zu: Bachs Motette "Komm, Jesu komm."

20.11.2011 | 01:00

Th. Warnke

Liebe Gemeinde.

Wir haben ein altes Trauerlied gehört. Denn nichts anderes ist Johann Sebastian Bachs Motette: Komm, Jesu komm.

Wie viele andere Motetten, ist auch dieses Stück für die musikalische Gestaltung von Beerdigungen gedacht gewesen. Ich lese den Text noch einmal.

Komm, Jesu, komm, mein Leib ist müde,


die Kraft verschwindet je mehr und mehr,


ich sehne mich nach deinem Friede;


der saure Weg wird mir zu schwer!


Komm, ich will mich dir ergeben;


du bist der rechte Weg,

die Wahrheit und das Leben.


Drum schließ ich mich in deine Hände


und sage, Welt, zu guter Nacht!


Eilt gleich mein Lebenslauf zu ende,


ist doch der Geist wohl angebracht.


Er soll bei seinem Schöpfer schweben,


weil Jesus ist und bleibet


der wahre Weg zum Leben.

Ich möchte Sie einladen mit Ihren Gedanken noch ein wenig zu bleiben bei diesem Text. Bei einigen Worten, die sie besonders angesprochen haben.

Die Musik ist an manchen Stellen noch einmal gegenwärtig... Und man mag es nachklingen lassen in sich selbst, wo die Musik und die Worte sich absetzen in der Seele - wie feiner Sand auf dem Grund des Meeres, wo sich eine Ahnung auftut..., wo sich ein Spalt weit das Tor in jene andere Welt öffnet und man - nicht eben hinüber schauen kann, sich aber doch der Verbundenheit mit der größeren Kraft des Lebens neu vergewissern darf, in der alles eins ist und in der alles, das Leben, das Sterben, das Werden und Vergehen,  zusammengehalten wird.

Es sind Worte und Töne, die klingen, als ob sie einem Sterbenden in den Mund gelegt sind. Die Dramatik ist hörbar. Dabei ist der Text wie ein Gebet .

Ein Gebet, das ganz und gar erfüllt ist von der Sehnsucht nach himmlischem Frieden und der vertrauensvollen Ergebenheit in den Weg, der durch Jesus Christus vorgezeichnet ist. Ein Weg, der geradewegs in die Ewigkeit Gottes führt, hin, -- zu dem Schöpfer allen Lebens.

Hier kommt uns jemand nahe, in diesen Worten, in dieser Musik, - (jemand,) der in aller Offenheit, und ganz offensichtlich ohne jede Angst und gänzlich ungeschützt Einblicke gewährt in sein Innerstes am Ende seines Lebens.

Jemand, dem jene Erfahrung zur Gewissheit geworden ist, dass wir als Menschen Anteil haben an so etwas wie einem unzerstörbaren Sein. Ein Sein, das uns innewohnt und doch soviel größer ist als wir.

Was uns gewöhnlich in Augenblicken glühendster Lebendigkeit aufgeht und bewusst wird, dann, wenn es gelingt, durch die flüchtigen Formen hindurchzuschauen bis auf den heiligsten Grund, -- wenn wir erleben, dass wir Teil haben dürfen an dem Einen, dem Schönen, Guten und Wahren, das unzerstörbar ist, - eben das wird hier voller Zuversicht und Hoffnung mit Blick auf das Ende des Lebens, mit Blick auf den Tod gesagt.

Komm, Jesu, komm, mein Leib ist müde...

Dann sind wir wieder bei uns - und die Frage wird dann, ob sich diese Hoffnung auch in den Geschichten unseres Lebens bewahrheitet...?

Können wir genauso ungeteilt einstimmen in die Hoffnung, die in diesem Lied so vehement vorgetragen wird?

In manchen Zeiten des Lebens ist die Hoffnung fern, - manchmal aber wächst uns Hoffnung aus der Ferne zu. Die wir im Moment noch nicht vermuten würden.

