, anderen Schmerzen zuzufügen.
andere zu verurteilen, abzuweisen,
Gottes Ja-Wort zum anderen durchzustreichen.
Wir sind aufgerufen zu einer Toleranz, die allerdings nicht heißen darf,
"Dann soll er doch sehen, wie er mit seinem Glauben klar kommt!
Das hieße wiederum, die Gemeinschaft aufkündigen
weil mir dann der andere – egal ist.
Es muss eine Toleranz sein, werden,
die anerkennt, dass wir durchaus in unterschiedlicher Frömmigkeitspraxis / mit unterschiedlichem Denken / sogar mit oft gegensätzlichen Zielen – Gott dienen wollen
ihm, dem einen Gott
Solche Toleranz ist die zentrale Regel christlichen Zusammenlebens.
Nur so wird Friede
Ich kann den Weg des anderen ablehnen – aber den anderen – den kann ich nicht ablehnen.
Wir müssen einander nicht in den Armen liegen
aber diese Toleranz muss unter uns eine gelebte Form finden
wie anders wollen wir den Frieden mit Gott in unsere Welt hineinleben.
wie, wenn wir es in der Gemeinde nicht beginnen.
Aus dieser Forderung wird keine Gemeinde entlassen.
weil wir sonst alle Glaubwürdigkeit verlieren
Die Erfahrung von einer Schönheit der Gemeinde
gibt es nicht ohne Konflikt, nicht ohne Schmerz.
Wir werden uns alle vor Gott verantworten müssen
vor seinem Richterstuhl
sagt Paulus
Mit dem Blick auf Jesus übersetze ich das so:
Ich muss für mich selbst Gott Rechenschaft geben.
und ich werde dabei mich beziehen müssen auf seine Entscheidung
dass ich Gottes Geschöpf bin und der andere, der Fremde genauso
Ich darf und kann nicht über das Heil meines Bruders,
meiner Schwester zu Gericht sitzen.
Das hat sich Gott selbst vorbehalten.
Und sein Urteil ist gefallen – seht Jesus an.
Du bist Gottes Geschöpf. Bruder und Schwester.
Unser kleinliches Urteilen steht neben Gottes großzügigem Gericht.
Gott würdigt mein Leben.
Muss das nicht helfen, den Geschwisterkampf ausfallen zu lassen?
Und wir müssen uns dazu anhalten –
uns in den Gruppen nicht in der Enge zu bestärken, sondern die Weite anzumahnen
Grenzen zu ziehen ist beschämend gegenüber der Grenzenlosigkeit Gottes.
Wenn wir das in unsren Alltag – auch in den Sport - mitnehmen
wenn wir uns daran erinnern
gegenseitig
dann kann ich meinen Standpunkt profilieren
und gerade so nach neuen – gemeinsamen Wegen suchen
gerade so das Unterschiedliche tragen
in dem Wissen um eine buntfarbene Geschwisterschaft im Glauben an Gott.
Fulbert Steffensky hat einmal aus dem Buch von Christa Wolff „Kassandra“ zitiert. Die Bewohner der Stadt fragen Kassandra: Wird diese unsere Stadt bestehen bleiben? Die Antwort der Seherin: Wenn ihr aufhören könnt zu siegen, wird eure Stadt bestehen.
Sie fügt hinzu: Ich kenne keine Sieger, die aufhören konnten zu siegen.
Und dann mit verzweifelter Hoffnung: Ich kenne die menschliche Natur nicht genug.
Steffensky fügt hinzu:
Vielleicht gibt es einmal Menschen, die ihre Siege in Leben verwandeln.
Vielleicht werden wir alle es lernen: Aufhören über einander zu siegen.
Vielleicht werden wir es lernen, die Siege in Leben zu verwandeln.
Dann werden unsere Städte bewohnbar. Dann wird unser Glaube zu einer bewohnbaren Sprache, in dem auch noch unsere Kinder wohnen wollen.
Aufhören zu siegen
Das ist keine Aufforderung an unsere Mannschaften heute
aufhören zu siegen, das meint
aufhören, uns über andere zu stellen
aufhören zu richten
den Stab ganz zu lassen.
Darum
lasst uns nicht mehr einer den anderen richten
und wenn schon richten, dann richtet vielmehr darauf euren Sinn,
dass niemand seinem Bruder und seiner Schwester
ein Stolperstein, eine Falle
ein Anstoß oder Ärgernis bereite
der ihn vom Glauben wegführt.
AMEN