Denn wir, die daneben saßen und einen Menschen gehen lassen mussten, - wir haben einen anderen Blick auf den Tod.

Unser Blickwinkel ist anders, die Tiefenschärfe ist eine andere. Die Tiefe, in die wir schauen glich oder gleicht immer noch eher einem Abgrund, denn jenem heiligen Grund des Lebens.

Wir haben andere Gebete gesprochen. Darin gab es Klagen, darin gab es Flehen und Bitten..., natürlich gab es auch ein Hoffen in ihnen, und Worte von Dankbarkeit, von Liebe..., und Worte von Angst und Einsamkeit.

Wir leben weiter in diesem Leben, wir leben weiter auch mit einer Leere, die nicht mehr gefüllt werden kann.

Dabei halten wir Erinnerungen lebendig. Wir geben den Toten einen Platz in unserem Leben. Einen Platz, der ihnen zusteht. Wir lassen sie Anteil nehmen, an dem, was uns widerfährt. Wir sprechen über sie und wir sprechen mit ihnen. Wir lachen, wir hadern, zweifeln und immer wieder sind wir stille...

Sicher, all das muss sich finden durch die eigene Wege der Trauer hindurch.

Auch die regelmäßigen und bisweilen täglichen Wege ans Grab gehören dazu.

Für diese Wege des Lebens, für diesen Punkt im Leben hat Martin Luther der Kirche eine besondere Rolle zugewiesen. Der Kirche, die vom Leben weiß und auf den Wegen durch das Leben begleitet. Hier sprach Luther von dem „Trostamt der Kirche“.

Sicherlich gehören Erinnerungstage wie dieser dazu, an denen in der Kirche die Verstorbenen erinnert und bedacht werden.

Aber eigentlich meint er damit etwas viel Konkreteres, nämlich eine geschwisterliche Verbundenheit unter Christinnen und Christen. Den Blick für den Nächsten.

Das Priestertum aller Gläubigen, das Luther als Gedanken in die Welt gestreut hat, hat genau hier seinen Ursprung - im gegenseitigen Trösten und Vergeben. Das sind die eigentlichen priesterlichen Gaben und Aufgaben.

Es ist ein mitmenschlicher und unverzichtbarer Dienst.

Nun kennen wir natürlich auch die andere Seite. Die Gefahr oder eher die Angst, allzu leichtfertig und unbeholfen Trost zu spenden, womöglich Unsinniges zu sagen, weil wir uns selber unsicher und hilflos fühlen.

Ja, es braucht Beherztheit und ein Maß an Mitgefühl. Und auch hier einen Blick auf die Geschichte Jesu mit den Menschen.

Jesus selbst hat in der Bergpredigt von dem Trost gesprochen für die, die Leid tragen.

Jesus selbst hat die Menschen getröstet. Achtsam, indem er wahrgenommen hat, was sie betrübte, indem er zuhörte, verstand und begleitete.

Von dem auferstandenen Christus wird schließlich erzählt, dass er die beiden Jünger getröstet hat, die auf dem Weg waren nach Emmaus. In ihrer Trauer haben sie nichts anderes mehr wahrgenommen. Sie waren eingekapselt in sich selbst..., abgeschnitten von dem Leben.

Jesus aber war schon ein Stück weitergegangen, ihnen voraus, bevor er sich zu ihnen gesellte, damit es auch für sie weitergehen konnte. Dann ist er geblieben und hat erst nach geglückter Gemeinschaft losgelassen und ist aufgestanden.

Und den beiden wurde es warm im Herzen...

Das Trauerlied, die Motette von Bach, ist dann doch in Teilen auch ein Lied für die Trauernden, für die, die im Leben geblieben sind – und die neu in das Leben gehen können, als Getröstete.

Komm, Jesu, komm, mein Leib ist müde,die Kraft verschwindt je mehr und mehr,ich sehne mich nach deinem Friede;der saure Weg wird mir zu schwer!Komm, ich will mich dir ergeben;du bist der rechte Weg,die Wahrheit und das Leben.

Amen

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